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Erst als die Königin an dem blühenden Hain vorüberzieht, empfindet sie den Wunsch, ihn zu besuchen

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(1)

Die ^äkya

Von Bernhard Breloer, Berlin 1. Buddhas Geburt

Seitdem Dr. Fxjhrer im Dezember 1896 die Säule auf¬

gefunden hat, die von Kaiser Asoka an der Geburtsstätte des

großen Inders errichtet wurde, besteht kein Zweifel mehr

daran, daß Buddha im Lumbini-Hain geboren worden ist*).

Für den merkwürdigen Umstand, daß diese Geburt außerhalb

der Stadt Kapilavastu geschah, gibt die Tradition ausschhe߬

lich einen Wunsch der werdenden Mutter an*), was nach

indischer Auffassung durchaus zur Erklärung genügt, da

solche Wünsche erfüllt werden müssen. Kennern der Ver¬

hältnisse muß der Weg doch etwas umständlich vorgekommen

sein. Sie lassen die Königin ihre Verwandten in Devahrada

besuchen. Zwischen Kapilavastu und Devahrada liegt der

Lumbini-Hain. Erst als die Königin an dem blühenden Hain

vorüberzieht, empfindet sie den Wunsch, ihn zu besuchen.

Besonders ein hoher Baum gefällt ihr. Sie ergreift einen Ast

und gebiert im selben Augenblick. Ihr Gefolge hält einen

Vorhang, der sie verhüllt. Vier Engel aus dem höchsten

1) B. HüLTzscH, Inscriptions of Asoka. Oxford 192b, p. XXII.

H. Oldenbeeq, Buddha, 8.-9. Aufl. 1921. S. llOfT. L. Sdali, Gotama

Buddha. Bologna 1934, S. Iff.

A. Führer, Monograph on Buddha Säkyamuni's Birthplace. Allahabad 1897. Weitere Literatur bei W. Printz, B.s Geburt, ZDMG 1925, 119 ff.

2) Asvaghosa, Buddhacarita 1,6 (Johnston): ,,In her longing for

the lonely forest as suited to trance, she asked the king to go and stay in the grove called Lumbini ..." Lalitavistara (Lefhann I, 82,14 ff.

E. Waldschmidt, Die Legende vom Leben des Buddha. Berlin o. J.

S. 40): ,, Vernimm, o Herr, daß ich schon seit langem im Sinn habe,

unsern Park aufzusuchen ... Du selbst bist von der Askese hart mit¬

genommen und hast deinen Sinn allein aufs Gesetz gerichtet. Nun

knospen die schönsten Bäume; die Schalas sind von Blüten überdeckt:

darum ist es an der Zeit, o Herr, die Gärten zu besuchen."

(2)

B. Breloer, Die Öälcya 269

Himmel fangen das Kind in einem goldenen Netze auf und

halten es der Königin mit den Worten hin: ,, Freue Dich,

Königin! ein edler Sohn ist Dir geboren." So wurde der

Bodhisattva geboren, nicht befleckt durch Unreinheit, son¬

dern vollkommen rein und strahlend in Glanz. Nichtsdesto¬

weniger strömten als Huldigung zwei Wasserstrahlen vom

Himmel nieder, um den Bodhisattva und seine Mutter zu

erfrischen. Diese Schilderung*) beschreibt Bilder, die man vor

Augen hatte. Darin sind die stehende Mutter, der Plaksa-

Baum, das heiße und das kalte Wasser die unverlierbaren

Requisiten der Geburt. Alles andere sind Zutaten, Antworten

auf die Fragen des mit seinem Stoff ringenden Malers oder

Bildhauers, so daß die ursprüngliche Einsamkeit der gebären¬

den Mutter nach und nach verschwindet. Zunächst sind es

übernatürhche Wesen, die sie betreuen, im Dulva') Indra in

der Gestalt eines alten Weibes, anderswo andere Wesen. Sie

entziehen die Mutter in dieser Stellung den Augen der gläu¬

bigen Betrachter. Die Begleitung, ohne die eine Königin nicht

denkbar ist, bleibt zunächst am Wege von Kapilavastu nach

Devahrada, wahrscheinlich hat der Weg 50gar dieser Beglei¬

tung seine Bedeutung in der Erzählung zu verdanken. Schlie߬

lich bevölkert sie aber doch den Hain. Zu allerletzt schließt

sich auch noch Suddhodana, der König, dem Zuge an. Aus

Aivaghosa I 7, sowie aus dem oben zitierten Text des Lalita¬

vistara geht deutlich hervor, daß der König die Königin be¬

gleiten sollte und auch wohl begleitet hat').

1) Kern, Der Buddhismus (H. Jacobi). Leipzig 1882, S. 29f.

E. WiNmscH, Buddhas Geburt und usw. S. 123.

2) III, f. 457b RocKHmL, The Life of the Buddha. London 1884.

S. 15f. : While visiting the Lumbinigarden, the pains of childbirth came

upon her, and she seized hold of a widespreading asoka tree. Then

Sataketu (Indra) caused a violent rain to rail and a wind to blow, which dispersed all the crowd (of her attendants). Assuming the appearance

of an old women, he went to receive the new-born child in his lap.

Eine Königin ohne Gefolge ist auch diesem Darsteller undenkbar. Indra hat es vertrieben.

3) Vgl. Fr. Weller, Schauplatz und Handlung im Buddhacarita.

ZDMG 1939, 306—38. Bei Asvaghosa ist die oben gezeichnete Ent-

(3)

270 B. Breloeb, Die Öäliya

In Wirklichkeit hat Buddhas Mutter in ihrer schweren

Stunde die Einsamkeit aufgesucht, weil es die strenge Sitte

vorschrieb, die sie aus der Gesellschaft als ,,tabu" oder ,, un¬

rein" ausschloß. So streng war das Gebot der Isoherung der

Wöchnerin, daß nach Manu V 85 sogar dann jemand ,, unrein"

wurde, wenn er mit einer Person in Berührung kommt, welche

eine Wöchnerin berührt hatte. Der Ausschluß der Wöchnerin

betrug zehn Tage und war der Ausschlußfrist wegen Todesfall

(preta-suddhi) angeglichen, die alle Sippengenossen bis zum

siebenten Grad betraf, während die Isolierung der Wöchnerin

an sich nur diese erfaßt. Der Vater kann sich durch ein Bad

sogleich reinigen*). In einem Hause, in dem eine Wöchnerin

liegt, darf aber nicht gegessen werden. Die Frau wird also

in einem besonderen Haus") untergebracht. Kautalya, der

wicldung abgesciilossen. Neu sciieint zu sein, daß der Bralimane Asva¬

ghosa den eben geborenen Buddha mit Agni vergleicht. Vers 11: Kra-

mena garbhäd abhiniskrtah san / babhau cyutah khüd iva Yonyajätah, bedeutet: Wie der vom Himmel gestiegene Agni (a-yonijäta) erglänzte

er, so wie er nach und nacli aus dem Leib heraustrat (also eine Um¬

schreibung für prajäyamäna eva). Johnston's Übersetzung: When in

due course he had issued of the womb, he appeared as if he had descended

from the sky, for he did not come into the world through the portal

of life, zeigt die Grenzen der tibetanischen Übersetzung. Für uns macht

sich das Fehlen eines Kommentars unangenehm bemerkbar, weil das

Buddhacarita ein Kävya ist. Das Gleichnis liegt nicht in der Spurlosig-

keit des Erscheinens, sondern in der übernatürlichen Sauberkeit. Ein

Reinigungsbad scheint irgendwie bedenklich gewesen zu sein. Ob die

Geburt aus der Seite damit zusammenhängt, kann man wohl kaum ent¬

scheiden. Das Kind Buddha bedarf jedenfalls keines Reinigungsbades.

Es erstrahlt wie Agni, man kann es aber trotz dieser Eigenschaft an¬

schauen, wie ein Lampenlicht. Wenn dieser Vergleich eine dogmatische

oder sonst anstößige Schwierigkeit beseitigt hätte, wäre er auf der

Basis der a-yom-Geburt genial. Diese Szene wird nun im folgenden

weitergeführt, so daß ein Zweifel ausgeschlossen ist.

1) Manu V, 61:

yathedam sävam äsaucam sapindesu vidhiyate

janane 'py evam eva syän nipunam suddhim icchatäm.

2) Äpastamba 1,16,19: tathänutthitäyäm sütikäyäm.

Väsistha IV 20—22. Gautama II 5,13—14. Baudhäyana I 5,11,19—20.

