Ministerium für Soziales und Integration
Die Chance des BTHG für selbstbestimmtes Wohnen psychisch kranker Menschen
Dr. Michael Konrad; Konferenz „Wohnungslosigkeit, Armut, psychische Erkrankungen, Weg aus der Not . Berlin 27.09.19
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Pinel befreit die Irren von ihren Ketten und gat sie in die Obhut der Medizin.
Jetzt müssen sie der Gesellschaft zurückgegeben werden
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Auswirkungen des BTHG auf das psychiatrische Versorgungssystem
Bedeutungsverschiebung von SGB V auf SGB IX
Möglichkeit, die verkürzte stationären Behandlungszeiten durch stationäre, teilstationäre und ambulante
Rehabilitationsangebote aufzufangen
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S 3 LL Psychosoziale Therapien Grundempfehlungen
Selbstbefähigung/Empowerment
Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen haben ein Recht darauf, in ihren besonderen Bedürfnissen und ihrem individuell
unterschiedlichen Hilfebedarf wahrgenommen zu werden und sollten befähigt und in die Lage versetzt werden, ihre Interessen selbst
durchzusetzen, sich zu organisieren und ihre Lebensverhältnisse selbst zu bestimmen zu können
Ø Recovery
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Selbstbestimmung und Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (§ 1 SGB IX)
Menschen mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohte Menschen erhalten Leistungen nach diesem Buch und den für die Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen, um ihre
Selbstbestimmung und ihre volle, wirksame und
gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft zu fördern, Benachteiligungen zu vermeiden oder ihnen entgegenzuwirken.
Dabei wird den besonderen Bedürfnissen (..) von Menschen mit seelischen Behinderungen oder von einer solchen
Behinderung bedrohten Menschen Rechnung getragen
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SGB XI – Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen
Anwendung bio-psycho-sozialer Behinderungsbegriff
§ 2 SGB IX Menschen mit Behinderungen sind Menschen,
• die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben,
• die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren
• an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate
hindern können.
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Medizinische Rehabilitation für schwer psychisch
Kranke in flächendeckend vorhandenen RPK
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Rehabilitationsbedarf
Kapitel 3: Erkennung und Instrumente des Rehabilitationsbedarfs
Instrumente zur Ermittlung des Rehabilitationsbedarfs (§ 13 Abs. 1, Satz 1 SGB IX, Teil 1 gültig ab 01.01.2018)
(1) Zur einheitlichen und überprüfbaren Ermittlung des individuellen
Rehabilitationsbedarfs verwenden die Rehabilitationsträger systematische
Arbeitsprozesse und standardisierte Arbeitsmittel (Instrumente) nach den für sie geltenden Leistungsgesetzen.
Die Instrumente nach Absatz 1 Satz 1 gewährleisten eine individuelle und
funktionsbezogene Bedarfsermittlung und sichern die Dokumentation und
Nachprüfbarkeit der Bedarfsermittlung, indem sie insbesondere erfassen, …
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…indem sie insbesondere erfassen…
1. Ob eine Behinderung vorliegt oder einzutreten droht
2. Welche Auswirkungen die Behinderung auf die Teilhabe der Leistungsberechtigten hat
3. Welche Ziele mit Leistungen zur Teilhabe erreicht werden sollen
4. Welche Leistungen im Sinne einer Prognose zur
Erreichung der Ziele voraussichtlich erfolgreich sind
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Reha-Bedarf nach bio-psycho-sozialem Modell der ICF
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Beeinträchtigung d. Körperfunktionen Mentale Funktionen
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Globale mentale Funktionen (b110-b139) q b110 Funktionen des Bewusstseins q b114 Funktionen der Orientierung q b117 Funktionen der Intelligenz
q b122 Globale psychosoziale Funktionen
q b126 Funktionen von Temperament und Persönlichkeit
q b130 Funktionen der psychischen Energie und des Antriebs
q b134 Funktionen des Schlafes
q b139 Globale mentale Funktionen, anders oder nicht näher bezeichnet
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Mentale Funktionen
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Spezifische mentale Funktionen (b140-b189) q b140 Funktionen der Aufmerksamkeit q b144 Funktionen des Gedächtnisses q b147 Psychomotorische Funktionen q b152 Emotionale Funktionen q b156 Funktionen der Wahrnehmung q b160 Funktionen des Denkens q b164 Höhere kognitive Funktionen q b167 Kognitiv-sprachliche Funktionen q b172 Das Rechnen betreffende Funktionen
q b176 Mentale Funktionen, die die Durchführung komplexer Bewegungshandlungen betreffen
q b180 Die Selbstwahrnehmung und die Zeitwahrnehmung betreffende Funktionen
q b189 Spezielle mentale Funktionen, anders oder nicht näher bezeichnet q b198 Mentale Funktionen, anders bezeichnet
q b199 Mentale Funktionen, nicht näher bezeichnet
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Teilhabeplan
(§ 19 Abs. 1 SGB IX, Teil 1 gültig ab 01.01.2018)
Soweit Leistungen verschiedener Leistungsgruppen oder mehrerer
Rehabilitationsträger erforderlich sind, ist der leistende Rehabilitationsträger dafür verantwortlich, dass er und die nach § 15 beteiligten Rehabilitationsträger im Benehmen miteinander und in Abstimmung mit den Leistungsberechtigten die nach dem Individuellen Bedarf voraussichtlich erforderlichen Leistungen hinsichtlich Ziel, Art und Umfang funktionsbezogen feststellen und schriftlich so zusammenstellen, dass sie nahtlos ineinandergreifen.
