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Bundesrat will Unternehmen nachhaltig entlasten | Die Volkswirtschaft - Plattform für Wirtschaftspolitik

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8 Die Volkswirtschaft 10/2015 REGULIERUNGSDICHTE

tionen einbüsst: so zum Beispiel bei einzelnen In- dikatoren der Weltbank (Ease of Doing Busi ness), der OECD (Product Market Regulation) oder der UNO (E-Government-Development- Index). Mit anderen Worten: Die Schweiz droht ihre gute Posi tion zu verlieren, wenn sie sich nicht weiter um den Erhalt und die Verbesserung der Rah- menbedingungen bemüht.

Ursachen einer wachsenden Regulierungsdichte

Der Föderalismus hat unbestritten grosse Vor- teile. Er führt aber auch dazu, dass Reformen schwieriger und nur mit grösserem Zeitaufwand umsetzbar sind. Kommt hinzu, dass die Thematik wachsender Regulierungskosten bei den zustän- digen Behörden auf allen Staatsebenen oft eine geringe Priorität geniesst. Ursachen einer wach- senden Regulierungsdichte sind aber auch in der

«Amerikanisierung» des Schweizer Rechts zu fin- den, da sich die aktuelle Rechtslage immer mehr nach früheren Gerichtsentscheiden richtet.

Weitere Gründe liegen in internationalen Regelungen, im steten Ausbau des Aufgabenge- bietes der öffentlichen Hand und nicht zuletzt in der öffentlichen Meinung, dass nach Pleiten, Pech und Pannen und im Lichte von Einzelfällen Sofortmassnahmen ergriffen werden müssen, um die letzten fehlenden Prozentpunkte der Re- gelungsadressaten aufzudecken. Dies wieder- um führt zu steigenden Regulierungskosten der gros sen Mehrheit, welche den geltenden Vor- schriften nachkommt.

Massnahmenpakete stärken Standort

Der Bundesrat hat sich in den vergangenen Jah- ren mehrmals mit der administrativen Belastung

R

egulierungen verursachen bei Unternehmen oft bedeutende Kosten. Zudem wirkt sich übermässige Bürokratie negativ auf die Wirt- schaftsentwicklung und die Standortattraktivi- tät für Investitionen aus. Der Staat muss deshalb ein vitales Interesse haben, diese Kosten für die Unternehmen zu minimieren, damit sie ihre Res- sourcen möglichst gut und zielgerichtet einsetzen können. Den Klagen der Unternehmen über die administrative Belastung stehen allerdings oft auch berechtigte Schutzbedürfnisse gegenüber.

Aus Sicht der betroffenen Wirtschaftsakteure ist es deshalb entscheidend, ob Regulierungskos- ten und -nutzen in einem angemessenen Verhält- nis zueinander stehen. Um die Wettbewerbs- fähigkeit der Unternehmen zu steigern, stehen Anstrengungen, welche die Produktionskosten von Unternehmen reduzieren oder zumindest nicht weiter erhöhen, im Vordergrund. Dazu ge- hören auch Massnahmen zur Senkung der Regu- lierungskosten.

Bei den rechtlichen Rahmenbedingungen und administrativen Belastungen steht die Schweiz im internationalen Vergleich bis jetzt ziemlich gut da und konnte sich bei gewissen Indikato- ren sogar weiter verbessern (siehe Abbildung 1).

Allerdings zeigt sich bei der Mehrzahl der Indi- katoren, dass die Schweiz relativ betrachtet Posi-

Bundesrat will Unternehmen nachhaltig entlasten

Der Bundesrat hat das Problem der zunehmenden Regulierung erkannt und neue Massnah- men ergriffen. Handlungsbedarf gibt es insbesondere beim E-Government, bei den Zoll- verfahren und bei der Mehrwertsteuer.  Markus Willimann, Martin Godel

Abstract  Die Regulierungsdichte und die Bürokratie nehmen laufend zu. Die For- derungen nach administrativer Entlastung, die von Wirtschaftskreisen gerade im Umfeld des starken Frankens geäussert werden, sind deshalb zahlreich. Auch wenn internationale Vergleiche zeigen, dass die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Schweiz insgesamt zu den besten der Welt gehören, darf sich das Land nicht auf diesen Lorbeeren ausruhen. Im Bericht «Administrative Entlastung. Bessere Regulierung – weniger Aufwand für Unternehmen» hat der Bundesrat deshalb ne- ben einer Bilanz über die bisherigen Massnahmen weitere Entscheide getroffen.

