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Archiv "Kongressbericht: Prävention durch Bewegung und Sport" (01.03.2002)

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er präventive Einfluss von Sport und körperlicher Aktivität auf den gesunden und kranken Organis- mus war Gegenstand des 37. Deutschen Kongresses für Sportmedizin und Prävention der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP). Mit circa 12 000 Mitgliedern ist die DGSP die größte wissenschaft- liche medizinische Fachgesellschaft in Deutschland. Der Kongress wurde vom Thüringer Sportärztebund (Karl-Hans Arndt, Eberhard Greiner) und dem Lehr- stuhl für Sportmedizin der Justus-Liebig- Universität Gießen ausgerichtet und fand, erstmals in Zusammenarbeit mit dem Verband Österreichischer Sportärz- te und der Schweizerischen Gesellschaft für Sportmedizin, vom 26. bis 30. Sep- tember 2001 im Kongresszentrum in Ro- tenburg an der Fulda statt. Auf die über- ragende Bedeutung von Bewegung und Sport für die gesamte Bevölkerung so- wohl in der sozialen und integrativen Funktion als auch zur Gesunderhaltung verwiesen Volker Bouffier, Minister des Inneren und für Sport des Landes Hessen, sowie Manfred von Richthofen, Präsident des Deutschen Sportbundes (DSB) und Hans-Hermann Dickhuth, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention.

Zahlreiche erwünschte Wirkungen von Sport und Bewegung, wie beispiels- weise Aufrechterhaltung und Verbesse- rung der Leistungsfähigkeit des Ge- hirns, positive Effekte auf das Immun- system, den Sauerstofftransport, den Stoffwechsel und die Wirbelsäule, sowie Grundmechanismen, wie zum Beispiel Anpassung an Belastungen und die Wiederherstellung nach Belastung (Re- generation), wurden auf dem Kongress beschrieben. Darüber hinaus können bestimmte körperliche Aktivitäten ge- zielt bei chronischen Erkrankungen (ar- terielle Hypertonie, Diabetes mellitus) als Therapie eingesetzt werden.

Sportmedizin aus historischer Sicht

In seinem medizinhistorischen und zu- gleich Wertmaßstäbe und Perspektiven aufzeigenden Vortrag über „Vergan- genheit, Gegenwart und Zukunft der deutschen Sportmedizin“ referierte der Vorsitzende des Kongresskomitees Paul E. Nowacki, Gießen, über den Be- ginn des modernen Sports in Griechen- land (bereits Hippokrates empfahl sei- nen Patienten Gehen, Laufen, Reiten und Gymnastik), die Geburtsstunde der organisierten deutschen Sportmedi- zin 1912 in Oberhof in Thüringen, die Gründung der „Deutschen Hochschule für Leibesübungen“ in Berlin und des weltweit ersten „Universitätsinstituts für Körperkultur“ in Gießen 1920, die Neugründung des Deutschen Sportärz- tebundes 1950, den Weltkongress für Sportmedizin 1966 in Hannover und die Wiedervereinigung. Nowacki drückte seine Hoffnung aus, dass die dem Wohl des sporttreibenden Menschen ver- pflichtete Sportmedizin – nach bereits langjähriger Verankerung in den sport- wissenschaftlichen Studiengängen – an- gesichts der unbestrittenen Bedeutung der Prävention durch körperliche Akti- vität auch in der Humanmedizin fester integraler Bestandteil wird und gerade durch Spiel und Sport eine friedvolle Zukunft erreicht werden kann.

Effekte von Bewegung auf Gehirnfunktionen

In einem beeindruckenden Vortrag sprach Wildor Hollmann, Köln, Ehren- präsident des Weltverbandes für Sport- medizin (FIMS) und der DGSP, über

„Gehirn – Geist – Psyche – körperliche Aktivität“.Das Gehirn des Menschen, so Hollmann, stellt aus heutiger Sicht die komplexeste Struktur des Universums

dar und zeichnet sich unter anderem durch abstraktes Symboldenken und zu- kunftsorientiertes Handeln aus. Aus wissenschaftlicher Sicht dominiert heute die Auffassung, Geist und Gehirn als ei- ne Einheit zu sehen (monistische versus dualistische Theorie). Beeindruckend ist unter anderem das Zusammenspiel zwi- schen Verstand und Gefühl. Ein dem Gehirn innewohnendes Belohnungs- prinzip sichert den Überlebenswillen des Menschen und gibt einen Rhythmus für das Alltagsleben vor. Hochkomplexe Verschaltungen der Nervenzellen er- möglichen die Bewertung (mit positiven oder negativen Gefühlen) des Erlebten in einem Zusammenspiel von circa 100 Milliarden Neuronen und bilden auch die Grundlage für unser Bewusstsein.

