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A. R. TORRE. Kill Girl Mörderisches Begehren

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Academic year: 2022

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A. R. TORRE

Kill Girl

Mörderisches Begehren

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Buch

Als Webcam-Girl verdient Deanna Millionen im Internet. Was ihre Kunden nicht ahnen: Deanna, die sie als »JessReilly19« kennen, wird von Mordfanta- sien gequält und verlässt ihr schäbiges Apartment so gut wie nie – aus Angst,

jemanden zu töten.

Als einer von Deannas Kunden zu aufdringlich wird, lässt sie ihre Seite für ihn sperren. Was Deanna nicht weiß: Dieser Kunde ist Marcus Renza, einer der größten Grundbesitzer Floridas, der seine sadistischen Gelüste ungehemmt auslebt. Er ist besessen von JessReilly19 und schreckt vor nichts zurück, um sie in seine Gewalt zu bringen. Als sein Internetspezialist Deannas wahre Adresse

herausfindet, gerät sie in tödliche Gefahr …

Autorin

A.R. Torre ist das Pseudonym der amerikanischen Autorin Alessandra Torre.

Nach dem überwältigenden Erfolg ihres ersten erotischen Romans, den sie als E-Book selbst veröffentlichte und der bis an die Spitze der amerikanischen E- Book-Charts kletterte, rissen sich die Verlage förmlich um die junge Autorin.

Alessandra Torre lebt mit ihrem Mann und ihrem Sohn im sonnigen Florida.

Von A. R. Torre bereits erschienen Kill Girl – Tödliches Verlangen Kill Girl – Mörderisches Begehren

Besuchen Sie uns auch auf www.facebook.com/blanvalet und www.twitter.com/BlanvaletVerlag

A. R. TORRE

MÖRDERISCHES BEGEHREN KILL GIRL

EROTIC THRILLER

DEUTSCH VON VERONIKA DÜNNINGER

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A. R. TORRE

MÖRDERISCHES BEGEHREN KILL GIRL

EROTIC THRILLER

DEUTSCH VON VERONIKA DÜNNINGER

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Die Originalausgabe erschien 2015 unter dem Titel

»Do Not Disturb« bei Redhook Books, New York.

Der Verlag weist ausdrücklich darauf hin, dass im Text enthaltene externe Links vom Verlag nur bis zum Zeitpunkt der Buchveröffentlichung eingesehen wer- den konnten. Auf spätere Veränderungen hat der Verlag keinerlei Einfluss. Eine

Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.

Ver lags grup pe Ran dom House FSC

®

N001967

1. Auflage

Copyright der Originalausgabe © 2015 by A. R. Torre

This edition published by arrangement with Little, Brown and Company, New York, USA. All rights reserved.

Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2016 by Blanvalet in der Verlagsgruppe Random House GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München Redaktion: Lisa Bitzer

Umschlaggestaltung: © Johannes Wiebel | punchdesign, unter Verwendung von Motiven von Shutterstock.com

WR · Herstellung: sam Satz: Buch-Werk statt GmbH, Bad Aib ling Druck und Bindung: GGP Media GmbH, Pößneck

Printed in Germany ISBN 978-3-7341-0148-9

www.blan va let.de

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Für Dad. Dan ke, dass du im mer stolz auf mich warst – du bist der bes te Va ter, den sich ein Mäd chen wün schen könn te. Ich bin so glück lich, dich zu ha ben.

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In Ma ra thon, Flo ri da, bei Mei le zwei der al ten Seven Mile Bridge, steht ein Baum. Er ist durch ei nen Riss im As phalt ge wach sen, hat als dün ner Zweig be gon nen, wur de dann zu ei nem Trieb und ist jetzt eine jun ge Kie fer, ei nen Me ter fünf- zig hoch, mit Äs ten, die sich über die Brei te ei nes Wa gens aus deh nen. Der Baum steht auf dem kar gen Strei fen Be ton, der den Über rest der al ten Brü cke dar stellt. Mei len weit ging die as phal tier te Stra ße, bis sie in ei ner Sack gas se mit ten in der Luft en det. Das Mit tel stück der Brü cke wur de vor Jah- ren ab ge ris sen, um zu ver hin dern, dass sich mensch li ches Ge wicht je wie der da rauf nie der lässt. Jetzt bie tet die se In sel aus ge ris se nem Un ter grund nur noch Vö geln, dem Re gen, der Salz luft und die sem Baum ein Zu hau se. Sie ist ein Ding der Un mög lich keit, die se Kie fer, weil sie an ei nem solch un- wirt li chen Ort wächst. Kein Erd reich, kei ne Nähr stoff e, die sie da raus auf neh men könn te, nur har ter, un nach gie bi ger Be ton um gibt ihre Wur zeln. Und doch steht sie da. Von ei- nem Trieb zu ei nem Baum he ran ge wach sen, hat sie mit ih ren Wur zeln den Be ton zur Sei te ge scho ben, hat sich von nichts er nährt und ist den noch ge die hen, hat Hur rik ane, Tor na dos und Dür ren über stan den, hat mit hem mungs lo sem Ver gnü- gen Zwei ge und Na deln her vor ge bracht.

Ich sah den Baum, als ich fünf zehn war, den Kopf ge gen ein war mes Fens ter ge lehnt. Ich hat te Kopf hö rer auf ge setzt, und die Mu sik über tön te die un auf hör li chen Ge räu sche

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von Sum mer und Trent. Un se re Fa mi lie war nach Mi a mi ge flo gen, hat te sich dort ei nen SUV ge mie tet und war hi nun- ter nach Key West ge fah ren. Der Baum er reg te mei ne Auf- merk sam keit, und ich hielt den Blick auf ihn ge hef tet, wäh- rend un ser Wa gen an ihm vor bei roll te, über die neue Brü cke gleich ne ben der ab ge ris se nen al ten. Se kun den spä ter ver lor ich ihn aus den Au gen, wäh rend mein Va ter wei ter fuhr. Da- mals fas zi nier te mich der Baum.

Heu te macht er mir schreck li che Angst.

Denn er führt mir ei nes deut lich vor Au gen: Sosehr ich mei ne Trie be viel leicht un ter drü cken kann, sosehr ich mich selbst vor Fall stri cken und Aus lö sern schüt zen kann … es kann über le ben. Die Fins ter nis in mei nem Ver stand kann le- ben, kann zu et was he ran wa chen, das zu groß ist, um es un- ter Kont rol le zu hal ten.

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TEIL 1

»Küss mich. Jetzt.«

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1

Ich er in ne re mich an den Ner ven kit zel vor mei nem ers ten Date. Mein ers tes Date war ein Jun ge na mens Jo sie. Sein Name hät te der ers te Warn hin weis sein sol len. Mich hät te auch stut zig ma chen müs sen: sein aus ge spro che nes Stil ge fühl, sei ne Film aus wahl (Hair spray) und sei ne Nei gung, auf ge regt mit den Hän den he rum zu fuch teln, wäh rend er die letz te Staf- fel von Am erica’s Next Top Mo del be schrieb. Aber ich war fünf- zehn, naiv und das gan ze Din ner über wort karg und ner vös, wäh rend ich un ter dem Tisch im Ruby Tues day in ei nem fort mei ne Hän de kne te te und mich frag te, was ich mit ih nen tun wür de, wenn er mich am Ende des Dates küss te.

Er küss te mich nicht. Es gab ei nen ver le ge nen Hän de- druck, be vor ich in mein El tern haus flüch te te. Den Rest des Abends drück te ich schmol lend mein Ge sicht ins Kis sen und ana ly sier te je den Teil des Dates. Ich ver such te zu er grün den, was mit mir nicht stimm te. Ohne Pe nis ge bo ren zu sein – das war mein Pro blem. Aber selbst eine gute Fee hät te wohl nur in ihr kunst voll be stick tes Ta schen tuch ge ki chert und mir die Schul ter ge tät schelt, wenn ich die sen Wunsch ge äu ßert hät te.

Jetzt, acht Jah re spä ter, ist die ser Ner ven kit zel vor dem ers- ten Date wie der da. Es ist je doch eine völ lig an de re Art als da mals. Ich star re Jer emy über den Tisch hin weg an, wäh rend ich mich fra ge, ob ich das Date über ste hen wer de, ohne zu ver su chen, ihn zu tö ten.

Die gute Nach richt ist, dass er ein deu tig het ero ist. Het ero

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auf eine ty pisch ame ri ka ni sche, wun der ba re Art, ne ben der Jo sie wie die fleisch ge wor de ne Re gen bo gen fah ne der Gay- Comm unity aus sieht. Ich kon zent rie re mich auf sei ne Züge, ein mar kan tes Ge sicht mit dun kel brau nen Au gen, um rahmt von dich ten Wim pern. Es sind Au gen, die mich ge nau be ob- ach ten, wäh rend ein Lä cheln die sen sinn li chen Mund um- spielt, der zwei per fek te, perl wei ße Zahn rei hen ver birgt.

