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I Mit Teilchendetektoren gegen Atomwaffen

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B R E N N P U N K T

26 Physik Journal 17 (2018) Nr. 6 © 2018 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

zungen zufolge nur ein bis sechs Kilogramm Plutonium benötigt [2].

Weil die Behälter die Strahlung aus dem Inneren sehr gut abschir- men, lässt sich durch Messungen mit Gamma- oder Neutronendetek- toren nicht jedes Entwenden von Brennelementen erfassen – insbe- sondere, wenn sie in der Mitte des Behälters platziert sind [3]. Daher setzt die IAEO bislang auf Video- überwachung und Siegel, sucht aber nach alternativen Methoden für den Fall, dass diese Techniken versagen.

Eine Idee ist es, den Inhalt der Behälter durch Myonen-Radio- graphie zu verifizieren. Myonen entstehen in der Höhenstrahlung und können die Brennelementbe- hälter passieren. Als geladene Teil- chen streuen sie aufgrund der Cou- lomb-Wechselwirkung vielfach an der Materie im Behälter. Die Wahr- scheinlichkeitsverteilung des ins- gesamt resultierenden Streuwinkels lässt sich dabei durch eine Normal- verteilung annähern, deren Varianz mit der Anzahl der vom Myon durchlaufenen Strahlungslängen ansteigt [4]. Die Strahlungslänge selbst verringert sich mit steigender Ordnungszahl des Materials. So streuen Myonen beispielsweise an Uranbrennstoff besonders stark.

US-amerikanische Forscher haben nun anhand von Simula- Forschungsbedarf besteht bei der

Verifikation abgebrannter Brenn- elemente in Zwischenlagern, die Plutonium enthalten. Zwar müsste das Plutonium zunächst in Wieder- aufarbeitungsanlagen abgetrennt werden, was großen technischen Aufwand bedeutet. Allerdings la- gert in einem einzigen Behälter wie den Castoren genug Plutonium für mehrere Sprengköpfe. Allein aus zivilen Kernenergie-Programmen haben sich insgesamt über zwei- tausend Tonnen Plutonium in abgebrannten Brennelementen an- gesammelt [1]. Für eine Kernwaffe werden unabhängigen Einschät-

I

m Nuklearen Nichtverbreitungs- vertrag haben sich die fünf Atommächte USA, Frankreich, China, Großbritannien und Russ- land zur nuklearen Abrüstung verpflichtet. Den anderen Mit- gliedsstaaten untersagt das auch als Atomwaffensperrvertrag be- kannte Abkommen den Erwerb und Bau von Kernwaffen. Neben militärischen Forschungsaktivitäten erfordert dies insbesondere den Be- sitz spaltbarer Materialien, die auch im Rahmen der zivilen Nutzung der Kernener gie verwendet und produziert werden. Aufgabe der In- ternationalen Atomenergiebehörde IAEO ist es, die Einhaltung des Ver- trags zu kontrollieren. Daher be- steht ein Schwerpunkt ihrer Arbeit darin, eventuelle Abzweigungen spaltbarer Materialien aus dem zivilen Kernenergiesektor für mili- tärische Zwecke zeitnah zu detek- tieren. Verifikationsmethoden sind Vor-Ort-Inspektionen in nuklearen Anlagen, um unter anderem durch den Nachweis von Neutronen und Gammastrahlung vorhandene spaltbare Materialien zu vermessen.

Darüber hinaus kommen Überwa- chungsmethoden wie beispielsweise Video kameras oder das Anbringen von Siegeln an Behältern mit spalt- baren Materialien zum Einsatz.

Mit Teilchendetektoren gegen Atomwaffen

Myonen-Radiographie und Antineutrinomessungen können helfen, mögliche Entwendungen abgebrannter Brennelemente aus Zwischenlagern zu detektieren.

In Behältern, die wie die Castoren im Zwischenlager Gorleben abgebrannte Brenn­

elemente enthalten, befinden sich weltweit mehrere tausend Tonnen Plutonium.

