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Sind die meisten Ovarialkarzinome gar keine Ovarialkarzinome Herr Prof. Singer?

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Academic year: 2022

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1992 Abschluss Medizinstudium, Universität Zürich

1993–1994 Assistenzarzt, Chirurgie, Kantonsspital Frauenfeld

1994–1998 Assistenzarzt, Institut für Pathologie, Kantonsspital Baden

1995 Promotion, Universität Zürich 1999–2000 Assistenzarzt, Institut für Pathologie,

Kantonsspital St. Gallen 2000 Facharzttitel FMH für Klinische

Pathologie

2000–2002 Research Fellow, Department of Pathology, The Johns Hopkins University School of Medicine, Baltimore, MD, USA (Prof. Robert Kurman)

2002–2005 Oberarzt, Institut für Pathologie, Universitätsspital Basel

2005 Habilitation zum Privatdozent für Allgemeine und Klinische Pathologie, Universität Basel

Habilitationsthema: Molecular signa- tures in ovarian carcinoma

2005–2007 Leitender Arzt, Institut für Pathologie, Universitätsspital Basel

2007 Wahl zum Chefarzt des Instituts für Pathologie, Kantonsspital Baden AG 2007 Ernennung zum Professor für

Pathologie

2009 Weiterbildungstitel Schwerpunkt für Molekularpathologie FMH

Forschungsschwerpunkt:

Gynäkopathologie, insbesondere Ovarialkarzinom Forschungsgrant der Schweizerischen Krebsliga (Oncosuisse) für das Projektabb

„Identification of drug resistance genes in ovarian carcinoma“, 2004-2006

Preis “Young Investigator Award of the International Society of Gynecological Pathologists”, 2003 Auslandsstipendium des Schweizerischen

Nationalfonds, 2000–2002 zur Erforschung der low-grade serösen Ovarialkarzinome

Mitglied der Fakultätsversammlung der Universität Basel Vorlesungsauftrag für Pathologie an der Universität Basel Prof. Dr. med. Gad Singer

Facharzt FMH für Klinische Pathologie Chefarzt

Institut für Pathologie, Kantonsspital Baden AG

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metroiden und klarzelligen Karzinome und bei den serö- sen Karzinomen die low-grade serösen, auch mikropapil- lär genannte Karzinome. Dem gegenüber stehen die Typ II Karzinome. Das sind dann die aggressiven Tumoren.

Dies umfasst die high grade serösen Karzinome, die Müller’schen Mischtumoren, und die sog. undifferenzier- ten Karzinome. Alle sind durch aggressive Verläufe cha- rakterisiert. Die Tumoren reagieren auch unterschiedlich auf eine Chemotherapie, die aggressiven Tumoren spre- chen initial besser auf die Chemotherapie an, während metastasierte low-grade Karzinome schlechter reagieren.

Frauenheilkunde aktuell: Heute weiss man, dass die meisten epithelialen Ovarialkarzinome Vorstufen auf- weisen, die nicht alle im Ovar selbst zu finden sind.

Prof. Gad Singer: Ja, beispielsweise entstehen die klarzelligen und endometroiden Ovarialkarzinome in einer pathologischen Läsion, nämlich der Endometriose- zyste in den Ovarien. Die am häufigsten vorkommenden serösen Karzinome (über 70 %!) haben ihren Ursprung wahrscheinlich gar nicht in den Ovarien, sondern in den Eileitern.

Frauenheilkunde aktuell: In den letzten Jahren haben neue Forschungserkenntnisse unser Verständnis über die Natur und Genese der Ovarialkarzinome radikal verän- dert. Welches waren die wichtigsten Erkenntnisse?

Prof. Gad Singer: Seit längerem weiss man, dass Ovarial- karzinome kein einheitliches Krankheitsbild darstellen, sondern aus verschiedenen Entitäten bestehen. In den vergangenen Jahren hat man gerade, was die Pathogenese dieser verschiedenen Erscheinungsbilder betrifft, grosse Fortschritte gemacht. Man weiss z.B., dass diese Karzi- nome ganz unterschiedliche pathogene tische Hintergründe (unterschiedliche Entstehungswege) haben und vermutlich auch ätiologisch sich voneinander unterscheiden.

Ätiologisch, d.h. welche Faktoren die Tumoren initiieren.