Ein Lä cheln? Er soll te nicht lä cheln. Ich sehe ihn stirn- run zelnd an, was ein Gluck sen auf der an de ren Sei te des Tischs aus löst.

»Hör auf, so ein mür ri sches Ge sicht zu ma chen.«

Er streckt eine Hand nach mei ner aus, schnappt sie sich und hält sie fest, be vor ich sie un ter dem Tisch ver ste cken kann.

»Da mit siehst du erst recht sexy aus, und …«

Er hält ei nen Au gen blick inne, wäh rend er die Ober sei te mei ner Hand ge nau mus tert. Zwi schen sei nen rie si gen Hän- den sieht sie klei ner aus, als sie ist.

»Ich kann dich nicht schon jetzt auf die Pal me ge bracht ha ben. Wir ha ben noch nicht mal das Es sen be stellt.«

Das Es sen. Mei ne mor bi den Ge dan ken wer den von ku li- na ri schen Tag träu men ab ge lenkt. Seit mei nem ein ma li gen er folg rei chen Aus flug ans Ta ges licht spie le ich mit dem Ge- dan ken, mei ne Le bens mit tel selbst ein zu kau fen. Mei ne Es- sens lie fe run gen ab zu be stel len und die Welt ro hen Fleischs, fri schen Obs tes und re gi o na ler Pro duk te zu er o bern. Ge sun- de Er näh rung ist mit Si cher heit eine an ge mes se ne Aus re de, um die Woh nung zu ver las sen – auch wenn ich weiß, dass es eine Aus re de bleibt. Ich sehe auf die Spei se kar te, be rüh re sie zö gernd am Rand, klap pe sie auf und wer fe ei nen Blick in das Land der un be grenz ten Mög lich kei ten.

Alle Ge dan ken an Tod und Ge met zel lö sen sich in Luft

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auf, als ich die Fo tos der ge bra te nen Steaks sehe, die zwi schen den Vor spei sen und den Des serts ab ge bil det sind. Es sieht so harm los aus, als wäre es das Nor mals te der Welt, sich ein di- ckes Stück fri schen ro ten Fleischs zu be stel len – ei nes, das nur mit ei nem brut zeln den Grill und sonst nichts in Be rüh rung ge kom men ist. Ich schlu cke in der Sor ge, ich könn te im wahr- sten Sin ne des Wor tes über die la mi nier ten Sei ten sab bern.

Wir wer den von ei ner Be die nung un ter bro chen, ei ner er- schöpft wir ken den Boh nen stan ge mit tie fen Fal ten und krau- sen Haa ren, die uns kaum ei nes Bli ckes wür digt, wäh rend sie ih ren Be stell block zückt. »Was neh men Sie?«

Jer emy sieht mich an. »Bit te, nach dir.«

Mein Blick huscht über die Sei te. Die Un ent schlos sen- heit nagt an mir, wäh rend ich von ei ner köst li chen Spei se zur nächs ten sehe. »Ich neh me das Fi let, bit te.«

»Bei la ge?«, fragt sie ge dehnt.

»Back kar toff el, bit te. Ge füllt.«

Der Ge dan ke an fri schen Sau er rahm und, oh mein Gott!, ech te But ter jagt ei nen Schwall von Eu pho rie durch mei nen Kör per. Jer emy sieht mich selt sam an, und weil ich mei ne Mund win kel an den Ohr läpp chen spü re, wird mir be wusst, dass ich breit grin se.

»Sa lat?«

»Ja, bit te. Mit Ranch-Dres sing. Und könn te ich auch eine Por ti on Brok ko li be kom men?« Mein Blick klebt an der Ge- mü se lis te fest. »Und Cham pig nons«, er gän ze ich rasch.

Die Be die nung hält ih ren Stift in der Schwe be, wäh rend sie in mei ne Rich tung sieht. Ihr Stift. Er ist bil lig, ein Kuli, das Ende ab ge kaut, so dass es nur noch ein krum mes, kno- ti ges Stück Plas tik ist. Als mein Blick da rauff ällt, fra ge ich mich, ob er – wenn man schnell ge nug da mit zu sticht – die son nen ge bräun te Haut ih res Hal ses durch drin gen wür de.

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»Und grü ne Boh nen.«

Ihr Mund ver zieht sich zu ei ner Art Gri mas se.

»Bit te«, füge ich hin zu.

Bit te. Bit te lass mich über dei nem Kör per ste hen und dir beim Ster ben zu se hen. Ich wer de noch ein »Ach bit te, bit te!« hin zu fü­

gen, wenn du mir ver sprichst, stark zu blu ten.

Jer emy be stellt rasch, und der Kraus kopf flüch tet, als wüss te sie, dass sie dem Tod nur knapp ent ron nen ist. Ich sehe ihr nach, bis ich von Jere mys Stim me in die Ge gen wart zu rück ge holt wer de.

»Hung rig?«

Sein iro ni scher Ton fall gibt mir zu den ken, und ich hebe den Kopf und sehe ihn an. »Ent schul di ge. Ich habe nicht an die Kos ten ge dacht.« Mein Blick fällt wie der auf die Spei- se kar te. »Ich hat te vor, mei nen An teil selbst zu be zah len.«

»Es ist ein Date, du be zahlst nicht. Und die Kos ten sind mir egal. Es ist nur …« Er zuckt mit den Schul tern und lä- chelt mich an. »Du bist so zier lich. Bei den gan zen Di ät- menüs, die du ge lie fert be kommst, dach te ich wohl, du wärst so ein Sa lat-ohne-Dres sing-Mäd chen.«

Ich grin se. »Die Di ät plä ne sind ein fach. Und er for dern nicht viel Nach den ken. Ich habe seit … Es ist schon eine Wei le her, seit ich zu letzt et was Rich ti ges ge ges sen habe.«

Ich füh re den Ge dan ken nicht wei ter aus. Er weiß es.

Jer emy weiß, dass ich mich seit drei Jah ren in mei ner Woh- nung ein schlie ße, dass heu te, ab ge se hen von mei nem ver hee- ren den Road Trip vor zwei Wo chen, das ers te Mal ist, dass ich Apart ment 6E ver las se.

»Viel leicht könn te ich mal für dich ko chen.«

Ich lä che le matt. »War ten wir ab, wie es heu te Abend läuft.«

»Bis jetzt warst du ar tig.«

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»Sie hat noch nicht die Steak mes ser ge bracht.«

Er lacht, als wäre es wit zig, als wür de kei ne ech te Ge fahr dro hen. Ich lege die Stirn in Fal ten.

»Hör auf da mit«, sagt er grin send. »Und bit te ent spann dich ein biss chen. Ich wer de nicht zu las sen, dass du mir et- was an tust.«

Ich wer de nicht zu las sen, dass du mir et was an tust. Eine selt- sa me An kün di gung für ein ers tes Date – aber eine, die gut zu uns passt.

»Sei dir nicht so si cher, dass du mich auf hal ten kannst«, war ne ich ihn.

»Kannst du bit te wie der nackt sein, wenn du es das nächs- te Mal ver suchst? Das hat mir ge fal len.«

Sein erns ter Ton über rum pelt mich, und ein La chen perlt auf ein mal in mir hoch, hem mungs los auf sei ner un be re- chen ba ren Bahn.

Es ist gut mög lich, dass das hier das selt sams te ers te Date al ler Zei ten ist. Aber ich be neh me mich. Ich hal te mein Steak- mes ser fest in der Hand und kann ver hin dern, es Jer emy in den Arm zu ha cken. Ich kon zent rie re mich auf das Es sen, stür ze mich mit vol ler Wucht in den Ge nuss die ser un ver- pack ten Köst lich kei ten ohne Kon ser vie rungs stoff e und Ge- schmacks ver stär ker. Jer emy ist die gan ze Zeit über amü siert, kaut sein Es sen lang sam, wäh rend er mich be ob ach tet und mit ei ner Ehr furcht an starrt, die mir bald schon auf den Geist geht, denn ich habe sie nicht ver dient. An schlie ßend be stellt er je des Des sert auf der Kar te und sieht mit gren zen lo sem Ent zü cken da bei zu, wie ich mir den Bauch voll schla ge.

Um sechs Uhr ver las sen wir das Res tau rant, und eine Vier- tel stun de spä ter ste hen wir wie der vor mei ner Woh nungs tür.

Der An blick des stäh ler nen Tür blatts von die ser Sei te ist mir un ver traut, fremd. Mir fällt auf, dass das me tal le ne Schild

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mit der 6E da rauf et was schief hängt, fast lose ist, und dass mein Tür knauf aus Mes sing ist, wäh rend die gan zen an de ren Be schlä ge sil bern sind. Na tür lich ist es an ders. Mein Schloss ist das ein zi ge, das dazu ge dacht ist, je man den ein zu schlie- ßen, an statt Frem de fern zu hal ten.