GNS Gesellschaft für Nuklear Service mbH

Und ewig schwingt die Saite...

Der Gruppe von Tobias Kippenberg an der EPFL ist es gelungen, eine Saite im Nanoformat zu erzeugen, die bei einer Frequenz von 1 MHz zehn Minuten lang schwingt. Das entspricht einer Gitar rensaite, die – einmal angeschla­

gen – einen Monat lang klingt. Mög­

lich wird dies durch ein extremes Überdehnen des Materials: Die Saite ist nur 1 nm dick, dabei aber 1 cm lang.

Damit könnte man die winzigen Kräfte von 10–18 N „hörbar“ machen, die auf­

treten, wenn sich Laserlicht in einem Wellenleiter bewegt – oder umgekehrt versuchen, im Lichtfeld die Vakuum­

fluktuationen der Saite zu „sehen“.

A. H. Ghadimi et al., Science (2018), DOI: 10.1126/science.aar6939

Frühreife Haufen

Massereiche Vorläufer von Galaxien­

haufen sind nach neuesten Beobach­

tungen mit ALMA und APEX viel früher entstanden, als es Modelle bisher vor­

hersagten. Bereits weniger als 1,5 Milli­

arden Jahre nach dem Urknall setzte die Haufenbildung ein. Indiz dafür sind zwei schwache Lichtflecken, die mit dem Weltraumteleskop Herschel bei einer Rotverschiebung von z = 4,3 ent­

deckt wurden. Sie entpuppten sich als Gruppen von 10 bzw. 14 massereichen, sternbildenden Galaxien und befinden sich in einem Umkreis von etwa 50 kpc, dem Abstand von Milchstraße und Magellanschen Wolken.

I. Oteo et al., ApJ 856, 72 (2018) und T. B. Miller et al., Nature 556, 469 (2018)

K U R Z G E FA S S T

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B R E N N P U N K T

© 2018 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Physik Journal 17 (2018) Nr. 6 27 tio nen und Messungen gezeigt,

dass sie durch den Nachweis des mittleren Streuwinkels unter- scheiden können, ob die Behälter teilweise oder vollständig mit Brennelementen gefüllt sind []. Sie verwenden dazu zwei auf gegen- überliegenden Seiten der Behäl- ter platzierte Anordnun gen von Driftröhren, welche die Myonen- spuren messen. Daraus lässt sich die Verteilung der Streuwinkel als Funktion der Position im Behälter berechnen. Bei fehlenden Brenn- elementen ist der durchschnittliche Streuwinkel an der entsprechenden Position geringer als bei einem vorhandenen Brennelement (Abb. ).

Typische Messzeiten betrugen in der vorliegenden Studie drei Mona- te, was sich durch eine optimierte Detektorkonfiguration reduzieren könnte. Der Nachweis, wie zuver- lässig einzelne fehlende Brennele- mente detektiert werden, steht aber noch aus.

Forensik mit Antineutrinos Eine weitere Methode besteht da- rin, den Inhalt der Behälter anhand des Flusses von Antineutrinos zu bestimmen. Diese entstehen durch Betazerfälle der radioaktiven Nu- klide und treten aus den Behältern aus. In Szintillationsdetektoren erzeugen sie ein charakteristisches Signal: Beim inversen Betazerfall entstehen aus einem Elektron- Antineutrino und einem Proton ein Neutron sowie ein Positron.

Während das Positron seine Ener- gie rasch im Detektor deponiert, erfolgt der Nachweis des Neutrons verzögert, weil dazu ein Modera- tionsprozess nötig ist.

Forscher der Universität Mainz und der Virginia Tech in den USA haben mit Simulationen gezeigt, dass der Nachweis von Antineutri- nos es unter anderem erlaubt, das Abzweigen abgebrannter Brenn- elemente aus Zwischenlagern zu detektieren []. Eine Herausforde- rung ist hierbei, dass der inverse Betazerfall aufgrund seiner Mas- senbilanz erst ab Neutrinoenergien von etwa 1,8 MeV stattfindet. Ge- rade langlebige Nuklide emittieren jedoch häufig Antineutrinos mit geringerer Energie. Daher nutzen

die Autoren in den Simulationen längerlebige Nuklide wie 90Sr: Mit einer Halbwertszeit von 29 Jahren zerfällt es in ein kurzlebiges Nuklid (90Y, T1/2 = 64 h), das Antineutrinos mit Energien oberhalb der Detek- tionsschwelle emittiert.

