• Keine Ergebnisse gefunden

Abgasreinigung hinter Klärschlammverbrennungsanlagen – was wird funktionieren und was funktioniert nicht –

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2021

Aktie "Abgasreinigung hinter Klärschlammverbrennungsanlagen – was wird funktionieren und was funktioniert nicht –"

Copied!
17
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

schlammbehandlung

Abgasreinigung hinter Klärschlammverbrennungsanlagen

– was wird funktionieren und was funktioniert nicht –

Rudi Karpf und Andreas Wiedl

1. Verfahrensübersicht ausgeführter Abgasreinigungsanlagen ...734

2. Besonderheiten und Merkmale der eingesetzten Abgasreinigungsverfahren ...738

2.1. Quecksilberabscheidung in Nass-Wäschern ...738

2.2. Voraussetzungen für den Einsatz der konditionierten Trockensorption ...741

2.3. Quecksilberabscheidung in Trockensorptionsanlagen ...741

2.4. Einsatz des Trocken-Additiv-Verfahrens (TAV) ...743

3. Geeignete Abgasreinigungsverfahren ...745

4. Zusammenfassung ...747

5. Literatur ...747

Der Deutsche Bundestag hat am 29. Juni 2017 die Verordnung zur Neuordnung der Klärschlammverwertung beschlossen. Diesem Beschluss und somit der Novellierung der Klärschlammverordnung gehen mehr als zehn Jahre Diskussion voraus, insbeson- dere mit der Landwirtschaft.

Mit der Neufassung möchte der Gesetzgeber aus Vorsorgegründen die bodenbezoge- ne Verwertung bei größeren Kläranlagen (> 50.000 EW) verbieten und die Betreiber dieser Kläranlagen nach gestaffelten Übergangsfristen von zwölf bzw. fünfzehn Jahren zur Rückgewinnung des Phosphors aus Klärschlämmen und Klärschlammaschen verpflichten. Für Kläranlagen < 50.000 EW bleibt weiterhin die Möglichkeit der bo- denbezogenen Klärschlammverwertung bestehen. [1]

Die in Deutschland im Jahr 2015 angefallenen Klärschlämme wurden zu etwa einem Drittel in die landwirtschaftliche Verwertung bzw. Landschaftsbau gegeben und zwei Drittel (etwa 1,15 Millionen Tonnen) gingen in die thermische Behandlung.

Die thermische Behandlung bedeutet die Verbrennung in so genannten Mono-Klär- schlammverbrennungsanlagen oder Mitverbrennung in fossilbefeuerten Kraftwerken, Zementwerken und Abfallverbrennungsanlagen. Der überwiegende Teil des thermisch behandelten Klärschlamms ging zur Mitverbrennung in Braunkohlekraftwerke.

(2)

schlammbehandlung

Mit der novellierten Klärschlammverordnung wird die bodenbezogene Verwertung für größere Kläranlagen, bei einem gleichzeitigen Gebot der Phosphor-Rückgewinnung1, verboten. Das bedeutet, dass in Zukunft der überwiegende Anteil des anfallenden Klärschlamms in die thermische Verwertung gehen muss. Da bei der Mitverbren- nung die Rückgewinnung von Phosphor aus der Asche, aufgrund des dann geringen Anteils, nicht wirtschaftlich ist, ist die thermische Verwertung bevorzugt in Mono- Klärschlammverbrennungsanlagen vorzunehmen.

Die Verbrennungskapazität der derzeit existierenden Mono-Klärschlammverbren- nungsanlagen (M-KSV) reicht nicht aus, um die Mengen aus der Mitverbrennung thermisch zu behandeln. Aus diesem Grund wird innerhalb der in der Novelle festge- schriebenen Übergangsfrist ein Zubau von Mono-Klärschlammverbrennungsanlagen erforderlich sein. Die Emissionsanforderungen an den Betrieb der M-KSV unterliegen der 17. BImSchV (Verordnung zur Verbrennung und Mitverbrennung von Abfällen) und somit schärferen Grenzwerten gegenüber der 13. BImSchV (Verordnung für Großkraftwerke). Basierend auf den Erfahrungen mit den Abgasreinigungsanlagen der heutigen M-KSV sowie den Abfallverbrennungsanlagen wird im Folgenden auf- gezeigt, welche Verfahren grundsätzlich geeignet sind und welche nicht bzw. die dafür erforderlichen Randbedingungen beschrieben.

1. Verfahrensübersicht ausgeführter Abgasreinigungsanlagen

Im Folgenden soll anhand von Beispielen ein Überblick zu den ausgeführten Abgas- reinigungsanlagen gegeben werden.

Der in der thermischen Verwertung eingesetzte Klärschlamm ist i.d.R. vorentwässert bzw. vorgetrocknet und aufgrund seiner sonstigen Beschaffenheit sehr gut zur Verbren- nung in der Wirbelschicht geeignet. Die Anforderungen, die nach der Verbrennung an die Abgasreinigung gestellt werden, sind in erster Linie:

• Entstaubung,

• Entschwefelung (Sauergas-Abscheidung),

• Entquickung (Hg-Abscheidung),

• Schwermetall- und Dioxin/Furan-Abscheidung,

• Entstickung (NOx-Abscheidung).

Der typische Aufbau einer Klärschlammverbrennungsanlage inklusive Abgasreini- gungsanlage ist in Bild 1 gezeigt.

Direkt nach Kessel erfolgt die Entstaubung mit Hilfe eines Elektrofilters. Anschließend gelangt das Abgas in ein zweistufiges Nass-Waschsystem zur Abscheidung der sauren Schadgasbestandteile und Quecksilber. Da die Abgaszusammensetzung mit der hinter kohlebefeuerten Kesseln vergleichbar ist, besteht die primäre Aufgabe dieser Stufe in der SO2-Abscheidung. Die erste saure Stufe dient der HCl- und Hg-Abscheidung.