Den stärksten Reiz für die Erhaltung von Nervenzellen und für den Ausbau und Erhalt ihrer Funktionsfähigkeit, ins- besondere durch das Knüpfen vielfälti- ger Synapsen untereinander, stellt die Bewegung dar: Körperliche Aktivität ist der entscheidende Faktor, Alterungs- prozessen im Gehirn mit Minderung der Zahl der Synapsen entgegenzuwirken.

Das Gehirn des Menschen zeigt auch deutliche Geschlechtsunterschiede, die Männern und Frauen jeweils geschlechts- typische besondere Fähigkeiten (zum Beispiel bessere rhetorische Fähigkeiten bei Frauen, ausgeprägteres räumliches Auffassungsvermögen bei Männern) verleihen, die aber in komplexer Weise auch von Hormonkonzentrationen ab- hängen. Körperliche Aktivität steigert – erstmals in Untersuchungen von Holl- mann gezeigt – die regionale und globale Hirndurchblutung und auch den Ge- hirnstoffwechsel bei moderater körperli- cher Aktivität um circa 30 Prozent. Kör- perliche Aktivität verbessert über Ände- rungen des Stoffwechsels die Stimmung und mindert über die Produktion von Endorphinen im Gehirn die Schmerz- empfindung.

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Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 9½½½½1. März 2002 AA577

Kongressbericht

Prävention durch

Bewegung und Sport

Gerd Hoffmann

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Auswirkungen auf den Bewegungsapparat

Ein normales Gelenk, das über gelenk- schützende Faktoren wie optimale Achsenstellung, gute Kongruenz der beiden miteinander in Wechselwirkung tretenden Knorpelgelenkflächen, gute Stabilität und gute neuromuskuläre Steuerung (Zuggurtung zur optimalen Druckverteilung im Gelenk) verfügt, ist – von einer akuten Verletzung durch äußere Gewalteinwirkung abgesehen – nicht durch eine Arthrose gefährdet, er- klärte Henning Stürz, Gießen. Bei der genannten günstigen Ausgangslage führt Sport unter gelenkschonenden Randbedingungen auch im größeren Umfang (zum Beispiel tägliches mehr- stündiges Laufen) nicht zur Arthrose.

Kann jedoch die Kraft nicht gleich- mäßig über die Gelenkfläche verteilt werden, sind langfristig durch lokale Überschreitung der Belastbarkeit Schä- digungen des Knorpels möglich. Ent- sprechend steigt durch Gelenkfehlstel- lungen, Fehlbildungen in der Gelenk- form, Übergewicht, Gelenkverletzun- gen und zunehmendes Alter die Wahr- scheinlichkeit einer Arthrose. So führen Meniskusschäden über die Störung der flächigen Druckverteilung häufig zu Ar- throsen. Deshalb sollte aus heutiger Sicht ein Meniskus nicht entfernt, son- dern – wenn möglich – erhalten werden (zum Beispiel durch eine Meniskus- naht-Operation). Auch bei bestimmten gelenkbelastenden Sportarten können auf Dauer die Belastungsgrenzen im- mer wieder überschritten werden. Ganz extrem geschieht dies zum Beispiel beim Gewichtheben, aber auch Fußball- spieler haben ein erhöhtes Gonarthro- serisiko. „Das Gelenk lebt von der Be- wegung und freut sich über die richtigen Bewegungen“, stellte Stürz fest. Daher sollte auch bei einer bereits eingetrete- nen Arthrose ein gewisses Maß an Be- wegung (mit möglichst wenig Bela- stung) durchgeführt werden. Besonders geeignet sind Sportarten wie Schwim- men, Aquajogging, Radfahren, Gymna- stik, Wandern und Skiwandern. Auch im Zeitalter der Knorpeltransplantati- on, die aus Sicht von Stürz nur einen Er- satzknorpel darstellt, gilt: Ein einmal geschädigter Knorpel ist bis heute nicht vollständig wieder herstellbar. Entspre-

chend sind die Vermeidung von Gelenk- verletzungen und Gelenkschäden sowie eine gute Bewegungskoordination die wichtigsten Vorbeugemaßnahmen ge- gen Arthrose.

