zum Gesetzentwurf der Abgeordneten Ottmar Schreiner, Adolf Ostertag, Rudolf Dreßler, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion der SPD
Entwurf eines
Arbeits- und Strukturförderungsgesetzes (ASFG)
BT-Drucksache 13/1440
1. Gesamtbewertung
Das ASFG lehnt sich in seiner Grundüberzeugung an das bisherige AFG an. Es entwickelt den Grundauftrag des AFG, der in § 2 formuliert ist, weiter und versucht, durch zusätzliche arbeitsmarktpolitische Maßnahmen einen
höheren Beschäftigungsstand sowie ein höheres Qualifika- tionsniveau zu erreichen. Gleichzeitig sollen durch die Verknüpfung von Arbeitsmarktpolitik und Strukturförderung Instrumente geschaffen werden, die auch benachteiligten Regionen bessere Möglichkeiten eröffnen.
Während das AFRG der Bundesregierung Leistungen in Höhe von 15 Mrd.DM reduzieren will, geht der Gesetzentwurf der SPD davon aus, daß für die Arbeitsmarktpolitik mehr
Mittel zur Verfügung gestellt werden müssen. Für den Bundeshaushalt werden zunächst Kosten von 6,3 Mrd.DM angegeben. Durch die Einführung einer Arbeitgeberumlage und Beiträge für geringfügig Beschäftigte werden
allerdings weitere Einnahmen erzielt.
Der ASFG-Entwurf umfaßt eine Reihe bereits seit längerem diskutierter arbeitsmarktpolitischer Reformansätze, wie z.B. die stärker projekt- und betriebsbezogene
Beschäftigungsförderung, bessere Instrumente und
verbindlichere Vorschriften zur Finanzierung sowie eine Dezentralisierung der Dienstleistungen und die Stärkung der dezentralen Selbstverwaltungsgremien in den
Arbeitsämtern und Landesarbeitsämtern. Damit wird dieser immer größer werdenden Gruppe der arbeitsmarktpolitischen Zielgruppen eine realistische Chance gegeben, über aktive Arbeitsmarktpolitik in den Arbeitsprozeß eingegliedert zu werden.
Das ASFG weist der Bundesanstalt für Arbeit (BA) eine aktive Rolle bei der Hebung des Beschäftigungsniveaus zu, während das AFRG sich in seiner Tendenz darauf
beschränkt, für den Arbeitsmarktausgleich zu sorgen. Mit seinen aktiven Elementen wird das ASFG deswegen eher zur Reduzierung der Arbeitslosigkeit beitragen können. Auch wenn sich wesentliche Arbeitsmarktdaten seit Entstehen des Gesetzes verändert haben, enthält das Gesetz einige Kernelemente, die in ein neues AFG auf jeden Fall
hinzugezogen werden sollten.
Angesichts der aktuellen Finanzierungsprobleme sollte der ASFG-Entwurf jedoch einen Stufenplan vorsehen, der eine schrittweise Umsetzung eröffnet. Die maßgeblichen
arbeitsmarktpolitischen Herausforderungen der 90er Jahre, die Ursachen für die Veränderungen der Rahmenbedingungen der Arbeitsmarktpolitik und die fehlerhafte staatliche Beschäftigungspolitik als Hemmschuhe für einen wirksamen Einsatz der AFG-Instrumente sollten deutlich
herausgestellt werden. Für die anhaltende Massenarbeits- losigkeit kann keinesfalls die Arbeitsmarktpolitik mit ihrem begrenzten Instrumentarium verantwortlich gemacht werden. Die entscheidenden Schritte zur Behebung der schwerwiegenden Beschäftigungsdefizite müssen von einer beschäftigungsorientierten Wirtschafts-, Finanz- und Strukturpolitik kommen, die mit dem Instrumentarium der Arbeitsmarktpolitik besser verzahnt sein müssen.