Aufgrund des geringen Anteils an Chlor (Cl) im Klärschlamm liegt das Quecksilber

1 Die Phosphor-Rückgewinnung kann sowohl in der Schlammphase als auch nach der thermischen Behandlung in der festen/trockenen Phase aus den Verbrennungsaschen erfolgen.

(3)

schlammbehandlung

zum überwiegenden Anteil als metallisches Quecksilber (Hg0) im Abgas vor. Damit das Hg0 in der Waschstufe abgeschieden werden kann, ist das Quecksilber in ionisches Quecksilber zu überführen. Hierfür benötigt das Quecksilber entsprechende Liganden (Reaktionspartner), die üblicherweise durch die auch im Abgas enthaltenen Halogene gestellt werden. Da diese jedoch im Abgas von Klärschlammverbrennungsanlagen nur im geringen Umfang vorliegen, ist die sichere Abscheidung von Quecksilber in der nassen Reinigungsstufe allein nicht möglich (siehe hierzu auch Kapitel 2).

Dünnschlamm aus der Anlage Buchenhofen

Speisewasser- behälter

Zentrifuge

Turbine Trockner

Fremdschlamm- annahme

Klärschlamm- zwischenlager

Fremdschlamm-

trockengranulat Schalldämpfer Verbrennungs- gebläse

zur Ascheentsorgung zur Ascheentsorgung Dampftrommel

Kessel Elektrofilter

Wärmetauscher Brauch- wasser

Adsorbens saure Wasch-

kolonne

basische Wasch- kolonne zur Abwasser-

aufbereitung Gewebe-

filter

Reststoff- entsorgung Emissions-

messstation Kamin Saugzug-

gebläse Schall- dämpfer

Luft Wasser/Dampf Abgas

Bild 1: Typischer Aufbau einer Klärschlammverbrennungsanlage inklusive Abgasreinigungsanlage

Quelle: Wupperverband: Flyer, Moderne Klärschlammentsorgung; Klärschlammverbrennungsanlage Buchenhofen; Mai 2012

Aus diesem Grund besitzen heutige Mono-Klärschlammverbrennungsanlagen eine weitere Reinigungsstufe nach dem Nasswäscher. Das kann wie in Bild 1 dargestellt ein Flugstrom-Adsorber (Gewebefilter) oder ein Wanderbett- bzw. Festbett-Adsorber sein. Zur Adsorption von Quecksilber und geringen Spuren von möglichen Dioxinen/

Furanen werden hochoberflächige Adsorbentien wie A-Kohlen, Aktiv-Kokse oder Zeolithe eingesetzt.

Zur Entstickung müssen je nach Feuerungsführung (Feuerraumtemperatur) keinerlei Maßnahmen für den noch geltenden NOx-Emissionsgrenzwert von 200 mg/m³ i.N.tr.

(Tagesmittelwert für Anlagen mit einer Feuerungswärmeleistung von < 50 MW) für Bestandsanlagen oder unter Verwendung des SNCR-Verfahrens, wie in Bild 2 gezeigt, ergriffen werden.

Für Neuanlagen gilt jedoch ein NOx-Emissionswert von ≤ 100 mg/m³ i.N.tr. (als Ta- gesmittelwert), den die meisten Anlagen ohne eine sekundärseitige NOx-Minderungs- maßnahme nicht einhalten werden können.

Neben den dann zur NOx-Minderung in Frage kommenden SNCR-Verfahren wird auch bereits das katalytische SCR-Verfahren hinter Klärschlammverbrennungsanlagen eingesetzt.

(4)

schlammbehandlung )

7 bar 170 ˚C Emissionen nach LRV Staub < 10 mg/Nm3 Pb+Zn < 1 mg/Nm3 Hg < 0,1 mg/Nm3 Cd < 0,1 mg/Nm3 SO2< 50 mg/Nm3 HCl < 20 mg/Nm3 HF < 2 mg/Nm3 NOX< 80 mg/Nm3 NH3< 5 mg/Nm3 CO < 50 mg/Nm3 Dioxine < 0,1 ng/Nm3

GAA KWH Trockner 1 Trockner 2

SPW Behälter

875 kWel G

ND-Dampf (Niederdruck)

Turbine

Speise- wasser

60 bar 450 ˚C 9,7 t/h HD-Dampf (Hochdruck)

Kühlwasserkreislauf NH4OH SNCR ND- Damp

f

Brüden- kondensation Störstoff- abscheide

r GAA Kondensat- behälter

Trockner Sand

Wirbel- schicht- ofen

24.000 m3/h i.N. 850 ˚C–950 ˚C

150– 400 ˚C

Dampftrommel

Speise- wasser Abhitzekessel ND- Damp

f

ND- Damp

f Speisewasser- behälter

Elektrofilter 160– 180 ˚C

Sprüh- trockner

Reaktor

Gewebefilter

120– 140 ˚C

Saurer Wäscher Alkali- wäscher Saug- zug

75 ˚CKamin

Emissions- messungen

27.000 m3/h i.N. NaOH Reststoff 600 t/a14.000 t/aAsche P-Recycling

H2O Wäscher Deminwassertank

Verdichter

16.000 m3/h i.N. Verbrennungsluftgebläse Deminanlage Druckluft KompressorenErdgas Brauchwasser Trinkwasser DieselNotstromdieselNormalbetrieb: 0 Nm3/h

Schlammanlieferung extern

100.000 t/a= 30.000 tTS/a

Biofilter

Brüdenkondensat zum Klärwerk Wärme zur KWH Rücklauf von KWH Wärme zur GAA Rücklauf von GAA

95 ˚C 130 ˚C

4.500 kWth 1.000 kWth

ND-Dampf ND-Dampf AktivkohleCa(OH)2

KSV Zürich Verfahrenstechnisches Prozessschema Bild 2: Prozessfließbild der KSV Zürich Quelle: Decker, R.: Erfolgreiche Inbetriebnahme und erste Betriebserfahrungen der KSV Zürich; 7. VDI-Fachkonferenz Krschlammbehandlung; München, 16.–17. November 2016

(5)

schlammbehandlung

Ein Beispiel hierfür ist die Klärschlammverbrennungsanlage im Industriepark Marl.