Ich wen de mich ner vös zu Jer emy um, be tas te mei nen Schlüs sel, wäh rend ich über le ge, was ich tun soll. Ich bin aus der Übung, nicht si cher, wie gut ich mich un ter Kont rol le habe. Ich spü re die Pa nik, die sich mei ner be mäch tigt, den viel zu klei nen Flur, die Wär me und den Ge ruch von Jere- mys Kör per, ge nau da, ich müss te nur die Hand aus stre cken, da mit wir uns be rüh ren.

Er lehnt sich an die ge gen ü ber lie gen de Wand, in ei ner läs si gen, ent spann ten Hal tung, so weit weg von mir wie nur mög lich, und mei ne An span nung legt sich ein we nig. Er ist aus der Ge fah ren zo ne.

»Dan ke«, sagt er lei se. »Für das Date.«

Ich er rö te, denn es wäre an mir ge we sen, die se Wor te zu sa gen. Ich bin viel leicht aus der Übung, aber ich bin mir ziem lich si cher, dass sich im All ge mei nen das Mäd chen bei dem Mann be dankt, vor al lem wenn er die Ze che für die hal- be Spei se kar te ge zahlt hat.

»Dank dir«, sage ich.

»Ich wür de dich gern küs sen, wenn es dir recht ist«, sagt er.

Ich zö ge re. Es ist so dumm. Vor zwei Wo chen ha ben wir drei Tage zu sam men ver bracht, un se re Kör per nachts in ei- nan der ver schlun gen, und sein Mund war wäh rend die ser Zeit un zäh li ge Male auf mei nem. Ich ken ne sei nen Kuss, ich weiß, dass ich ihn will – und noch viel mehr.

Vor zwei Wo chen … Vor zwei Wo chen war ich ge bro chen, und Jer emy hat mich ge heilt. Jetzt bin ich wie der ge sund, und mei ne Trie be sind so stark wie eh und je. Ich bin be sorgt,

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was pas sie ren wird, wenn er mir so nah ist, be sorgt, wie mein psyc hoti scher Ver stand mit der Nähe um ge hen wird: ob er sich in den Hin ter grund ver krie chen und still hal ten wird, um es mir zu ge stat ten, die Er fah rung zu ge nie ßen. Oder ob er die Zäh ne flet schen und zum Spie len he raus kom men wird.

Ich las se die Schlüs sel auf den Bo den fal len und stre cke die Hän de nach Jer emy aus. »Könn test du mich bit te fest hal ten?

Nur zur Si cher heit.«

Ich wei che sei nem Blick aus, wäh rend ich die Wor te sage, star re auf mei ne Arme, die aus ge streckt auf sei ne Be rüh rung war ten. Dann spü re ich, wie er nä her kommt, und ich sehe sei ne kräf ti gen Hän de, die mei ne Hand ge len ke um klam- mern und mich zu ihm zie hen. Er schlingt sei ne Arme um mich und legt sei ne Hän de auf ei nem Punkt auf mei nem Rü- cken ab, wo sie sich be rüh ren. In die ser neu en Po si ti on ist sein Kör per dicht an mei nem, mein Ge sicht liegt in sei ner Hals beu ge, und sein Atem be schleu nigt sich, wäh rend er uns vor wärts schiebt, bis mich sein Kör per ge gen die Stahl tür zu mei nem Apart ment drückt.

Es ist zu viel, die ser Schwall von Emp fin dun gen. Emp fin- dun gen, die ich ver ges sen habe, ent we der ab sicht lich oder durch Ver nach läs si gung. Der har te Druck sei ner Hüf ten ge gen mei ne, sei ne war me Hand über dem dün nen Stoff mei nes Klei des, ein Bein, das sich zwi schen mei ne bei den schiebt und sie spreizt, mein Be cken, das sich ins tink tiv an sei nem Schen kel reibt – eine Be we gung, die dazu führt, dass er mit leicht ge öff ne ten Lip pen zi schend Luft holt.

»De an na …« Er flüs tert mei nen Na men, wäh rend er den Kopf neigt, und für ei nen kur zen Au gen blick herrscht Stil le, als un se re Lip pen in ne hal ten, nur we ni ge Zen ti me ter von- ei nan der ent fernt.

»So?«, flüs tert er, und ich kann zur Ant wort nur ni cken.

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Die ses Ver lan gen. Es ist stär ker als mein Blut durst, und es be gräbt je den Ge dan ken in mei nem Kopf un ter sich. Ich will die sen Mann so un be dingt. Ich will ihn am Le ben las- sen, und ich will, dass er mich mit sei nem Le ben, sei ner Süße, er füllt.

Un se re Mün der treff en sich, und ich schme cke das Aro ma ei nes Pfeff er minz bon bons, füh le die raue Be rüh rung sei ner Zun ge an mei ner und ver lie re je den Ge dan ken in dem sü ßen Auf ruhr un ter drück ter Lust.

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2

Haus ar rest­Count down: 3 Mo na te

Zwei und zwan zig Mo na te. Mar cus hat zwei und zwan zig Mo- na te weg ge sperrt wie ein Tier ge lebt. Um ge ben vom Ab- schaum der Ge sell schaft, die Hälf te da von zu dumm, um die Um stän de der Si tu a ti on, in der sie sich be fan den, über- haupt zu be grei fen. Fast zwei Jah re an ei nem Ort, an dem er ein ein halb Me ter ne ben ei nem Schwer ver bre cher schei- ßen muss te. Viel zu lan ge. Für ei nen Mann sei ner Stel lung, ohne Vor stra fen und bei der schwa chen Be weis la ge … Die fünf äh ri ge Frei heits stra fe war lä cher lich. Und die Tat sa che, dass sei ne An wäl te zwei und zwan zig Mo na te brauch ten, um ihn da raus zu ho len, ist schlicht und er grei fend in ak zep ta bel.

Aber jetzt ist er frei, und der Schrei an fall kann bis Mon tag war ten. Jetzt, um 18:14 Uhr an ei nem Frei tag abend, steht Mar- cus auf dem Geh steig vor dem Ge fäng nis und at met tief ein.

Es ist fri sche Luft, die auf die ser Sei te des Ma schen draht zauns an ders schmeckt. Sie ist vol ler Hoff nung. Wie der ge burt. Nie wie der wird er hin ter die sen Zaun tre ten. Nie wie der wird er den Griff der Ge fan gen schaft um sei ne Hand ge len ke spü ren.

Er ist dumm ge we sen. Nach läs sig. Hat Feh ler be gan gen, die er nicht wie der ho len wird. Er wird in Zu kunft mehr den- ken und we ni ger han deln. Schlau er sein.

Mar cus tritt auf den war ten den Wa gen zu, den schnit ti gen Bent ley, in des sen Ka ros se rie sich die Son nen strah len spie-

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geln wie ein Sig nal feu er sei ner See le. Die elekt ro ni sche Fuß- fes sel wiegt schwer an sei nem rech ten Knö chel und er in nert ihn an die drei Mo na te Über wa chung, die vor ihm lie gen.

Die hin te re Tür geht auf, und er beugt sich in den Fond.

Grinst in das Ge sicht sei nes An walts. »Ich wer de dich nächs- te Wo che da für zu sam men stau chen, wie lan ge es ge dau ert hat, bis ich raus ge kom men bin. Jetzt wird erst mal ge fei ert.«

Tü ren schla gen, Um ar mun gen wer den in der un be que- men Enge des Wa gens aus ge tauscht, dann beugt sich der An walt vor und setzt sich über Mar cus’ Vor schlag hin weg, in dem er dem Fah rer ein paar Wor te hin wirft.

»Komm schon«, knurrt Mar cus. »Ich war weg ge sperrt und habe Hun de fut ter zu fres sen be kom men. Ich habe zu Vi si o- nen ei nes Porter house-Steaks ge wichst, das so blu tig war, dass mei ne Zäh ne da von fle ckig wur den.«

»Ent spann dich, Mar cus.« Der dün ne Mann wirft ihm ei- nen war nen den Blick zu. »Und pass auf, was du sagst.«

»Schei ße. Ha ben denn alle ih ren Sinn für Hu mor ver lo- ren, wäh rend ich weg war?«

Im Wa gen herrscht für ei nen Mo ment Schwei gen, und ihm wird be wusst, wie vul gär er wir ken muss. Er ist als Gen- tle man ins Ge fäng nis ge gan gen und als Tier wie der he raus- ge kom men. Er zupft am Hemd kra gen sei ner Ge fäng nis kluft, ein bil li ger Stoff, der sich in zwi schen nor mal auf der Haut an fühlt. Wenn er zu Hau se an kommt, wird er sich als Ers tes um zie hen. In sei ner Stein grot te du schen und sich den Ge- ruch des Knasts ab schrub ben. Ei nen Tau send-Dol lar-An zug an zie hen und sich in Er in ne rung ru fen, wie es ist, ein Mann zu sein. Wie sich sau be re Fin ger nä gel an füh len. Wie fri sches Obst und hoch wer ti ges Fleisch schme cken. Was es heißt, ein Mensch zu sein. Wo rauf er, Mar cus Ren za, ei ner von Flo ri- das größ ten Grund be sit zern, ein An recht hat.