„Es ist schon ein Kreuz mit dem Kreuz!“ Mit diesen Worten begann Kurt Tittel,Leipzig, seinen Vortrag über die Belastbarkeit der Wirbelsäule aus funktionell anatomischer und sportme- dizinischer Sicht. Die zunehmende Le- benserwartung bei zumeist muskulärer Unterforderung (mit Abnahme von Skelettmuskelmasse und damit Mus-

kelkraft), bei der an sich ein hohes Maß an Haltearbeit benötigenden Wirbel- säule des Menschen (Kompromiss aus Flexibilität und Stabilität bei nur Zwei- Punkt-Unterstützung im Gegensatz zur Vier-Punkt-Unterstützung in der Tier- welt) begünstigt das Auftreten involuti- ver Vorgänge an der Wirbelsäule (Zwi- schenwirbelscheiben, Wirbelkörper, In- tervertebralgelenke). Die Folgen sind Insuffizienz und Instabilität der Bewe- gungssegmente und häufige Rücken- schmerzen als Ausdruck eines Missver- hältnisses zwischen Belastung und Be- lastbarkeit. Grundsätzlich sollte die Skelettmuskulatur ausreichend trai- niert werden.

Sportphysiologie

Sue Hopkins, San Diego, USA, erklär- te, wie beim Menschen im Höchstlei- stungsbereich die Lunge leistungslimi- tierend werden kann. Belastungsindu- zierte pulmonale Hypertonie (EIPH) und pulmonales Ödem sowie bela- stungsinduzierte arterielle Hypoxie (EIAH) (durch eine Diffusionsbegren- zung noch unbekannter Genese) kön- nen auch außerhalb des bekannten be- lastungsinduzierten Asthmas (EIA) auftreten.

Über die Aktivierung der Blutgerin- nung und Fibrinolyse durch körperliche Belastung referierte Peter Bärtsch, Hei- delberg. Moderate körperliche Bela- stung (eine Stunde bei 60 bis 80 Prozent der maximalen Herzfrequenz) führt zu einer (präventiv erwünschten) Aktivie- rung der Fibrinolyse ohne Aktivierung der Blutgerinnung. Auch bei intensiver körperlicher Belastung (90 Prozent der maximalen Herzfrequenz) bleibt die Gerinnungshomöostase durch parallele Aktivierung von Blutgerinnung und Fi- brinolyse erhalten. Bei Protein-C-Man- gel oder Einnahme von Ovulations- hemmern der dritten Generation wird allerdings bei der Hälfte der Probanden M E D I Z I N

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A578 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 9½½½½1. März 2002

Präsentation von Taekwondo als asiatischer Kampfkunst mit Koordinationsschulung

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die belastungsinduzierte Aktivierung der Blutgerinnung verstärkt.

Den Zusammenhang von körperli- cher Aktivität und koronarer Vasomo- tion bei kardiovaskulären Erkrankun- gen erläuterte Rainer Hambrecht, Leip- zig. Während eine ungewohnte Akut- belastung das Myokardrisiko versechs- facht, korreliert langfristig moderates Ausdauertraining invers mit dem kar- diovaskulären Risiko im Sinne einer Risikominderung und Verbesserung der Leistungsfähigkeit. Körperliche Aktivität verbessert die koronare Endothelfunktion (vermehrte Expres- sion der endothelialen Stickstoffmono- xid-Synthase cNOS und der extrazel- lulären Superoxiddismutase ecSOD) und führt über die damit verbesserte endothelabhängige Vasodilatation zu einer Verbesserung der koronaren Flussreserve ohne Änderung des basa- len Gefäßdurchmessers.

