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Mehr Demokratie statt „unternehmerischer“ Hochschulräte!

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Academic year: 2022

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Herausgeber:

DGB-Bundesvorstand Abteilung

Bildungspolitik und Bildungsarbeit

Verantwortlich:

Ingrid Sehrbrock

Henriette-Herz-Platz 2 10178 Berlin

Postanschrift:

Postfach 11 03 72 10833 Berlin

Telefon 030-240 60-297 Telefax 030-240 60-410 e-mail:

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Abteilung

Bildungspolitik und Bildungsarbeit 16.05.2012

Beschluss des DGB-Bundesvorstandes

Mehr Demokratie statt „unternehmerischer“

Hochschulräte!

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Mehr Demokratie statt „unternehmerischer“ Hochschulräte!

Seit mehr als einem Jahrzehnt befinden sich unsere Hochschulen in einem historischen Um- bruch. So gibt es insbesondere bei großen Teilen der Wirtschaft und den ihr nahestehenden Interessenverbänden das Bestreben, Hochschulen nach dem Vorbild von Wirtschaftsunter- nehmen umzubauen. In den unternehmerischen Hochschulen soll nach den Gesetzen des Wettbewerbs und der Konkurrenz auf dem Wissenschaftsmarkt gearbeitet werden. Die Qua- lität einer Hochschule bemisst sich nicht nur an ihrer wissenschaftlichen Anerkennung und Leistung, sondern zum Beispiel am erfolgreichen Einwerben von Drittmitteln in der For- schung. Forschende und Lehrende werden so zu kleinen Ich-AGs, die leistungsabhängig bezahlt werden. Viele dieser Vorstellungen sind in den vergangenen Jahren in die Hoch- schulgesetze der Länder eingeflossen.

Sichtbares Zeichen dieser am Markt orientierten Organisation der Hochschulen sind unter anderem die Hochschulräte. Waren bisher das jeweilige Parlament oder Ministerium sowie die akademische Selbstverwaltung demokratische Kontrollinstanzen, übernehmen nun die Hochschulräte wichtige Kontrollfunktionen gegenüber Hochschulleitungen und Senaten. Der DGB und die Mitgliedsgewerkschaften stellen fest, dass Hochschulräte die demokratische Teilhabe an den Hochschulen bisher begrenzt haben. Entscheidungen wurden nicht be- schleunigt und verbessert, sondern zunehmend der gesellschaftlichen Kontrolle entzogen.

Die Hochschulräte sind den Aufsichtsräten von Unternehmen nachempfunden und in vielen Bundesländern mit viel Macht ausgestattet. So dürfen sie in einigen Bundesländern die Rek- torate oder Präsidien der Hochschulen wählen.

Hochschulen sind keine wirtschaftlichen Unternehmen. Sie haben durch Forschung, Lehre und wissenschaftliche Weiterbildung einen erheblichen Einfluss auf die demokratische und soziale Entwicklung unserer Gesellschaft. Der Staat und die Parlamente müssen daher die Verantwortung für die finanzielle Ausstattung und Rahmenbedingungen wissenschaftlicher Arbeit haben. Die gesellschaftliche Verantwortung der Wissenschaft und die staatliche Ver- antwortung für die Hochschulen gehören zusammen. Deshalb müssen Hochschulen nach außen transparent gegenüber der Gesellschaft Rechenschaft ablegen. Im Inneren müssen die demokratische Teilhabe aller Hochschulangehörigen und die Mitbestimmung der Be- schäftigten erhalten bzw. ausgebaut werden.

Die große Mehrheit der Forschenden, Lehrenden und Studierenden ist mit dem Konzept der unternehmerischen Hochschule in ihren Mitbestimmungsmöglichkeiten beschnitten worden.

Unter dem Vorwand klare, handlungsfähige und starke Leitungsstrukturen zu schaffen, wer- den die Gremien der Selbstverwaltung und der Mitbestimmung an den Hochschulen ent- machtet. Sie haben oft nur noch beratende Funktion. Nicht zuletzt deshalb mehren sich die Proteste an den Hochschulen. Die Gewerkschaften mischen sich mit ihrem „Leitbild Demo- kratische und Soziale Hochschule“ in diesen Streit ein, um konkrete Alternativen aufzuzei- gen.

Die Freiheit der Wissenschaft darf nicht den Zwängen des marktwirtschaftlichen Wettbe- werbs unterworfen werden. Sonst bestimmen zunehmend die Wirtschaft und ihre Verbände die Wissenschaft.