Manu IV 212, V 58—85. Yäjnavalkya III 18— 2o" 22. Vgl. J. Jolly,

(4)

B. Bbeloer, Die äälcya 271

auch sonst besonderen Schutz empfiehlt, läßt für sie einen

besonderen Brunnen anlegen, vielleicht um einem Verlassen

des Wohnplatzes vorzubeugen*). Die Regel wird also eine

Isolierung in der Nähe des Wohnhauses sein. Ein solcher

Befund stimmt auch mit den Ergebnissen der Rassenkunde

überein, welche diese Isolierung allerdings nicht mit dem

Todesfall, sondern mit der Menstruation in Verbindung

bringt. Diese Sitte ist über die ganze Welt verbreitet"). Nicht

überall wird die Isolierung so streng durchgeführt, daß die

Wöchnerin nicht allein das Wohnhaus, sondern sogar die

geschlossene Siedlung verläßt. Ob sich eine solche Notwendig¬

keit aus räumlichen Verhältnissen') oder wegen der Behinde¬

rung der militärischen Schlagkraft durch die „Unreinheit"

ergibt, mag dahingestellt bleiben ; sicherlich setzt die stehend

gebärende Mutter Buddhas, die sich an den Zweigen des

Plaksa-Baumes*), der dem Ksatriya Ruhm verheißt, fest¬

hält, ein ungemein starkes Geschlecht voraus, das an eine

eiserne Disziplin gewöhnt ist. Dazu gehört ein Rechtskreis,

der für die Frau ein Eigenrecht geschaffen hat, das sie zeit¬

weilig dem Bereich des Mannes völlig entzieht und sanitär auch

schützt. Der Vater sieht seinen Sohn erst nach zehn Tagen*).

Recht und Sitte, Straßburg 1896, S. 155. M. Wintebnitz, Die Frau in

den indischen Religionen, S. 39. Robert Kirchner, Über das Verhält¬

nis der Geschlechter in Indien, München 1909, S. 62.

1) III 8, 61 p. 166 (Shamashastry 2. Aufl.): udapänam pänagrhoci- iam anyatra sütikä-küpäd änirdasähäd iti.

2) R. Briffault, The Mothers II, London 1938, S. 365—90, the tabu on menstrual and puerperal women. Mit reicher Literatur, auf die hier¬

mit verwiesen wird. R. Schmidt, Liebe und Ehe, S. 216.

3) Zu Vaiäali R. Hoernle, Uväsagadadasäo, Calcutta 1888, II S. 8

Anm. 8. Auch B. Ch. Law. Kshatriya Clans in Buddhist India, Cal¬

cutta 1922. S. 35—59 mit einer Karte von Vai^ali. Dulva Ulf. 80.

Rockhill S. 62. Cullakälinga Jätaka Fadsböll III p. 1. Ekapaniia Jätaka I p. 504 Einl.

4) Ficus infectoria vgl. Aitareya Brahmana VII 32, 3. VIII 15.

5) Die Hetärenmutter im Daäakumäracaritam II erzählt, daß der

Vater seine Tochter die ersten fünf Jahre nicht sieht. Dieselbe Frist für

Knaben bei den Persern Herodot I 126. Andere Beispiele für lange

Fristen bei Bbiffadlt a. a. O. Arbeitsunfähigkeit 420 ff.

(5)

272 B. Bbelobb, Die Säkya

Der pompöse Auszug der Königin in den Lumbini-Hain

enthüllt also eine rauhe Sitte der Säkya, die ein urwüchsiges

Geschlecht mit einem eigenen Rechtskreis der Frau voraus¬

setzt.

2. Buddhas Familie

Die ceylonesische Überlieferung hat einen Stammbaum

erhalten, der einigen Aufschluß über das Stammesgefüge der

Säkya vermittelt. Er ist offenbar das Produkt einer histori¬

schen Untersuchung und besteht aus mehreren Teilen. Ge¬

nauere Angaben hat der ursprüngliche Verfasser wohl nur bis

zu Buddhas Urgroßvater erhalten können*). Danach besteht

zwischen einer Familie in Kapilavastu und einer zweiten in

Devahrada") ein fortlaufender Austausch der beiden Ge¬

schlechter.

L

männl. weibl.

Kapilavastu: Devahrada:

Jayasena unbekannt

Siiphahanu Kätyäyana

Suddhodana") Mäyä

Siddhärtha Bhadra-

( Buddha) Kätyäyanä

Rähula

So aufgeteilt erscheinen die männlichen Stämme fest be¬

heimatet, die weiblichen ausgetauscht. Es wird zu zeigen sein,

daß die mutterrechtliche Aufgliederung, wonach die weib¬

lichen Stämme fest beheimatet sind, den Anspruch auf Rich¬

tigkeit machen kann. •

männl.

Devahrada:

unbekannt ')

Anj ana Suprabuddha Devadatta

II.

weibl.

Kapilavastu :

unbekannt Yaäodharä*) Amrtä unbekannt

1) DIpavamsa III 44—47. Maliävamsa II 15—24, vgl. die nördl.

Tradition bei RocEHn.L a. a. O. S. 13.

2) Gewöhnlich Devadaha geschrieben.

3) Devahrada-Säkya genannt.

4) Rockhill: Suddhä.

5) Drei Brüder: Dronodana, Suklodana, Amrtodana. Mahävamsa

(Übers.) P.T. S. 1912, Appendix A. (W. Geiobb).

(6)

B. Bbeloeb, Die Öäkya 273

I. Kap männl.

lavastu Devahrada

weibl. 00 männl.

11 . Devahrada Kapilavastu

weibl. 00 männl.

Bruder Schwester Bruder Schwester wie 1.

Jayasena Anjana Suddhodana

Devadatta Jayasena

Anj ana Suddhodana

Devadatta

X 1 Kaccänä 1 Amitä Bhaclda- Kaccänä

Z Simhahanu Suppabuddha Buddha

Y Yaiodharä

Mäyä

Kapilavastu Devahrada

Nun ist kürzlich eingewendet worden*), daß die Konstruktion

des Stammbaums ceylonesische Sitten fälschlich auf die Fa¬

milie Buddhas übertragen habe, wogegen zu sagen ist, daß

die Sitte der Vetternheirat, um die es sich hier handelt,

keineswegs eine Angelegenheit Ceylons oder auch nur Süd¬

indiens ist, sondern sich über ganz Indien verbreitet, ins¬

besondere bei den Rajputenstämmen"). Außerdem beschränkt

sie sich nicht auf Buddhas Stammbaum, sondern bestimmt

das Stammesgefüge der Säkya. Die Quellen, die darüber be¬

richten, können nicht insgesamt umgefälscht worden sein.

3. Stammesgeschichte der ^ys

In der Form, in der die Geschichte der Säkya vorhegt*),

wird das Geschlecht auf einen Iksväku, einen Ambattha-

1) B. M. Emekead in JAOS 1939, S. 220—26 gegen A. M. Hocabt,

IA 1923, S. 267—77 und 1924, S. 125—28.

2) Vgl. Beipfault a. a. O. S. 359. H. A. Rose, A Glossary of the

castes & tribes of the Punjab, Lahore, 3 Bde, 1911—19. Ill 277. Andere Literatur bei Bbiffault, I 563—88. Über d. Parsi, db la Valläb, Indo- Europöens, Paris 1936, S. 76, Literatur.

3) Mahä-Vanisa-TIkä: Vamsatthappakäsinl, G. P. Malasbkhaba, PTS

1935, S. 131. Sumangalaviläsinl, PTS 258 ff. Suttanipäta Comm.

I 352fr. Dulva f III 440, auch Xlf. 292b. Rockhill a. a. 0. 11. Spence

Hardy Manual of Buddhism 133. Beal, Romantic Legend p. 30. Bi¬

gandet Legend of the Burmese Buddha 3 ed p. 11.

(7)

274 B. Breloeb, Die Säkya

Räja zurückgeführt, also auf eine Sonnendynastie, auf die

sich viele Geschlechter zurückführen. Die nördliche Version

spricht von Potala im Sindh als Ausgangspunkt des Ge¬

schlechts. Die Geschichte der Säkya ist von A. Weber und

Fausböll ausführlich im Bd. V der Ind. Studien*) behandelt

worden. Der Iksväku hat vier Söhne und fünf Töchter, als

ihm noch spät ein Sohn geboren wird, bei dessen Anblick er

der Mutter einen Wunsch gewährt. Sie wünscht für ihren Sohn

das Königreich. Der König hält sein Wort, übergibt aber

seinen Kindern Minister und Heer. Sie ziehen zum Himälaya,

wo sie sich in Kapilavastu ansiedeln. Sie wollen sich nicht

mit anderen mischen, es soll kein jäti-sambheda eintreten und

sie beschließen, daß die vier Brüder ihre vier Schwestern

heiraten. Die älteste Schwester soll dann in der Gesamtfamilie Mutters Stelle vertreten {mätf-sthäna).

Diese abgeglättete Form läßt zweierlei erkennen, nämlich

eine Ableitung aus dem Westen, die angefügt ist, und eine

rein mutterrechtlich ausgerichtete Stammesgeschichte, mit

einer Priyä als Stammutter").

Diese Frigga haben dann die Koliya'), die von den Säkya

durch die Rohini getrennt sind, gemeinsam. Der Streit zwischen

den Säkya und den Koliya bezeugt das Alter der Sage*). Die

Bauern der Koliya (Koliyakammakarä) beschimpfen die

Säkya-Herren (räja-kula Weber, Kapilavastuväsikä Faus-

bOll): ,,Euer Königshaus hat den eigenen Schwestern bei¬

gewohnt wie Hunde, Schweine, Schakale u. dgl. Getier." „Euer

Königshaus hat in einem hohlen Baume gewohnt, wie die

Fledermäuse*)." Die beiden Redensarten beziehen sich un¬

leugbar auf die Stammesgeschichte der Säkya und Koliya.

