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Hausbesuch in der Wiener Hofburg.
Wer sich selbst das „Walzer-Syndrom" diagnostiziert, sollte sich als Therapie vom 26.-29. Jänner die Reise zum Wiener Arzteball in der Hofburg verschreiben und dazu mehrmals täglich Kultur inhalieren.
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Nähere Informationen und Prospekt bei Hapag-Lloyd Reise- büro GmbH, Neumarkt 36-38, 5000 Köln 1, Tel. 02 21/20 02-272 oder bei der Österreich Infor- Hapag-UoYd mation Köln,Tel. 02 21/23 32 36. Reisebäo Name.
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Servus in Osterreich
Sozialgeschichte des Kindes
Johannes Oehme: Das Kind im 18. Jahrhundert, Beiträge zur Sozialgeschichte des Kindes, Hansisches Ver- lagskontor, Lübeck, 1988, 132 Seiten, 24 DM
Der 16. Band der von Theodor Hellbrügge heraus- gegebenen Documenta Paed- iatrica nimmt sich das Jahr- hundert der deutschen Auf- klärung vor, um das neue Verständnis des Kindes in der sich herausbildenden bür- gerlichen Gesellschaft nach- zuzeichnen. Und in der Tat finden wir in diesem Säkulum des Umbruchs von der Stän- degesellschaft der frühen Neuzeit zum Industriezeital- ter, das erst heute in einer Dienstleistungs- und Freizeit- gesellschaft ausklingt, alle wesentlichen Pädagogen und Ärzte, Philosophen und ge- burtskundigen Frauen, die der Reformpädagogik und Pädiatrie bis in unsere Jahre den Weg weisen werden. Ge- wiß kommen Anstöße aus Frankreich und England - Rousseaus „Emile" ist über- mächtig, John Lockes sen- sualistische Anthropologie löst die Pädagogik aus christ- lichen Erbsünde- und Selig- keitslehren -; aber es ist doch erstaunlich, wie fruchtbar die Deutschen als das aufgeklär- te Europa lehren, daß die Kindheit als „Schonraum"
und die Jugend als „Reife- zeit" zu pflegen sei.
Der Band wird getragen von Johannes Oehme, dem Braunschweiger und jetzt Wolfenbütteler Pädiater. Er allein steuert 7 Beiträge bei:
Über Ernährung und Klei- dung, über Findel- und Wai- senhäuser, über Sexualität (leider ohne Rücksicht auf psychoanalytische und ent- wicklungspsychologische Li- teratur) sowie Gesundheits- erziehung des Kindes. Apart ist seine Studie über „Wun- derkinder", extreme Pädago- gikprodukte und makabre Beweismittel der Vervoll-
kommnungsfähigkeit der Menschenkinder zum bürger- lichen Genie. Hinzugezogen sind noch ein Wirtschafts- und Technikhistoriker, der Kinderarbeit und Industrie- schulen behandelt (Helmuth Albrecht, Stuttgart), und Pädagogen beziehungsweise Didaktiker. Urte von Kortz- fleisch, Wolfenbüttel, entfal- tet die Schulbildung und -or- ganisation bis hin zu den be- rühmten „Philanthropinen" , was fortgeführt wird von Gerhard Trommer, Braun- schweig, mit Grundzügen der
„philanthropischen Erzie- hung". Ulrich Hermann, Tü- bingen, gibt einleitend einen Überblick über das Leben in der bürgerlichen Familie in diesen Schwellenjahrzehn- ten.
Was zieht uns bei diesem
„Jahrhundert des Kindes" so an? Die Verbindung von na- turnaher und körperfreund- licher Erziehungspraxis mit vernunftgeleiteter und le- bensertüchtigender Erzie- hungsphilosophie? Oder ste- hen wir vor neuen Revolutio- nen, freilich nicht politischer und sozialer Art, sondern auf dem Wege zu einer Weltzivi- lisation, die den Menschen - auf dem Boden vernetzter künstlicher Intelligenz und industrieller Hochtechnolo- gie - endgültig für Selbstbil- dung und Kreativität frei- setzt? Der Rückblick auf die Erziehungs- und Gesund- heitsutopien des 18. Jahrhun- derts erinnert jedenfalls an den Aufbruch in die Moder- ne, deren Weg wir heute noch nicht vollends ausge- schritten haben. Horst Baier
Preußische Profile
Peter Mast: Die Hohen- zollern in Lebensbildern, Verlag Styria, Köln 1988,262 Seiten, 49 DM
Das erstaunlich tiefe und gelassene Verständnis des in einem österreichischen Ver- lag erschienenen Buches über die preußische Geschichte er- zeugte eine Darstellung, die
übersichtlich in die Vergan- genheit des Hohenzollern- Staates einführt und zugleich alte Kenntnisse aus der Schul- und Universitätszeit auffrischt. Der Autor folgt dem literarisch-historischen Zeittrend und baut sein Buch wieder völlig personenbezo- gen auf und spitzt den Aspekt auf die Träger und Verant- wortlichen der Entscheidun- gen und Ereignisse zu. Diese Sicht sorgt für Leben und Ko- lorit der Darstellung, hat al-
lerdings die Schwäche, daß die aus zahllosen Einzelfak- toren gespeisten Triebkräfte der Zeit vereinfacht geschil- dert werden. Aber diesen Nachteil nimmt man zugun- sten der Galerie kraftvoll und vital gezeichneter Lebensbil- der gerne in Kauf. Allerdings hätte der weiter interessierte Leser gerne mehr über die Bibliotheken und Archive ge- wußt, aus denen er sein Wis- sen ergänzte.
Ekkhard Häussermann
Dt. Ärztebl. 85, Heft 50, 15. Dezember 1988 (91) A-3625