Problematisch ist zudem der Hintergrund, der koinzidente Detek torsignale hervorruft, die als inver ser Betazerfall interpretiert werden könnten. Dieser kann um Größenordnungen häufiger auftre- ten als die gesuchten Signale, lässt sich aber teilweise durch ortsauf- gelöste Detektoren unterdrücken [, ]. Beispielsweise werden zufällig koinziden te Signale – im Gegensatz zu den korrelierten Signalen des inversen Betazerfalls – selten in ört- licher Nähe detektiert. Die Auto ren der Studie nehmen an, dass zukünf- tig eine ausreichende Reduktion des Hintergrunds möglich ist, und berücksichtigen in ihren Simula- tionen nur Antineutrinos aus an- deren Quellen als den Abfällen als Hintergrund.

Als Modell dient ein Zwischen- lager mit zehn Jahre alten Abfällen, wobei in einem Fall drei Prozent der Abfälle fehlen. Das entspricht zwei halbleeren Behältern. Ein Detektor mit 20 t Szintillatormasse braucht in einer Entfernung von etwa 0 m eine Messzeit von ein bis zwei Jahren, um beide Fälle zu un-

Dr. Malte Göttsche, Graduiertenschule AICES und III. Physi­

kalisches Institut B, RWTH Aachen, Schinkelstr. 2a, 52062 Aachen

terscheiden. Größere Detektoren, eine geringere Distanz oder jüngere Abfälle reduzieren die Messzeit. Mit den Neutrinodetektoren ergeben sich also noch längere Messzeiten als bei der Myonen-Radiographie.

Allerdings können die Neutrino- detektoren in einiger Entfernung stehen und ein gesamtes Zwischen- lager überwachen, während für die Myonen-Radiographie zwei Detek- toren pro Behälter notwendig sind.

Um das Entwenden von Brenn- elementen zeitnah zu detektieren, gilt es in beiden Fällen, die Mess- zeiten zu reduzieren. Sofern dies gewährleistet ist, können beide neuen Verfahren dazu beitragen, eine Lücke bei der Verifikation von Zwischenlagern zu schließen.

Malte Göttsche [1] D. Albright et al., Institute for Science

and International Security Report, 16. November 201

[2] H. M. Kristensen und R. S. Norris, Bull. At. Sci. , 41 (2018)

[3] P. Peerani und M. Galletta, Nucl. Eng.

Des. , 94 (2007)

[4] C. Patrignani et. al. (Particle Data Group), Chin. Phys. C , 100001 (2016) [] M. Durham et al., Phys. Rev. Applied ,

044013 (2018)

[6] V. Brdar et al., Phys. Rev. Applied 8, 0400 (2017)

[7] Y. Abreu et al., JINST , P04024 (2017) [8] N. S. Bowden et al., Applied antineutri- no physics 201 – conference summary, arXiv:1602.0479

Abb.  Ein Vergleich von Simulationen vollständig gefüllter (a, blau) und leerer Behälter (rot) zeigt, dass der mittlere Streuwinkel der Myonen als Funk­

tion der horizontalen Position im Behälter vom

Füllstand abhängt. Die Messdaten (Punkte) stam­

men von einem teilweise gefüllten Behälter (b). Die Werte liegen wie erwartet zwischen den Ergebnis­

sen für die simulierten Konfigurationen.

–50 0 50 100 150 200 horizontale Position in cm a

horizontale Position in cm

mittlerer Streuwinkel in mrad

–50 0 50 100 150 200

32

30

28

Messung, teilweise gefüllter Behälter Simulation, vollständig gefüllter Behälter Simulation, leerer Behälter

b

aus [5]

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