Die Kompetenzverteilung an den Hochschulen muss neu gestaltet werden. Die ersten Bun- desländer haben dies erkannt und wollen deshalb auch die Macht der Hochschulräte ein- schränken.

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Für neue Leitungs- und Entscheidungsstrukturen an den Hochschulen gibt es gute Gründe:

Hochschulräten fehlt die demokratische Legitimation: Das Konzept der Hoch- schulräte ist mit einem Abbau von Demokratie verbunden. Die Hochschulen wurden vom Staat und den Parlamenten weitgehend „befreit“ und der Aufsicht der einseitig besetzten Räte unterstellt. Damit verschiebt sich die Kontrolle der Hochschulen weg von der klassisch-parlamentarischen Repräsentation und den Gremien der Selbst- verwaltung hin zu demokratisch nicht legitimierten Hochschulräten, und den von ih- nen eingesetzten Hochschulleitungen. Die überwiegend öffentliche Finanzierung der Hochschulen macht eine parlamentarische Kontrolle der Hochschulen zwingend notwendig. Zudem wird die Autonomie der Hochschulen beschnitten. Autonom sind dann nur noch Hochschulräte und

-leitungen.

Hochschulräten mangelt es häufig an Pluralität: In der Realität bilden die Hoch- schulräte nicht einmal im Ansatz die Vielfalt der Gesellschaft ab. Es dominiert die Arbeitgeber- und Wirtschafts-Lobby; insbesondere die Konzerne und die Finanzwirt- schaft. Das gefährdet die Unabhängigkeit der Hochschulen. Studierende, nicht- wissenschaftliche Mitarbeiter/-innen oder gar Gewerkschaften sind nur marginal ver- treten. Frauen sind mit 22 Prozent der Mitglieder in den Hochschulräten deutlich un- terrepräsentiert.

Hochschulräten fehlt es an Transparenz: Hochschulräte sind in ihrer Arbeit weder den Hochschulen, noch den Parlamenten und Landesregierungen rechenschafts- pflichtig. Sie können bei persönlichen Verfehlungen nicht einmal abberufen oder ab- gewählt werden.

Hochschulräte geben keine Impulse für die Hochschulen: Die Mitglieder der Hochschulräte müssen bisher keine besonderen Kenntnisse besitzen und nicht ein- mal mit dem Hochschulwesen vertraut sein. Sie sind ehrenamtlich tätig und treffen sich nur zu wenigen Sitzungen im Jahr. Deshalb kommt sogar die Studie des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) – eine gemeinsame Gründung der Ber- telsmann-Stiftung und der Hochschulrektorenkonferenz – über das „strategische Management an den Hochschulen“ zu dem Ergebnis, dass die Räte kaum fachliche Impulse geben, aber die Macht hätten Strategien einzufordern.

Deshalb lautet die Forderung der Gewerkschaften: Die Kontrolle der Hochschulen muss bei den demokratisch legitimierten Parlamenten und Regierungen liegen und nicht bei externen Räten.

Für den Austausch zwischen Gesellschaft und Hochschulen sollten anstelle von Hochschul- räten neue, plural zusammengesetzte Kuratorien für jede Hochschule eingesetzt werden. In diese Gremien entsenden die verschiedenen gesellschaftlichen Interessensgruppen – wie die Gewerkschaften – ihre Vertreter/-innen. Die Kuratorien sollen die Hochschulen in allen strategischen Fragen beraten, aber keine Letzt-Entscheidungskompetenzen haben. Die Ku- ratorien müssen Transparenz über ihre Arbeit herstellen. Sie sollen im Akademischen Senat ein Initiativ- und Antragsrecht haben. Der Akademische Senat soll sich mit Beratungsergeb- nisse und Vorschlägen der Kuratorien auseinandersetzen. So behalten die Hochschulkurato- rien ihre Eigenständigkeit und werden gleichzeitig in die Hochschuldemokratie integriert und damit legitimiert. Für diese Kuratorien muss eine Frauenquote gesetzlich verankert werden.

Das Argument, dass eine Mitgliedschaft in einem solchen Kuratorium nicht attraktiv sei, zeigt, dass mit der Arbeit in den Hochschulräten bisher handfeste Machtinteressen verknüpft sind.

Wir brauchen mehr und nicht weniger Mitbestimmung und Partizipation aller Gruppen an den Hochschulen. Das stärkt die Identifikation aller mit der eigenen Hochschule.

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