So soll beispielsweise ein föderaler «One-Stop-Shop» für Unternehmen im Sinne einer einheitlichen virtuellen Anlaufstelle  aufgebaut oder die Mehrwertsteuer weiter vereinfacht werden. Damit führt er die Strategie der vielen Schritte fort.

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Die Volkswirtschaft  10/2015 9 SCHWERPUNKT

von Unternehmen befasst und dazu auch zahlrei- che Massnahmen zur Entlastung vorgeschlagen.

Bereits im Jahr 2006 verabschiedete der Bun- desrat 125 Massnahmen zum Abbau administra- tiver Lasten. Davon sind bisher 115 realisiert oder teilweise realisiert worden. Im letzten Bericht zur administrativen Entlastung 2011 beschloss der Bundesrat 20 Massnahmen, wovon 15 umge- setzt wurden oder in planmässiger Umsetzung sind. Hier ist beispielsweise auf die Anhebung der Schwellenwerte bei der ordentlichen Revision hinzuweisen, die für die Unternehmen Entlas- tungen brachte. Zwei Massnahmen wurden nicht realisiert – so hat zum Beispiel das Parlament den Einheitssatz bei der Mehrwertsteuer abgelehnt.

Drei weisen gegenüber dem ursprünglichen Zeit- plan Verzögerungen auf.

Im Rahmen des Regulierungskostenberichts vom Dezember 2013 beschloss die Regierung ein weiteres Paket mit 32 Massnahmen, das ge- genwärtig umgesetzt wird. Aktuell sind bereits 27 Massnahmen umgesetzt oder in planmässiger Umsetzung. So wurden etwa die Arbeitgeberkon- trollen einfacher organisiert.

Auch das KMU-Forum des Bundes1 hat sich in den letzten Jahren erfolgreich gegen neue admi- nistrative Belastungen eingesetzt. Die ausserpar- lamentarische Kommission setzt sich mehrheit- lich aus Unternehmern zusammen. Sie prüft im Rahmen von Vernehmlassungen die Gesetzes- und Verordnungsentwürfe auf ihre Auswirkun- gen auf KMU und gibt Stellungnahmen ab. Etwa zwei Drittel der Empfehlungen der Kommission wurden im Rahmen des Rechtsetzungsprozesses berücksichtigt und haben damit einen wesentli- chen Beitrag zur KMU-Verträglichkeit der Regu- lierungen geleistet.

Administrative Belastung in den letzten Jahren klar angestiegen

Trotz dieser Massnahmen ist in den letzten Jahren unter dem Strich eine Nettozunahme der wahr- genommenen administrativen Belastung festzu- stellen. So wurden im selben Zeitraum neue Re- gulierungen beschlossen, welche die genannten Anstrengungen zur administrativen Entlastung möglicherweise überkompensieren – etwa bei

1 Weitere Informa tionen unter www.seco.admin.ch.

Wirtschaftsverbände fordern effizientere Regulierungen im Arbeitsmarkt sowie im Energie- und Um- weltbereich.