Prozess der Feststellung von Rehabilitationsleistungen unter
Einbeziehung der Reha-Träger –Dienste und Einrichtungen
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Anforderungen an das Teilhabeplanverfahren
(§ 21 SGB IX, Satz 1, Teil 1 gültig seit 01.01.2018)
Ist der Träger der Eingliederungshilfe der für die Durchführung des
Tellhabeplanverfahrens verantwortliche Rehabilitationsträger, gelten für ihn die Vorschriften für die Gesamtplanung ergänzend; dabei ist das
Gesamtplanverfahren ein Gegenstand des Teilhabeplanverfahrens.
Bei Vorliegen einer wesentlichen Behinderung:
Zuständigkeit des Trägers der Eingliederungshilfe
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Leistungsberechtigter Personenkreis
§ 99 SGB IX (Vorschlag der Arbeitsgruppe)
»Eingliederungshilfe erhalten Menschen mit Behinderungen im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2, die wesentlich an der gleichberechtigten
Teilhabe an der Gesellschaft eingeschränkt sind (wesentliche
Behinderung) wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe nach § 90
SGB IX erfüllt werden kann.«
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Vermeidung von Armut durch neue Grenzen für Einsatz von Einkommen und Vermögen (ab 01.01.2020)
Einsatz von Einkommen entsprechend Steuererklärung ab:
Ø aus sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung 2600 € monatlich
Ø aus nicht sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung 2300 € monatlich
Ø aus Renteneinkünften 1827 € monatlich
Einsatz von Vermögen ab 50.000 €
Keine Veranlagung von EhepartnerInnen
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Aufgabe der Eingliederungshilfe (ab 01.01.20)
§ 90 SGB IX
»(1) Aufgabe der Eingliederungshilfe ist es, Leistungsberechtigten eine individuelle Lebensführung zu ermöglichen, die der Würde des
Menschen entspricht, und die volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern. Die Leistung soll sie befähigen, ihre Lebensplanung und -führung möglichst selbstbestimmt
und eigenverantwortlich wahrnehmen zu können.«
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§ 102 SGB IX
Leistungen der Eingliederungshilfe nach Kapitel 3 bis 6 Teil 2 SGB IX
Die Leistungen der Eingliederungshilfe umfassen
1. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation
2. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
3. Leistungen zur Teilhabe an Bildung
4. Leistungen zur Sozialen Teilhabe
Die drei erstgenannten Leistungen gehen den Leistungen der Sozialen
Teilhabe vor
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Systemwechsel der Zuständigkeiten
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Reha-Bedarf im Rahmen der Eingliederungshilfe nach dem Vulnerabilitäts-Stress-Modell
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§ 118 SGB IX Instrumente der Bedarfsermittlung
Der Träger der Eingliederungshilfe hat die Leistungen nach den Kapiteln 3 bis 6 unter Berücksichtigung der Wünsche des Leistungsberechtigten festzustellen
Die Ermittlung des individuellen Bedarfes des Leistungsberechtigten muss durch ein
Instrument erfolgen, das sich an der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit orientiert. Das Instrument hat die Beschreibung einer nicht nur vorübergehende Beeinträchtigung der Aktivität und Teilhabe in den folgenden
Lebensbereichen vorzusehen:
1. Lernen und Wissensanwendung,
2. Allgemeine Aufgaben und Anforderungen, 3. Kommunikation,
4. Mobilität,
5. Selbstversorgung, 6. Häusliches Leben,
7. Interpersonelle Interaktionen und Beziehungen, 8. Bedeutende Lebensbereiche,
9. Gemeinschafts-, soziales und staatsbürgerliches Leben
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Komponente Aktivitäten und Teilhabe der ICF
Lernen u.