2. Zu den einzelnen Regelungen
Regionale Zusammenarbeit
In § 7 werden den Arbeitsämtern eine Reihe von Aufgaben auferlegt, die dem Ziel dienen, eine vorausschauende Arbeitsmarktpolitik zu entwickeln. In die Abstimmung sollen auch Gewerkschaften, Unternehmerverbände, Kammern und Gebietskörperschaften sowie arbeitsmarkt- und
bildungspolitische Träger einbezogen werden. Hiermit wird die Verantwortung der Arbeitsämter und der beteiligten Gebietskörperschaften für die aktive Arbeitsmarktpolitik gestärkt. Die Arbeitsmarktpolitik wird in die Lage
versetzt, vorausschauend Initiativen einzuleiten und so Arbeitslosigkeit vorzubeugen. Der Ansatz dieses Konzeptes ist sinnvoll und richtig, wenn auch die Erwartungen an vorausschauende Initiativen nicht überschätzt werden dürfen.
Richtigerweise wird die notwendige Verzahnung
insbesondere der wirtschaftsnahen Förderinstrumente mit der regionalen Strukturpolitik hervorgehoben.
Meldepflicht
In konsequenter Fortführung des AFG sieht das ASFG eine Meldepflicht für offene Stellen durch die Arbeitgeber vor. Durch eine Meldepflicht könnte der Einschaltungsgrad der Arbeitsämter und damit auch die Besetzung der Stellen mit Arbeitslosen erhöht werden. Um die Aktzeptanz bei den Arbeitgebern zu erhöhen, sollte eine Regelung aufgenommen werden, die dem Arbeitgeber die Entscheidung ermöglicht, ob Arbeitnehmer vom Arbeitsamt zugewiesen werden sollen oder nicht. Ansonsten hätte das Arbeitsamt die
Möglichkeit, dem Arbeitgeber zunächst unverbindlich eine Einschätzung des Arbeitskräfteangebotes zuzusenden. Die Arbeitsämter benötigen die Informationen über den
betrieblichen Arbeitskräftebedarf nicht zuletzt deshalb, um die Qualifizierungsmaßnahmen zukunftsorientiert
gestalten zu können.
Berücksichtigung von Tarifen
Das ASFG betont in § 29, daß die Bundesanstalt am
Zustandekommen von Arbeitsverhältnissen zu tarifwidrigen Bedingungen nicht mitwirken darf. Es setzt insofern die Tradition des AFG fort. Den Schutz des Tarifsystems, den das AFRG nicht mehr vorsieht, hält der DGB für unbedingt erforderlich. Die Wettbewerbsneutralität darf sich
keinesfalls nur auf die Tätigkeitsfelder erstrecken, sondern muß gleichfalls für die Entlohnungsbedingungen gelten. Die Regelung des ASFG wird deswegen unterstützt und sollte für die weiteren Gesetzesberatungen übernommen werden.
Berufsberatung
Bei der Berufsberatung übernimmt das ASFG im wesentlichen die bisherigen Regelungen des AFG. Die Arbeit der
Berufsberatung ist in der Vergangenheit effektiv und erfolgreich gewesen, was u.a. an dem hohen
Einschaltungsgrad der Arbeitsämter zu erkennen ist.
Konsequent wird deswegen auch auf eine Privatisierung der Berufsberatung und Vermittlung von Ausbildungsstellen verzichtet. Diese Regelung wird unterstützt.
Maßnahmen der aktiven Arbeitsförderung
Der Grundsatz des Vorrangs der aktiven Förderung vor passiver Finanzierung der Arbeitslosigkeit wird
unterstützt. Durch die Festlegung auf 50 % der Ausgaben der BA für aktive Arbeitsmarktpolitik wird der aktiven Arbeitsförderung ein hoher Stellenwert zugewiesen. Zur Finanzierung soll ein Bundeszuschuß zugewiesen werden, der eine antizyklische Steigerungskomponente enthält. Die aktive Arbeitsmarktpolitik enthält damit ein
antizyklisches Element, was von Arbeitsmarktpolitikern immer wieder gefordert wird. Ob allerdings das Erreichen der Zielgröße von 50 % bei der momentanen
Arbeitsmarktlage kurzfristig in einem Schritt realistisch ist, darf bezweifelt werden. Der DGB empfiehlt deswegen, die Zielgröße flexibler zu handhaben und eine stufenweise Anhebung vorzusehen..
Der in § 44 vorgesehene Förder- und Eingliederungsplan stellt eine Verpflichtung des Staates dar, den
Arbeitslosen aktiv bei der Integration zu unterstützen.
