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Vorbildliche KooperationRegensburger Projekt zur professionellen und wissenschaftlichen Raucherentwöhnung

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744 Bayerisches Ärzteblatt 12/2004

KVB informiert

Ein ungewöhnliches und bundesweit bislang ein- maliges Projekt, um Raucher professionell zu entwöhnen, läuft seit Juli dieses Jahres in Re- gensburg. Speziell ausgebildete und zertifizierte Ärzte sollen etwa 1000 Raucher auf dem Weg zur Tabakabstinenz begleiten. Die Beobach- tungsstudie ist über drei Jahre angelegt und wird unterstützt vom Krankenhaus Barmherzige Brü- der aus Regensburg, dem Krankenhaus Donau- stauf, der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) und dem Tumorzentrum Regensburg e. V.

Das Bayerische Ärzteblatt hat mit Professor Dr.

Ernst-Dietrich Kreuser (Barmherzige Brüder), Professor Dr. Michael Pfeifer (Donaustauf), Pro- fessor Dr. Ferdinand Hofstädter (Tumorzentrum) und Dr. Gert Rogenhofer (KVB) über das Projekt gesprochen.

Schon seit dem Sommer läuft die Studie zur Raucherentwöhnung. Herr Professor Kreuser, können Sie unseren Lesern mitteilen, was die Intention dieses Projekts ist?

Professor Dr. Kreuser: Über die gravierenden Folgen des chronischen Rauchens liegen um- fangreiche Kenntnisse vor: Jährlich sterben zehn Millionen Menschen durch das Rau- chen, also alle drei Sekunden ein Raucher.

Nach 20 Jahren Tabakkonsum kommt jeder vierte Raucher zu Tode. Experten gehen da- von aus, dass in wenigen Jahren die Tabakab- hängigkeit die häufigste Krankheits- und To- desursache weltweit sein wird. Auch die deutschen Zahlen sind erschreckend: Jährlich sterben 140 000 Menschen an den Folgen des Rauchens und 40 000 Menschen an Lungen- krebs. Das Schlimme: Die Tabakabhängigkeit beginnt heute schon im Schulalter. Fast ein Drittel der rauchenden Schüler wird bereits als chronische Raucher eingestuft. Die Kos- ten der Folgeerkrankungen des Rauchens für unser Gesundheitswesen sind mit geschätzten 32 Milliarden Euro pro Jahr immens.

Angesichts dieser ernüchternden Fakten stellt sich die Frage, warum nicht mehr Menschen schon von sich aus mit dem Rauchen aufhören.

Wie können Ärzte sie dabei unterstützen?

Professor Dr. Kreuser: Der Wille ist bei vielen Rauchern vorhanden: Etwa 70 Prozent wollen mit dem Rauchen aufhören, gut 40 Prozent versuchen es jährlich und mehr als 70 Prozent suchen deswegen jedes Jahr ent- sprechende Kontaktstellen im Gesundheits- wesen auf. Was aber in Deutschland fehlt, ist eine flächendeckende professionelle Raucher- entwöhnung durch die Ärzteschaft. Deshalb wurden in unserem Modellprojekt der Ar- beitsgruppe „Ärzte gegen das Rauchen“ des Tumorzentrums Regensburg 100 Ärzte zerti- fiziert. Jeder Arzt soll über drei Jahre hinweg mindestens zehn dokumentierte und wissen- schaftlich analysierbare Raucherentwöhnun- gen an Patienten durchführen. Vom Ergebnis dieser Untersuchung versprechen wir uns vor allem eine Signalwirkung für Patienten und Ärzte, aber auch für Kassen und Politiker, um die standardisierte Raucherentwöhnung bun- desweit einzuführen.

Die Schulung der teilnehmenden Ärzte ist seit kurzem abgeschlossen, welche spezifischen Schulungsinhalte wurden den Ärzten ver- mittelt, damit sie die Patienten erfolgreich zur Tabakabstinenz führen?