1) 1862, S. 412—37 Die Pali-Legende von der Entstellung des

ääkya- und Koliya-Gesclileeiites. Die ältere Literatur zur Frage dort S. 413.

2) Sie erinnert an eine Frigga der Germanen.

3) Cambridge History of India I 177f. Oldenberg a. a. 0. 114.

4) Faüsböll V S. 412 f. Kunälajätaka. Dhammapada 351. E. Sk-

kabt, Mahävastu I p. 348. Webeb a. a. O. 421 Übers. 432 f.

5) Nach Weber a. a. O. 433; der Sinn ist eindeutig, die Wortbedeu¬

tungen spielen hier keine Rolle.

(8)

B. Bkeloeb, Die Säliya 275

Die Geschwisterheirat der Säkya ist bereits besprochen.

Nim wird nach der Darstellung der Säkya die Ur-Mutter

Priyä vom Aussatz befallen und von den Brüdern in eine

Grube gebrachtdort von einem RämaKönig von Benares

gefunden, vom Aussatz befreit und geheiratet. Der Ehe ent¬

springen 32 Söhne, die später von der Mutter nach Kapila¬

vastu geschickt werden, um dort die 32 Töchter der anderen

vier Schwestern zu heiraten. Der Heros Räma hat in der

Höhlung eines Koliya')-Baumes gewohnt und sich von dem

ernährt, was Löwen und Tiger von ihrer Beute übrigließen,

his er die Priyä in der Höhle entdeckte. Von der Sage der

Koliya hat sich nicht viel erhalten. Bei den Säkya liegt offen¬

bar die Betonung ihrer Überlegenheit in dem Vorrang be¬

gründet, den sie der weiblichen Linie zuschreiben. Sie haben

sich wohl durch Halbierung des ehemals einheitlichen Stam¬

mes gebildet*). Alles weitere entwickelt sich aus der Stamm¬

tafel Buddhas, der das Gesetz der Vetternheirat bzw. des

Avunkulats zu entnehmen ist.

Nach der Sage heiraten die 32 Koliya-Prinzen die Töchter

ihrer mütterhchen Tanten*). Die 32 Söhne einer Mutter sowie

diese Ehe sind das weitere Produkt einer durchsichtigen

Konstruktion. In der ersten Generation der Säkya sind vier

Geschwisterpaare vorhanden. In der zweiten hat jede der

Geschwister-Ehen acht Töchter, von denen wohl vier zu den

Koliya abgewandert, vier geblieben sind (mit vier Koliya-

Prinzen). Um nun die weitere Stammfolge und das Gesetz zu

sichern, braucht man diese vier Paare, sonst kommt man aus

dem Inzest nicht heraus. In der vierten Generation kann man

1) Weber 418, Übers. 428 genauer: ein Teich.

2) Räma entspricht etwa Heraides, einer weit verbreiteten Sagen¬

gestalt.

3) Die Säkya werden mit Säka-Bäumen am See von Kapilavastu

zusammengebracht, vgl. Weber a. a. O. 418 bzw. 428, was nahe liegt.

4) Über solche Halbierungen zu Heiratszwecken vgl. Thürnwald,

Die menschliche Gesellschaft IV 16 und Reallex. d. Vorgesch. Heirats¬

ordnung. Auch K. Breysig, Gesch. d. Menschheit, Breslau 1936, I 128ff.

5) Eine spätere Version macht die Säkya zu Halb-Geschwistern, um den Makel zu verwischen.

(9)

276 B. Breloeb, Die Säliya

aus je zwei Paaren der dritten Generation zwei Stämme

bilden. Angenommen, der älteste Sohn des Iksväku (Am-

bastha-Räja), Ulkämukha, hat die Tochter Supriyä gehei¬

ratet, dann bilden vier Töchter (sowohl bei den Koliya wie

bei den Säkya) AI, B 1 — A 2, B 2, je zwei Stämme (A

und B), von denen man jeden als aus einer „männlichen"

(A 1, B 1) und einer „weiblichen" Famihe (A 2, B 2) bestehend

annehmen kann. Wenn nun ein Sohn der ,, männhchen"

Familie des ersten Stammes (A 1) eine Tochter der „weib¬

lichen" Familie desselben Stammes (A 2) heiratet und ebenso

im zweiten Stamm, dann bildet sich zwar noch einmal ein

Inzest, indem der Sohn Mutter-Schwesters- und Vater-Bru¬

ders-Tochter heiratet, aber in der vierten Generation be¬

stehen dann die zwei Stämme A und B, deren Glieder nach

der Onkel-Regel heiraten können. Das ist ein einfaches

Rechenexempel, das auch für die drei anderen Geschwister-

Ehen der Säkya keine andere Möglichkeit offenläßt. Die künst¬

liche Genealogie der Säkya ist also der beste Beweis für das

Bestehen der Sitte, die sich in Buddhas Familientafel zeigt,

daß sich nämlich immer Vaters-Schwester-Sohn mit Mutters-

Bruder-Tochter verbindet. Der Bruder verheiratet seine

Tochter mit dem Sohn seiner Schwester.

Die Strenge der Sitte läßt nun Rückschlüsse auf die Ghe-

derung der Säkya zu. Acht Stämme sind zur Begründung des

Heiratsgesetzes erforderlich. Sie werden mit den Namen der

acht Geschwister, der vier Töchter: Supriyä, Änandä, Vijätä

und Vijitasenä, und der vier Söhne: Ulkämukha, Karakanda,

Hastinäyaka und Nüpura bezeichnet gewesen sein*). Jeden¬

falls bestätigt diese Sage das Vorhandensein und die Wirk¬

samkeit des Avunkulats *). Da sie aber auch in den nördlichen

Quellen wiederkehrt, müßte man mit seltsamen Verhältnissen

zu rechnen haben, wenn auch diese in Ceylon erfunden sein

sollte, um eine einheimische Sitte in eigensinniger Weise in

1) Die Zufügung der fünften ältesten Sciiwester (eigentlich wohl die Ausschaltung der Stammutter Priyä) beseitigt die Frage des Vorranges.

2) Das gleiche gUt für die Koliya-Sage, auf welche ich noch

zurückkomme.

(10)

B. Bbeloeb, Die Sälcya 277

Buddhas Famüie hinein zu projizieren. Die alte Teilung von

den Kohya, die Rückführung auf eine Ur-Mutter Priyä, auf

Säkya- und Kola-Baum, die Einteilung in acht Stämme und

das Avunkulat der Säkya sind wohl historische Tatsachen.

4. Der Untergang der l^äkya

Die mutterrechtliche Ordnung*) wird durch die Erzählung

vom Untergang der Säkya verdeutlicht. Der Tatbestand ist

nach den Quellen folgender"):

1. Der König Agnidatta von Kosala, ein Altersgenosse

Buddhas, gewöhnlich mit seinem Titel Prasenajit genannt,

faßt den Entschluß, eine Tochter der Säkya als Königin

(agramahesi) weihen zu lassen. Er wünscht durch das Con¬

nubium ein Commercium mit den Säkya zu haben, ja selbst

ein Säkya zu werden.

2. Man schickt also einen Gesandten (däta) zu den Säkya

ab, mit dem Auftrag: „Eine Tochter, fürwahr, sollen sie mir

geben. Ich wünsche mit Euch den Zustand des Geschlechts¬

genossen (zu haben)*)."

3. Die Säkya beraten (mantayirrisu). Wenn sie den Willen

des Prasenajit nicht erfüllen*), entsteht eine „große Feind¬

schaft", wenn sie ihn erfüllen, wird ihr Stamm aufgespalten,

tritt nach ihrer Auffassung ein jäti-sambheda ein*). Ihr Präsi-

1) Daß eine solche juristische Konstruktion nicht das geringste mit femininer Haltung der Männer zu tun hat oder eine patriarchalische

Ordnung nicht ausschließt, mag besonders betont werden. Unsere An¬

schauung hat sich dem FamUienrecht etwas stark entfremdet, so daß

man komplizierte Ordnungen nicht mehr richtig versteht.

2) Ich folge dem Bhaddasäla-Jätaka Fadsböll IV 144. Die nördliche

Version unterscheidet sich in dem Punkte, daß sie den Wunsch des

Prasenajit nicht so deutlich zum Ausdruck bringt. Auf die Ablehnung des Sohnes kommt es aber an. Diese ist in beiden Versionen gleich, wie

auch die Begründung wegen Geburtsmakel. Vgl. A. Wbbbb a. a. 0.

3) dhilaram kira me dentu, aharn tumhehi saddhirn näti-bhävam

icchämi.

4) mayam Kosala-rahno änä-pavatti-tthäne stellt das Gefolgschafts¬

verhältnis klar; vgl. unten S. 281 ß.

5) sace dassäma, kula-vamso no bhijjissati; vgl. dazu oben S. 274.