Wissensanwendung Allgemeine
Aufgaben Kommunikation
Mobilität Selbstversorgung Häusliches Leben Interpersonelle
Interaktion
Gemeinschaftsleben
Assistenzleistungen nach § 78 SGB IX
Leistungen zum Erwerb u. Erhalt praktischer Kenntnisse u. Fähigkeiten in der Gemeinschaft nach §
81 SGB IX Leistungen zur
Sozialen Teilhabe nach
§ 113 SGB IX
Allgemeine Erledigungen des Alltags wie die Haushaltführung
Teilhabe am gemeinschaftlichen und
kulturellen Leben Gestaltung sozialer
Beziehungen Persönliche
Lebensplanung
Bedeutende Lebensbereiche
Bedarfsermittlung und Leistungsfeststellung im Rahmen der Gesamtplanung
L ei st u n gs fe st st el lu n g: M it Z us ti m m ung lb . P er son i n G es am tpl ankonf er enz
Medizinische Reha Teilhabe am Arbeitsleben
nach
§ 111 SGB IX
Leistungen zur Teilhabe an Bildung nach
§ 112 SGB IX
Freizeitgestaltung einschließlich sportlicher Aktivitäten
Sicherstellung der Wirksamkeit ärztlicher und ärztlich verordneter
Leistungen
Beeinträchtigung Körperfunktione n und -strukturen
Globale mentale Funktionen Spezifische mentale
Funktionen
Leistungen zur Beschäftigung nach § 111 SGB IX Leistungen im Arbeitsbereich anerkannter Werkstätten für behinderte Menschen nach den §§ 58
und 62
Leistungen bei anderen Leistungsanbietern nach den
§§ 60 und 62
Leistungen bei privaten und öffentlichen Arbeitgebern nach § 61 (Budget für Arbeit)
Leistungen der medizinischen Rehabilitation nach § 42 Absatz 2 und 3 entsprechend den Regelungen für
die gesetzliche Krankenversicherung (SGB V)
B ed ar fs fe st st el lu n g: m it I ns tr um ent na ch § 118 S G B I X
Hilfen zu einer Schulbildung (Schulbegleitung sowie Hilfen zur schulischen/hochschulischen Aus- oder
Weiterbildung
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Folie23 20. Juni 2018
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Gesamtplankonferenz
§ 119 Absatz 2
In einer Gesamtplankonferenz beraten der Träger der Eingliederungshilfe, der Leistungsberechtigte und beteiligte Leistungsträger gemeinsam auf der Grundlage des Ergebnisses der Bedarfsermittlung nach § 118 mit den Leistungsberechtigten insbesondere über
1. die Stellungnahmen der beteiligten Leistungsträger und der
gutachterlichen Stellungnahme des Leistungserbringers bei Beendigung der Leistungen zur beruflichen Bildung nach § 57,
2. die Wünsche der Leistungsberechtigten nach § 104 Abs.2 bis 4, 3. den Beratungs- und Unterstützungsbedarf nach § 106,
4. die Erbringung der Leistung.
Soweit die Beratung über die Erbringung der Leistungen nach Nummer 4 den Lebensunterhalt betrifft, umfasst sie den Anteil des Regelsatzes nach § 27 a Absatz 3 des Zwölften Buches, der den Leistungsberechtigten als
Barmittel verbleibt.
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Der Schritt zur Inklusion
Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft Von SGB IX (alt)
in betreuten Wohnmöglichkeiten
Leistungen zur sozialen Teilhabe (SGB IX ab 01.01.2018) Zu als Assistenzleistungen zur selbstbestimmten und
eigenständigen Bewältigung des Alltags
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Soziale Teilhabe:
Von der Hilfe zur Assistenz
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§ 78 SGB IX Assistenzleistungen
Zur selbstbestimmten und eigenständigen Bewältigung des Alltages einschließlich der
Tagesstrukturierung werden
Leistungen für Assistenz erbracht.
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Sie umfassen nach Absatz 1 insbesondere:
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Ø Leistungen für die allgemeinen Erledigungen des Alltags wie die Haushaltsführung,
Ø die Gestaltung sozialer Beziehungen, Ø die persönliche Lebensplanung,
Ø die Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben, Ø die Freizeitgestaltung einschließlich sportlicher Aktivitäten
Ø die Sicherstellung der Wirksamkeit der ärztlichen und ärztlich verordneten Leistungen
Sie beinhalten die Verständigung mit der Umwelt in diesen Bereichen
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Räume für Assistenzleistungen
Abkehr von der Psychiatriegemeinde (Dörner)
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Bereitschaftsleistungen außerhalb von stationären (besonderen) Wohnformen
Absatz 6: Leistungen zur Erreichbarkeit einer Ansprechperson unabhängig von einer konkreten
Inanspruchnahme werden erbracht, soweit dies nach den
Besonderheiten des Einzelfalls erforderlich ist.
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