Wirbelschichtfeuerung

Kessel

Gewebefilter DeNOX- Anlage

NH3 ReaktorSCR-

4-stufiger Abgas- wäscher

Kombi- sorbon- filter

Saugzug Kamin

Wie bereits [8] festgestellt hat, besitzen heute alle bestehenden Klärschlammverbren- nungsanlagen einen individuellen Aufbau deren Abgasreinigungsanlagen. Alle Abgas- reinigungssysteme besitzen in ihrem Aufbau ein Nass-Wäscher mit einer Ausnahme der KSV Bonn. Die KSV Bonn verwendet ein konditioniertes Trockensorptionsverfahren mit Kalkhydrat. Die Konditionierung erfolgt durch eine Wassereindüsung in einen Rückstromwirbler (Wirbelschichtreaktor), in den gleichzeitig rückgeführtes Sorbens/

Reaktionssalze und Kalkhydrat einbracht wird. Die KSV Bonn hatte von Anfang an kein Quecksilber-Emissions-Problem (Tabelle 1), da das eingesetzte konditionierte Trockensorptionsverfahren ein Simultanverfahren zur gleichzeitigen effektiven Ab- scheidung der sauren Schadgase als auch Staub und Schwermetalle darstellt.

Bild 3: Anlagenschema der Klärschlammverbrennungsanlage in Marl

Wirbelschichtfeuerung Elektrofilter

Kessel

Saugzug Kamin

Reststoff Reststoff Reststoff Gewebefilter Wirbelschicht-

reaktor

Bild 4: Anlagenschema der Klärschlammverbrennungsanlage Bonn

Quelle: Gottschalk, J.; Esser, R.: Trockene Abgasreinigungsanlage für Klärschlammverbrennungsanlagen – Grundlagen und Praxis;

7. Fachtagung Trockene Abgasreinigung; Haus der Technik; 10.–11. November 2011, Essen

Jahr 2002 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 µg/m³ i.N.tr. bei 11 Vol.-% O2 tr.

Hg min, Linie 1 0,4 < 2 < 2 < 2 < 2 0,1 2 < 0,6 Hg max, Linie 1 0,6 < 3 < 3 < 2 < 2 2 4 < 0,7 Hg min, Linie 2 < 0,1 < 2 < 2 - < 2 < 2 2 2 Hg max, Linie 2 < 0,1 < 3 < 2 - < 2 < 4 2 4

Tabelle 1:

Quecksilberemissionswerte 2002–2010 (Behördenmessung) der KSV Bonn

Quelle: Gottschalk, J.; Esser, R.: Trockene Abgasreinigungsanlage für Klärschlamm- verbrennungsanlagen – Grundlagen und Praxis; 7. Fachtagung Trockene Abgas- reinigung; Haus der Technik; 10.–11.

November 2011, Essen

(6)

schlammbehandlung

2. Besonderheiten und Merkmale

der eingesetzten Abgasreinigungsverfahren

An dieser Stelle soll nicht auf die allgemein bekannten Grundlagen der einzelnen Verfahrensstufen eingegangen werden, sondern vielmehr auf die Besonderheiten und Merkmale einzelner Abscheideprozesse im Kontext zum Einsatz hinter Klärschlamm- verbrennungsanlagen.

2.1. Quecksilberabscheidung in Nass-Wäschern

Bei Anwesenheit von Chlorwasserstoff im Abgas liegt das leicht flüchtige Quecksilber (Hg) zum größten Teil als ionisches Quecksilber in Form von Quecksilber-(II)-chlorid (HgCl2) vor. Je mehr Liganden vorliegen, desto höher kann das Quecksilber durchkom- plexieren, wie in Bild 5 gezeigt. Wegen der hervorragenden Löslichkeit der Chloro- komplexe des HgCl2 (siehe Reaktionsgleichung 4) erfolgt die Quecksilberabscheidung hauptsächlich in der sauren Wäscherstufe. Da nicht alles Quecksilberchlorid in der sauren Stufe abgeschieden wird, gelangt auch ein Teil in die basische Wäscherstufe.

Bei hohen Schwefeldioxidkonzentrationen im Rohgas (was bei Klärschlammverbren- nungsanlagen der Fall ist) kann es zu einer Reduzierung des ionischen Quecksilbers (Hg2+) zu elementarem bzw. metallischem Quecksilber (Hg0) kommen, das nicht durch die Abgaswäsche abgeschieden werden kann.

(1) (2) (3) (4) HCl (aq) + H2O H3O+(aq) + Cl-(aq)

0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1,0

4 5 6 7 8 9 10

c(Chlorid) mol/l Spezies

mol/l

Hg2+ HgCl+ HgCl2 HgCl3- HgCl42-

3 2 1 0

HF (aq) + H2O H3O+(aq) + F-(aq)

HgCl2 (g) H2O HgCl2(aq) (99 %) Hg2+(aq) + 2 Cl-(aq) (1 %) HgCl2 (aq) + 2 Cl-(aq) [HgCl3]-(aq) + Cl-(aq) [HgCl4]2-(aq)

Bild 5: Einfluss der Chlorid-Konzentration auf die Komplexbildung

Quelle: Görner, K; Hübner, K. (Hrsg.): Gasreinigung und Luftreinhaltung (VDI-Buch); 2002; Springer-Verlag, S. F–60; Berlin, Heidelberg

(7)

schlammbehandlung

In der basischen Wäscherstufe erfolgt die Absorption von Schwefeldioxid (SO2), die sich mit zunehmendem pH-Wert verbessert (Bild 6).

(5) (6) (7) (8) (9)

Das bei der Disproportionierung entstandene Hg0(g) geht in das Abgas über, so dass sich das Gleichgewicht der Reaktion 8 auf die rechte Seite verlagert.