Der Grundansatz des Eingliederungs- und Förderplans wird vom DGB unterstützt. Die Förderung muß
arbeitsmarktpolitisch sinnvoll sein und das Ziel
verfolgen, die Integration in den ersten Arbeitsmarkt zu erreichen. Das ASFG geht auch wie das bisherige AFG davon aus, daß für die Teilnahme an Fortbildungs- und
Qualifizierungsmaßnahmen ein geringer finanzieller Anreiz gegeben sein soll. Die Festsetzung des Unterhaltsgeldes oberhalb des Arbeitslosengeldes wird deswegen vom DGB begrüßt, ist voraussichtlich aber nur über einen Stufenplan zu realisieren.
Rehabilitation
Das ASFG betont einen Rechtsanspruch auf Maßnahmen zur Eingliederung und Rehabilitation. Der Rechtsanspruch auf berufsfördernde Maßnahmen ist gleichzusetzen mit dem Anspruch auf schulische Grundbildung. Die Aufgabe dieses Rechtsanspruches, wie es das AFRG vorsieht, ist völlig unakzeptabel. Durch fehlende Hilfen wird für viele
Betroffene der Weg in den Beruf versperrt. Behinderte und Leistungsgeminderte sind insbesondere durch den
Verdrängungsprozeß bei hoher Arbeitslosigkeit betroffen.
Die Abschaffung des Rechtsanspruches kann das Verweigern von Maßnahmen zur Folge haben. Zusätzlich erschwert wird die Situation der Betroffenen durch die demographische Entwicklung, die zu einer höheren Nachfrage nach
Ausbildungsplätzen führt. Das bisherige System zur
Rehabilitation und Eingliederung hat sich bewährt und hat durch hohe Eingliederungsquoten seine Effizienz unter Beweis gestellt.
Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen
Bei den Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) wird im wesentlichen die bisherige Regelung des AFG übernommen.
Auch hier respektiert das ASFG die Tarifstruktur. Für alle Beschäftigten gilt einheitlich der Tarifvertrag.
Hierdurch wird unterstrichen, daß das ABM-
Beschäftigungsverhältnis sich arbeits- und tarifrechtlich nicht von den übrigen Arbeitsverhältnissen unterscheidet.
Der öffentlich geförderte Beschäftigungssektor darf nicht instrumentalisiert werden, um das Lohngefüge nach unten zu drücken.
Lohnkostenzuschuß für ältere Arbeitnehmer
Der DGB sieht es grundsätzlich als notwendig an, für ältere Arbeitnehmer Förderinstrumente vorzusehen. Die Tendenz, ältere Arbeitnehmer aus dem Erwerbsprozeß
herauszudrängen, wird weiter zunehmen. Auch bei Rückgang der Arbeitslosigkeit wird dieser Personenkreis weiterhin Schwierigkeiten haben, erneut in den Arbeitsprozeß
zurückzufinden. Allerdings sollte die Regelung soweit präzisiert werden, daß Mitnahmeeffekte seitens der Arbeitgeber unterbunden werden.
Zielgruppengebundene Projekte
Im Gegensatz zum AFRG sieht das ASFG weiterhin die Möglichkeit vor, für besondere Zielgruppen des
Arbeitsmarktes spezielle Projekte anzubieten. Notwendig ist berufliche Erfahrung und Qualifikation zu verknüpfen mit praktischer Betätigung in Projekten. Für eine kleine Zielgruppe des Arbeitsmarktes sind diese Projekte nach wie vor notwendig.
Beschäftigungsförderung aus Mitteln für Leistungen bei Arbeitslosigkeit
Das ASFG sieht vor, daß Mittel, die für Leistungen bei Arbeitslosigkeit gewährt werden, umgewandelt werden in aktive Beschäftigungshilfen. Dieser Ansatz ist auch im AFG als produktive Arbeitsförderung bereits enthalten.
Die Umwandlung von passiven Leistungen in aktive Arbeits- marktpolitik ist volkswirtschaftlich sinnvoll. Durch die Regelung, daß nur Arbeiten gefördert werden, mit deren Durchführung ein Wirtschaftsunternehmen oder eine Arbeitsfördergesellschaft betraut werden darf, soll verhindern, daß Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten des regulären Arbeitsmarktes stattfinden. Allerdings sollten diese Regelungen weiter präzisiert werden, um
Wettbewerbsverzerrungen tatsächlich auszuschließen.