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Eine Stun de spä ter biegt der Wa gen um die Ecke, die ge- si cher ten Tore sei ner Nach bar schaft zie hen an ihm vor bei, und sei ne Mund win kel he ben sich leicht. Er tauscht Sta chel- draht ge gen Ei sen to re. Ge fäng nis wär ter ge gen Fuß fes sel. Ein Ge fäng nis ge gen ein an de res. Aber drei Mo na te Haus ar rest wer den leicht sein ver gli chen mit dem, was er in letz ter Zeit durch ge macht hat. Drei Mo na te, in de nen er sein Haus, sein Bett, sein Per so nal hat. Mahl zei ten, die rund um die Uhr für ihn zu be rei tet wer den. Ei nen Swim ming pool, ei nen Fitn ess- raum und Ten nis plät ze auf sei nem Grund stück. Sein Büro.

Im mo bi li en be stän de, die er über prü fen, An ge stell te, die er wie der auf Zack brin gen, Res pekt, den er sich nach zwei Jah- ren Ab we sen heit er neut ver schaff en muss. Die Ar beit wird ihn ab len ken. Die Ar beit hat ihn im mer ab ge lenkt.

Ja, drei Mo na te wer den leicht sein.

Er sieht eine Frau vor bei jog gen, der gel be Sport-BH, den sie trägt, klebt feucht vom Schweiß an ih ren Run dun gen.

Sei ne Fin ger hö ren auf, auf die Arm leh ne zu trom meln, und sein Na cken ver spannt sich, wäh rend er ge gen den Drang an- kämpft, sich um zu dre hen, auf ih ren pral len Arsch zu star ren und ihr nach zu se hen, wäh rend sie sich ent fernt.

Schei ße. Viel leicht wird es doch nicht so leicht sein. Es ist so lan ge her.

(22)

3

Jere mys Kuss wird for dern der, sei ne Hüf ten pres sen mich ge- gen die Tür, sei ne Hän de zie hen mei ne Hand ge len ke leicht nach un ten, so dass mei ne Brust an sei ne ge drückt wird.

Mein Kopf weicht zu rück, und ich löse mich für ei nen Mo- ment von sei nen Lip pen. Als sie sich wie der nä hern, sind sie sanft, strei fen fast un merk lich über mei nen Mund, eine Lieb ko sung, von der ich mehr brau che, und er drängt sich an mich, wäh rend mein Mund vol ler Ver lan gen re a giert.

Ich bin in mei nen Be we gun gen ein ge schränkt – sein har- ter Ober schen kel steckt zwi schen mei nen Bei nen, mein Kleid ist hoch ge scho ben, und der Stoff sei ner Jeans er zeugt ein köst li ches rei ben des Ge fühl an mei nem dün nen Slip. Ein lei- ser Laut ent fährt mir, und Jer emy hält ei nen Mo ment inne.

Mit der lin ken Hand um fasst er mei ne Hand ge len ke, hält sie fest um klam mert, sei ne rech te glei tet sanft an mei nem Bein hoch, schiebt sich un ter mein Kleid und wei ter nach oben, bis sie mei ne Hüf te er reicht.

Ich sträu be mich ge gen sei nen fes ten Griff, ich will ihm mit den Hän den durch die Haa re fah ren, sein Hemd hoch- schie ben und über die Kon tu ren sei ner Bauch mus keln glei- ten, mei ne Fin ger im Ho sen bund sei ner Jeans ver gra ben und die Hit ze sei ner nack ten Haut auf mei nen Hand flä chen spü- ren. Sein Dau men malt ein ver füh re ri sches Mus ter auf die In nen sei te mei nes Schen kels, und ich hebe das Bein hö her, schlin ge es um sei nen Kör per und drü cke ihn fest an mich.

(23)

Sein Mund ist voll kom men, nicht zu for dernd. Er lässt sich Zeit und ge nießt die Be rüh rung mei ner Lip pen, wäh- rend er je den Knopf an mei nem Kör per ge nau so drückt, dass ich bis zum Äu ßers ten er regt bin. Dann zieht er sich zu- rück, glei tet noch ein mal sanft mit sei nen Lip pen über mei- ne, be vor er mei ne Hän de los lässt und ei nen Schritt nach hin ten macht. Ich ver su che es zu ver hin dern, zie he ihn mit dem Bein wie der zu mir, be vor ich schließ lich auf ge be. Ich leh ne er schöpft an der Tür, mein Blick ist auf Jer emy ge hef- tet, Fra gen ra sen durch mei nen Kopf, aber noch kommt mir kei ne über die Lip pen.

»Gute Nacht.«

»Gute Nacht?«, stam me le ich.

Das kommt un er war tet. Viel leicht ist mein Ego von Web- cam-Chats mit fünf zig jäh ri gen Män nern und ver wirr ten Trans ves ti ten ja über die Ma ßen auf ge bläht, aber ich bin es ge wohnt, be gehrt zu wer den. Schließ lich ver brin ge ich zehn Stun den mei nes Ta ges vir tu ell im Bett mit Frem den. Und jetzt, mit ei nem Kerl aus Fleisch und Blut vor mir, be kom- me ich ei nen Kuss und ein »Gute Nacht«?

Jer emy sieht auf sei ne Arm band uhr. »Du hast ge sagt, ich soll dich spä tes tens um sie ben zu Hau se ab lie fern.«

Der Auf zug sucht sich ge nau die sen Au gen blick aus, um zu äch zen. Er lässt ein lau tes Ru mo ren ver neh men, das gleich in ein Quiet schen über ge hen wird. Sein schwer fäl li ger Auf- stieg macht ge nau so viel Krach, dass sei ne In sas sen sich ver- mut lich fra gen, ob das sei ne letz te Fahrt sein wird, ob das der Au gen blick sein wird, in dem er ste cken bleibt und sagt:

»Scheiß drauf, ich be we ge mich kei nen Zen ti me ter wei ter.«

Aber schließ lich schafft die Ka bi ne den Auf stieg doch, und ich neh me Hal tung an, wäh rend ich zu se he, wie die Tü ren lang sam auf ge hen. Noch et was, das ich noch nie ge se hen

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habe. Die ser lan ge Flur und die Be we gung der Tü ren. Ich habe sie tau send mal ge hört, habe mir im mer die Men schen vor ge stellt, die aus stei gen, die Mie nen auf ih ren Ge sich tern, den Ge ruch ih rer Haut.

Eine Ge stalt schlurft aus der Auf zug ka bi ne, und ich er- ken ne den ha ge ren Kör per bau, den ich bis lang im mer nur ver zerrt durch mein Guck loch ge se hen habe. Die blas se Hand des Man nes fährt durch das kur ze dunk le Haar, und er schiebt sei nen Ruck sack hö her, wäh rend er vom an de ren Ende des Flurs ei nen Blick auf uns wirft.

»Da bist du auf dem Holz weg!«, ruft er. Sei ne Stim me hallt von den schmut zi gen Wän den wi der, wäh rend er nä her kommt. »Sie wird die se Tür nicht auf ma chen.«

Ich lä che le über sei ne Stim me, un ge dämpft ohne die Tür zwi schen uns, und wer fe ei nen Blick auf Jer emy, um zu se- hen, ob er die Be mer kung des Man nes ver steht. Sei ne Mie- ne ver blüfft mich. Er sieht an ge spannt aus, löst sei nen Rü- cken von der Wand und drückt die Schul tern nach hin ten, wäh rend er sich auf rich tet. Ich habe ganz ver ges sen, dass er Si mon kennt, dass sie sich schon un zäh li ge Male we gen der Pil len päck chen, die er je den Mo nat lie fert, ge zankt ha ben.

Si mon hält inne, sei ne Schrit te ver lang sa men, als er un ge- fähr drei Me ter ent fernt ist, er mus tert Jer emy miss trau isch.

»Oh. Hey, Mann.«

Jer emy sagt nichts, nickt nur un be stimmt in Si mons Rich- tung.

Des sen Blick huscht nach links, mus tert mich von Kopf bis Fuß. Er lässt sich Zeit. »Bringt dich der Lie fer jun ge etwa hier her, um die Freak show zu se hen?«, ga ckert er. »Ich habe viel auf re gen de res Zeug bei mir zu Hau se. Wenn du willst …«

Si mon, ein Jun kie par ex cellence, tritt grin send nä her, und ich sehe, wie Jer emy die Fäus te ballt.