Qualitätssicherung

In der Session der Schweizerischen Gesellschaft für Sportmedizin berich- tete Markus Tschopp, Magglingen, Schweiz, über Qualitätssicherung in der Schweizer Sportmedizin. Dort be- steht ein mehrstufiges Konzept aus Primärversorgern, fünf Swiss Olympic Centern und einem Qualitätssiche- rungskonzept, das einen personenbe- zogenen Qualitätsausweis Sportmedi- zin (der deutschen Zusatzbezeichnung Sportmedizin vergleichbar) und Qua- litätsstandards (als Formular und als Richtlinie, auch im Internet) sowie Realisierungen der Implementierung enthält. Ein Erfahrungsaustausch mit der parallel erfolgten Leitlinienent- wicklung in Deutschland erscheint hier sinnvoll.

Therapie mit wassergefilterter Wärmestrahlung

Eine innovative Entwicklung im Zusam- menhang mit Wärme und Bewegung ist die Anwendung wassergefilterter Infrarot-A-Strahlung (wIRA, spezielle Wärmestrahlung). Die Wasserfilterung ist der Filterung der Sonnenstrahlung durch Wasserdampf in der Erdat-

mosphäre nachempfunden. Im Gegen- satz zur eher stechend und brennend empfundenen Wärmestrahlung ge- wöhnlicher Rotlichtlampen wird die Sonnenwärme in gemäßigten Breiten – im Gegensatz zur Wüste – aufgrund der Filterung der Sonnenstrahlung durch den Wasserdampf in der Erdatmosphä- re als angenehm und wohlig wärmend empfunden. Durch diese Filterung werden die Strahlungsanteile (Wasser- banden innerhalb des Infrarot A sowie das gesamte Infrarot B und C) weitge- hend herausgefiltert, die lediglich zu ei- ner Belastung der obersten Hautschicht führen. Dieser Filtereffekt des Wassers wird in speziellen Wärmestrahlern mit Wasserfilter ausgenutzt, um eine tiefen- wirksame, als angenehm empfundene Gewebeerwärmung zu erreichen. Diese ermöglicht im Gewebe größere Tempe- ratursteigerungen als die Anwendung von Fango bei gleichzeitig wesentlich kleinerer Temperaturbelastung der Hautoberfläche. In einer randomisier- ten Studie zur Verbesserung der Rege- neration durch lokale Hyperthermie mittels wassergefiltertem Infrarot A (wIRA) von Gerd Hoffmann, Mitglied im Kongresskomitee, Frankfurt am Main, konnte mit derartigen Strahlern gezeigt werden, dass die Befindlichkeit nach einer ausbelastenden Ergometrie durch 20 Minuten Bestrahlung der Ober- schenkelmuskulatur erstaunlicherweise wieder bis auf das Ausgangsniveau ver- bessert werden kann. Demgegenüber wurde in einer Kontrollgruppe mit Ausruhen ohne Bestrahlung nur die Hälfte der Wiederherstellung in der gleichen Zeit erreicht. Auch war der Leistungsabfall in einer sich nach den 20 Minuten anschließenden zweiten Er- gometrie in der wärmebestrahlten Gruppe kleiner als in der Kontrollgrup- pe. Die neue Bestrahlungsform kann sowohl präventiv (zum Beispiel zur Un- terstützung des Aufwärmens der Mus- kulatur) und zur Regeneration nach Belastung als auch therapeutisch - zum Beispiel in der Physiotherapie (als an- wendungsfreundlichere und kontakt- freie Wärmeanwendungsform im Ver- gleich zu Fango oder feucht warmen Wickeln) – eingesetzt werden. Auch an- dere Anwendungsbereiche, wie zum Beispiel die Unterstützung der Wund- heilung, sind bereits belegt.

Prävention und Therapie der koronaren Herzkrankheit

Ingeborg Siegfried, Biebertal, führte aus, dass Rauchen bei Frauen den Östrogen- spiegel senkt, sodass der Östrogenschutz vor einer koronaren Herzkrankheit wegfällt und somit durch Rauchen gera- de bei Frauen das Risiko einer korona- ren Herzkrankheit steigt. Konsequenz für die Bevölkerung sollte deshalb – für Frauen und Männer – striktes Nichtrau- chen und ausreichende körperliche Ak- tivität sein.

