Auf den Nebel folgt die Sonne
von Paul Gerhardt
Notizen / Anmerkungen 1 1.
2 Auf den Nebel folgt die Sonn, 3 Auf das Trauern Freud und Wonn, 4 Auf die schwere bittre Pein
5 Stellt sich Trost und Labsal ein.
6 Meine Seele, die zuvor 7 Sank bis zu dem Höllentor, 8 Steigt nun bis zum Himmelschor.
9 2.
10 Der, vor dem die Welt erschrickt, 11 Hat mir meinen Geist erquickt, 12 Seine hohe starke Hand
13 Reißt mich aus der Höllen Band;
14 Alle seine Lieb und Güt
15 Überschwemmt mir mein Gemüt 16 Und erfrischt mir mein Geblüt.
17 3.
18 Hab ich vormals Angst gefühlt, 19 Hat der Gram mein Herz zerwühlt, 20 Hat der Kummer mich beschwert, 21 Hat der Satan mich betört:
22 Ei, so bin ich nunmehr frei,
23 Heil und Rettung, Schutz und Treu 24 Steht mir wieder treulich bei.
25 4.
26 Nun erfahr ich, schnöder Feind, 27 Wie dus habst mit mir gemeint, 28 Du hast wahrlich mich mit Macht 29 In dein Netz zu ziehn gedacht.
30 Hätt ich dir zuviel getraut, 31 Hättst du, eh ich zugeschaut, 32 Mir zu Fall ein Sieb gebaut.
33 5.
34 Ich erkenne deine List, 35 Da du mit erfüllet bist;
36 Du belügst mir meinen Gott
37 Und machst seinen Ruhm zu Spott:
38 Wann er setzt, so wirfst du üm.
39 Wann er spricht, verkehrt dein Grimm 40 Seine süße Vaterstimm.
41 6.
42 Hoff und wart ich alles Guts, 43 Bin ich froh und gutes Muts, 44 Rückst du mir aus meinem Sinn 45 Alles gute Sinnen hin:
46 Gott ist, sprichst du, fern von dir, 47 Alles Unglück bricht herfür, 48 Steht und liegt vor deiner Tür.
49 7.
50 Heb dich weg, verlogner Mund!
51 Hie ist Gott und Gottes Grund, 52 Hie ist Gottes Angesicht 53 Und das schöne helle Licht 54 Seines Segens, seiner Gnad;
55 All sein Wort und weiser Rat 56 Steht vor mir in voller Tat.
57 8.
58 Gott läßt keinen traurig stehn, 59 Noch mit Schimpf zurückegehn, 60 Der sich ihm zu eigen schenkt 61 Und ihn in sein Herze senkt;
62 Wer auf Gott sein Hoffnung setzt, 63 Findet endlich und zuletzt
64 Was ihm Leib und Seel ergötzt.
65 9.
66 Kommts nicht heute, wie man will, 67 Sei man nur ein wenig still:
68 Ist doch morgen auch ein Tag, 69 Da die Wohlfahrt kommen mag.
70 Gottes Zeit hält ihren Schritt,
71 Wann die kommt, kommt unsre Bitt 72 Und die Freude reichlich mit.
73 10.
74 Ach, wie ofte dacht ich doch, 75 Da mir noch des Trübsals Joch 76 Auf dem Haupt und Halse saß 77 Und das Leid mein Herze fraß:
78 Nun ist keine Hoffnung mehr, 79 Auch kein Ruhen, bis ich kehr 80 In das schwarze Totenmeer.
81 11.
82 Aber mein Gott wandt es bald, 83 Heilt und hielt mich dergestalt, 84 Daß ich, was sein Arm getan, 85 Nimmermehr gnug preisen kann;
86 Da ich weder hie noch da 87 Einen Weg zur Rettung sah, 88 Hatt ich seine Hilfe nah.
89 12.