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Ich lä che le breit, set ze mein schöns tes Un schulds lä cheln auf – je nes, das mei ne Kun den lie ben, je nes, das die gan ze An span nung löst, das ein fach alle be sänf tigt. Si mon kommt noch nä her, und ich tre te mit ei nem Mal vor, rei ße das Knie hoch, ge nau in das wei che Fleisch zwi schen sei nen Bei nen un ter der Jog ging ho se. Der Tritt in sei ne Eier sorgt da für, dass er die Au gen fest zu sam men presst. Sein Ober kör per krümmt sich, wäh rend in ei nem ein zi gen keu chen den Atem- zug alle Luft auf ein mal aus sei ner Brust ent weicht. Er stöhnt auf, und ich schmet te re mei nen Un ter arm ge gen sein Kinn, drü cke fest da ge gen und pres se ihn nach hin ten ge gen die Wand. Mit den zehn Zen ti me ter ho hen Ab sät zen bin ich mit ihm auf Au gen hö he.

»Hi, Si mon«, sage ich ge nüss lich, wäh rend ich zu se he, wie sei ne rot um rän der ten Au gen pa nisch hin und her hu schen.

Die Er kennt nis legt sich lang sam auf sein Ge sicht. »Will- kom men zur Freak show.«

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4

Jer emy zerrt mich weg. Nicht dass es wirk lich nö tig ist. Ich habe kei ne Waff e bei mir. Und mein Knie-in-die-Eier-Move ist so ziem lich der ein zi ge Trick, den ich be herr sche. Er ge- hört seit der Mit tel schu le zu mei nem Re per toire, ei ner Zeit, als ein im rich ti gen Mo ment ge streck ter Mit tel fin ger fast eben so eff ek tiv war.

Wäre Si mon von dem An griff auf sei ne Eier nicht so über rum pelt ge we sen, nicht im mer noch über wäl tigt vom Schmerz, hät te ich ihn un mög lich nach hin ten drü cken, mei- nen Arm un ter sein Kinn und fest ge gen sei ne Keh le pres sen kön nen. Er er holt sich schnell, und als Jer emy mich weg- zerrt, kommt er be reits wie der zur Be sin nung und be greift, was pas siert ist. Ein paar Se kun den spä ter, und er hät te mich ein fach weg ge sto ßen. Da her bin ich froh, dass Jer emy da zwi- schen ge gan gen ist. Er hat mei ne Glaub wür dig keit ge ret tet, wäh rend er mir trotz dem das Ge fühl ge ge ben hat, echt hart drauf zu sein.

Jer emy stellt sich vor mich hin, mus tert mein Ge sicht.

»Geht es dir gut?«

Geht es dir gut? Ein un be tei lig ter Zu schau er wür de ver mu- ten, dass er für sorg lich ist, dass er mich fragt, ob ich ver letzt oder ge kränkt oder in ir gend ei nem an de ren Zu stand bin, der ei nen Ret ter in der Not auf den Plan ruft. Aber ich weiß, was er in Wahr heit wis sen will: ob ich mich un ter Kont rol le habe.

Ob die ser Aus bruch von Ge walt ein Fun ken war, der zu ei-

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nem wild lo dern den Wald brand füh ren wird. Ich spü re ein war mes Ge fühl in mei nem Bauch auf wal len, weil Jer emy es ver steht. Weil ihm be wusst ist, was mög lich ist.

Ich sehe Si mon an, des sen Mie ne zwi schen Un gläu big keit und Be wun de rung schwankt, ver mut lich eher im Hin blick auf mein Aus se hen als über mei ne mick ri gen Fä hig kei ten, ihm in den Arsch zu tre ten.

»Neun Uhr?«, fra ge ich.

Er nickt, mit ge senk tem Blick. »Ja. Tut mir leid we gen … Ja. Neun Uhr. Ich wer de hier sein.«

Si mon stol pert zur Sei te, weicht Jere mys wü tend fun keln- dem Blick aus und stürzt den Flur hi nun ter, bis das Klim- pern von Schlüs seln die An kunft an sei ner Woh nungs tür ver- kün det.

Jer emy flucht lei se und nimmt mei ne Hand, hebt den Schlüs sel bund auf, der im mer noch auf dem Bo den liegt, und rammt ei nen Schlüs sel ins Schloss. Er dreht und drückt, bis der Knauf nach gibt, dann drückt er die Tür auf und tritt ein.

»Was ist aus un se rem Ab schied ge wor den?«, fra ge ich, mit den Fü ßen noch im mer im Flur, die Arme vor der Brust ver- schränkt. Ich sehe zu, wie er war tet, mir mit ei ner Hand un- ge dul dig die Tür auf hält.

»Komm rein, bit te. Be vor die ses Stück Schei ße wie der- kommt.«

Ich grin se über sei nen Ton, der eher ein Knur ren als eine klar ar ti ku lier te Aus spra che ist, und ge nie ße sei nen ge quäl ten Ge sichts aus druck, wäh rend ich lang sam an ihm vor bei über die Tür schwel le gehe. Ich wer fe mei ne Ta sche in die Ecke, ge- nie ße den An blick, wie sie zu Bo den fällt. Ich bin nor mal. Ich kann aus ge hen und nach Hau se kom men und mei ne Hand ta­

sche auf den Bo den wer fen, als wür de ich das je den Tag ma chen.

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»Und hör auf, so selbst ge fäl lig zu grin sen«, er greift Jer emy wie der das Wort. »Die ser Spin ner ist ge fähr lich.«

»Selbst ge fäl lig keit ist nicht un be dingt et was Schlech tes.

Und Si mon ist harm los. Er wird nicht die Hand bei ßen, die ihn füt tert.«

»Bis jetzt wuss te er nicht, wie du aus siehst.«

Ich zu cke mit den Schul tern, set ze mich auf das Bett und schlüp fe aus den High Heels. Mei ne Füße tun ver flucht weh.

Ich sehe Jer emy an, wie er mit ei nem Stirn run zeln im Ge- sicht da steht, zur Tür ge wandt, als wür de er da mit rech nen, dass sie je den Mo ment auf geht.

»Dei ne Für sorg lich keit ist süß, aber ich kom me schon klar.«

Mehr als das. Um ge nau zu sein, hoff e ich so gar, dass Si- mon den Flur wie der hin un ter kom men und an mei ne Tür klop fen wird. Dass er ver su chen wird, mich zu über re den, ihn hin ein zu las sen.

Auf ein mal kann ich es kaum er war ten, dass Jer emy end- lich geht. Ich hoff e, dass er ab schwirrt, da mit ich mei nen Safe auf schlie ßen und mei ne Mes ser her vor ho len kann, da mit ich Zeit habe, sie zu schär fen – nur für alle Fäl le. Ich schlie ße die Au gen, bal le die Fäus te und ver su che den Ge dan ken zu ver- drän gen, an et was an de res zu den ken als da ran, wie leicht es wäre, Si mon zu tö ten. Wie leicht es wäre, die Ge ge ben hei ten zu ig no rie ren und selbst in Ak ti on zu tre ten. Zu Si mons Tür zu ge hen, an statt zu hoff en, dass er mei ne ab schlie ßen wird.

Wie der in mei ne High Heels zu schlüp fen und die sen Flur hi nun terzu schlen dern, mein Sti letto mes ser in der Hand ta- sche ver steckt. Er wür de die Tür öff nen, mich he rein bit ten und dann die wah re Be deu tung des Wor tes »Freak show« ken- nen ler nen. Die Freak show wür de mein Neu an strich sei ner Woh nung mit sei nem Blut sein. Sei ne Haut wür de un ter

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mei nen Hän den er kal ten, wäh rend das Blut all mäh lich aus sei nem Kör per weicht …

Als ich eine Hand auf mei ner Schul ter spü re, rei ße ich die Au gen auf und zu cke ins tink tiv zu sam men.

»Geht es dir gut?«

Jere mys Blick huscht von mei nem Ge sicht zu mei nen Hän den, mei nen Fäus ten, die so fest ge ballt sind, dass die Haut an den Knö cheln weiß her vor tritt.

Ich ni cke und öff ne die Fäus te, deh ne die Hän de und schüt te le sie aus, um sie zu lo ckern. Ich ver su che mich auf Jere mys Ge sicht zu kon zent rie ren, den Wor ten zu lau schen, die er sagt, aber ich kann nichts hö ren. Das Dröh nen in mei- nem Kopf wird im mer lau ter, wäh rend ich an Si mon den- ke, an das auf a ckern de In te res se in sei nem Ge sicht – mei- ne Ge le gen heit! – und an die Mög lich kei ten, die in Jere mys Ge gen wart un ge nutzt ver strei chen. Das Dröh nen lässt ein klein we nig nach, als ich ihm in die Au gen sehe, denn das fla ckern de Ver lan gen in ih ren Tie fen bringt mich auf an de- re Ge dan ken.

Ver lan gen. Ein völ lig an de res als mein ei ge nes, aber eben- so vor han den.