Über moderne Diagnostik und The- rapie der koronaren Herzkrankheit als Voraussetzung für eine erfolgreiche Se- kundärprävention berichtete Christian Vallbracht, Rotenburg an der Fulda.

Auch im Zeitalter von MRT und Elek- tronenstrahltomographie hat die Koro- narangiographie zur Diagnostik einer koronaren Herzkrankheit nach wie vor überragende Bedeutung. Nach moder- ner Auffassung sollten innerhalb der Therapie der koronaren Herzkrankheit Gefäßverschlüsse – auch wenn sie scheinbar nicht von entscheidender Be- deutung für die Sauerstoffversorgung von intaktem Myokard erscheinen – im Hinblick auf die weitere Prognose des Patienten durch geeignete Methoden, wie zum Beispiel die Herzkatheter-Bal- londilatation, unbedingt wieder eröff- net werden.

Martin Unverdorben, Rotenburg an der Fulda, ging der Frage nach, ob Golf ein geeigneter Sport für Herzpatienten ist, und kam zu dem Ergebnis, dass Herz-Kreislauf-Patienten – nach geeig- neter Voruntersuchung – Golf mit ei- nem ausreichenden Trainingseffekt und ohne ein zusätzliches Herzrisiko sogar im Rahmen von Turnieren zusammen mit gesunden Golfspielern ausüben können. Dieter Jeschke, München, er- gänzte, dass Golf aber nicht als eine Aufgabe der Herzsportgruppen anzu- sehen ist.

Peter Schmid, Bad Schallerbach, Österreich, Präsident des Verbandes Österreichischer Sportärzte, referierte über den Stellenwert der Bewe- gungstherapie in der Primär- und Se- kundärprävention der koronaren Herz- krankheit. Mit zunehmendem Alter wird der Vorteil körperlich aktiver Men- schen gegenüber inaktiven im Hinblick M E D I Z I N

Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 9½½½½1. März 2002 AA579

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auf das Erkrankungs- und auch das Ster- berisiko immer deutlicher: Der Vorteil von körperlicher Aktivität, Spiel, Sport und Bewegung ist mittlerweile durch zahlreiche international anerkannte Studien belegt. So bringt ein Mehrver- brauch von 2 000 Kilokalorien pro Wo- che den besten Nutzen, aber auch be- reits kleinere Aktivitätsumfänge sind vorteilhaft. Körperliche Aktivität und Nichtrauchen bewirken dabei die größ- ten Abnahmen eines Gesundheitsrisi- kos (Abnahmen um 45 bis 60 Prozent).

Insbesondere ein moderat betriebenes Ausdauertraining zeigt günstige Aus- wirkungen, wie Steigerung der Herz- Kreislauf-Leistungsfähigkeit, Abbau ei- nes Übergewichts, Senkung erhöhter Blutdruckwerte und Senkung erhöhter Cholesterinwerte. Liegt bereits eine koronare Herzkrankheit vor, so sind Änderungen des Lebensstils mit kör- perlicher Aktivität, Ernährungsumstel- lung und Entspannung vorteilhaft.

Selbst bei Patienten mit Herzinsuffizi- enz lässt sich mit einer Bewegungsthera- pie die Lebensqualität verbessern und Mortalität und Zahl der Krankenhaus- aufenthalte deutlich senken.

Weitere Themen

Mit beeindruckenden Bildern berichte- te Valery Polyakov, Russland, der mit 438 Tagen die bisher längste Zeit eines Menschen im Weltraum verbrachte, über das Leben im Weltraum und be- tonte dabei die wichtige Rolle regel- mäßigen körperlichen Trainings (mit täglich mindestens zwei Stunden Trai- ning auf dem Laufband, dem Fahrrad- ergometer oder in Form von Zugübun- gen an Gummibändern) zur Aufrech- terhaltung der Gesundheit und Fitness unter diesen Extrembedingungen.