Mit zunehmendem pH-Wert stabilisiert sich die Bildung von Sulfit-Ionen, so dass eine Reduktion des ionisches Quecksilbers zu elementarem Quecksilber nach den Reakti- onen 6 bis 8 bzw. nach der Gesamtreaktion 9 stattfinden kann (Bild 7). Hierbei erhöht sich auch die Reduktionsstärke von Sulfit aufgrund der ansteigenden Potenzialdifferenz zwischen den korrespondierenden Redoxpaaren SO32-/SO42- und Hg0/Hg2+ bzw. Hg0/ [HgCl4]2- mit zunehmendem pH-Wert (Bild 8).

SO2 (aq) + 3 H2O H3O+(aq) + HSO3-(aq) + H2O 2 H3O+(aq) + SO32-(aq) 2 HgCl2 (aq) + SO32-(aq) + 3 H2O Hg2Cl2 (aq) + SO42-(aq) + 2 H3O+(aq) + 2 Cl-(aq) Hg2Cl2 (aq) + SO32-(aq) + 3 H2O 2 Hg0(g) + SO42-(aq) + 2 H3O+(aq) + 2 Cl-(aq) Hg2Cl2(aq) Hg0(g) + HgCl2(aq) (Disproportionierung)

HgCl2(aq) + SO32-(aq) + 3 H2O Hg0(g) + SO42-(aq) + 2 H3O+(aq) + 2 Cl-(aq)

100

90

80

70

60

50

SO2-Abscheidegrad

%

6

3 4 5 7 8

pH-Wert

Bild 6:

Einfluss des pH-Wertes der Waschlösung auf den SO2-Abscheidegrad

Quelle: Fritz, W.; Kern, H.: Reinigung von Abgasen; 3. Aufl.

1992; Vogel Buchverlag, S. 122; Würzburg

(8)

schlammbehandlung

Für die Abscheidung der Quecksilbersalze aus dem Abwasser werden sehr häufig Organosulfidverbindungen eingesetzt, die mit dem Quecksilber zu schwerlöslichen Verbindungen reagieren.

Da Klärschlamm relativ wenig Chlor enthält und somit auch im Abgas nur geringe Konzentrationen an HCl vorliegen, ist eine Abscheidung von Quecksilber in der sauren Waschstufe nur durch Zugabe von HCl-Säure möglich. Das Risiko der Reduzierung von Hg2+(aq) zu Hg0(g) im SO2-Wäscher besteht jedoch weiterhin. Aus diesem Grund wurde vielen SO2-Wäschern eine Entquickungsstufe nachgeschaltet. Andere Betreiber haben durch Zugabe von z.B. bromierter A-Kohle vor E-Filter die Hg-Abscheidung sichergestellt. In Verbindung mit Nass-Wäschern sind grundsätzlich der Einsatz von Ionentauschern sowie die Zugabe von A-Kohle in die Waschsuspension in Verbindung mit Kerzenfiltern denkbar. Erfahrungen haben jedoch gezeigt, dass diese Maßnahmen i.d.R. sehr kostenintensiv sind.

2 3 4

1,0

0,8

0,6

0,4

0,2 Molenbruch

0,0 1

pH-Wert SO2‘

H2SO3

5 6 7 8 9 10

SO2‘

H2SO3 SO2-3

SO2-3

HSO-3

Bild 7:

Anteil von undissoziierter schwefeliger Säure (H2SO3 bzw.

SO2) sowie deren Ionen in Ab- hängigkeit vom pH-Wert

Quelle: Görner, K; Hübner, K. (Hrsg.):

Gasreinigung und Luftreinhaltung (VDI- Buch); 2002; Springer-Verlag, S. F–60;

Berlin, Heidelberg

1,5 1,0 0,5 0 -0,5 -1,0

V

0 2 14

-1,5

12 10 8 6

4 7

pH Δ = 0,413

Δ = 0,414 O2/H2O

SO42-/SO32-

Hg0/Hg2+ 0,852 V

Hg0/HgCl42- 0,438 V

Bild 8:

Einfluss von pH-Wert und Nor- malpotenzial auf die Redox- reaktion

Quelle: Bittig, M.: Untersuchungen zum Verhalten von Quecksilber zur Optimierung der nassen Abgaswäsche; Schlussbericht für den Zeitraum: 01.08.2006 bis 31.07.2008 zu dem aus Haushaltsmitteln des BMWi über die geförderten IGF-Forschungsvorhaben Nr. 14882 N/2; IUTA Institut für Energie- und Umwelttechnik e. V.; Oktober 2008, Duisburg

(9)

schlammbehandlung

2.2. Voraussetzungen für den Einsatz der konditionierten Trockensorption

Der Einsatz der konditionierten Trockensorption mit Kalkhydrat hinter Klärschlamm- verbrennungsanlagen ist vergleichbar mit der Abgasentschwefelung von kohlebefeu- erten Kraftwerken. Hierfür sind folgende Dinge zu beachten bzw. von entscheidender Bedeutung.

Auch bei trockener Additivzugabe ist für die Abscheidung der sauren Schadgase (HCl, SO2, HF) mit Ausnahme von SO3 die Lösungsgeschwindigkeit im wässrigen Medium entscheidend, was insbesondere für eine hohe und effiziente SO2-Abscheidung eine große Rolle spielt. Durch den stets vorhandenen Wasserdampf im Abgas bildet sich eine Hydrathülle an der Feststoffpartikel-Oberfläche, die auf Kapillar-Kondensationseffekte in den Poren zurück zu führen ist und einen positiven Einfluss auf die Reaktionskinetik hat. Bei der konditionierten Trockensorption laufen so Adsorptions- und Absorpti- onsvorgänge nebeneinander ab. Die an der Partikeloberfläche gebildete Hydratschicht begünstigt den Stoffübergang Gas-/Partikeloberfläche und die Porendiffusion, da die sauren Schadgasbestandteile im Wasser dissoziieren und Ionen bilden. Die Ionen wiederum ermöglichen im molekularen Bereich schnelle Ionenreaktionen und tragen so zu einer effektiven Einbindung der Schadgase bei. Die Ausbildung der Hydrathülle wird neben den Kapillar-Kondensationseffekten zusätzlich durch das über die Ab- scheidung von HCl entstehende hygroskopische Calciumchlorid (CaCl2) unterstützt (sofern vorhanden).