Ich bal le die Fäus te, hole schau dernd Luft und sage mit zit tern der Stim me, be vor mein Wunsch zu tö ten über mäch- tig wird: »Küss mich. Jetzt.«

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5

Er zö ger t kei ne Se kun de. Ich glau be, er ist bei mir, noch be- vor ich mei ne Bit te voll stän dig aus ge spro chen habe. Sei ne Hand kommt hoch, um mei ne Haa re zur Sei te zu strei chen und mein Ge sicht zu um fas sen, sei ne Lip pen le gen sich auf mei ne, und mein Kör per sackt nach hin ten aufs Bett. Jer emy ist über mir, das Ge wicht sei nes Kör pers liegt warm auf mei- nem, und es fühlt sich an ders an. Völ lig an ders als in den ver- gan ge nen Näch ten, in de nen wir uns an ei nan der ge ku schelt und ge trös tet ha ben. Das hier ist pure, hit zi ge Lei den schaft, je der Ge dan ke an Si mon ver drängt von dem Sturm an Emp- fin dun gen, der mein Ge hirn auf ein mal über rollt.

Ich schlie ße die Au gen und las se ihn kom men. Las se zu, dass sei ne Lip pen mich be rüh ren und sein Kör per es sich auf mei nem be quem macht. Mei ne Bei ne sprei zen sich ins- tink tiv, schlin gen sich um sei ne Tail le und zie hen ihn fes ter an mich.

Da regt sich auf ein mal et was in mir – mei ne Jung fräu- lich keit.

Es ist schon ko misch, wie der Ver stand funk ti o niert.

Bin nen we ni ger Mi nu ten ge lan ge ich vom wahn sin ni gen Wunsch zu tö ten zum lust vol len Schmach ten nach Sex – und zur sinn lo sen De bat te über mei ne Un be rührt heit. Wa- rum bin ich ei gent lich noch im mer Jung frau? Es gibt kei ne mo ra li schen Be den ken, die es ver hin dert ha ben. Ei gent lich war es eher eine Fra ge der Ge le gen heit. Ich habe es durch pu-

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res Glück bis zum neun zehn ten Le bens jahr ge schafft, Jung- frau zu blei ben, und da nach habe ich mich drei Jah re lang in mein Apart ment ein ge schlos sen. Jer emy ist der ers te Mensch, den ich seit dem ge küsst habe.

Ist heu te Abend der Abend? Der Abend, an dem ich mich von mei ner Jung fräu lich keit ver ab schie de? Man che wür den sa gen, dass ich sie schon vor lan ger Zeit ver lo ren habe. Zum Bei spiel als ich zum ers ten Mal ei nen Dil do durch das dün ne Jung fern häut chen stieß, so dass ein paar Bluts trop fen quol- len, wo rauf hin mich mein ver är ger ter Kun de be schul dig te, mei ne Tage zu ha ben. Er hat te ja kei ne Ah nung, dass er mein Ers ter war … Noch viel we ni ger konn te er wis sen, dass er in die sem sech smi nüti gen In ter net-Chat Zeu ge ei nes Schlüs- sel mo ments war. Ich bin mir ziem lich si cher, dass er im An- schluss sein Geld zu rück ver lang te.

Ich drü cke eine Hand ge gen Jere mys Brust, un ter bre che un se ren Kuss. Sein Atem geht eben so ab ge hackt wie mein ei- ge ner, und ein fra gen der Aus druck liegt in sei nem Blick, als er zu mir hi nunt er sieht.

»Kein Sex.«

»Okay.« Er zuckt mit den Schul tern. »Ich habe so wie so kein Kon dom da bei.«

Er küsst mich wie der, als wäre mei ne Be mer kung nicht der Rede wert, als wür de sich sei ne Hose nicht aus beu len, als wäre die Schwel lung hin ter dem Reiß ver schluss nicht of- fen sicht lich, wäh rend er sich an mei nem Kör per reibt und mich durch mei nen dün nen Slip je den Zen ti me ter sei nes Ver lan gens spü ren lässt. Ich glei te mit den Hän den an sei- nem Kör per hi nun ter, schie be sie un ter sein Po lo hemd, zie he den Stoff hoch und über sei nen Kopf. Sein Mund löst sich wi der stre bend so lan ge von mei nem, dass er aus dem Hemd schlüp fen kann.

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Ich lie be das Ge fühl sei ner Haut auf mei nen Fin ger spit- zen. Die hei ße Ober flä che, die sich un ter mei nen Hand flä- chen dehnt und at met, wäh rend mei ne Fin ger über ein klar kontu rier tes Wasch brett strei chen und dann hö her hi nauf, zu den Mus keln sei ner Brust glei ten. Ich be we ge die Hän- de wie der nach un ten, bis sie das Le der sei nes Gür tels be- rüh ren, und schie be sie un ter den rau en Stoff sei ner Jeans.

Ein leich ter Atem zug un ter bricht un se ren Kuss, und Jere my keucht: »Hör auf!«

»Kei ne Ah nung, was du meinst«, flüs te re ich.

Mei ne Hän de be we gen sich rasch vo ran, strei fen über das Gür tel le der, das Mes sing sei nes Knop fes, die Schnal le, die auf ein mal ge öff net ist, sto ßen auf wei chen Baum woll stoff hin- ter dem Reiß ver schluss. Ich zie he den Saum der Bo xer shorts leicht nach un ten und wer de mit ei nem kur zen Blick auf eine straff ge spann te, glit zern de Ei chel be lohnt.

Ein Schwanz. Ein ech ter, le ben di ger Schwanz. Der zuckt und wippt und nach mir lechzt.

Der letz te, den ich sah, war in den ers ten Wo chen auf dem Col lege, als eine Frei bier-Par ty an ei nem Frei tag abend zu ei- nem hef ti gen He rum knut schen auf ei ner schwar zen Le der- couch im ers ten Stock führ te, wo der kur ze Stum mel mei ner neu en Be kannt schaft eine La dung Sper ma in mei ne Hand pump te, nur we ni ge Au gen bli cke, nach dem ich das win zi- ge Ding aus der Hose ge pfriem elt hat te. Der Typ lach te ver- le gen, rülps te und stand auf, um noch mehr Bier zu ho len.

Ich sah ihn nie wie der.

Jere mys Schwanz ist völ lig an ders. Er ist an ders als der des Col lege ty pen, an ders als die fünf zehn Dil dos, die nur ein paar Me ter wei ter lie gen. Er ist da, ich kann ihn se hen, und ich will nichts mehr, als ihm die Hose he run ter zu zie hen, da- mit er he raus springt.

(33)

»Wenn du mich da an fasst, wer de ich mich nicht mehr be herr schen kön nen«, mur melt Jer emy.

Er will mich. Ich höre das Ver lan gen in sei ner Stim me, kann die Lei den schaft in je der sei ner Be rüh run gen spü ren, sei ne elekt ri sier te Gän se haut, als mei ne Hand noch wei ter nach un ten glei tet. Die ses Wis sen ver leiht mir Macht, es stärkt mein Selbst be wusst sein. Des halb bin ich über rascht, als er auf ein mal zu rück weicht, ans Ende des Betts rutscht, mein Kleid hoch schiebt, mit der Hand da run ter glei tet und zö gernd den Saum mei nes Slips be rührt. Er sieht zu mir hoch, und ich ni cke, nicht si cher, wozu ich mich da mit ei- gent lich be reit er klä re.

Ich weiß nur, dass ich mehr brau che. Al les, was er mir ge- ben will.

Sei ne Hän de schie ben sich un ter den Saum mei ner Pan- tys, zie hen an dem Stoff, und ich hebe die Hüf ten, um ihm zu hel fen. Das glat te Ge we be rutscht in ei ner flie ßen den Be- we gung an mei nen Bei nen hi nun ter, Jere mys Fin ger glei ten über mei ne Haut, wäh rend er mir die Pant ys ab streift.

»Kein Sex.« Er wie der holt mei ne Wor te, als wür de er sich die se Tat sa che in Er in ne rung ru fen müs sen.

Bei sei nen Wor ten rich te ich mich auf, stüt ze mich auf die El len bo gen. Ich sehe ihm be gie rig da bei zu, wie er sich vor das Bett kniet, mei ne Bei ne spreizt und mit den Hän den über die In nen sei ten mei ner Schen kel strei chelt.

»Ist das er laubt?«

Ich weiß nicht, was er vor hat, wo für er um Er laub nis bit- tet. Ich weiß nur, dass das Pul sie ren zwi schen mei nen Schen- keln um Auf merk sam keit schreit. Der Aus druck in sei nen Au gen ist so ver dammt sexy! Er ist ein lo dern des Feu er, be- gie rig wie mein ei ge nes. Wir seh nen uns bei de ver zwei felt nach mehr, als wir im Mo ment ge ben kön nen.

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Dann glei tet sei ne rech te Hand wei ter nach oben, so weit, dass er den Dau men nur leicht be we gen muss, um da mit über mei ne Scham lip pen zu strei chen.

