Ein Märchen in 1001 Textsorte
... und die sieben Zwerge: © Esther Busse, Christiane Dorschel,
Daniela Göbser, Anna -Maria Haucke, Mikhail Rusakov, Judith
Schiebel, Annekatrin Weiß
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 6
Konzeptioneller Hintergrund 7
•Allgemeine Definition Textsorte 8
•DefinitionMärchen 9
•Merkmale desMärchens (im Sinne einer wunderbarenErzählung) 10
•Wesenszügedes Märchens(nachLüthi) 12
•Märchenim Fremdsprachenunterricht 14
Es war einmal... 15
•Schneewittchen (nach denGebrüdernGrimm) 15
Textsorten: Definitionen und Beispiele 25
•Geburtsurkunde 26
•Lieferschein 28
•Gebrauchsanweisung 30
•SMS 32
•Telegramm 33
•Wohnungsannonce 34
•E-Mail 35
•Brief 36
•Tagebuch 37
•Textaufgabe (Mathematik) 40
•Einkaufszettel 41
•Kontoauszug 42
•Steckbrief 43
•Kontaktanzeige 45
•Wegbeschreibung 46
•Haiku 47
•Liebesbrief 48
•Traueranzeige 49
•Grabrede 50
•Polizeibericht 52
•Hochzeitseinladung 53
•Sonett 54
•Elfchen 56
•Ballade 57
•Moderne Variante 60
•Lebenslauf 63
•Lückentext 65
•Kochrezept 66
•Titelliste einer Schallplatte 67
Bereits vorhandene Adaptationen 69
•Rolf Krenzer „Schneewittchen“(Gedicht) 70
•Herbert Somplatzki„schneewittchen“(Gedicht) 71
•Lied 72
•G.Dangel-Reese„Gesang der Zwerge an SchneewittchensSarge“ 73
•„Schneewittchenwird zu Bettgebracht“ 74
•Peter Maiwald „Schneewittchen“(Gedicht) 75
•Willy Pribil „Schneewittchen- frei nach SigmundFreud“ 76
•Witze 77
Didaktisierungsvorschläge
zur Arbeit mit den verschiedenen Textsorten im DaF-Unterricht 79
•Arbeit am Originaltext 80
•Filmplakat 81
•SpielerischeAnsätze 82
a) Brief 83
b) Lebenslauf/Steckbrief 85
•Bildergeschichte 83
•Fahndungsanzeige 84
•Kontaktanzeige 84
•Einkaufszettel 84
•Geburtsurkunde 85
•Eine Beispielstunde 86
Bibliographie 87
•Literaturverzeichnis 88
•Internetlinks 89
Vorwort
Textsortenkompetenz ist Teil unserer sprachlichen/kommunikativen Kompetenz, die wir bereits in der Muttersprache erwerben. Dabei widmet sich insbesondere der pragmatische Unterricht dieser äußerst wichtigen Kompetenz, sich in bestimmten Kontexten angemessen äußern zu können. Einerseits gibt es kulturelle Unterschiede hinsichtlich der spezifischen Merkmale bestimmter Textsorten, was bedeutet, dass beispielsweise Todesanzeigen bzw. Zeitungsartikel nicht überall gleich aussehen. Andererseits gibt es auch Gemeinsamkeiten bezüglich der Merkmale bestimmter Textsorten, die über Grenzen hinweg gleich sind. Auch darüber kann im Fremdsprachenunterricht gesprochen werden. Aus der Bedeutung der Textsortenkompetenz heraus, ergibt sich die Notwendigkeit, diese auch in der Fremdsprache zu schulen.
Märchen bieten hierfür einen etwas anderen Zugang, der Anreiz geben kann, eigene Texte zu produzieren und so die Merkmale von Textsorten induktiv zuerschließen.
In diesem Projekt wurde das Hauptaugenmerk auf eine begrenzte Anzahl von schriftlichen Texten und auf das Märchen „Schneewittchen“gelegt, ebensokönntedas Pensum zum Beispiel durch mündliche Texte erweitert werden und so zu einem neuen eigenen Projekt anregen.
Dabei kommt das spielerische Element nicht zu kurz, man denke an SMS, Einkaufszettel, …etc.