Um die flüssige Phase auf den Kalkhydratpartikeln auszubilden muss bei der Abgasent- schwefelung die Abgastemperatur im Gewebefilter nahe des Wassertaupunktes geregelt werden. Erfahrungen im Bereich der Abgasentschwefelung hinter Kohlefeuerungen zeigen, dass es oft nicht genügt eine Abgaskühlung nahe Wassertaupunkt einzustellen, stattdessen ist eine direkte Wasseraufbringung auf die Kalkpartikel erforderlich. Dies kann über eine Befeuchtung des rückgeführten Reststoffes (Rezirkulation) als auch durch eine Wassereindüsung in z.B. einen Wirbelschichtreaktor (wie z.B. KSV Bonn) erfolgen.

2.3. Quecksilberabscheidung in Trockensorptionsanlagen

Da in der Regel ein Gewebefilter als Sorptionsfilter zum Einsatz kommt, werden neben den Sauergasen2 durch die Zugabe von weiteren Additiven sehr häufig simultan auch andere Schadgase abgeschieden.

Abgase aus Klärschlammverbrennungsanlagen enthalten neben den gasförmigen Schadstoffen SO2, SO3, HCl und HF auch Dämpfe von flüchtigen Schwermetallen bzw. Schwermetallverbindungen sowie organische Schadstoffe wie z.B. Dioxine und Furane, PAK, PCB. Der überwiegende Teil der Schwermetalle, wie Chrom, Kobalt, Nickel und Kupfer, aber auch leichter flüchtige wie Cadmium, Arsen und Blei, ist nach der Abkühlung der Abgase partikulär auf der Flugasche gebunden. Quecksilber ist dagegen das einzige Schwermetall, das bei der Verbrennung vollständig verdampft und anschließend nur teilweise auf Partikeln kondensiert. Das Quecksilber in Abgasen

2 Gemeint sind Gase, die im wässrigen Medium sauer reagieren

(10)

schlammbehandlung

liegt in elementarer und oxidierter Form vor. Die oxidierte Form, meist als HgCl2, lässt sich generell leichter abscheiden als die elementare Form (Hg0).

Zur Abscheidung (Physisorption) dieser und organischer Schadstoffe werden sehr häufig Adsorbentien mit sehr großen spezifischen Oberflächen, wie z.B. Aktivkohle bzw. -koks oder Tonminerale eingesetzt und trocken in den Abgasstrom vor dem Gewebefilter zugegeben.

Durch die gleichzeitige Anwesenheit von Schwefeldioxid und Wasserdampf im Abgas kann sich die eingesetzte Aktivkohle oder der -koks mit Schwefelsäure selbst impräg- nieren:

(10) (11) (12)

Dampfdruckerniedrigungen an gekrümmten Flächen mit sehr kleinen konkaven Radien der Mikro- und Submikroporen, wie sie bei den hochoberflächigen Adsorben- tien vorliegen, ermöglichen es der Schwefelsäure, auch bei höheren Temperaturen zu kondensieren, als dies normalerweise (Taupunkt) der Fall ist.

Dies hat den Vorteil, dass an der imprägnierten Kohle nicht nur eine Physisorption, sondern eine Chemisorption stattfindet und dadurch auch die Möglichkeit der Ab- sorption elementaren Quecksilbers gegeben ist. In Bild 9 ist der positive Einfluss des Schwefels auf der Kohle anhand der unteren Adsorptionsisothermen sehr deutlich zu erkennen. Da die Adsorptionsisothermen bei der Klärschlammverbrennung aufgenom- men wurden, handelt es sich primär um die Adsorption von elementarem Quecksilber.

Für die Chemisorption von Hg0 auf der schwefelsäureimprägnierten Kohle können verschiedene Reaktionsgleichungen postuliert werden:

(13) (14) (15)

Thermodynamisch ist die Oxidation von Hg(0) zu Hg(I) und/oder Hg(II), in Schwe- felsäure im Kontakt mit Abgas das Sauerstoff, Stickstoffoxide u.a. enthält, möglich.

SO3 + H2O H2SO4(g oder l) SO2 + ½ O2 + H2O H2SO4(g oder l)

H2SO4 (g) H2SO4 (l) (Kondensation bzw. Kapillarkondensation)

Hg + H2SO4 ads HgSO4 ads + H2

2 Hg + 2 H2SO4 ads Hg2SO4 ads + SO2 + 2 H2O 3 Hg + 4 H2SO4 ads Hg2SO4 ads + HgSO4 ads + 4 H2O + 2 SO2

(11)

schlammbehandlung

2.4. Einsatz des Trocken-Additiv-Verfahrens (TAV)

Das so genannte Trockenadditivverfahren oder auch HT-TAV für Hochtemperatur- Trockenadditivverfahren ist aufgrund der einfachen Anlagentechnik und dem preisgünstigen Additiv Kalksteinmehl eine weitere Möglichkeit mit relativ geringem Aufwand primär SO2 abzuscheiden. Die SO2-Minderung mittels Kalksteinzugabe in die Wirbelschichtfeuerung ist bei kohlegefeuerten Kraftwerken Stand der Technik. Bei Klärschlammverbrennungsanlagen wird diese Art der SO2-Minderung auch eingesetzt, so z.B. in der Klärschlammverbrennung Großwilfersdorf (Österreich), jedoch wird dort Kalkhydrat (Ca(OH)2) eingesetzt [5].

Die Direktentschwefelung wird ebenfalls in einer 4-straßigen Klärschlammverbren- nungsanlage in den Niederlanden zur primären SO2-Minderung mit einer Abschei- deleistung von 70–75 % [12] eingesetzt.