(11)

278 B. BnELOER, Die Sälcya

dent (Archon) schlägt vor, dem König seine eigene Tochter,

die einer Verbindung mit einer Näga-Mundä*) entstammt, als

Ritter-Tochter (Ksatriyä-kanyä) zur Frau zu geben. Der Vor¬

schlag wird gebilligt und den Gesandten mitgeteilt, daß sie

die Braut sogleich in Empfang nehmen können"). Diese ver¬

langen als Beweis für ihre Ebenbürtigkeit, also für ihre

Legitimität, die gemeinsame Einnahme einer Mahlzeit mit

dem Vater. Sie werden getäuscht, nehmen die Braut mit, die

dann zur Königin der Kosala geweiht wird. Der König liebte

sie sehr') und erhielt von ihr einen Thronfolger*), der Virü-

dhaka genannt wurde.

4. Als der Kronprinz volljährig war (16 Jahre), zog er

nach Kapilavastu, um in der Versammlung der Säkya seine

Rechte wahrzunehmen. Sie täuschten auch ihn. Nach seinem

Abzug mußte eine Magd die Bank, auf der er gesessen hatte,

mit Milch abwaschen. Durch einen Zufall hörte ein Mann

des Virüdhaka sie schimpfen und erfuhr dadurch das Ge¬

heimnis der Abstammung des Kronprinzen, das er dem Heere

mitteilte. Der Kronprinz bemerkte, er werde die Bank mit

dem Blute der Säkya abwaschen, wenn er erst mal König sei.

5. Der König entkleidete Königin und Kronprinz ihrer

Stellung. Buddha aber, dem dieser Fall zur Entscheidung

vorgetragen wurde, soll erklärt haben, daß die Abstammung

vom Vater her entscheidend sei*). Darauf setzte der König

beide wieder in ihre Rechte ein.

Der historische Kern dieser Erzählung ist die Tatsache,

daß der König von Kosala durch die Heirat mit einer Säkya-

Prinzessin ein Säkya geworden ist, oder wenigstens werden

wollte. Hierbei hat sich keinerlei Schwierigkeit ergeben.

Später wurde aber der Kronprinz nicht als Säkya anerkannt.

1) Vielleiclit Kundä, das zu dem Caiidrä der nördlichen Fassung passen würde.

2) sädhu därikam dassäma. idän 'eva lam gahetvä gachathä ti.

3) Trauer bei ihrem Tod .\nguttara — Nikäya (Hardy) III 57.

4) Zunächst erhielt er wohl eine Tochter (Samyuttara-N. I 86)

V. Name eines Welthüters.

5) Bhaddasäla: mäti-gottam näma kim karissati, piti-gottam eva

pamänam.

(12)

B. Bbeloeb, Die Sälcya 279

Der Grund ist nicht ersichthch; was angegeben wird, ist die

Anzweiflung seiner mütterhchen Abstammung. Nach der

nördhchen Version*) war die Mutter die Tochter eines Brah¬

manen und einer Brahmanin, eine Adoptivtochter des Präsi¬

denten der Säkya. Die Mutter des Königs hatte sie nach

anfänglichem Sträuben als ebenbürtig anerkannt. Nach der

südlichen Tradition dagegen war sie die natürliche Tochter

des Präsidenten. Darin ist kein besonderer Unterschied zu

sehen. Der Vorwurf der illegitimen Geburt hegt sehr nahe und

ist schlecht zu widerlegen. Die Säkya lehnen auf jeden Fall

den Kronprinzen ab, indem sie nicht die väterliche, sondern

die mütterliche Abstammung kritisieren. Ähnlich mag auch

der Fall bei VaiSah gelegen haben, wo der König Bimbisära

von Räjgir eine Licchavi-Tochter geheiratet hatte und später

der Sohn dieser Tochter, Ajätaäatru, Krieg gegen die Licchavi

führte. Die Stadt der Säkya, Kapilavastu, soll von Virüdhaka

zerstört und das Geschlecht vernichtet worden sein.

Entscheidend für unsere Frage ist der Antrag des Königs

Prasenajit an die Versammlung der Säkya, worin er um Auf¬

nahme in den Geschlechtsverband nachsucht. Da bei den

Licchavi von Vaiääli ein Gesetz bestand, wonach jeder

Heiratslustige bei der Versammlung einen Antrag stellte, ihm

eine Braut zuzuweisen*), hat nicht allein Bimbisära bei den

Licchavi, sondern auch Prasenajit bei den Säkya einen solchen

Antrag gestellt. Der Wortlaut zeigt*), daß damit der Eintritt

ins Geschlecht verbunden war. Man konnte ihn den Königen

nicht verwehren, sperrte sich aber gegen die Aufnahme der

Kronprinzen.

Das Vorhandensein eines mutterrechtlichen Systems bei

den Säkya wird also auch durch diese Erzählung erwiesen.

In der Folgerung würde dies besagen, daß in den einzelnen

Stämmen nicht die Frauen, sondern die Männer einheiraten.

Soll wiederum diese Organisation einen Sinn haben, so kann

1) Dulva Xf. 121—34 Rockhill a. a. O. 74.

2) Vinaya-Pitaka IV p. 225.

3) Oben Anm. 3 S. 277.

1 9

(13)

280 B. Breloeb, Die Säkya

es 80 sein, daß Stadt und Land einander austauschen. Das

bedeutet, daß wie im Falle der Familie Buddhas, so auch

in jedem anderen Falle einer Famihe in Kapilavastu eine

andere in einem festen Platze auf dem Lande entsprochen

hat*). Die Männer wechseln von Generation zu Generation.

Einmal dienen sie draußen, einmal drinnen. Die Einteilung

in vier Stadt- und vier Landviertel würde nicht allein einer

alten Regel entsprechen"), sondern auch der Stammessage

einen geometrischen Untergrund geben. Daß diese Einteilung

in acht Stämme Realität ist, zeigt der Fall von Vaiäali, der

noch zu besprechen sein wird').

5. Die Verfassung der iSäkya

Über die zahlenmäßige Stärke des Säkyastammes ist

wenig zu sagen*). Jedenfalls leben in ihrem Bezirk noch

andere Schichten, viel Bauern, auch Handwerker und Händ¬

ler, aborigine Stämme und Brahmanen, letztere reichlich ge¬

gliedert. Außerdem lebte dort auch wohl eine Schicht, die

aus nicht ebenbürtigen Nachkommen der Säkya und aus

zugewanderten Dienstleuten bestand. Der soziale Organismus

stellte, so klein er auch gewesen sein mag, einen Bund von

acht Stämmen, ein xoivov, indisch ein mandala dar. R. Fick*)

und T. W. Rhys Davids *) haben sich mit den Oligarchien

im nördlichen Indien beschäftigt und gefunden, daß sie ein¬

ander gleichen. Fick bemerkt schon, daß man in ihnen die

Freistaaten {nöXeig avrovo/ioi) des Megasthenes wiedererkennt,

sieht aber aucii, daß diese Freistaaten sich nicht besonders

von den Monarchien unterscheiden.

1) Ein kula war äbhyantara, eins bähya.

2) Vgl. Staatsverw. 105, auch Pänini 7,3, 12iT. 4,2,125. 4,3,7.

6, 2, 103. 7, 3, 13.

3) Unten S. 285.

4) Die Zahl 80000, für jede Familie 10000, ist wohl eine symbolische

Form der gedachten Größe.

5) Die soziale Gliederung im nordöstlichen Indien zu Buddhas

Zeit, Kiel 1897, S. 89ff.

6) Buddhist India, London 1903, S. 17ff.

(14)

B. Bbeloer, Die Sälcya 281

Der Ausdruck „Autonomie" hatte nun aber schon zu

Megasthenes' Zeiten seine eigene Geschichte, die in die

Alexanderzeit und von da aus in die griechische Staatslehre

zurückführt. Diese erfaßte mit dem genannten Ausdruck den

geistigen und politischen Gehalt der spartanischen Bundes¬

idee, wonach die große Gemeinschaft — wie bei den Ger¬

manen — eine Kampfgemeinschaft, eine avfi/iaxia zu sein hatte,

während den Einzelgliedern Autonomie zustand. Hinter dem

Begriff der Autonomie stand abermals eine militärische Form,

die Oligarchie der alten Geschlechter, die eigene und bewährte

Struktur des spartanischen Mikrokosmos, mit ihrer Härte und

ihrem ethischen Gehalt, dem Gedanken der Gefolgstreue.

Autonomien dieser Art, also Geschlechterstaaten, dazu

die Gruppierung zu großen Bünden einer Symmachia, fanden

die Griechen unter Alexander an verschiedenen Stellen, man

kann sagen, fast durchweg, vor. Die Beschreibungen sind

zwar nur skizzenhaft überhefert, reichen aber zur Charak¬

terisierung hin. Da war zunächst Nysa, eine Gründung des

Dionysos, das von 300 Optimaten regiert wurde, denen

300 Ritter zur Verfügung standen. Der ReSt, also die gesamte

Einwohnerschaft, wird nach homerischer Vorstellung als

xaxoi bezeichnet*). Alexander greift sogar in die Verwaltung

ein, indem er den primus inter pares, Akouphis"), zum Gau¬

fürsten macht. Erst im nächsten Jahr stieß Alexander auf

die beherrschende Kampfgemeinschaft (avfifxaxia) der Ka-

thaier. Maller und Oxydraker, die ,, autonomen" Inder. Bis

dahin lernte man nur von Königen beherrschte Inder kennen.