Professor Dr. Pfeifer: Für die Schulung haben wir mit dem renommierten Münchner Insti- tut für Raucherberatung und Tabakentwöh- nung unter Leitung von Dr. Pál L. Bölcskei zusammengearbeitet. Die Referenten haben den Seminarteilnehmern aktuelles Wissen zur medikamentösen und psychologisch unterstützten Raucherberatung und -entwöh- nung in der Theorie und anhand praktischer Übungen beigebracht. Sie wurden informiert über die strukturierte Raucheranamnese, die die Entwöhnungsmaßnahmen an den Grad einer Nikotinabhängigkeit und an die Erwar-

tung und Motivation des Rauchers anpassen soll. Des Weiteren erfuhren die Seminarteil- nehmer den hohen Stellenwert einer weiteren ärztlichen Begleitung des entwöhnten Rau- chers zur besseren Motivation und Erfolgs- stabilisierung.

Wann können wir mit ersten Ergebnissen der Studie rechnen? Ist schon absehbar, was nach der Laufzeit dieses Projektes geschieht? Wird die Studie ausgeweitet oder noch in anderen Vergleichsregionen durchgeführt?

Professor Dr. Pfeifer: Zuerst wird die Anzahl der erfolgreichen Entwöhnungen festgestellt.

Mit einem ersten Zwischenergebnis kann man sicherlich nach etwa einem halben Jahr rechnen. Uns interessiert darüber hinaus na- türlich auch, von welchen Einflussgrößen – und das betrifft nicht nur die eingesetzten Therapiemaßnahmen – der Erfolg einer Rau- cherentwöhnung abhängt. Dies zu ergründen, bedarf differenzierterer Analysen über die all- gemeine Erfolgsrate hinaus und wird seine Zeit brauchen. Sobald dazu aber Ergebnisse vorliegen, werden wir die Öffentlichkeit ent- sprechend informieren.

Dr. Rogenhofer: Was die Ausweitung betrifft, stehen wir schon in konkretem Kontakt mit Polen und Österreich. In gleicher Form wird dieses Projekt am polnischen Gesundheits- zentrum Bialystok durchgeführt. Eine ge- plante Zusammenarbeit mit der Universität Innsbruck lässt hoffen, dass wir die Ergeb- nisse in einem größeren Rahmen und auf ei- ner breiteren europäischen Basis darstellen können. Das Modellprojekt soll die bereits angesprochene Signalwirkung bei allen Betei- ligten im Gesundheitswesen und der Politik erzielen. Wir sind überzeugt, dass eine struk- turierte ärztliche Raucherentwöhnung auf breiter Basis effizient und kostengünstig im Rahmen der gesetzlichen Krankenversiche- rung durchgeführt werden kann. Es lohnt sich also, diese „gesellschaftliche“ Aufgabe in den Kliniken und Praxen zu verankern.

Das Projekt ist auch ein Beispiel für die gute Zusammenarbeit zwischen stationärem und ambulantem Bereich sowie dem Forschungsbe- reich im Gesundheitswesen. Welchen Nutzen haben die Projektbeteiligten von dieser Koope- ration?

Vorbildliche Kooperation

Regensburger Projekt zur professionellen und wissenschaftlichen Raucherentwöhnung

Dr. Ferdinand Hofstädter

Professor Dr. Ernst- Dietrich Kreuser

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Bayerisches Ärzteblatt 12/2004 745

KVB informiert

Professor Dr. Kreuser: Den Nutzen sieht man bereits an der großen Resonanz der Ärzte- schaft auf das Seminarangebot und der Mög- lichkeit, an solch einem Projekt gemein- schaftlich mitzuarbeiten. Unter den Teilneh- mern sind gleichermaßen Krankenhausärzte aus dem onkologischen und pneumologischen Bereich wie niedergelassene Haus- und Fach- ärzte vertreten. Das Interesse und die Moti- vation der Ärzte, die Raucherentwöhnung als festen Bestandteil in die Behandlung und Versorgung ihrer Patienten zu etablieren, sind deutlich zu erkennen.

Professor Dr. Hofstädter: Ebenso effizient ist die Einbindung von Wissenschaftlern der Universität Regensburg, die sich mit sucht- medizinischen Fragen wie dem Zusammen- spiel von Depression und Nikotinabhängig- keit beschäftigen. Bei der großen Probanden- zahl in diesem Projekt hat natürlich die Be- rücksichtigung solcher Fragestellungen einen hohen wissenschaftlichen Wert.

Das Tumorzentrum Regensburg koordiniert die Studie. Was ist eigentlich das Tumorzen- trum und welche Aufgaben hat es?