Ich hole ein mal tief Luft – die Be rüh rung ei nes an de ren Men schen ist so an ders als mei ne ei ge ne. Mei ne Fin ger ver- brin gen Stun den in die sem Be reich, an de re Ge gen stän de sto- ßen je den Tag Hun der te Male zu. Ich soll te im mun ge gen Be rüh rung sein, soll te die schwie li ge Kup pe sei nes Fin gers kaum spü ren, soll te ei nen auf cool ma chen und ihm ei nen

»Was-hast-du-sonst-noch-zu-bie ten«-Blick zu wer fen.

Aber ich tue es nicht. Al lein schon die se sanf te Be rüh rung sei nes Dau mens er weckt mich zum Le ben, jagt Emp fin dun- gen durch je den Nerv mei nes Kör pers. Er be wegt den Dau- men wie der, führt ihn zu rück zu mei nem Schen kel, und ich krüm me mich un will kür lich. Mein Kör per schiebt sich ins- tink tiv sei ner Hand ent ge gen, will mehr von dem, was ich eben so flüch tig er fah ren habe.

»Ist das er laubt?«, fragt er noch ein mal, den Blick auf mei- nen ge hef tet.

Ich keu che fast, als ich ihn an star re, mit sei nem nack ten Ober kör per zwi schen mei nen Bei nen. »Ja«, stöh ne ich und span ne mich in ner lich an in ei nem jäm mer li chen Ver such, das Ver lan gen nie der zu rin gen, das dort im mer hef ti ger wird.

Jer emy grinst und neigt den Mund zu mei ner emp find- lichs ten Stel le hi nun ter. Bei der ers ten Be rüh rung sei ner Zun- ge bleibt mir der Mund off en ste hen. Mei ne Au gen schlie ßen sich un will kür lich, und ich lege den Kopf in den Na cken.

Ich habe noch nie eine Zun ge an mei nem Kitz ler ge spürt.

Ich habe noch nie die ses Ge fühl ge nos sen, die ses vib rie ren- de Sau gen, die ses köst li che Spiel ei ner ta len tier ten Zun ge an ei nem lust er füll ten Bün del Ner ven. Es ist scho ckie rend, wie un glaub lich sich das an fühlt.

(35)

Mei ne Ner vo si tät lässt lang sam nach, und mein Kör- per ent spannt sich, wäh rend mei ne Bei ne sich sprei zen und Jer emy un ein ge schränk ten Zu gang zu al lem ge wäh ren, was er will. Ich stre cke die El len bo gen aus, und mein Ober kör per sackt nach hin ten auf die Mat rat ze. Ir gend wie fin den mei- ne Hän de den Weg zu sei nem Kopf, und ich fah re mit den Fin gern durch sei ne kur zen Haa re. Der Or gas mus baut sich in mir auf, wird grö ßer, schnel ler, als ich ihn selbst je zu stan- de brin gen könn te. Ei nen Mo ment lang ma che ich mir Sor- gen, ich könn te zu schnell kom men, ich könn te kei ne Zeit ha ben, die ses un glaub li che Ge fühl, das Jer emy in mir her- vor ruft, zu ge nie ßen.

Dann höre ich auf, mir den Kopf da rü ber zu zer bre chen.

Ich höre auf zu den ken und ver lie re mich in dem wun der- schö nen Ge fühl, das er in mei nem Kör per aus löst. Ich den- ke nicht da rü ber nach, wie nah mei ne Fin ger an sei nem Hals sind, ver ges se, da ran zu den ken, wie nah mei ne Fin ger an sei nen Au gen sind, wie schnell sie sie ver let zen könn ten. Ich bin zu ver tieft da rin, der Eks ta se zu be geg nen. Und als sie kommt, ist es die voll kom mens te Form von Wahn, die ich je er fah ren habe.

(36)

6

Ich keh re zu rück auf die Erde, mei ne be ben den Bei ne um Jere mys Kopf ge schlun gen. Die ser Or gas mus war bes ser als al les, was ich selbst je zu stan de ge bracht habe.

Dann kom me ich zu der Er kennt nis, dass ich eine Tür durch schrit ten habe – die Tür des Be wusst seins. Ich wer de mei ne Or gas men nie wie der ge nie ßen wie vor her, wer de sie von jetzt an im mer mit die sem Au gen blick ver glei chen. Ich schlie ße die Au gen und fra ge mich, wie sich wohl Sex an füh- len wird. Wie sich Jere mys Schwanz von mei nen Spiel zeu gen un ter schei den wird. Ob sich die un be kann te, un ge steu er te Be we gung mit mei nen si mu lier ten Stö ßen mes sen kann. Ich ent span ne die Bei ne, neh me sie von sei nen Schul tern und spü re, dass er auf steht. Als ich die Au gen auf schla ge, sehe ich ihn lä cheln, ein schie fer, an tör nen der Ge sichts aus druck, den ich un will kür lich er wi de re.

»Du siehst zu frie den mit dir aus«, mur me le ich.

Ich ken ne die Be nimm re geln für ein Date nicht. Ist jetzt der Mo ment, wo ich sei nen Schwanz in den Mund neh men muss? Aber mein Kör per ist zu ent spannt und mein Ge hirn zu trä ge, um ir gend et was an de res zu tun, als hier zu lie gen.

Jer emy lässt sich ne ben mir aufs Bett fal len, die Mat rat ze quetscht sich un ter dem zu sätz li chen Ge wicht zu sam men, und wir star ren bei de an die De cke. Er legt ei nen Arm um mich, und ich hebe den Kopf kurz an, so dass er ihn dar un ter schie ben kann. Dann bet te ich mich auf sei ne star ke Schul ter.

(37)

»Ist das auch okay?«, fragt er.

»Ja. Das ist cool.« Ich lä che le und ge nie ße den Au gen blick, Jere mys Wär me ne ben mir, und rol le mich leicht zur Sei te, bis ich an sei nen Kör per ge ku schelt da lie ge.

Da kommt mir ein Ge dan ke. »Geht es dir gut?«, fra ge ich plötz lich. Ich er rö te, ver su che die rich ti gen Wor te zu fin den, aber mein Vo ka bu lar ist zu voll von un fei nen Aus drü cken, um mich ei ni ger ma ßen an stän dig aus zu drü cken.

»Es geht mir gut.« Er drückt mir ei nen sanf ten Kuss aufs Haar. »Ich hat te nicht vor, hier he rein zu spa zie ren und dich flach zu le gen. Um ge nau zu sein, war ich so gar fest ent schlos- sen, ein Gen tle man zu sein.«

»Und nur da rum ging es bei die sem Küss chen im Flur?«

»Küss chen?« Über sei nen spöt ti schen Ton muss ich lä- cheln. »Nach dei ner Re ak ti on zu ur tei len, den ke ich, mein Trick hat ziem lich gut ge klappt.«

»Im mer schön lang sam, Ca sa no va.« Ich pik se ihn in die Sei te, und mir ge fällt, dass mein Fin ger auf nichts als har ten Mus kel trifft. »Ich sor ge nur da für, dass du nicht zu hoch- nä sig wirst.«

»Ver ste he. Bis si ge Kom men ta re sind dei ne Art, das Ego ei nes Man nes zu strei cheln.«

»Strei cheln ist ei nes mei ner Ta len te«, ne cke ich ihn.

Jer emy knurrt be stä ti gend, dann rollt er sich auf die Sei- te, sei ne Hand be rührt mei nen Rü cken und zieht mich nä- her, bis ich eng an ihn ge drückt bin, Bauch an Bauch. Dann nimmt er mei nen Mund mit ei nem ein zi gen lan gen, atem- be rau ben den Kuss wie der in Be sitz.

Zehn Mi nu ten spä ter, kurz vor der Geis ter stun de, ver ab- schie den wir uns von ei nan der. Eine Stun de spä ter höre ich, wie ein Sperr rie gel vor die Tür ge scho ben wird. Si mon hat mich für die nächs ten acht Stun den ein ge schlos sen.

(38)

7

Haus ar rest­Count down: 2 Mo na te, 3 Wo chen

Vor ei ner Wo che hat Mar cus durch prunk vol le Tü ren ein lee res Haus be tre ten. Der ab ge stan de ne, scha le Ge ruch wur- de durch das Kom men und Ge hen von Haus mäd chen und Hand wer kern lei der nicht über deckt. Es fühl te sich wie das Zu hau se ei nes an de ren an – die ge schwun ge nen Trep pen ge- län der, der Kron leuch ter, der zehn Me ter über ihm auf rag te, all die Leu te, die ihn an starr ten, als sei en sie sich nicht si- cher, wer die ser Mann mit den bil li gen Kla mot ten und dem un ra sier ten Ge sicht über haupt ist. Er durch streif te da rauf hin ta ge lang das Ge bäu de, such te Zim mer auf, die er seit Jah ren nicht mehr be tre ten hat te, nick te un be kann ten An ge stell ten zu, wäh rend er ver such te, sich mit sei nem frü he ren Le bens- stil wie der ver traut zu ma chen.