Diese Abgrenzung von Freistaaten und Monarchien ist rein

äußerlich vorgenommen. Nysa war mit den Maßstäben des

heroischen Zeitalters gemessen, die ersten Monarchien er-

1) Vergil bezeichnet diese Klasse als miseri. Vgl. ZDMG 14 (1935), S. 63 ff.

2) Der Name findet sich in der Daiva-Inschrift des Xerxes Z. 27

als Akaufiöiya. Er erscheint dort als Volksbezeichnung. Die elamische Fassung Aküpiä läßt keinen Zweifel zu. Die Ableitung von altpersisch kaufa ,,Berg" scheint sicher. Es handelt sich um griech. ögiloi oder um

einen indischen Parvataka. Siehe Hertzfeld, AMI VIII S. 72. Über

iranische Ortsnamen A. Fodcher, JA 1931, S. 358.

(15)

282 B. Bbbloeb, Die Säkya

regten als solche keine besondere Aufmerksamkeit, während

man bei dem großen indischen Bund der Kathaier, Maller

und Oxydraker doch aufmerksamer wurde. Im Mallerkriege

wird dann ein Imperator, also ein argarrjyog avroxQdrwQ,

nach unseren Begriffen ein Herzog, mit Namen Sambos, ver¬

zeichnet*). Die Sambastaner, derselben Kampfgemeinschaft

angehörend, hatten an ihrer Spitze drei Herzöge"). Jetzt war

das griechische Auge für die feineren Unterschiede geschärft

und interessiert. Onesikritos beschrieb die Herrschaft des

Musikanos in Sindh, wobei er ganz unmißverständlich die

spartanische Parallele anwendet. Von einer Darstellung der

,, Autonomie" hat sich zwar in den Darstellungen nichts er¬

halten, es sei denn, man fasse die Rolle der Brahmanen als

eine Beschränkung der Königsgewalt auf. Das Original hat

sicher auch etwas über diesen Punkt gesagt. Überliefert sind

aber nur zwei Skizzen. Eine davon betrifft die Syssitien der

Musikaner, die andere die Dienstpflicht der Söhne (wohl im

Zusammenhang mit der Einheirat in eine Famihe), die mit

der Arbeitspflicht der Heloten in Sparta verglichen worden

ist. Andere Züge, wie die Einfachheit der Lebensführung und

des Rechtsschutzes sagen nichts Direktes über eine Parallele

mit Sparta aus, aber wenn auch die Enthaltsamkeit der Be¬

wohner eines reich gesegneten Landes den Kyniker inter¬

essiert haben mag, so zeigt doch der Zusammenhang die

Parallele zur spartanischen Lebenshaltung, die Helmut

Bekve als Kriegertum auch ohne Kriege, Enthaltsamkeit

auch ohne Zwang der Verhältnisse, Gleichheit trotz tatsäch¬

licher Ungleichheit so gut gezeichnet hat. Es ist das dem

Soldaten bekannte Bild einer militärischen Kameradschaft.

Schließlich hat dann die Beschreibung von Pattala (bei

Kleitarch) ein volles Bild entworfen, dort wird nämlich die

Doppelmonarchie und die Gerouchia gezeichnet. Das König¬

tum ist deuthch als Herzogtum beschrieben, es ist nur für

t) Epitome Mettensis 75: accidit, ut eorum imperatorem Sambum

utrumque femur transflgeret.

2) CuBTiüs IX 8, 4: Sambagrae non regum imperio regebantur . ..

III duces . .. elegerant.

(16)

B. Bbslobb, Die Säkya 283

Äußeres zuständig, tritt also nur für die Symmachie in Er¬

scheinung. Die Gerousia führt die eigentliche innere Verwal¬

tung als rä olxoi riXrj^). In diesem Bilde fehlen nur noch die

Ephoren, die sich bei Megasthenes erhalten haben. Sie sind

sicherlich von ihm vorgefunden worden und mit einem Pro¬

test an eine andere Stelle gebracht, wo sie in der indischen

Gesellschaft einen eigenen Stand bilden"). Trotz der bei ihm

bereits vorherrschenden Monarchie ist die Stellung des Ge¬

schlechteradels unverkennbar überragend. Die Ephoren schei¬

nen zunächst nur eine entfernte Ähnlichkeit mit ihrem spar¬

tanischen Vorbild zu haben, aber ihre Macht ist dadurch,

daß sie einen eigenen Stand bilden, eher verstärkt als ge¬

schmälert. Wenn weiter die Gerouchia verschwunden ist, so

ist die Stellung des Adels als avußovloi und avviÖQioi des

Königs geradezu beherrschend zu nennen'). Die Abände¬

rungen des Megasthenes sind also lehrreich und begründet.

Auf ihn ist also wohl der Begriff der Demokratie in diesem

Bild zurückzuführen. Er hat nun sogar zwei Herrschergenea¬

logien, von denen die eine mit drei Unterbrechungen des

Stammbaums von Sandrokottos auf Dionysos, die andere

auf Herakles*) zurückgeht. Zunächst regierten Könige, dann

bildeten sich Demokratien mit Archonten an der Spitze.

Trotz dieser Anklänge an Athen hat Megasthenes für die

Beamtenschaft den wesentlich spartanischen Begriff der xiXr}

übernommen, der den rd oXxoi rdXrj der Spartaner (und der

Verwaltung von Pattala) entspricht. In diesem Begriff sind

die Organe zusammengefaßt, die das Gesamtvolk vertreten,

also die Herzöge (oder Könige), die Gerouchia, die Ephoren

und auch temporär beauftragte Gesandte, deren Vollmacht

nicht von einem Magistrat, sondern vom Volk ausgeht, also

1) Diodor XVII 104, Iff.

2) ZDMG 13 (1934) S. 132. Die Stände sindfPhilosophen, Bauern,

Viehzücliter und Jäger, Handwerker und Händler, Krieger, Ephoren,

Räte und Beisitzer.

3) ZDMG 14 (1935) S. 41 ff.

4) Also auf einen indischen Räma, vgl. oben S. 275 Anm. 2. Arr.

Ind. 9, 9. 8, 1—3. Diodor II, 38, 6. 39, 2—4.

Zeitschrift d. DMO Bd. 94 (Neue Folge Bd. 19) 19

10*

(17)

284 B. Bbeloeb, Die Sälcya

Personen wie der Seher und andere*). Eine Apella wird zwar

von Megasthenes nicht genannt, er spricht aber von einer

,, Großen Synode")" zu Jahresbeginn, womit wohl eine

Bundesversammlung gemeint ist. Die Rolle der ,, Berater')"

ergibt sich auch wohl aus spartanischen Beispielen. Im ganzen

zeigt sich in der Darstellung des Megasthenes ein großer Wurf,

der eher auf Onesikritos zutreffen würde. Er stellt die indische

Entwicklung neben die griechische. Wie in Griechenland hat

sich in Indien aus dem heroischen Königtum das magistra¬

tische Herzogtum für äußere Angelegenheiten entwickelt, das

sich mit den Bundesgenossen beschäftigt. Zu Hause herrscht

die Aristokratie. Die Darstellung des Megasthenes bestätigt

die Auffassung der Alexanderhistoriker und gibt uns das

Recht, eine tatsächliche Parallelentwicklung innerhalb des

indogermanischen Kulturkreises anzunehmen, deren Gesamt¬

bild durch die buddhistische Literatur in erkennbaren Einzel¬

beiten ergänzt wird.

Das Gesamtbild der Säkya zeigt die beherrschende Stel¬

lung des Geburtsadels, der nach Matriarchat organisiert ist.

Die Bemerkung des Onesikritos über die Dienstpflicht der

jungen Leute im Sindh dürfte mit der Sitte der Einheirat

und Auswahl nach Leistungsprinzip in Einklang zu bringen

sein. Nicht zu entscheiden ist wohl die Frage, ob das Ver¬

hältnis der Bewohner von Kapilavastu zu den Bewohnern der

Landplätze, der Äbhyantara zu den Bähya, dem zwischen

Spartiaten und Periöken entspricht. Damit hängt die Frage

der Männerbünde zusammen, die bestimmte Jahresklassen

zusammengefaßt haben müssen. Für die Absonderung der

Jugend und ihre Einreihung in eine Agoge dagegen lassen

1) (LÜvus Vgl. U. Kahbstedt, Gr. Staatsrecht I, 1922, S. 205fT.

Herodot nennt dieselben äq^ovrig II 46. VI 106, dazu Xen. HeU.

L6, 8.

2) Diodor (Megasthenes) II 40 kutcc tö viov hog i«l ri)v ficyalijc tvvodov.

3) Über avußovXoi bei den Spartanern, Kahbstedt a. a. O. S. 200.

Vgl. ZDMG 1935 S. 47f. Dazu Jdbtin über die Parther XLI, II 2:

proximus maiestati regum probulorum ordo est; ex hoc duces in hello

ex hoc in pace rectores habent.