Das ASFG will mit diesem Regelungsinstrument aktiv zur Strukturverbesserung beitragen. Leistungen können in dem Maße zur Verfügung gestellt werden, wie Ko-
Finanzierungsmittel aus der regionalen Strukturpolitik und der kommunalen Wirtschaftsförderung bereitstehen.
Lohnersatzleistungen
Die Regelungen zu den Lohnersatzleistungen gegenüber dem bisherigen Recht wirken im wesentlichen unverändert.
Arbeitslosigkeit wird erst bei einer Beschäftigung von mehr als 17 Wochenstunden beendet.
Diese Regelung dürfte dem sozialen Schutz der Mehrheit der Bevölkerung eher entgegenkommen als die im AFRG vorgesehene Regelung, die Arbeitslosigkeit bereits oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze zu beenden. Im Grundsatz muß angestrebt werden, daß der Schutz des Arbeitsförderungsgesetzes erst beendet wird, wenn der Arbeitnehmer aus seinem Beschäftigungsverhältnis ein Einkommen erzielt, das den Lebensunterhalt sicherstellt.
Das Absenken der Leistungssätze in den letzten Jahren hat bei vielen Betroffenen zu Armut und
Sozialhilfebedürftigkeit geführt. Die Anhebung der Leistungssätze ist deswegen richtig und konsequent. Da die Finanzierung bei dem derzeit hohen Niveau der
Arbeitslosigkeit problematisch ist, kann die Anhebung der Leistungssätze erst erfolgen, wenn durch ar-
beitsmarktpolitische Maßnahmen die Arbeitslosigkeit reduziert worden ist.
Neutralität der Bundesanstalt für Arbeit in Arbeitskämpfen
Im § 161 wird ausdrücklich geregelt, daß die
Bundesanstalt in Arbeitskämpfen sich neutral zu verhalten habe. Es wird genau definiert, daß ein Arbeitnehmer nur dann am Arbeitskampf beteiligt ist, wenn er selbst aktiv streikt. Hierdurch wird verhindert, daß Arbeitgeber die Arbeitnehmer zu "Geiseln" machen, um den Arbeitskampf zu ihren Gunsten zu entscheiden. Zugleich wird damit eine völkerrechtskonforme Regelung angestrebt.
Arbeitslosenhilfe
Die Regelungen zur Arbeitslosenhilfe werden im
wesentlichen aus dem bestehenden AFG übernommen. Die Anhebung der Leistungsquote auf 56 % bzw. 58 % wird vom DGB begrüßt. Die Absenkung der Leistungsquote hat
nachweislich nicht zur Verbesserung am Arbeitsmarkt beigetragen, sie hat lediglich die soziale Situation der Arbeitslosen weiter verschlechtert und vermehrt Kosten auf die Kommunen abgewälzt.
Beiträge zur Bundesanstalt für Arbeit
Das ASFG erweitert die Finanzierungsgrundlagen der Bundesanstalt für Arbeit durch einen geregelten Bundeszuschuß. Dieser Bundeszuschuß ist antizyklisch angelegt, so daß die Bundesanstalt auch tatsächlich in die Lage versetzt wird, Arbeitslosigkeit aktiv zu
bekämpfen und nicht nur auf steigende Arbeitslosenzahlen zu reagieren. Der regelgebundene Zuschuß wird sowohl aus ökonomischen Gründen als aus Gründen der Beitrags-
gerechtigkeit für notwendig gehalten. Nach wie vor trägt die Bundesanstalt in hohem Maße die Folgekosten des wirtschaftlichen Niedergangs in den ostdeutschen Bundesländern. Diese Folgekosten müssen zweifelsfrei steuerfinanziert werden.
Da bei steigender Arbeitslosigkeit die Einnahmen der Bundesanstalt tendenziell sinken und die
Lohnersatzleistungen steigen, ist eine Verstetigung der Arbeitsmarktpolitik durch einen regelgebundenen Zuschuß dringend erforderlich. Der bisher prozyklischen Politik kann besser entgegengewirkt und Arbeitslosigkeit aktiver bekämpft werden.