Das Trockenadditivverfahren ist dadurch gekennzeichnet, das Kalkstein (CaCO3) oder Kalkhydrat (Ca(OH)2) direkt in den Feuerraum zugegeben wird, so dass sich der Kalk bei Temperaturen zwischen 850 und 900 °C thermisch zu CaO zersetzt und mit den Schadstoffen, primär dem SO2, reagiert. Der Mechanismus der Gas-Feststoff-Reaktion lässt sich durch das Schale-Kern-Modell beschreiben. Die Reaktionsfront der Umsetzung bewegt sich vom Kornrand aus in konzentrischen Kugelschalen ins Innere, deshalb führen kleine Korngrößen zu einer Erhöhung des Umsatzgrades (mittlere Korngröße Ca(OH)2 ≈ 5 μm, CaCO3 ≈ 20 μm). Demnach lassen sich mit dem gegenüber Kalk- stein teureren Kalkhydrat bessere Abscheidegrade erreichen. Die außen gebildete Chlorid- bzw. Sulfat-Schale ist sehr dicht und behindert die Diffusion der Schadstoffe in das Kalkpartikel, daher werden in der Regel niedrige Abscheidegrade trotz großer Molverhältnisse Ca/Schadstoff erreicht.

0 100 200 300 400 500 600 700 800

0

Hg-Gehalt des Rohgases µg/m³ d.b., s.c.

Hg-Beladung mit Adsorbat mg/kg TS

0 2.000 4.000 6.000 8.000 10.000 12.000 mg/kg TS

Aktivkohle, 120 ˚C

1.400 1.200 1.000 800 600 400 200

schwefelbeladene Aktivkohle, 120 ˚C

Bild 9:

Adsorptionsisothermen für Ak- tivkohle und schwefelbeladene Aktivkohle; Aktivkohle: Schütt- dichte: 590 kg/m³, spezifische Oberfläche (BET): 800 m²/g, d50,3: 25 µm; Schwefelbeladene Aktivkohle: Schüttdichte: 530 kg/m³, spezifische Oberfläche (BET): 1.000 m²/g, d50,3: 25 µm, Schwefelgehalt: 10 Ma.-%

Quelle: Malerius, O.; Werther, J.: Modeling the adsorption of mercury in the flue gas of sewage sludge incineration, Chemical Engineering Journal 96, 2003

(12)

schlammbehandlung

Reaktionsmechanismen:

Decarbonisierung (endotherm)

(16) Dehydratisierung (endotherm)

(17) Einbindung der Schadgase (exotherm)

(18) (19) (20) Die Aufgabe des Kalksteinmehles kann gemeinsam mit dem Klärschlamm in die WS- Feuerung erfolgen. Es ist erforderlich, die Korngröße des eingesetzten Kalksteines auf die Bedingungen in der Wirbelschicht anzupassen (Aufmahlgrad), so dass keine Anreicherung der Reaktionsprodukte im Wirbelbett erfolgt, sondern der primär ge- bildete Gips (CaSO4) mit der Flugasche aus der Feuerung ausgetragen wird. Zu diesem Zweck ist vor einer möglichen Realisierung ein Versuchsbetrieb zur Verifizierung der verfahrenstechnischen Randbedingungen und auch der Einflüsse auf die Flugasche (Entsorgungsweg über E-Filter) anzusetzen.

CaCO3 CaO + CO2

Ca(OH)2 CaO + H2O

CaO + SO2 + ½O2 CaSO4 CaO + SO3 CaSO4 CaO + 2 HCl CaCl2

0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0

0 20 40 60 80 100

Entschwefelungsgrad ηSO2

%

= Ca(OH)2 Kalkhydrat

= CaCO3 Kalkstein ψSO2,An = 2.000 ppm ϑ= 1.000 °C

Ca/S = 2

Ca/S = 1

mittlere Verweilzeit τ s

Bild 10:

Entschwefelungsgrad als Funk- tion von Verweilzeit und Stö- chiometrie

Quelle: Scholz, R; Beckmann, M.; Schu- lenburg, F.: Abfallbehandlung in thermi- schen Verfahren, Springer Vieweg Verlag 2001, ISBN 978-3-519-00402-8

Der zu erwartende Entschwefelungsgrad in Abhängigkeit der Verweilzeit, der überstö- chiometrischen Kalkzugabe und der Feuerraumtemperatur, kann aus den Diagrammen wie in Bild 10 und 11 abgeleitet werden [11].

(13)

schlammbehandlung

3. Geeignete Abgasreinigungsverfahren

Wie bereits erwähnt ist die Abgaszusammensetzung hinter Klärschlammverbren- nungsanlagen mit dem hinter kohlebefeuerten Kraftwerken zu vergleichen. Mit dem zukünftigen Gebot des Phosphor-Recyclings wird eine separate Flugascheabscheidung als erste Reinigungsstufe unabdingbar sein. Je nach Feuerungsführung und zukünftigen NOx-Emissionsgrenzwerten ist eine Entstickungsstufe, wie beschrieben als SNCR- oder SCR-Verfahren, zu berücksichtigen. Für die Entschwefelung kann wie bei den heute ausgeführten Anlagen ein Nass-Waschsystem eingesetzt werden. Darüber hinaus ist jedoch dann immer mit einer zusätzlichen Reinigungsstufe zur Hg-Abscheidung zu beachten. Dies kann wie bereits heute in vielen Anlagen ein nachgeschalteter Flugstrom (Gewebefilter)- oder Fest-/Wanderbett-Adsorber sein.

Neuere Entwicklungen und Untersuchungen haben gezeigt, dass eine sichere Hg- Abscheidung auch mit der Dosierung von bromierter A-Kohle vor dem Flugascheab- scheider oder der Integration von Hg-Control Modulen (Fa. Gore) im Wäscherkopf, wie in Bild 12 gezeigt, realisiert werden kann.