(18)

B. Breloeb, Die Säkya 285

sich Anhaltspunkte aufbringen. Als nämlich Virüdhaka bei

Erreichung der Volljährigkeit in der Versammlung der Säkya

auftritt, ist die Jugend, die dem Großjährigen ihre Hoch¬

achtung zu erweisen gehabt hätte, aufs Land geschickt wor¬

den. Diese Abwesenheit erregt also keinen Anstoß*). Die

völlige Überantwortung der ,, Schüler" an den ,, Lehrer" ist

sogar für den Aufbau der brahmanischen Gesellschaft typisch

geworden ; die Eltern haben keinerlei Rechte an dem Knaben,

wenn er in die Lehre gegeben ist. Einzelheiten sind noch

nicht genügend durchforscht, aber der naiöovofiog gehört

wohl auch zum Bestand der Gesellschaft der Säkya. Eine

Abteilung in Jahresklassen hängt damit notwendig zusammen,

das gehört zu den Voraussetzungen des Unterrichts.

Die Versammlung der Säkya, ihre Apella, ist aus der

Literatur schon besser bekannt. Sie findet in der Halle

(samsthä-agära) (oder wohl auch in einem Park) statt und

hieß wohl samsthä. Aus dem Gulla-vagga kann man einiges

über den Verhandlungsmodus entnehmen. Ein äsana-prajnä-

paka wies die Plätze an*). Alte und Junge hatten getrennte

Sitze. Der Präsident führte den Titel Mahä-näman. Die Be¬

schlußfassung war einstimmig. Bei Widersprüchen wurde die

Behandlung einer Kommission überwiesen, deren Urteil bin¬

dend war. Vor solch einer Versammlung wurde der Heirats¬

antrag gestellt, vor ihr fand auch wohl zur Aufnahme eine

Art von Dokimasie statt, wie sie später im Orden Buddhas

üblich war, die upasampadä').

Ein direktes Zeugnis über die Gerouchia der Säkya liegt

nicht vor, aber schon Lassen*) hatte gesehen, daß im Kom¬

mentar zum Digha-Nikäya ein Kollegium von acht Famihen-

1) Vgl. Anguttara-Nikäya III p. 76, wo die Licchavi-Jugend im

Park der Jagd obliegt, sich dann aber zu Buddhas Füßen setzt.

2) Vinaya Texts CuUa-V. XII, 2, 711. Oldenberg II 305 f. Dialogues II 113.

3) Vgl. ZDMG 18 (1939) 269ff.

4) Lassen, Ind. Altertumskunde, 2. Aufl. Bd. 2 S. 80 f. Auch

R. Fick, a. O. S. 70, 96. Zuerst G. Tdrnoub in Journal of the Royal

Asiatic Society of Bengal, Bd. VII (1838) p. 993, jetzt Sumangala

Viläsini ed Stede, PTS part. II 1931 S. 519.

19*

(19)

286 B. Bkeloeb, Die Sälcya

häuptern als eine entscheidende Instanz in Strafsachen bei

den Licchavi genannt worden war, und zwar als lobenswerter

alter Zustand. Wenn jemand als Räuber angeklagt wurde,

so hatte der König die Strafe festzusetzen. Vorher hatte der

Angeklagte eine Instanzenreihe, die übrigens anwesend sein

konnte, zu durchlaufen. Vor dem König hatte der Uparäja

und vor diesem der Senapati die Möghchkeit des Freispruchs.

Vor diese drei Magistrate setzt sich nun das Kollegium der

acht Familien-Oberhäupter, eben die Gerouchia. Die eigent¬

liche Untersuchung des Falles, die Aufnahme des Tatbestan¬

des lag bei den viniscaya-mahämätra, die zweite juristische

Instanz war dann bei den vyävahärika, die dritte bei den

sütradhära. Wenn diese drei die Schuldfrage bejaht hatten,

dann kam die Klage vor den Rat und von da zu den drei

oberen Magistraten, von denen der König aus einem vor¬

liegenden Dokument (paveni-potthaka) das Strafmaß ablesen

und festsetzen mußte. Die Nachweisung der acht Stämme

bei den Säkya, die bereits besprochen ist, und die Erörterung

tiber das Herzogtum, die noch folgt, lassen erkennen, daß

auch bei den Säkya ein solcher Rat die Spitze der Magistratur

gebildet hat, der das Volk vertreten konnte, in dessen Auftrag

die juristische Untersuchung vorher durchgeführt wurde. Die

drei Spitzenbeamten haben zwar die Möglichkeit eines Aus¬

gleichs bei auftretenden Unstimmigkeiten, werden aber mit

ihrem Freilassungsrecht nicht leichtsinnig umgegangen sein.

Man kann die Abhängigkeit der drei Magistrate vom Rat

fühlen, obschon sie nicht ausgesprochen ist. Der Rat repräsen¬

tiert eben die Geschlechter und damit, infolge der Gesamt¬

konstruktion, das Volk. Er hat die Macht, jeden einzelnen

der drei Spitzenmagistrate zu isolieren.

Zur Abgrenzung des Umfangs und der Wirksamkeit des

Ephorats bei den Säkya fehlen noch die Unterlagen.

Im Inneren läßt sich der Vergleich dieser Ordnung, der

Oligarchie der acht Stämme, der Macht der Magistrate, der

Zucht der Jahresklassen der Knaben, der Sonderstellung der

Alten (sthavira), des Waffendienstes der Mannschaften, der

mutterrechtlichen Ordnung der Familien, mit der spartani-

(20)

B. Bbeloeb, Die Öäkya 287

sehen Ordnung sehr wohl aufrechterhalten. Das Verhältnis

zu den Licchavi und zu den Kosala zeigt dann andrerseits

das Bild der Kampfgemeinschaft, der Symmachie.

6. Das Herzogtum

Augenscheinlich ist das Königtum bei den Säkya nicht

besonders hervorgetreten. Neben Suddhodana, dem Vater

Buddhas, wird auch noch Bhaddaya als König genannt. Man

kann aus diesem Tatbestand keine Schlüsse ziehen. Jedoch

findet sich in dem Stammbaum Buddhas eine lange Reihe

von Doppelkönigen*).

Es mag sein, daß das Triumvirat der Licchavi, bestehend

aus Senäpati, Uparäja und Räjan mit den drei Duces der

Sambastaner bei Curtius identisch ist. Einen besseren Ein¬

blick in die Verhältnisse gibt die Entwicklung in Srävasti.

In den buddhistischen Quellen erscheint zwar der Prasenajit

als Monarch, was zweifellos aus dem Blickwinkel der spä¬

teren Entwicklung heraus gesehen ist. Damals war die Ent¬

wicklung aber noch nicht so weit fortgeschritten. Der Name

Prasenajit war eigentlich nur sein Titel, sein Name war

Agnidatta*). Neben sich hat er einen anderen Herzog (hege-

mon, senäpati), Bandhuka, der mit seinen 32 ,, Söhnen" einen

Fehde-Krieg gegen die Licchavi führt. Er hat eine Frau aus

dem Stamm der Malla von Kusinära. Diese Frau hat nun

den Wunsch, im Königsteich der Licchavi zu baden*). Es

handelt sich wohl um den Teich, dessen Wasser zur Krönung

der Licchavi benutzt wurde. Daß ihr dieser Wunsch gegen

den Widerstand der Licchavi erfüllt werden kann, zeigt schon

eine außergewöhnliche Tatkraft an. Bandhuka geht aber zu

1) Vamsatthappakäsinl II 2fl. S. 124: Roja und Vara-roja; Kalyäna

und Vara-kalyäna usw., es sind jedesmal zwei Könige; siehe Geiobb

a. a. O. Webeb a. a. O. 415 nicht vollständig.

2) Sein Vater war der Mahä-KoÄala, er hat mit einem Licchavi

namens Mahäli und einem Malla in TaxUa studiert (Digh. Comm.

I 337/38). Sein Purohita war Bävari, der Sohn des Purohita seines

Vaters (Sutt. Nip. Com. II 579fT.).

3) Bhaddasäla-Jätaka, Fadsböll IVl48f.

(21)

288 B. Bbeloeb, Die Säkya

weit, als er in Srävasti den amätya die Entscheidung in

Rechtssachen fortnimmt. Damit greift er in die Kompetenz

der Gerouchia ein, er schaltet sie aus. Dieser Senäpati Ban¬

dhuka beherrscht also die Lage, er ist mächtiger als Prase¬

najit. Er hat 32 Söhne, die wohl ausgebildet und tapfer sind.

Jeder von ihnen hat ein Gefolge von 1000 Mann. Wenn sie

mit dem Vater zum Palast ziehen, füllen sie den ganzen*) Hof.

Prasenajit läßt diesen Usurpator auf einem Kriegszuge mit¬

samt seinen 32 ,, Söhnen" umbringen. Es handelt sich wohl

bei diesen Söhnen um seinen Kampfverband, seine Sippe.

Prasenajit denkt aber nicht daran, die Macht an sich zu reißen,

er hat wohl im Auftrage des Rats gehandelt. Nach Mutter-

recht setzt er den Schwestersohn des Bandhuka als dessen

Nachfolger ein*).