Darüber hinaus führt das ASFG einen gespaltenen Beitrag für Beschäftigte unterhalb der Versicherungsgrenze ein.
Erfaßt werden sollen alle Beschäftigungsverhältnisse oberhalb einer Bagatellgrenze von 1/50stel der
monatlichen Bezugsgröße. Den Arbeitnehmern entstehen dadurch keine Ansprüche auf Arbeitslosengeldzahlungen, wohl aber auf Arbeitsförderungsmaßnahmen.
Der DGB hält es für dringend erforderlich, die ständige Ausweitung der geringfügigen Beschäftigung zu bremsen.
Die Einführung einer Beitragspflicht für Arbeitgeber würde zumindest den ökonomischen Vorteil, Ver-
sicherungsbeiträge gespart zu haben, mindern. Die eingenommenen Beiträge sollen verwendet werden für die aktive Förderung dieses Personenkreises. In dem
Gesetzesvorschlag ist ein gangbarer Weg aufgezeigt, die Zahl der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse unter gleichzeitiger Herstellung größerer Beitragsgerechtigkeit zu reduzieren.
Arbeitsmarktpolitisch sinnvoll ist auch die Einbeziehung der Sozialhilfeempfänger in die aktive
Arbeitsmarktpolitik. Zweifel sind jedoch angebracht, ob die vorgesehenen Beiträge für Sozialhilfeträger der richtige Weg dazu sind. Mehrbelastungen des
beitragsfinanzierten Systems wären unumgänglich. So notwendig eine stärkere Einbeziehung der erwerbsfähigen Sozialhilfeempfänger in die aktive Arbeitsförderung auch
ist, so sollte dies vorrangig über eine kooperative Zusammenarbeit von Arbeitsämtern und Sozialämtern und eine stärkere Finanzierung aus steuerfinanzierten Bundesmitteln erfolgen.
Maßnahmen zur Frauenförderung
Die Frauen sind arbeitsmarktpolitisch nach wie vor benachteiligt, insbesondere durch häufige
familienbedingte Unterbrechungen der Erwerbstätigkeit.
Das Gesetz sieht generell vor, daß Frauen entsprechend ihrem Anteil an den registrierten Arbeitslosen im jeweiligen Arbeitsamtsbezirk gefördert werden.
Richtigerweise kann sich eine reformierte AFG-Konzeption nicht nur auf die Formulierung von Zielen der
Frauenförderung beschränken, sondern muß auch wirksame Instrumente der Arbeitsförderung für Frauen verbindlich im AFG festlegen. Dabei geht es nicht nur um die
Absicherung höherer Frauenanteile in Maßnahmen, sondern auch um qualitative Verbesserung der Maßnahmen.
Auch die Stellung der Frauenbeauftragten wird gestärkt, indem sie direkt der Behördenleitung unterstehen und gesetzlich festgelegt frühzeitig an Entscheidungen beteiligt werden sollen.
Dadurch, daß das Gesetz grundsätzlich berufliche
Tätigkeiten im eigenen Haushalt gleichstellt, sind die Chancen für Frauen, an beruflichen Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen teilzunehmen, wesentlich verbessert.
Die verbesserte Förderung von Frauen ist mittlerweile unumstritten und wird politisch immer wieder
eingefordert. Die vorgesehenen Regelungen werden die Integrationschancen und die Beteiligung der Frauenbeauf- tragten wesentlich verbessern.
Selbstverwaltung
Die bisherige Selbstverwaltung hat sich bewährt. Das ASFG schränkt im Unterschied zum AFRG die Kompetenzen der Selbstverwaltung nicht ein, sondern im Gegenteil, das Anordnungsrecht wird eindeutig auf den Verwaltungsrat übertragen. Das BMA kann nicht vorrangig tätig werden, sondern nachrangig. Der Eingriff in die
Haushaltskompetenz der Selbstverwaltung wird rückgängig gemacht. Mit diesen Regelungen unterstellt das ASFG, daß die Selbstverwaltung in der Lage ist, die übertragenen Probleme in eigener Verantwortung zu regeln. Dies ist sachgerecht, da es insbesondere die Verantwortung der Sozialpartner für die Arbeitsmarktpolitik stärkt. Der Gesetzentwurf knüpft damit an Vorschläge an, die Vorstand und Verwaltungsrat der Bundesanstalt für Arbeit
einvernehmlich aufgestellt haben.