Mit der Möglichkeit einer sicheren Abwasserbehandlung und -entsorgung und der Berücksichtigung der beschriebenen Hg-Abscheidung können Nass-Waschsysteme durchaus mit simultan wirkenden Trockensorptionsanlagen konkurrieren.

Die derzeit für die Planung von neuen Klärschlammverbrennungsanlagen berücksich- tigten Abgasreinigungskonzepte sehen eine konditionierte Trockensorption mit Kalkhy- drat vor. Den hierzu veröffentlichten Planungsunterlagen sowie Veröffentlichungen von Planungsbüros sehen für die Konditionierung eine Quench (Verdampfungskühler) vor.

Aus den in Kapitel 2.2. beschriebenen Randbedingungen ist es u.U. nicht ausreichend die Abgastemperatur nahe des Wassertaupunktes einzustellen, sondern eine direkte Befeuchtung des Kalkhydrates vorzunehmen.

0 1 2 3 4

0 20 40 60 80 100

Ca/S ϑ= 900 °C

ϑ= 1.000 °C ϑ= 100 °C Entschwefelungsgrad ηSO2

%

τ = 0,46 s Additiv = CaCO3

ψSO2,An = 1.000 ppm

Bild 11:

Entschwefelungsgrad als Funk- tion von Ca/S-Verhältnis und Brennkammertemperatur

Quelle: Scholz, R; Beckmann, M.; Schu- lenburg, F.: Abfallbehandlung in thermi- schen Verfahren, Springer Vieweg Verlag 2001, ISBN 978-3-519-00402-8

(14)

schlammbehandlung

Eine durchaus wirtschaftliche Alternative (Bild 13) sind eine TAV-Stufe mit Kalkstein- mehl (CaCO3) zur Vorabscheidung von SO2 und eine Trockensorptionsstufe unter Verwendung des Additivs Natriumbicarbonat (NaHCO3) für die Sauergasabscheidung sowie A-Kohle zur Bindung von Schwermetallen und organischen Schadstoffen.

Gore Module Obere Waschdüse

Unterstützungs- konstruktion für die Module

Untere Waschdüsen Tropfen-

abscheider Sprüh- ebenen

Bild 12: Einbaulage der Hg-Control Module im Wäscherkopf

Quelle: Petzoldt, O.: Quecksilberabscheidung und SO2-Minderung aus Kraftwerksabgasen mit Sorptionsmodulen; 11. Fachtagung Fort- schritte und Erfahrungen zur Abgasreinigung von Feuerungsanlagen und thermischen Prozessen; HdT Haus der Technik, Juni 2017, Essen

TAV mit Kalksteinmehl

CaCO3

Klärschlamm-

aufgabe WS-Ofen

Kessel+ Elektrofilter 190 °C

Flugasche Natriumbicarbonat

NaHCO3

A-Kohle, bromiert

Gewebefilter 185 °C

Reststoffe

DeNOx SCR- (optional) 185 °C

Wärme- übertrager

(optional) 185 120 °C

Prozess-/Nutzwärme

Kamin

Bild 13: Anlagenschema TAV und Trockensorption mit Natriumbicarbonat

Die in Bild 13 gezeigte Variante hat den Vorteil, dass der überwiegende Anteil des SO2 an den günstigen Kalkstein gebunden wird und mit dem teureren Natriumbicarbonat die Restabscheidung auf die geforderten Emissionsgrenzwerte erfolgt. Diese Variante würde auch eine Nachrüstung eines SCR-Verfahrens problemlos mit einer zusätzlichen Wärmeauskopplung erlauben.

Auch die Kombination einer TAV-Stufe mit einer konditionierten Trockensorption mit Kalkhydrat, wie in Bild 14 gezeigt, ist denkbar. Hierbei ist zu beachten, dass in der Tro- ckensorption eine direkte Konditionierung (Wassereindüsung in Wirbelschichtreaktor oder Befeuchtung der Reststoffrückführung) möglich ist. Der in Bild 14 dargestellte

(15)

schlammbehandlung

Anlagenaufbau ermöglicht ebenfalls eine Wärmeauskopplung. Zur Nachrüstung einer Entstickungsstufe wäre ein SNCR-Verfahren möglich.

TAV mit Kalksteinmehl

CaCO3

Klärschlamm-

aufgabe WS-Ofen

Kessel+ Elektrofilter 190 °C

Flugasche

HOK/AK Gewebe-

filter

~ 90–110 °C

Reststoffe Wärme-

übertrager 190 120 °C

Prozess-/Nutzwärme

Kamin

SNCR (optional)

120 °C

Rezirkulat- befeuchtung H2O Kalkhydrat

Bild 14: Anlagenschema TAV und konditionierte Trockensorption mit Kalkhydrat

Bei einem Neubau einer Klärschlammverbrennungsanlage am Standort einer existie- renden Abfallverbrennungsanlage ist die Einbindung der Abgase in die Abgasreinigung der Abfallverbrennungsanlage denkbar.

4. Zusammenfassung

Für die Planungen der durch die novellierte Klärschlammverordnung möglichen neu zu errichtenden Mono-Klärschlammverbrennungsanlagen stehen verschiedene Verfahrenskonzepte zur Verfügung. Abgesehen von einer unabdingbaren Flugascheab- scheidung zum Phosphor-Recycling existiert eine Bandbreite von Nass-Waschverfahren in Kombination einer möglichen integrierten Entquickungsstufe bis hin zu reinen Trockensorptionsanlagen mit energetisch optimierter Entstickung.

Welches Verfahren bzw. Verfahrenskombinationen eingesetzt werden sollen muss im Einzelfall für jeden Standort und dessen Randbedingungen ermittelt und geprüft werden.