Eine Betrachtungsweise von Taek- wondo, die die üblichen Vorstellungen über diese Sportart korrigiert, vermit- telte Europas jüngster Schwarzgürtel- träger des 4. Dans, Christian Senft (rechts in der Abbildung). Er präsen- tierte Taekwondo als asiatische Kampf- kunst mit Elementen der Körperbe- herrschung und Koordinationsschu- lung, wie sie bis ins Seniorenalter (auch zum Beispiel zur Sturzprävention) ge- lehrt werden können.

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A580 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 9½½½½1. März 2002

In einem Fußballtrainer- und Mann- schaftsärztesymposium mit dem The- ma: „Fußballnationalmannschaft 2012 – Entwicklung aus trainingswissen- schaftlicher und sportmedizinischer Sicht“ wurde die Bedeutung einer sy- stematischen langfristig angelegten Ju- gendarbeit seitens der Vereine, beglei- tet von sportmedizinischer Beratung, dargelegt. Aus sportmedizinischer Sicht erläuterte Wilfried Kindermann, Saarbrücken, moderne Leistungsdia- gnostik im Fußballsport. Im deutschen Fußball muss neben der Ausdauer auch vor allem Sprintvermögen trainiert werden, um sportartspezifisch ein aus- gewogenes Verhältnis beider Qualitä- ten zu erhalten. Gerade für eine gute Leistungsfähigkeit sind zudem ausrei-

chend Pausen zur Regeneration zwi- schen den Trainingseinheiten notwen- dig.

Der nächste Deutsche Kongress für Sportmedizin und Prävention findet vom 26. bis 29. September 2003 in Pots- dam statt.

Weitere Informationen im Internet unter www.sportme- dizinkongress.de und www.dksp2001.de

Die Zusammenfassungen aller Beiträge liegen in einem 124 Seiten umfassenden Sonderheft der Deutschen Zeit- schrift für Sportmedizin vor (2001; 52: Sonderheft: 7–8).

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med. Gerd Hoffmann Johann Wolfgang Goethe-Universität Institut für Sportwissenschaften Ginnheimer Landstraße 39 60487 Frankfurt am Main

Eine schottische Kohortenstudie konnte erneut die Bedeutung der Frühdefibril- lation bei Herzstillstand unterstreichen.

Zwischen 1991 und 1998 wurden 13 822 nicht im Krankenhaus aufgetretene Herzstillstände registriert und die Über- lebensrate mit der Zeit korreliert, die bis zum Eintreffen medizinischer Hilfe und der Durchführung einer Defibrillation verging. Dabei zeigte sich bei einer Ver-

kürzung der Zeit bis zum Eingreifen von 15 Minuten auf fünf Minuten eine nahe- zu verdoppelte Überlebensrate. acc Pell JP et al.: Effect of reducing ambulance response times on deaths from out of hospital cardiac arrest: co- hort study. BMJ 2001; 322: 1385–1388.

S. Cobbe, Dep. of Medical Cardiology, University of Glas- gow, Glasgow Royal Infirmary, Glasgow G31 2ER, Groß- britannien.

Herzstillstand: Zeit ist alles

Referiert

Die Inzidenz der koronaren Herzer- krankung (KHK) ist bei jüngeren post- menopausalen Frauen, die eine Östro- gensubstitution erhalten, verringert.

Laut einer randomisierten placebokon- trollierten Studie aus den USA tritt die- ser Effekt vermutlich durch eine Ver- besserung des Profils der Serumlipide auf. Hier konnte nun auch bei älteren Frauen ab 75 Jahren gezeigt werden, dass bereits nach neunmonatiger Ein- nahme von Östrogenen die Werte für das so genannte kardioprotektive HDL- Cholesterin signifikant anstiegen, wo- gegen LDL-Cholesterin abfiel. Ob in

dieser Altersgruppe auch die Inzidenz der KHK durch Östrogensubstitution abnimmt, bleibt jedoch noch abzuwar-

ten. acc

Binder EF et al.: Effect of hormone replacement therapy on serum lipids in elderly women. Ann Intern Med 2001;

134: 754–760.

Dr. E. F. Binder, Division of Geriatrics and Gerontology, Washington University School of Medicine, 4488 Forest Park Boulevard, Suite 201, St. Louis, MO 63108, USA.

Östrogensubstitution beeinflusst Serumlipide günstig

Referiert

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