Professor Dr. Hofstädter: Das Tumorzentrum Regensburg ist seit seiner Gründung 1991 ein gleichberechtigter Zusammenschluss des Universitätsklinikums Regensburg, der Kran- kenhäuser und der niedergelassenen Ärzte der Oberpfalz, vertreten durch die KVB. Die Zu- sammenarbeit von niedergelassenen Ärzten und Krankenhausärzten funktioniert von An- fang an reibungslos und ist mittlerweile Vor- bild für viele andere Tumorzentren. Die er- folgreiche Kooperation spiegelt sich in allen wichtigen Aufgaben des Tumorzentrums wi- der: in der flächendeckenden und versor- gungsbegleitenden Tumordokumentation, bei der Projektgruppenarbeit, bei Studien und Projekten zur integrierten Versorgung und im Bereich der onkologischen Fortbildung.

Die KVB kooperiert mit dem Regensburger Tumorzentrum. Wie sieht die Zusammenar- beit aus? Welche Vorteile versprechen sich die niedergelassenen Ärzte davon?

Dr. Rogenhofer: Fast ein Drittel der mittler- weile 66 000 gemeldeten Krebsdiagnosen ba- sieren auf den Mitteilungen durch niederge- lassene Ärzte. Das große Engagement der niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen wird belohnt, weil das Tumorzentrum ent- sprechende Daten auch wieder an die teilneh- menden Ärzte zurückgibt: So erhalten alle meldenden Ärzte regelmäßig praxis- bzw. kli- nikbezogene Informationen sowie Auswer- tungen zu Diagnosen, Therapien und den Verläufen aus der Tumordokumentation. Je- der Arzt kann also die Versorgung „seiner“

Patienten mit der Versorgung aller Patienten in der Region vergleichen, was Qualitätssi-

cherung par excellence bedeutet. Zusätzlich kann sich jeder Arzt auch mit einer indivi- duellen Anfrage direkt an das Tumorzentrum wenden.

Professor Dr. Hofstädter: Das Tumorzentrum fördert generell die Zusammenarbeit in den verschiedenen Projektgruppen, wo die nieder- gelassenen Ärzte genauso vertreten sind wie in den vom Tumorzentrum geförderten und unterstützten Projekten und Einrichtungen.

Eine lange Tradition besteht außerdem bei der gemeinsamen Organisation und Durch- führung von Fortbildungsveranstaltungen im Rahmen onkologischer Qualitätszirkel und Fallkonferenzen, bei denen praxisnahes Wis- sen zu Diagnostik, Therapie und Nachsorge von Krebserkrankungen den teilnehmenden Ärzten vermittelt wird. Sie sehen, in Sachen Kooperation sind die Regensburger Vorbild.

Vielen Dank für das Gespräch.

Die Fragen stellte Michael Anschütz (KVB) Professor Dr.

Michael Pfeifer

Dr. Gert Rogenhofer

Wege zur (Rauch-)Freiheit

Unter dem Titel „Ja, ich werde rauchfrei!“

wird allen aufhörwilligen Rauchern eine praktische Anleitung gegeben, wie sie er- folgreich den Weg in die Rauchfreiheit antreten können. Die völlig neu gestaltete Broschüre der Bundeszentrale für ge- sundheitliche Aufklärung (BZgA) be- schreibt sehr verständlich jeden einzelnen Schritt: Von der Vorbereitung des Rauch- verzichts über die genaue Planung und Gestaltung der ersten rauchfreien Tage bis hin zu den ersten Wochen ohne Ziga- rette, aber mit dem positiven Gefühl, ei- nen entscheidenden Schritt in die (Rauch-)Freiheit vorangekommen zu sein.

Die Broschüre kann kostenfrei bestellt werden bei der

BZgA, 51101 Köln, Fax 0221 8992257, E-Mail: order@bzga.de

Internet: www.rauchfrei-kampagne.de

Für diejenigen, die über die Broschüre hinaus weitere Unterstützung und Rat beim Rauch- verzicht benötigen, steht die Telefonberatung der BZgA zur Rauchentwöhnung von Mon- tag bis Donnerstag zwischen 10.00 und 22.00 Uhr und von Freitag bis Sonntag zwischen 10.00 und 18.00 Uhr unter der Telefonnummer 01805 313131 zum bundeseinheitlichen Tarif von 12 Cent/Min. zur Verfügung.

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