Der Titel„Ein Märchen in 1001 Textsorte – Schneewittchen“ spielt auf die Märchensammlung an und weist zugleich auf eine fast unendliche Anzahl anmöglichenTextsorten hin.
Kurze Texte wie beispielsweise Haiku können auch im Anfängerunterricht genutzt werden, andere Texte fordern und fördern fortgeschrittenen Lerner. Kurzum, diese CD-Rom ist für alle Kompetenzstufen nutzbar.
Viel Spaß!
Konzeptioneller Hintergrund
Allgemeine Definition Textsorte
Textsorte ist die Bezeichnung für verschiedene Klassen von Texten, die sich in bestimmten Eigenschaften unterscheiden. Die Art der verschiedenen Textsorten-Gruppen hängt von den bei der Einteilung angewandten Kriterien ab, z.B. Werbung, Gespräch, Pressebericht oder ästhetische, erzählende, juristische, wissenschaftliche oder literarische Texte. Auch die moderne Literaturwissenschaft hat den Begriff “Textsorte” eingeführt. Im Gegensatz zu den an einer prinzipiellen Gattungstrias (Dramatik, Epik, Lyrik) orientierten Einteilung der älteren Literaturwissenschaft versucht man hier, Texte nach funktionalen oder sozialen Kriterien zu bestimmen.
[Quelle: Brockhaus-Enzyklopädie, Bd. 22, F.A. Brockhaus GmbH, Mannheim 1993]
Definition Märchen
Die Entstehung des Volksmärchens ist von vielen Einflüssen bestimmt. So trugen neben den Sagen- und Legendensammlungen des Mittelalters auch die italienischen Novellensammlungen und die französischen Feenmärchen aus dem 17./18. Jahrhundert zur Form des Märchens bei. Auch orientalische und indische Einflüsse auf das Märchen sind erkennbar. Daher spricht man nicht vom deutschen, sondern vielmehr vom europäischen Volksmärchen.
Nach den Gebrüder Grimm umfasst der Begriff „Märchen“ auch Legenden, Sagen, Fabeln und Schwänke. Nach heutiger Auffassung beinhaltet der Begriff aber nur noch die Zauber- und Feenmärchen. Dieser Ansicht ist auch Friedrich Panzer, der unter Märchen „eine kurze, ausschließlich der Unterhaltung dienende Erzählung von phantastisch- wunderbaren Begebenheiten [versteht]“, die sich in Wahrheit nicht ereignet haben und nie ereignen konnten, weil sie, in wechselndem Umfange, Naturgesetzen widerstreiten.“
[Quelle: Panzer 1988, S. 24]
Merkmale des Märchens I (im Sinne einer wunderbaren Erzählung)
Zunächst ist das Märchen durch seine Formelhaftigkeit gekennzeichnet. Es gibt bestimmte Eingangsformeln wie„Es war einmal“und auch der Schluss wird oft formelhaft formuliert z.B. mit „...und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute“. Das Märchenzeichnet sich dadurch aus, dass es keinen festen Raum und keine feste Zeit in der Handlung angibt. Meist werden die auf der Erde herrschenden Natur- und Kausalgesetze aufgehoben. Es ist beispielsweise nicht ungewöhnlich, wenn die Tiere oder Gegenstände im Märchen der Sprache mächtig sind. Die Existenz von Fabelwesen, wie Hexen, Zwergen oder Riesen, gilt imMärchenals normal. Menschen könnenin Tiere verwandelt werden und auch eine eheliche Verbindung zwischen Tier und Mensch istmöglich.
Ein weiteres Kennzeichen ist die Einschichtigkeit, d.h. die Handlung im Märchen zentriert sich auf einen Held oder eine Heldin. Die handelnden Personen treten meist typisiert auf. So gibt es auf der einen Seite häufig einen König, einen Königssohn oder eine Königstochter. Auf der anderen Seite steht der Held/die Heldin, welche/r meist einen niederen sozialen Status hat, oft von bösen Stiefmüttern oder -schwestern missachtet und abhängig ist und entweder namenlos ist, mit einem Allerweltsnamen (Hans oder Gretel) oder einem sprechenden Namen (Schneewittchen, Aschenputtel) versehen wurde.