90 Als ich furchtsam und verzagt 91 Mich selbst und mein Herze plagt, 92 Als ich manche liebe Nacht
93 Mich mit Wachen krank gemacht, 94 Als mir aller Mut entfiel:
95 Tratst du, mein Gott, selbst ins Spiel, 96 Gabst dem Unfall Maß und Ziel.
97 13.
98 Nun, so lang ich in der Welt 99 Haben werde Haus und Zelt, 100 Soll mir dieser Wunderschein 101 Stets vor meinen Augen sein.
102 Ich will all mein Leben lang 103 Meinem Gott mit Lobgesang 104 Hiefür bringen Lob und Dank.
105 14.
106 Allen Jammer, allen Schmerz, 107 Den des ewgen Vaters Herz 108 Mir schon jetzo zugezählt 109 Oder künftig auserwählt, 110 Will ich hier in diesem Lauf 111 Meines Lebens allzuhauf 112 Frisch und freudig nehmen auf.
113 15.
114 Ich will gehn in Angst und Not, 115 Ich will gehn bis in den Tod, 116 Ich will gehn ins Grab hinein 117 Und doch allzeit fröhlich sein.
118 Wem der Stärkste bei will stehn, 119 Wen der Höchste will erhöhn, 120 Kann nicht ganz zugrunde gehn.
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Autor Paul Gerhardt Titel „Auf den Nebel folgt die Sonne“
Verse 120 Wörter 558
Strophen 15
Checkliste zur Analyse / Interpretation eines Gedichtes
Einleitung der Gedichtanalyse
Titel des Gedichtes, Name des Autors und Entstehungs- oder Erscheinungsjahr
Gedichtart (Sonett, Ode, Haiku, Ballade, Hymne usw.)
Thema des Gedichtes (Liebesgedicht, Naturgedicht, Krieg usw.)
zeitliche Einordnung / Literaturepoche benennen
kurze Beschreibung des Gedichtes
Absicht des Gedichtes
Hauptteil der Gedichtanalyse
Inhalt
Thema des Gedichts
Was beschreibt das Gedicht (Erlebnis, Jahreszeit oder eine bestimmte Zeit)?
Zusammenhang zwischen Titel und Gedicht
Lyrisches Ich - Wer spricht im Gedicht? Woran erkennt man das?
Hauptteil der Gedichtanalyse
Aufbau
Verse und Strophen
Reimschema (Kreuzreim, Paarreim, umarmender Reim, Haufenreim, verschränkter Reim, Schweifreim etc.)
Gibt es ein Versmaß? Versmaß (Metrum) bestimmen.
Kadenz: Wie sind die Endsilben im Gedicht?
Hauptteil der Gedichtanalyse
Sprache
Auffälligkeiten der Sprache (Werden beispielsweise viele Adjektive, nur Substantive, Vokale etc. verwendet?)
Wie spricht das lyrische Ich (traurig oder fröhlich)?
Benenne die Stilmittel und Reimformen, die zum Einsatz kommen.
Satzbau: Parataktischer & hypotaktischer Satzbau
Welche Zeitform wird genutzt (Präsens, Präteritum, Futur)?
Hauptteil der Gedichtanalyse
Gedichtinterpretation
Was bewirken die Ergebnisse der vorangegangenen Analyse?
Welche Stimmung ruft die Sprache in uns hervor?
Gibt es einen Zusammenhang zwischen Inhalt und Funktion?
Schlussteil
Gedichtinterpretation
Intention des Gedichtes: Was will das Gedicht?
Wurde unsere Vermutung (Deutungshypothese Einleitung) darüber bestätigt?
Gibt es Fragen, die im Gedicht unbeantwortet bleiben?
Wertung: Ist das Gedicht typisch für die Epoche? Ist es charakteristisch für den Autor?
Ist das Gedicht (Form, Sprache, Inhalt, Aussage) aus heutiger Sicht noch bedeutungsvoll?
Persönliche Stellungnahme (sofern ausdrücklich verlangt)
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