Auch heu te noch ist ihm un be hag lich, als wür de er das Le- ben ei nes an de ren Man nes füh ren, ein Hoch stap ler in ei ner Welt, die er frü her ein mal be herrscht hat. Es sind die klei nen Din ge, die ihn da rauf auf merk sam ma chen. Der Duft ei nes ge ho be nen Le bens stils – et was, was sei ne Nase neu er ler nen muss, wäh rend je der ein zel ne Ge ruch Er in ne run gen und ei- nen Teil des Man nes wie der bringt, der er frü her ein mal war.

Eine Zi gar re, frisch ge schnit ten, ihr rau chi ger Duft und das süße Aro ma, das sie ver strömt, so bald sie an ge zün det ist. Der Zi trus ge ruch von Mö bel po li tur, nicht mehr als ein Hauch

(39)

auf dem Lap pen sei ner Haus häl te rin, wenn sie ein Ge län der ab wischt. Die er di ge Wür ze, die den Per ser tep pi chen, den maß ge fer tig ten Vor hän gen und dem fei nen Le der an haf tet.

Der Mer lot, des sen Bu kett umso sü ßer in sei ner Nase zur Ent fal tung kommt, an ge sichts der Tat sa che, dass die Fla sche den Na men sei nes Wein guts trägt. Die se Ge rü che trös ten ihn. Hel fen ihm zu be grei fen, dass er wirk lich zu Hau se ist.

Doch er riecht noch mehr. Es sind die ver trau ten Düf- te, die ihm in die Nase stei gen und lang sam, aber si cher das Selbst ver trau en und den Stolz wie der keh ren las sen, die das Ge fäng nis ihm ge nom men hat. Angst. Der äl te ren Frau, die sein Haus putzt, den Blick kon takt mei det und aus dem Zim- mer huscht, wenn er es be tritt, steht sie förm lich ins Ge sicht ge schrie ben. Un ter wür fig keit. Der Ge ruch von Schwä che, die sich in ei nem schlaff en Hän de druck, ei nem flüch ti gen Ni- cken und hek ti scher Be trieb sam keit als Ant wort auf sei ne Wor te zeigt. Res pekt. Der bes te Ge ruch von al len, der ihm zeigt, dass die Kom pass na del nach Nor den aus ge rich tet, dass das Le ben in Ord nung, dass er wie der der un ge bro che ne Herr scher sei nes Reichs ist.

Er be trach tet stirn run zelnd sei nen Fuß knö chel, eine stän- di ge Er in ne rung da ran, dass er tat säch lich noch nicht wie- der ganz auf der Höhe ist. Die Fuß fes sel blinkt, die gan ze ver damm te Zeit. Ges tern Nacht muss te er die Füße un ter die Bett de cke ste cken, nur da mit die ses ver damm te Licht ihn nicht vom Schla fen ab hielt. Er muss te die be drü cken de Schwe re der Dau nen fe dern spü ren, die sich auf sei ne Ze hen leg te. Sich freizu stram peln half nichts – das Ge wicht senk te sich je des Mal wie der, so bald er in der Be we gung in ne hielt.

Die se ver damm te Fuß fes sel! Sie klemmt die Haa re an der fei- nen Haut um sei nen Knö chel ein und bringt ihn dazu, dass er sich das Bein ra sie ren will wie eine Schwuch tel.

(40)

Es ist 6:04 Uhr mor gens. Er sitzt an sei nem Schreib tisch, den Stift in der Hand, die Un ter la gen vor sich aus ge brei tet wie ei nen Berg mit Bar geld. Den Kaff ee hat er fast aus ge- trun ken, die wei ße Tas se geht bei na he un ter in dem Meer von Pa pier. Je der Schluck hat ihn an den schwin den den Vor- rat er in nert.

Wo ist das Mäd chen? Sie hät te längst nach schen ken sol len.

Die Schwar ze, die sie ein ge stellt ha ben, ver mut lich, weil er sich zu dunk len Frau en nicht hin ge zo gen fühlt, weil er sei ne Schlam pen lie ber blass und zit ternd mag. Schwar ze Frau en ha ben zu viel At ti tü de. Ge ben Wi der wor te. Ver dre hen die Au gen. Lau ter Ver hal tens wei sen, die eine schal len de Ohr fei- ge ver die nen. Er nimmt ei nen letz ten Schluck, leert die Tas- se, und sei ne Wut stei gert sich, als ei nen Au gen blick spä ter die Bü ro tür auf geht und sie he rein kommt, eine Kaff ee kan ne auf ei nem Tab lett in den Hän den.

Na end lich.

Er ig no riert sie. Kon zent riert sich auf das Blatt mit den Miet ab rech nun gen, das vor ihm liegt, liest die sel ben Zah len im mer und im mer wie der. Die Ziff ern ver schwim men vor sei nen Au gen, wäh rend sie nä her kommt und ihm schwei- gend Kaff ee nach schenkt. Sie riecht nach Ku chen. Die Tür fällt wie der ins Schloss, als sein Blick zur nächs ten Zei le springt – sie ist weg. Er liest die Spal te zu Ende, macht sich eine Rand no tiz und greift zum Te le fon.

»Gu ten Mor gen, Mar cus.« Die Stim me sei nes An walts lässt auf ei nen hell wa chen Mann schlie ßen.

»Ich will die se Fuß fes sel los wer den. Das ist doch Schwach- sinn. Ich bin ein an ge se he ner Mann, Herr gott noch mal. Ich habe ein Ge schäft zu füh ren, das kann ich nicht von zu Hau- se aus tun.«

»Es ist erst sechs Tage her. Ei nen An trag beim Rich ter

(41)

kann ich frü hes tens stel len, wenn du ei nen Mo nat drau ßen bist. Ver such ein fach, dich zu be neh men.«

»Habe ich eine an de re Mög lich keit? Mein Gott, hät test du nicht we nigs tens da für sor gen kön nen, dass ir gend ein nied li- cher Arsch in mei nem Haus auf mich war tet?«

Schwei gen. »Es sind drei Mo na te, Mar cus. Drei Mo na te, in de nen der Rich ter je den dei ner Schrit te ge nau be ob ach- ten wird. Wie auch die Fa mi lie McLaugh lin, die Pres se und je der dei ner Fein de. Du musst dich von Frau en fern hal ten.

Am bes ten für im mer. Zu min dest wäh rend die ser Zeit. An- dern falls lan dest du wie der im Ge fäng nis. So ein fach ist das.«

»Ich war fast zwei Jah re weg ge sperrt. Es ist so lan ge her, dass mir so gar mei ne Haus häl te rin at trak tiv er scheint.«

»Hol dir ei nen run ter«, sagt sein An walt ton los. »Und dann kon zen trier dich auf ir gend et was an de res als Sex.«

Mar cus legt auf. Trinkt ei nen wei te ren Schluck Kaff ee. Be- schließt, wenn das Mäd chen wie der kommt, ein Früh stück zu be stel len.

Aber das schwar ze Biest kommt nicht mehr.

»Wo ist das Mäd chen?«

Ein Mann, den er nicht er kennt, er hebt sich von sei nem Platz am Kü chen tisch, das halb po lier te Sil ber be steck vor sich aus ge brei tet. Er trägt eine schwar ze Uni form, die Hose und das But ton-up-Hemd mit dem Mo no gramm auf der Brust sind ein Hin weis da rauf, dass er zum Per so nal ge hört. Kein Na mens schild nö tig, da Mar cus sich nicht um ihre Na men schert. Die ser hier hat rote Haa re. Igitt. Er hat noch nie ei- nen Rot schopf ge troff en, den er nicht wi der wär tig fand. Das Pa ra de bei spiel ist Ka tie McLaugh lin. Die ses Biest wird ihn bis ins Grab ver fol gen.

»Ver zei hung, Mr. Ren za, wel ches Mäd chen?«

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UNVERKÄUFLICHE LESEPROBE

A.R. Torre

Kill Girl. Mörderisches Begehren Erotic Thriller

DEUTSCHE ERSTAUSGABE

Taschenbuch, Broschur, 480 Seiten, 11,8 x 18,7 cm ISBN: 978-3-7341-0148-9

Blanvalet

Erscheinungstermin: März 2016

Das KILL GIRL ist zurück – und ist gefährlicher als je zuvor!

Als Webcam-Girl verdient Deanna Millionen im Internet. Was ihre Kunden nicht ahnen:

Deanna, die sie als »JessReilly19« kennen, wird von Mordfantasien gequält und hat ihr schäbiges Apartment seit Jahren nicht verlassen – aus Angst, jemanden zu töten. Dann lernt sie den UPS-Boten Jeremy kennen. Er verliebt sich in Deanna ... und begibt sich damit in tödliche Gefahr. Denn einer ihrer Kunden schreckt vor nichts zurück: Um an JessReilly19 heranzukommen, bringt er Jeremy in seine Gewalt. Doch er hat die Rechnung ohne das Kill Girl gemacht …

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