5. Literatur

[1] Bayerisches Landesamt für Umwelt: Klärschlammnetz – Novelle Klärschlammverordnung 2017, www.klaerschlamm.bayern.de/themen/novelle.jsp; Augsburg Juni 2017

[2] Bittig, M.: Untersuchungen zum Verhalten von Quecksilber zur Optimierung der nassen Abgas- wäsche; Schlussbericht für den Zeitraum: 01.08.2006 bis 31.07.2008 zu dem aus Haushaltsmitteln des BMWi über die geförderten IGF-Forschungsvorhaben Nr. 14882 N/2; IUTA Institut für Energie- und Umwelttechnik e. V.; Oktober 2008, Duisburg

[3] Decker, R.: Erfolgreiche Inbetriebnahme und erste Betriebserfahrungen der KSV Zürich;

7. VDI-Fachkonferenz Klärschlammbehandlung; München, 16.–17. November 2016

[4] Fritz, W.; Kern, H.: Reinigung von Abgasen; 3. Aufl. 1992; Vogel Buchverlag, S. 122; Würzburg [5] Glatzer, A.: Erfahrungen aus Bau und Inbetriebnahme von Österreichs erster Klärschlamm- Monoverbrennungsanlage im mittelgroßen Leistungsbereich in Großwilfersdorf/Österreich;

8. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien, 2013

(16)

schlammbehandlung

[6] Görner, K; Hübner, K. [Hrsg.]: Gasreinigung und Luftreinhaltung (VDI-Buch); 2002; Springer- Verlag, S. F–60; Berlin, Heidelberg

[7] Gottschalk, J.; Esser, R.: Trockene Abgasreinigungsanlage für Klärschlammverbrennungsan- lagen – Grundlagen und Praxis; 7. Fachtagung Trockene Abgasreinigung; Haus der Technik;

10.–11. November 2011, Essen

[8] Gutjahr, M; Niemann, K.: Abgasreinigung für Mono-Klärschlammverbrennungsanlagen;

Energie aus Abfall – Band 11, TK Verlag Karl Thomé-Kozmiensky, ISBN 978-3-944310-08-4, S. 693–711, Neuruppin 2014.

[9] Malerius, O.; Werther, J.: Modeling the adsorption of mercury in the flue gas of sewage sludge incineration, Chemical Engineering Journal 96, 2003

[10] Petzoldt, O.: Quecksilberabscheidung und SO2-Minderung aus Kraftwerksabgasen mit Sorpti- onsmodulen; 11. Fachtagung Fortschritte und Erfahrungen zur Abgasreinigung von Feuerungs- anlagen und thermischen Prozessen; HdT Haus der Technik, Juni 2017, Essen

[11] Scholz, R; Beckmann, M.; Schulenburg, F.: Abfallbehandlung in thermischen Verfahren, Springer Vieweg Verlag 2001, ISBN 978-3-519-00402-8

[12] Sindram, M.: Abscheidung von SO2 durch Direktentschwefelung im Hochtemperaturbereich, 11. Potsdamer Fachtagung 2014, Potsdam

[13] Wupperverband: Flyer, Moderne Klärschlammentsorgung; Klärschlammverbrennungsanlage Buchenhofen; Mai 2012

(17)

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar

Stephanie Thiel, Elisabeth Thomé-Kozmiensky, Peter Quicker, Alexander Gosten (Hrsg.):

Energie aus Abfall, Band 15

ISBN 978-3-944310-39-8 Thomé-Kozmiensky Verlag GmbH

Copyright: Elisabeth Thomé-Kozmiensky, M.Sc., Dr.-Ing. Stephanie Thiel Alle Rechte vorbehalten

Verlag: Thomé-Kozmiensky Verlag GmbH • Neuruppin 2018

Redaktion und Lektorat: Dr.-Ing. Stephanie Thiel, Elisabeth Thomé-Kozmiensky, M.Sc., Dr.-Ing. Olaf Holm

Erfassung und Layout: Ginette Teske, Sandra Peters, Janin Burbott-Seidel,

Claudia Naumann-Deppe, Cordula Müller, Anne Kuhlo, Gabi Spiegel Druck: Universal Medien GmbH, München

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funk- sendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig.

Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes.

Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen.

Sollte in diesem Werk direkt oder indirekt auf Gesetze, Vorschriften oder Richtlinien, z.B. DIN, VDI, VDE, VGB Bezug genommen oder aus ihnen zitiert worden sein, so kann der Verlag keine Gewähr für Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität übernehmen. Es empfiehlt sich, gegebenenfalls für die eigenen Arbeiten die vollständigen Vorschriften oder Richtlinien in der jeweils gültigen Fassung hinzuzuziehen.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

gesehen. Es hat, wie das Mobilfunkgerät und wie vielleicht die Uhr zuvor, unser Leben ganz entscheidend verändert. Die beiden Gedichte von M1a können als Einstieg in die

Alle Gespenster versammeln sich um das Bett.. Merkwürdig, was meint er

Zivilgesellschaftliche Organisationen gründen sich, um Missstände zu been- den, die eine Gesellschaft hervor- bringt.. Zivilgesellschaftliche Organisa- tionen sind da zu finden,

HÜTHUM. Jugendliche haben an zwei Kirsch- und zwei Apfel- bäumen, die der Heimatverein Hüthum-Borghees 2011 an der Grundschule in Hüthum ge- pflanzt hatte, die Rinde bis zum

Bei Menschen ohne Hormon- mangel kann der regelmäßige Gebrauch zu Diabetes oder langsamer Veränderung der Körperproportionen führen, da auch beim Erwachsenen ei- nige

Ein Homöopa- thiegegner sollte nicht in einer Homöopathie-Schwerpunkt- Apotheke arbeiten, genauso wie ein Vegetarier besser nicht als Metzger tätig sein sollte.. Ist Homöopathie

In jedem Fall war es nicht allein Josephus’ Idee, zwischen Worten und Taten als Modi der Bildungsvermittlung zu unterscheiden: Fast zeitgleich findet sich bei dem T heoretiker

7% der überprüften Schüler meinten, 0 Steine seien in der Schachtel, wenn diese verdeckt wurde. Sie scheinen nicht verstanden zu haben, dass eine Menge gleich bleibt, wenn