3. Zusammenfassende Bewertung
Das ASFG will einen Beitrag zum Abbau der Arbeitslosigkeit leisten und ordnet sich damit in ein
beschäftigungspolitisches Gesamtkonzept zur Halbierung der
Arbeitslosigkeit ein. Es zeigt einige neue Wege auf, wie mit Hilfe der Arbeitsmarktpolitik Arbeitslosigkeit aktiv
bekämpft werden kann und setzt den mit dem AFG im Jahre 1969 begonnenen Weg konsequent fort. Die in dem ASFG
vorgeschlagenen Lösungswege werden auch von unabhängigen Experten unterstützt. Ein Arbeitsförderungsgesetz, das Instrumente bereithält, die Arbeitslosigkeit aktiv zu bekämpfen, ist für einen Sozialstaat, der diesen Namen
verdient, unumgänglich. Das ASFG enthält Reformelemente, die unbedingt in die Diskussion einbezogen werden sollten.
Mit diesem Gesetzentwurf werden nicht nur wesentliche Forderungen der Gewerkschaften, sondern ebenso zentrale Anforderungen von Vorstand und Verwaltungsrat der
Bundesanstalt für Arbeit aufgegriffen, die einstimmig verabschiedet wurden. So setzte sich die Selbstverwaltung u.a. dafür ein, daß
• die bisherigen Ansätze insgesamt ausgebaut und vor allem auf die Zielgruppen ausgerichtet werden,
• versicherungsfremde Leistungen und einigungsbedingte Sonderlasten über Steuern bzw. einen regelgebundenen Bundeszuschuß finanziert werden sollen,
• die aktive Arbeitsmarktpolitik forciert und die Abstimmung mit der Wirtschafts-, Struktur- und Regionalpolitik in Angriff genommen werden soll,
• die Qualifizierung während der Beschäftigung ausgebaut und zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit eine bessere Verknüpfung von vorübergehender Arbeitszeitverkürzung mit Qualifikationsangeboten eröffnet wird,
• öffentlich geförderte Beschäftigung so lange erforderlich ist, wie es einen erheblichen strukturellen Mangel an Arbeitsplätzen gibt,
• der zielgruppenorientierte Instrumenteneinsatz, wie die Projektförderung nach § 62d AFG, für Langzeitarbeitslose weiter entwickelt werden soll,
• die Rechte der Selbstverwaltung gestärkt werden.
Insgesamt greift der ASFG-Entwurf eine Reihe bereits seit längerem diskutierter Reformansätze auf. Hervorzuheben ist insbesondere die angestrebte Finanzreform, um die
Gerechtigkeitslücke bei der Finanzierung arbeitsmarkt-
politischer Aufgaben zu beseitigen. Zugleich sollen neue und neu angepaßte Instrumente die Abstimmung mit der
Wirtschafts-, Finanz- und Strukturpolitik verbessert und eine vorbeugende Arbeitsmarktpolitik gestärkt werden. Nicht zuletzt soll die Qualität der Arbeitsmarktpolitik daran gemessen werden, inwieweit sie zur Chancengleichheit für Personengruppen und Regionen beiträgt.
Angesichts der enormen Finanzierungslast der öffentlichen Haushalte wäre es zu begrüßen, wenn die Reform stufenweise ungesetzt und die Schwerpunkte für die erste Phase klarer definiert werden könnten. So notwendig es z.B. ist, die finanziellen Anreize bei Weiterbildung, insbesondere im unteren Einkommensbereich, zu erhöhen, so stellt sich die Frage, ob das Unterhaltsgeld in einem Schritt auf eine
Lohnersatzquote auf bis zu 80 % erhöht werden kann und soll.
Von einigen Regelungen - wie die Wiederaufnahme der
Aufstiegsfortbildung (Meister-Bafög) ins AFG - sollte aktuell wieder Abstand genommen werden. Auch hinsichtlich der notwendigen Einbeziehung der Sozialhilfeempfänger in die Arbeitsförderung wird ein anderes Konzept favorisiert.
Die grundlegende Konzeption dieses Gesetzentwurfs stellt auf problemgerechte, zukunftsorientierte Weiterentwicklung des AFG ab.