Frauenheilkunde aktuell: Heute unterscheidet man die Ovarialkarzinome in Typ I und Typ II Karzinome, was bedeutet das?

Prof. Gad Singer: Man unterscheidet zwei grosse Grup- pen (Tabelle 1), Typ I sind die sog. indolenten low-grade Tumoren, dies sind die muzinösen Karzinome, die endo-

Tab 1. Dualistisches Modell der Karzinogenese (basierend auf klinikopathologischen und molekulargenetischen Merkmalen)

Histologisch Vorstufen Klinische Merkmale Molekulargenetische Merkmale

Typ Ilow grade seröse Ca (LGSC)

low grade endometroide Ca

klarzellige Ca

muzinöse Ca

• „Borderline Tumoren“

Endometriosezyste

Endometriosezyste

Walthard Zellnester (Übergangsepithel)

Oft grosse Tumoren

Oft auf Ovar beschränkt (Stadium Ia)

Relativ gutartiger Verlauf

Gute Prognose

Genetisch stabiler als high- grade Ca

KRAS und BRAF Mutationen (s. Abb. 1)

Keine TP53 Mutationen Typ IIhigh grade seröse Ca

maligne mesodermale Mischtumoren (Karzino- sarkome)

undifferenzierte Ca

p53 Signatur

Seröse tubare intraepitheliale Karzinome in den Fimbrien („STIC“)

In 75% Stadium III und IV

Schnell wachsend

Aggressiv

Praktisch unheilbar trotz radikaler Chirurgie und adjuvanter Chemotherapie

Chromosomal sehr instabil

TP 53 Mutationen in ca.

95%I

BRCA Inaktivierung bei 40–50%

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gefangen die Tuben genauer anzuschauen und auch, das Fimbrienende für die Untersuchung in toto und längs ein- zubetten. So hat man bei >50 % der serösen Karzinome Vorläuferlaesionen am Fimbrienende finden können.

Frauenheilkunde aktuell: Wenn man dies bei 50 % gefunden hat, woher kommen dann die anderen 50 %?

Prof. Gad Singer: Man geht davon aus, dass Tuben- epithel, auch normales oder bereits schon verändertes Tubenepithel sich im Ovar implantiert.

Frauenheilkunde aktuell: Wie ist man auf diese doch überraschende Erkenntnis gestossen?

Prof. Gad Singer: Die ersten Erkenntnisse kamen eigentlich aus Studien über familiäre Ovarialkarzinome.

Man hat die Eileiter und Ovarien aus prophylaktischen Salpingo-Oophorektomien von Patienten mit BRCA 1 und BRCA 2 Mutationen untersucht, Man hat hier kleine Karzinome am Fimbrienende und auch auf der Ovarober- fläche gefunden. Da man bis anhin ja nie richtige Vor- stufen auf der Ovaroberfläche gefunden hat, hat man an-

Abb 1. Prävalenz der histologischen Typen der Ovarial-Ca (Typ I und Typ II) und der damit assoziierten genetische Veränderungen Rot = Typ II

Rosa, Grün, Gelb, Violett = Typ I Tab 1. Dualistisches Modell der Karzinogenese (basierend auf klinikopathologischen und molekulargenetischen Merkmalen)

Histologisch Vorstufen Klinische Merkmale Molekulargenetische Merkmale

Typ Ilow grade seröse Ca (LGSC)

low grade endometroide Ca

klarzellige Ca

muzinöse Ca

• „Borderline Tumoren“

Endometriosezyste

Endometriosezyste

Walthard Zellnester (Übergangsepithel)

Oft grosse Tumoren

Oft auf Ovar beschränkt (Stadium Ia)

Relativ gutartiger Verlauf

Gute Prognose

Genetisch stabiler als high- grade Ca

KRAS und BRAF Mutationen (s. Abb. 1)

Keine TP53 Mutationen Typ IIhigh grade seröse Ca

maligne mesodermale Mischtumoren (Karzino- sarkome)

undifferenzierte Ca

p53 Signatur

Seröse tubare intraepitheliale Karzinome in den Fimbrien („STIC“)

In 75% Stadium III und IV

Schnell wachsend

Aggressiv

Praktisch unheilbar trotz radikaler Chirurgie und adjuvanter Chemotherapie

Chromosomal sehr instabil

TP 53 Mutationen in ca.