SHUTTERSTOCK

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10 Die Volkswirtschaft 10/2015 REGULIERUNGSDICHTE

18. Rang

30. Rang UNO E-Govern- ment-Develop- ment Index (2010/2014)

Abb. 1: Position der Schweiz im internationalen Vergleich (Veränderung des Rangs)

IMD World Competitiveness Online (2010/11 und 2014/15) 1 Legal and Regulatory Framework

2 Bureaucracy 3 Business Legislation

5. Rang 7. Rang

1

2. Rang

6. Rang

2

11. Rang 13. Rang

3 1

OECD Product Market Regulation (2008 und 2013) 1 Complexity of Regulatory Procedures 2 Communication and Simplification of Rules 3 Administrative Burden on Startups

3. Rang 4. Rang

12. Rang

17. Rang 7. Rang

12. Rang

2

WEF The Global Competitiveness Report (2010/11 und 2014/15) Burden of Govern- ment Regulation

12. Rang 14. Rang

SECO / DIE VOLKSWIRTSCHAFT

den flankierenden Massnahmen zur Personen- freizügigkeit, der Solidarhaftung oder dem Mar- kenschutzgesetz (Swissness-Vorlage).

Repräsentative Umfragen bei Schweizer Unter- nehmen weisen in dieselbe Richtung. So zeigt der Bürokratiemonitor des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco), welcher die subjektive Wahrnehmung der administrativen Belastung in verschiedenen Regulierungsbereichen misst:

In allen Bereichen berichten die befragten Un- ternehmen 2014 im Durchschnitt von einer Zunahme der Belastung durch gesetzliche Vor- schriften verglichen mit 2012.

Insbesondere bei den Bauvorschriften (52%) und bei der Berufsbildung (52%) gibt die Mehr- heit der Befragten an, dass die Belastung leicht bis stark zugenommen hat (siehe Abbildung 2).

Ebenfalls ein Anstieg wird bei den Vorschriften für Banken und Finanzintermediäre sowie in den Bereichen Lebensmittelhygiene oder Um- weltvorschriften verzeichnet. Diese Rückmel- dungen der betroffenen Unternehmen bilden eine wichtige Grundlage für die Erarbeitung neuer Massnahmen zur administrativen Entlas- tung.

Weitere Projekte mit potenziellen Regulie- rungskostenerhöhungen sind bereits in Aussicht:

Im Rahmen der Energiestrategie 2050, der Um- setzung der Masseneinwanderungsinitiative2, der Verschärfung der Finanzmarktregulierung oder der Revision des Umweltschutz gesetzes

(«Grüne Wirtschaft») ist mit zusätzlichen admi- nistrativen Auflagen für die Unternehmen zu rechnen.

Verbände sehen Handlungsbedarf im Zollwesen

Wo drückt der Schuh bei den Unternehmen am meisten? Neben dem Bürokratiemonitor hat das De- partement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) im Frühling 2015 auf Wunsch der Kommis- sion für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats (WAK-N) eine Befragung bei den Wirtschaftsver- bänden zur administrativen Belastung durchge- führt.3 Die Verbände wurden aufgefordert, konkre- te Vorschläge zur Senkung der Regulierungskosten einzureichen. Insgesamt sind 24 Stellungnahmen von 27 Verbänden und Organisationen eingegan- gen. Am meisten Eingaben verzeichneten die Be- reiche Gesundheit, Arbeit, Steuern, Zollwesen und das Obligationenrecht.

Für die Wirtschaftsverbände liegen die Prio- ritäten beim liberalen Arbeitsmarkt, im Energie- und Umweltbereich, der Marktöffnung und der Aus- senwirtschaft, der Unternehmenssteuerreform III, dem Zollwesen sowie der Aktienrechtsrevision. Die Sozialpartner sehen die vordringlichsten Schwer- punkte beim Zollwesen, bei der Mehrwertsteuer, beim E-Government, beim Bau- und Planungs- recht, bei der Energie- und Umweltgesetzgebung sowie bei den Bewilligungsverfahren.

2 Art. 121a BV.

3 Befragung der Wirtschaftsverbände zur administrativen Entlastung, Juni 2015.

Abrufbar www.seco.

admin.ch.

