Mulmniedermoor
Steckbriefe Brandenburger Böden
11.2
Boden und Umweltgeologie
Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz
2 Steckbriefe Brandenburger Böden Moorstandorte im Land Brandenburg
1. Allgemeines und Geschichte 2. Entstehung und Verbreitung
Bodenentwicklung auf Niedermoor im Zuge zunehmender Nutzungsintensivierung. Der Moorschwund kann mehrere Meter betragen, nach SUCCOW & JOOSTEN, 2001. (Grafik)
Abgeerntetes Maisfeld mit tiefen Fahrspuren. Durch Ackernutzung werden Moorböden stark beeinträchtigt. (Bild links unten) Anhand von Maulwurfshügeln lässt sich erkennen, ob der Oberbo- den vererdet oder vermulmt ist. (Bild links mitte)
Das Mulmniedermoor ist der Bodentyp eines stark entwässerten und somit degradierten Moores. Der ehemals vererdete, krümelige Oberboden eines Erd- niedermoores hat sich zu einem stark veränderten Horizont mit grusigem, feinkörnigem Gefüge ent- wickelt. Aggregierungs- und Schrumpfungshorizonte haben in ihrer Ausprägung und Mächtigkeit zugenom- men. Nicht nur die flach- und mittelgründigen Moore weisen Degradierungserscheinungen auf, sondern auch tiefgründige Standorte. Dazu zählen grundwas- sergespeiste Durchströmungsmoore (Randow-Welse- Bruch), Verlandungsmoore (Uckerwiesen, Sernitz- Niederung) und Überflutungsmoore (Finower Polder, Gartzer Bruch). Ihre Mächtigkeit ist überwiegend grö- ßer als 30 dm und kann bis zu 100 dm betragen.
In den 60er Jahren waren auch viele Studenten bei komplexen Meliorationsarbeiten im Havelländischen Luch im Einsatz.
wachsendes Moor unentwässert
0 2 4 6 8 10 0 2 4 6 8 0
2 4 6 8 10
H HvH Hv
(Ht) H
Hv (Ha) Ht H
Hm Ha Ht H
Hm
Ha
Ht
H
Pflug- horizont
Tiefe in Tiefe in dm
dm
neu alt schwach
entwässertes Moor mäßig
entwässertes Moor stark
entwässertes Moor stark
degradiertes Moor
1
1 2 2 3 3 4 4
unvererdet beginnende
schwache Vererdung mäßige
Vererdung starke
Vererdung beginnende
Vermulmung ausgeprägte Vermulmung Boden-
entwicklg.:
Boden- typ:
Moorschwund
(Norm-)Niedermoor (Erd-)Niedermoor (Mulm-)Niedermoor
schwach degradiertes Moor
5
5 6 6
MLUV & NaturSchutzFonds
Quelle: Bodenübersichtskarte des Landes Brandenburg, M ca.1:2,5 Mio.
Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe Brandenburg (LBGR)
c
3. Standort und Profil
Steckbriefe Brandenburger Böden 3
Lage: ...Gartzer Bruch, LK Uckermark , 0,11 m ü. NN Relief: ...eben Mittlere Niederschlagshöhe: ...593 mm/a Mittlere Jahrestemperatur: ...7,9 °C Nutzung: ...Mähwiese Vegetation: ...Großseggenried Bodenklasse: ...Erd- und Mulmmoore
Bereich in cm
vermulmter Torfhorizont
nicht bestimmbare Torfzusammensetzung Horizont
Substrat
Horizontbeschreibung
Sernitzniederung bei Angermünde. (Bild links unten)
Horizont TRD g/cm³
Humus
pHCaCl2 CaCO3
nHcm nHa nHca nHct nHcw1
0,56 21,5 25,9 7,40
0,50 0,28 0,16 0,17
40,6 40,5 57,7 42,5
<0,01 37,9 14,7 28,9
14,52 8,30 15,82 14,34
% 7,6
7,2 7,3 7,0 7,4
%
C/N 0-18
nHcm
stark aggregierter Torfhorizont, nicht bestimmbare Torfzusammensetzung schwach aggregierter Seggentorf, mit geringem Anteil an Schilftorf
Seggentorf mit geringem Schilfanteil, mittel bis stark zersetzt
Seggentorf mit mittlerem Anteil an Erlenbruchtorf, Zersetzungsgrad stark
Seggentorf mit mittlerem Schilftorfanteil, starker bis sehr starker Zersetzungsgrad
Auenschluff mit Seggen-, Schilf- und Erlenholzresten
Erlenbruchtorf mit mittlerem Anteil an Großseggentorf, Zersetzungsgrad stark bis sehr stark
18-25 nHa
25-40 nHca
40-60
nHct Torfschrumpfungshorizont, mittlere bis starke Zersetzung, Seggentorf mit hohem Anteil an Schilftorf
60-90 nHcw1
90-150 nHcw2
150-200 nHcw3
200-225
Ghr1 sehr humoser Auenschluff mit Holzresten
225-245 nHcr1
245-250
Ghr2 Auenschluff mit Seggenresten
250-280 Ghr3
280-305 nHcr2
Seggentorf mit mittlerem Schilftorfanteil, Zersetzung mittel bis stark
usw.
Bodensystematische Einheit: ...Mulmkalkniedermoor (KMc) Substratsystematische Einheit: ...carbonathaltiger Niedermoortorf Bodenform: ...KMc: og-eHn(Ha)\og-eHn(Hncp) Moormächtigkeit: ...4,8 dm Grundwasser: ...nah
MLUV & NaturSchutzFonds
Der vermulmte Oberboden von Mulmniedermoor zeichnet sich durch einen hohen Benetzungswider- stand aus, so dass Niederschläge nur erschwert ein- dringen können. Auch die Wassernachlieferung aus dem Untergrund (kapillares Wasser) wird durch Aggre- gierungs- und Schrumpfungshorizonte stark behindert.