95%I

BRCA Inaktivierung bei 40–50%

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gangszone statt und nicht in der Tubenschleimhaut und entsprechend nicht in proximalen Abschnitten der Eileiter.

Frauenheilkunde aktuell: Das heisst krebsauslösende Faktoren würden ähnlich dem HPV an der Zervix an diesen Stellen ansetzen?

Prof. Gad Singer: Das könnte sein, aber man kennt die auslösenden Faktoren noch nicht. Sind es Viren, Chlamy- dien oder anderes? Hingegen stammen interessanterweise low-grade Vorstufen vermutlich aus Veränderungen die weiter proximal in der Tube sind (sog. papilläre Hyper- plasien).

Frauenheilkunde aktuell: Auch molekulargenetisch bestehen offenbar grosse Unterschiede zwischen Typ I und Typ II Tumoren?

Prof. Gad Singer: Ja, Typ I Tumoren zeigen typischer- weise KRAS und BRAF Mutationen. Insgesamt ist die sog. chromosomale Instabilität, dass heisst die Anzahl von Frauenheilkunde aktuell: Am Ort der Ovulationsstellen?

Prof. Gad Singer: Ja. Weil dort Reparaturvorgänge statt- finden. Es kommt zu Entzündungsreaktionen und es können sich dort Fragmente von Tubenepithel implantie- ren, unter Umständen sog. Inklusionszysten ausbilden und in diesen Inklusionszysten können sich später auch seröse Karzinome entwickeln. (Abb. 2).

Frauenheilkunde aktuell: Das heisst, dass möglicher- weise die molekulargenetischen Veränderungen (p53- Signatur) in diesen quasi auf das Ovar transplantierten Fimbrienepithelien bereits stattgefunden haben (Abb. 3).

Prof. Gad Singer: Davon geht man heute aus. Man vermutet, dass mindestens bei den serösen high-grade (Typ II) Karzinomen die Übergangszone zwischen dem Peritoneum und dem Tubenepithel am Fimbrienende eine Transformationszone darstellt, so wie man sie von der Zervix her kennt (Abb. 4). Das heisst, vergleichbar den Zervix dyplasien finden Veränderungen in dieser Über-

Abb 3. Vorläuferläsion am Fimbrienende der Tube mit starker immunhistochemischer Expression von p53 Protein (STIC) sog.

p53 Signaturen

STIC Zellen schilfern

ab und implan­

tieren auf der Ovaroberfläche Fimbrienende

Abb 2. Ausbreitung von Vorstufen des serösen Ovarialkarzinoms, STIC (= seröse tubare intraepitheliale Karzinome) vom Fimbrien- ende auf die Ovaroberfläche

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sog. atypisch proliferierenden serösen Tumoren, die einen gutartigen Verlauf zeigen und assoziiert sind mit nicht invasiven peritonealen Ablegern (sog nicht-invasive Implants). Andererseits findet sich in dieser Gruppe in ca 20 % der Fälle sog low-grade in situ seröse Karzinome (auch nicht-invasive mikropapilläre Karzimome genannt) die eine Progression zu invasiven low-grade Karzinomen (Typ I) und entsprechend zu einer invasiven peritonealen Aussaat zeigen können.

Frauenheilkunde aktuell: Kommen wir nun zur Thera- pie der Ovarialkarzinome. Bei Typ I Karzinomen ist ja bekannt, dass sie eigentlich sehr schlecht auf Chemo- therapie ansprechen, der Typ II ist mit wenigen Aus- nahmen unheilbar. Typisch ist, dass nach einer gewissen Zeit eine Resistenz gegen Chemotherapien auftritt.

In wie fern können die neuen molekularbiologischen Erkenntnisse diese Situation eventuell ändern?

Prof. Gad Singer: Bei den Typ I, z.B. den genannten serös papillären Karzinomen vom low-grade Typ, die langsam wachsen und wenig empfindlich sind auf Chemotherapie gibt es Ansätze bei der Gruppe mit KRAS, bzw. BRAF Mutationen in Richtung MAPKina- sehemmer, welche hier wirksam sein könnten. Bei den hoch aggressiven Typ II serösen Karzinomen werden in Zukunft wahrscheinlich Antikörper eine grössere Rolle spielen. Olaparib, welches zwar bei den triple-negativen Mammakarzinomen von Patientinne mit BRCA Mutatio- nen nicht wirkt, ist offenbar bei den high-grade Ovarial- karzinomen dieser Patientinnen wirksam. Wir stehen hier aber wohl erst am Anfang.