Dieser neue Herzog, der neben sich den Uparäja (Kron¬

prinzen) und den König hat, macht später den Kronprinzen

zum König. Prasenajit, der wohl vergeblich bei seinen Ge¬

schlechtsgenossen, den Säkya, Zuflucht gesucht hatte, mußte

zu seinem Neffen Ajätaäatru nach Räjgir fliehen, wo er im

Elend umkam, ehe der Neffe seine Ankunft erfahren hatte.

Wieder regieren in Srävasti Räja und Senäpati nebeneinander.

Das Vorhandensein eines Doppelkönigtums, die magistra¬

tische Funktion dieses Herzogsamts und die Macht der

Gerouchia dürften erwiesen sein. Es begreift sich von hier

aus, daß Sandrokottos sein Reich nur mit Pärvata gemeinsam

regieren wollte. Das Doppelkönigtum war damals noch die

bekannte Institution. Man brauchte noch den Geschlechter¬

staat und die Symmachie').

Das Volk, also auch der Rat, braucht einen König zum

Opfer. Die buddhistische Tradition erzählt von einem großen

1) a. a. O. p. 150: pitarä saddhirn rä/anivesanam gacchantehi teh' eva räjanganani paripüri. In der Erzälilung erhält er die Rechtspflege von Prasenajit und wird dann verleumdet.

2) Nachfolge des Schwestersohnes statt des eigenen auch Jacobi,

Erz. Udayana.

3) Das Artha-Sästra des Kautalya zeigt das Vordringen u ;r neuen

Monarchie, aber auch die Stärke der bestehenden Organe. Darüber wird

an anderer Stelle zu handeln sein.

(22)

B. Breloeb, Die Säkya 289

Opfer, zu dem Buddha*) geladen war, aber wegen der Ver¬

abscheuung der Blutopfer nicht erschien, obwohl er nach den

Quellen Prasenajit sehr zugetan war. Die mit Dingen des

Kultus zusammenhängenden Fragen verdienen besondere

Aufmerksamkeit wegen der Stellung und der Zugehörigkeit

der Brahmanen. Die einzelnen Klassen der Feuerpriester, der

Exorzisten, der Wahrsager*), Ärzte und Sternendeuter dürf¬

ten ebenso Organe der Geschlechter, also des Rates gewesen

sein wie das Herzogsamt selbst. Später sind sie in die Ab¬

hängigkeit des Königs geraten, nachdem dieser wohl mit

Erfolg die Ausschaltung der Geschlechter-Brahraanen durch

eigene, ihm ergebene Priester versucht hatte. Letztere dürften

die Emanzipation des Königtums erleichtert haben. Ajäta-

äatru von Räjgir schickt schon einen „Regenmacher", für

einen indischen König wohl die wichtigste Person, mit einem

anderen Beamten zum Ausbau der neuen Festung Pätaliputra

aus. Auch andere Fragen der Organisation, wie die Geschichte

der Verpflegungsportionen des Königs, des xQEoöahr]^') der

Manteis und der Gesandten können schon jetzt vorteilhaft

im Zusammenhang mit der Geschichte der spartanischen

Institutionen behandelt werden. Manche andere, wie die Stel¬

lung der Frauen, Fragen des Erziehungswesens, bedürfen

noch auf beiden Seiten der Aufhellung.

7. Probleme

Ein Punkt mag ganz besonderer Beachtung empfohlen

werden. Wie in Sparta, so liegt auch in der damaligen olig-

archischen Gesellschaft eine starke Anhängigkeit von den

bestehenden Gesetzen klar zutage. Der König der Licchavi

hatte das Strafmaß beim Strafprozeß aus niedergelegten Ta¬

bellen abzulesen. Wenn dieser Zug schon dort auftritt, wird

1) Sainyutta Nikäya I 76, es wurden 500 Ochsen, 500 Kälber,

500 Ziegen usw. geschlachtet.

2) Jätaka I 277, ein Brahmane konnte durch den Geruch wahr¬

nehmen, ob ein Schwert Glück brachte.

3) Der Ksattr, auch abhikfattr, in Übers. Kämmbbek, g^t bezeugt, aber kaum beachtet.

(23)

290 B. Bbeloer, Die Säkya

er sich sicher erst voll in Staatsfragen auswirken. Hier konnte

nur die Erforschung des Götterwillens lösend wirken. Es wird

keine Phrase sein, wenn die Maller bei ihrer Unterwerfung

Alexander erklären, sie folgten dem Willen der Götter*). Die

Gemeinde hat den Willen der Götter erforschen lassen. Es

liegt ein Orakelspruch vor. Ähnlich wird auch die Stellung¬

nahme des Vaters des Taxiles zu Alexander mit dem Spruch

eines Weisen begründet.

Diese Anschauung verlangt die Einrichtung des Nomo¬

theten, von der auch Megasthenes spricht. Er sagt: „Von den

fremdartigen gesetzlichen Einrichtungen muß man für sehr

bewundernswert {^avfiacricbrarov) das halten, was von ihren

alten Weisen (vnd rcöv ägxauov nag' avroii; <pik>a6<pa)v) gelehrt

worden ist. Es ist nämlich ,, durch (unabänderliches) Gesetz

festgelegt, daß niemand Sklave sein soll*)." Der Ausdruck

vsvopo^hrjxai führt in eine Auffassung zurück, die in Griechen¬

land einen bestimmten Sinn hat. Ein neues Gesetz bedarf

eines Nomotheten. In Sparta steht der Nomothet zwischen

Krone und Magistratur, gehört keiner an, ist aber für beide

von großer Bedeutung. Hier öffnet sich das Gebiet einer den

Göttern zugewandten Persönlichkeit, die in schwierigen

Fällen, besonders bei Differenzen zwischen den Magistraten,

eine orakelhafte Entscheidung fällen konnte. Hier wehte

etwas freiere Luft, die das Aufkommen neuer Anschauungen

begünstigte. In diesen Bereich fügt sich Buddha als Glied

der damaligen Gesellschaft ein. Von adliger Geburt und Er¬

ziehung'), aber losgelöst von Familie und Sippe, ist er ge-

1) CüBTTns IX 7,13: deos sibi deditionis auctores non metum. Es

sei hier bemerkt, daß die farbenprächtige Schilderung des Aufzuges

der 150 Gesandten sich liest wie der Anmarsch der Licchavi Mahä-

parinibbäna-S. (DighaN II 96, AnguttaraN. III 239). Das Bild ist echt.

2) Altind. Privatrecht 1927, S. 12 ff. (Diodor II 39).

3) Es kann kein Zweifel bestehen, daß er der herrschenden Aristo¬

kratie angehört, die untereinander über die engen Grenzen hinaus ver¬

schwägert, sich bis in das östliche Gebiet die beherrschenden Positionen gesichert hat. In diesen östlichen Provinzen entfaltete sie jene aus¬

geprägte Kultur, die sich immer in den Grenzmarken bei starker Kon¬

zentration der geistigen und physischen Kräfte entwickelt hat. Sie

(24)

B. B5BLOBR, Die Säkya 291

radezu das Vorbild eines Nomotheten, wenn man schon

dieses Bild benutzen will. Die Tradition hat auch solche

Sprüche nicht ganz unterdrückt, die keinerlei religiösen In¬

halt haben, sondern Fragen der nüchternen und profanen

Staatsräson behandeln. Zu bemerken ist an solchen Sprüchen

auch die besondere orakelhafte Fassung, die nicht ja oder

nein sagt, sondern mehr eine spruchhafte Wendung bevor¬

zugt. Buddha sagt nicht, Prasenajit solle Königin und Kron¬

prinz wieder in ihre Rechte einsetzen, sondern, die väterliche

Abstammung sei entscheidend*). Er sagt nicht, Ajätaöatru

solle mit dem Krieg gegen die Vrjji warten, sondern, daß die

Vrjji stark seien, solange sie einig wären. Dieses Vermeiden

einer unmittelbaren Entscheidung ist nicht Vermeiden von

Klarheit, die in jedem einzelnen Falle gegeben ist, sondern

entspricht der Form, die einen allgemein geltenden — aprio¬

rischen — Spruch fällt, der dem Fragesteller die konkrete

Entscheidung in den Mund legt, sie ihm aber nicht vorweg¬

nimmt. Er kann sich auch noch einen anderen Spruch ein¬

holen und dann prüfen, auf welcher Basis er seine Entschei¬

dung treffen will.

Wenn der erwähnte Herzog Bandhuka tatsächlich einen

Vorstoß in der Richtung auf die Monarchie durchgeführt hat,

so war ihm der Rat und der Kronprinz hinderhch. Der Vor¬

wurf der illegitimen Geburt trifft dann die Stellung des Prase¬

najit in der Wurzel und damit auch den Rat, der seine letzte

Stütze verliert. Buddhas Spruch könnte dann auch vom Rat

eingeholt worden sein und hat jedenfalls die Position des

Prasenajit so gefestigt, daß er seinen Gegner vernichten

konnte.

Wie ist nun Buddha an den Hof von Srävasti gekommen ?