Worldbank Ease of Doing Business (2007/2015) 15. Rang

20. Rang

1 3

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Die Volkswirtschaft  10/2015 11 SCHWERPUNKT

Abb. 2: Umfrage bei Schweizer Unternehmen zur Veränderung der administrativen Belastung (in %)

SECO (2014), BÜROKRATIEMONITOR / DIE VOLKSWIRTSCHAFT

Die Frage an die Unternehmen lautete: «Wie hat sich die Belastung seit 2012 / in den letzten drei Jahren entwickelt? 5 Katego- rien: (stark) zugenommen, unverändert, (stark) abgenommen)». Die repräsentative Umfrage wurde im zweiten Halbjahr 2014 vom Marktforschungsinstitut GfK Switzerland im Auftrag des Seco durchgeführt. Fallzahlen stehen pro Bereich in Klammern.

leichte/starke Zunahme   unverändert geblieben leichte/starke Abnahme Bauvorhaben (n=639)

Berufsbildung/Lehrlinge (n=886)

Vorschriften für Banken und Finanzintermediäre (n=569) Lebensmittelhygiene (n=383)

Umweltvorschriften (n=764) Rechnungslegung/Revison (n=1404)

Einholen von Bewilligungen (n=955) Ein- und Ausfuhr (n=592) Öffentliche Beschaffung (n=499)

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Statistik (n=1134)

Markus Willimann Stv. Leiter Ressort KMU- Politik, Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), Bern

Martin Godel

Leiter Ressort KMU-Politik, Staatssekretariat für Wirt- schaft (Seco), Bern

Bundesrat will E-Government vorantreiben

Die administrative Entlastung ist angesichts der Frankenstärke und der Zunahme der Regulie- rungen wieder verstärkt in den Fokus politischer Forderungen geraten. Dies manifestiert sich u. a.

in Form zahlreicher parlamentarischer Vorstös- se, welche eine Reduktion der durch die Regu- lierung verursachten Belastung verlangen. Über 70 Vorstösse wurden in der letzten Legislaturpe- riode zu dieser Thematik eingereicht, 44 alleine im ersten Halbjahr 2015.4

Der Bundesratsbericht vom September «Ad- ministrative Entlastung. Bessere Regulierung  – weniger Aufwand für Unternehmen» kommt deshalb zur richtigen Zeit.5 Darin beschliesst der Bundesrat 31 neue Massnahmen zur admi- nistrativen Entlastung. Das Massnahmenpaket beinhaltet die Weiterentwicklung von E-Go- vernment-Angeboten. In einem sogenannten One-Stop-Shop soll auf den drei Staatsebenen Ge- meinde, Kanton und Bund eine einheitliche vir- tuelle Anlaufstelle für Unternehmen aufgebaut werden. Zudem sind zahlreiche Verbesserun- gen in verschiedensten Regulierungsbereichen vorgesehen, so zum Beispiel die Teilrevision des Mehrwertsteuergesetzes mit zwei Steuersätzen (anstatt der heutigen drei) sowie die Abschaffung einiger Steuerausnahmen.

Administrative Entlastung bleibt Daueraufgabe

Damit die Schweiz ihre gute Position im internatio- nalen Vergleich hält, sind auch in Zukunft Anstren- gungen notwendig, die regulatorisch bedingten Kosten für die Unternehmen so weit wie möglich einzuschränken. Der Bundesrat versteht die admi- nistrative Entlastung deshalb als Daueraufgabe.

Die Bestrebungen zum Abbau der administra- tiven Belastung sind eine Herausforderung, die auf Stufe des Bundes von sämtlichen Departementen und Bundesämtern mitgetragen werden muss.

Auch Kantone und Gemeinden sind bei dieser Knochenarbeit gefordert. Es sind gemeinsame An- strengungen über alle föderalen Stufen notwen- dig, damit die Schweiz diesen Trumpf im inter- nationalen Standortwettbewerb auch in Zukunft bewahren und weiter verbessern kann.

4 Siehe Übersicht auf S. 6–7 in dieser Aus- gabe.

5 Administrative Entlastung. Bessere Regulierung – weniger Aufwand für Unterneh- men. Bilanz 2012–2015 und Perspektiven 2016–2019, September 2015. Abrufbar unter www.seco.admin.ch.

dievowi.ch/?p=38151

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