Verlusten an chromosomalen Abschnitten, was hinwei- send ist auf verlorengegangene regulierende Gene, deut- lich geringer wie in Typ II Karzinomen, die chromosomal äusserst instabil sind. Dies korreliert mit dem weniger aggressiven klinischen Verlauf der low-grade Karzinome

Frauenheilkunde aktuell: Noch ein Wort zu den Border- linetumoren. Ist dieser Begriff überhaupt noch zeit- gemäss?

Prof. Gad Singer: Boderlinetumoren sind ein Begriff, den man nicht mehr verwenden soll, weil es eben ein Spektrum von Tumoren erfasst. Man spricht (Tab. 2) von Abb 4. „Transformationszone“ (⇑) zwischen Tubenschleimhaut (TSH) und Peritoneum (P) am Fimbrienende der Tube

TSH

P

Abb 3. Vorläuferläsion am Fimbrienende der Tube mit starker immunhistochemischer Expression von p53 Protein (STIC) sog.

p53 Signaturen

Tab 2. Sogenannte „seröse Borderlinetumoren (SBT)“

Gruppe 1 Atypisch proliferierender seröser Tumor (APST)Gutartiger Verlauf

Häufig

Gruppe 2 „Nichtinvasives“ low grade seröses Ca oder Mikropapilläres

seröses Karzinom (MPSC) Seltener (in ca. 20% der „SBT“)

Vorläufer von LGSC

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Frauenheilkunde aktuell: Man sagt immer die beste Therapie sei die Prophylaxe, hier gäbe es ja auch Ansätze.

Nehmen wir zuerst Frauen mit BRCA 1 und 2 Mutatio- nen, die auch ein hohes Life-time Ovarialkarzinomrisiko haben. Hier empfiehlt man bisher die Entfernung der Ovarien und Eileiter, müsste man eventuell stattdessen nur die Eileiter entfernen?

Prof. Gad Singer: Dazu weiss man noch zu wenig.

Falls die Vorläuferläsion nur in der Tube ist, dann reicht wahrscheinlich eine Salpingektomie. Aber wenn sich dieses atypische Epithel bereits auf der Ovaroberfläche implantiert hat, z.B. im Rahmen einer Ovulation, kann ja auch sich ein Tumor entwickeln. Ich habe einige Male solche prophylaktisch entfernten Adnexe unter- sucht und wir haben dann auch auf der Ovaroberfläche kleine Karzinome gefunden. Das heisst in diesen Fällen hätte dann eine Salpingektomie nicht gereicht. Aber auf jeden Fall kann man sagen, bei dieser Hochrisikogruppe (Junge Frauen mit BRCA 1 und 2 Mutationen) eine Adnexektomie einer Ovarektomie natürlich vorzuziehen wäre.

Frauenheilkunde aktuell: Im Lichte dieser neuen Er- kenntnisse über die Pathogenese böten sich zwei weitere Gruppen an. Sollten alle Frauen, die man hysterektomiert, grundsätzlich die Eileiter mit entfernt werden (sog. Sal- pingohysterektomie)?

Prof. Gad Singer: Im Lichte der neuen Erkenntnisse spricht eigentlich alles für dieses Vorgehen. Bei Frauen, die eine Tubensterilisation haben, muss man einfach daran denken, dass etwa 2 % diesen Eingriff bereuen.

Hier spielt sicher auch das Alter der Patientinnen eine Rolle. Bei Patientinnen mit sicher abgeschlossener Familienplanung könnte man die Salpingektomie bei der Tubensterilisation empfehlen.

Frauenheilkunde aktuell: Heute wissen wir, warum bisherige Massnahmen der Früherkennung der Ovarial- karzinome gescheitert sind.

Prof. Gad Singer: Leider sieht es nicht so aus, dass hier ein Durchbruch zu erwarten ist. Diese Vorstufen sind ja sehr örtlich begrenzt und führen wahrscheinlich nicht zu Veränderungen, die in Bluttests erkannt werden könnten.

Das einzige, was man sich überlegen könnte wären Tubenabstriche. Dies ist jedoch kaum praktikabel, da dazu ja eine Laparoskopie nötig ist.

Frauenheilkunde aktuell: Herr Prof. Singer, ganz herz- lichen Dank für dieses Gespräch.

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