Die Säkya haben anscheinend wie die Kosala und die Be¬

wohner von Räjgir den Licchavi von Vaiääli Gefolgschaft ge¬

leistet. Die Tradition der Jaina berichtet, daß neun Licchavi-

Könige von Käsi und neun Mallaki-Könige von Kosala eine

bringt die zentralen Kräfte vielleicht freier zum Ausdruck, da sie sich ungehindert auswirken kann. Es ist aber keineswegs eine Mischkultur.

1) Vgl. oben S. 278 Anm. 6.

(25)

292 B. Breloer, Die Säkya

Föderation von 18 Königen bildete, die König Cetaka von

Vaiäali zusammenrief, um über eine Forderung des Ajäta-

satru zu entscheiden*). Es scheint nun nicht so, als wenn

Prasenajit je die Licchavi bekämpft habe, deren Macht bis

an den Ganges ging, sondern eher im Bund mit ihnen gegen

Ajätaäatru gerichtet war, gegen den er drei Kriege führte,

von denen der letzte siegreich war. Im Zuge dieser Entwick¬

lung muß auch Buddha von Räjgir nach Srävasti gekommen

sein. Nach dem Tode des Prasenajit ist er anscheinend frei,

er kehrt jedenfalls nach Räjgir zurück.

Schluß

Die Verhältnisse des 6. Jahrhunderts erfahren durch den

Vergleich mit spartanischen Einrichtungen eine Aufhellung.

Die von Megasthenes dargestellte Entwicklung vom heroi¬

schen zum magistratischen Königtum hat zweifellos das Rich¬

tige gesehen. Das Problem, an dem diese Geschlechterstaaten

fast zur selben Zeit zu kranken beginnen, hat weniger mit

der Politik als mit der militärischen Entwicklung zu tun.

Zersplitterung und Uneinigkeit dieser Stammesstaaten sind

weniger die Ursache, als ein Symptom des Verfalls, der nicht

aufzuhalten war. Alle diese Völker sind mit dem Streitwagen

des adligen Kämpfers groß geworden. Sie beherrschen den

agonalen Kampf, dessen Zeit in der Mitte des ersten Jahr¬

tausends abgelaufen ist. Die Spartaner haben die Zeichen der

Zeit frühzeitig erkannt und mit der ihnen eigenen Härte die

Technik und die Disziplin der Phalanx ausgebildet. Sie haben

dadurch ihr System noch Jahrhunderte aufrechterhalten

können. In Indien entdeckte der Wagenkämpfer zwar den

militärischen Wert des Elefanten. Die Stoßkraft der leichten

Kavallerie lernte er von den Steppenvölkern Asiens. Jedoch

blieben Elefanten eine Kostbarkeit, die nur Könige zu pflegen

verstanden. Die Pferde waren zu Megasthenes Zeiten noch

so rar, daß man auf dem Marsch Ochsen vor die Kriegswagen

1) Jacobi, SBB XXII S. XII NirayävaU Sütra, ed. Warren S. 27,

aucli Kalpa Sütra a. a. O. 266.

(26)

B. Bbblobb, Die Säkya 293

spannte, um das Pferdematerial zu schonen*). Privatbesitz

an Pferden und Elefanten, also Entziehung aus dem Kriegs¬

dienst*), war untersagt. Zu Buddhas Zeit stand der Kampf¬

wagen noch in Blüte, beim Einfall Alexanders war seine Zeit

abgelaufen und mit ihm die Zeit des agonalen Kampfes, die

Zeit der Adelskampfverbände, der Symmachien. Der Elefant

war nicht geeignet, die Lücke auszufüllen. Gerade er hat die

Zusammenziehung der militärischen Kräfte beschleunigt,

denn die Verwaltung und Beschaffung des Elefanten- und

Pferdematerials, die Beschaffung und Bereithaltung des

Kriegsmaterials in großen Arsenalen und die Ausbildung von

Truppen, die Megasthenes beschreibt, erfordert eine gro߬

artige Zusammenfassung der Kräfte, befördert die Bildung

des indischen Kaisertums. In dieser weltgeschichtlichen Ent¬

wicklung spielt die Geschichte der ritterlichen Säkya eine

bescheidene, aber nicht bedeutungslose Rolle*).

1) Strabo XV 1, 52 p. 708/9.

2) Strabo XV 1, 41 p. 704.

3) Da der Raum den Zusatz gestattet, weise ich darauf hin, daß die

Tabelle auf S. 273 aussagt, daß Mäyä zum Stamm Devahrada gehört

und der Sitte nach in ihrem Elternhause verblieben sein dürfte. Der

Lumbini-Hain, wahrscheinlich ein Heiligtum, ist also nicht bei Kapila¬

vastu, sondern bei Devahrada zu suchen.

Suddhodana ist in Kapilavastu geboren und hat dann regelrecht zu

seinem mütterlichen Onkel nach Devahrada hinübergewechselt, sein

Vetter Suprabuddha ist dagegen nach Kapilavastu zu S.'s Vater

Siinhahanu gezogen. Eine solche Erklärung der von Onesikritos ange¬

gebenen Sitte des Ausdingens der Söhne erscheint mir plausibel und

durch die Rassenkunde auch anderswo bestätigt. Vielleicht gehört

auch der ter venditus Alius der zwölf Tafeln in eine ähnliche Einrich¬

tung hinein. (Vgl. Altindisches Privatrecht S. 64 f.)

Nun hat Suddhodana auch die jüngere Schwester der Mäyä zur

Frau gehabt, was in ältere Zeiten hineinweist. Svetaketu (Mahäbhärata I 122,4 ff.) soll solche Sitten beseitigt haben. Die nördliche Version gibt nun für diese später anstößige, aber um so sicherer überlieferte

Form eine Erklärung (Dülva III f. 449; Rockmll S. 15). Sein Vater

Siinhahanu war König in Kapilavastu, als das Land von Gebirgs¬

stämmen der Pändava heimgesucht wurde. Das Volk bittet den König,

seinen Sohn gegen die Feinde auszuschicken. Nach unserer Tabelle

hätte Suprabuddha diese Stelle einnehmen müssen. Dieser kann aber

durch andere Aufgaben abgehalten worden sein. Vielleicht haben die

(27)

294 B. Bbeloeb, Die Säkya

Vettern infolge der Ereignisse wechseln müssen. Jedenfalls stellt Sud¬

dhodana einen Antrag in der Apella, seinem Sohn die Heirat mit der

Schwägerin zu erlauben. Er wird dann später König; der Antrag mag

also ihre Weihe als Königin bezweckt haben.

Heirats-Privileg und Ernennung zum Senäpati oder eher schon

zum Uparäja (Kronprinz) beides hängt offenbar mit einer außergewöhn¬

lichen Umsiedlung von Devahrada nach Kapilavastu zusammen. Ge¬

schichtlich mag auch die Übersiedlung der zweiten Frau nach Kapila¬

vastu sein. Dagegen ist wohl doch die Mutter Buddha's in Devahrada geblieben. Buddha müßte vor der Umsiedlung geboren sein. Vielleicht

ist die Geschichte nur erfunden, um eine Doppelehe als Privileg zu

erklären.

(28)

Bücherbesprechungen

Adolf Grohmann, Arabic Papyri in the Egyptian Library.

Volume II, Legal Texts. With twenty-four plates. Cairo,

Egyptian Library Press 1936. 4°. VIII u. 259 S. — Vo¬

lume III, Administrative Texts with a contribution by

Carl Schmidt, D. D. With twenty-four plates. Ebd. 4°.

IX u. 233 S.

Der erste Band dieses groß angelegten Werkes wurde von

mir in dieser Zeitschrift, N. F., Band 14, S. 401 ff., besprochen.

Was dort über die Aufgaben und die Schwierigkeiten der

arabischen Papyruskunde sowie über die sachkundige Art, in

der A. Grohmann sie gelöst hat, gesagt wurde, gilt auch von

diesen beiden Bänden. Es werden noch weitere Bände folgen;

wenn das ganze Werk einmal vollendet ist, so wird es ein

bedeutsamer Markstein sein für die Kunde von der Entwick¬

lung der arabischen Schrift und von dem Leben und der Ge¬

schichte des mittelalterlichen Ägypten.

Band 2 bringt, wie der Titel besagt, Rechtsurkunden, das

sind vor allem Verträge mannigfacher Art. Der Verf. teilt sie

ein in: Contracts of Sale; Leases; Hire of Employees; Written

Obligations; Order for Payment and Receipts of Varied

Content; Deeds of Gift (sadaqdt); Miscellaneous Fragments;

Signatures of Witnesses; Certificate of Discharge; Supple¬

ment. Das Supplement enthält drei Urkunden: 1. Erbteilung;

2. Ehevertrag über Gleichstellung der Gatten und Morgen¬

gabe; 3. Landverpachtung.

Ein paar Bemerkungen zu diesen Texten seien hier mit¬

geteilt. S. 9 (u. S. 160): Der Name <^ wird hier wohl, wie

der Verf. annimmt, derselbe wie Zipia sein ; man könnte aber

auch an den arab. Frauennamen Sumaiya denken, der aus

alter und aus neuer Zeit bekannt ist; vgl. I. Dorkid 186, i;

2 0

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