Dabei wirken die Schrumpfungsrisse wie Drainagen und führen Niederschläge ohne große Befeuchtung in den Untergrund ab. Der Oberboden hat sein hohes Porenvolumen und die Fähigkeit zur Porenvolumen- vergrößerung verloren. Das speicherbare und pflan- zenverfügbare Bodenwasser (nFK) ist gering. Eine Austrocknung im Sommer ist daher nicht selten. Sie kann zur Auflichtung der Grünlandbestände und zu Trockenschäden führen. Im Zuge der Degradierung (vgl. Grafik) nimmt die Oberbodenverdichtung zu, die im Frühjahr und Herbst Staunässe verursacht. Durch intensive Mineralisierung ist der Gehalt an organischer Bodensubstanz im nHcm-Horizont deutlich geringer als im nHa-Horizont. Es handelt sich um einen eutro- phen bis polytrophen, sehr kalkreichen Standort. Es sei darauf hingewiesen, dass nicht jedes Niedermoor kalk- haltig ist.
Kalkmoore mit carbonatischen Mudden im Untergrund und CaCO -reichen Torfen sind für die Archivfunktion 3
der Moore bezüglich der Landschaftsgenese von Be- deutung. Sie stellen spezifische, über längere Zeit- räume des Spätglazials und Holozäns wirksame Stoff- senken dar, in denen mit der Verwitterung der kalk- reichen Glazialsedimente CaCO ausgewaschen und 3
abgelagert wurde. Wiesenkalk wurde bereits im 13.
und 14. Jh. zur Herstellung von Branntkalk für Feld- und Backsteinmauerwerk abgebaut. Örtlich wird er bis heute als Düngemittel (Kalkung) abgebaut.
4 Steckbriefe Brandenburger Böden
4. Eigenschaften und Funktion
Die nach schwacher Entwässerung oft beobachtete Verbesserung der Nutzungseigenschaften von Nieder- mooren zerstört bei dauerhaft tiefer Entwässerung den Torfkörper durch Mineralisierung (sogenannte “Verat- mung”). Mit fortschreitender Tiefenentwicklung verlie- ren Niedermoorböden ihr hohes biotisches Ertragspo- tenzial sowie ihre Funktion als Regulator und Speicher im Stoff- und Wasserhaushalt. Höchste Mineralisie- rungsraten werden bei Entwässerungstiefen von 8 bis 9 dm erreicht. Ausgetrocknete, vermulmte Oberböden sind unter Ackernutzung in hohem Maße windero- sionsgefährdet. So wird in der Literatur von „Schwar- zen Wolken“ (vermulmter Oberboden), die aus dem Moor kommen, berichtet. Außerdem geht mit jedem veratmeten Zentimeter Torf ein Stück Natur- und Kul- turgeschichte verloren (s. Steckbrief 10.1 “Übergangs- moor” ). Für den Moorerhalt ist ein Wasserstand von 2 bis 4 dm unter GOF erforderlich.
5. Gefährdung und Schutz
Herausgeber: Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg (MLUV),
Presse/Öffentlichkeitsarbeit und Stiftung NaturSchutzFonds Brandenburg Redaktion: Referat Boden und Umweltgeologie
Fachbeiträge: Fachhochschule Eberswalde, Fachbereich Landschaftsnutzung und Naturschutz, Beate Gall, Rolf Schmidt;
Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe Brandenburg (LBGR), Albrecht Bauriegel
Fotos: Titelseite - Feuchte Hochstaudenflur bei Peetzig, Oliver Brauner 2. Seite - links oben Herbert Dörries LHA, links mitte und unten Vera Luthardt, Grafik WATZKE-DESIGN
3. Seite - links unten Oliver Brauner, Profilfoto Ute Fischer-Zujkov 4. Seite - beide Vera Luthardt
Gestaltung: WATZKE-DESIGN, Michendorf
Potsdam, September 2003, 2. erweiterte Auflage November 2005
© MLUV Brandenburg und NaturSchutzFonds Brandenburg
Die Verwendung des Steckbriefs zu gewerblichen Zwecken, auch in Aus- zügen, bedarf der Genehmigung der Herausgeber.
Impressum:
Humuserosion “Schwarze Wolken”: Die dunkle Ablagerung am Straßenrand ist der vom Wind abgetragene pulvrig-vermulmte Oberboden. (Bild rechts)
Bei stark degradierten Moorstandorten ist wegen ge- störter Wasserleitfähigkeit eine Vernässung nicht im- mer erfolgbringend und hängt ganz entscheidend von der Lage im Gelände, von Mächtigkeit und Durchläs- sigkeit des torfigen Untergrundes ab. Kann der Was- serstand auf einer Fläche nicht über 4 dm unter Flur angehoben werden, sollte er zwischen 4 bis 7 dm und nicht tiefer als 7 dm liegen, um die Mineralisierungsrate so niedrig wie möglich zu halten. Moorgrünland sollte nicht in Ackerland umgewandelt werden. Auf regene- rierungsfähigen Moorstandorten sollte die Ackernut- zung aufgegeben werden.
Staunässe tritt auf degradierten Moorstandorten häufig infolge von Oberbodenverdichtung auf. (Bild links)
MLUV & NaturSchutzFonds