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SUCHE NACH IDEALEN Mark Knopfler und Chuck Ainlay in den British Grove Studios

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Academic year: 2022

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Kleine Gasse: British Grove

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98 grand gtrs

Mark Knopfler und Chuck Ainlay in den British Grove Studios

SUCHE NACH IDEALEN

Mark Knopfler

Neues Doppel-Album: „Privateering“

Sie sind selten geworden, die großen Tonstudios, bei denen sich das Budget ganz der opti- malen eigenen Soundfindung unterordnet. Mark Knopfler hat sich so eines bauen lassen, unter anderem mit zwölf Bandmaschinen, alten Mikro- fonen und alten Mischpulten.

Wir haben Knopfler und seinen Produzenten Chuck Ainlay beim Mixing seines neuen Albums „Privateering“ besucht.

Von Nicolay Ketterer.

Fotos: Wolfgang Manns, Universal Music

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Ainlay, seit Anfang der 1980er im Geschäft, hat in Nashville gearbeitet, etwa mit George Strait, Miranda Lambert und Lyle Lovett. Am meisten ist sein Name allerdings mit Knopfler verbunden, dessen Solo-Alben – inzwischen sie- ben – alle Ainlay koproduziert und gemischt hat, wie auch das letzte Album der Dire Straits, „On Every Street“, vor über 20 Jahren. Die beiden sitzen gerade in einem der bei- den Regie-Räume, mischen Knopflers neuestes Werk, das Doppel-Album „Privateering“.

Früher hat Knopfler ein Heimstudio gehabt in seinem Haus im Londoner Stadtteil Notting Hill, hat dort das Album seines Teilzeit-Projekts, der Notting Hillbillies, auf- genommen, „Missing… Presumed Having A Good Time“, später Teile seines dritten Solo-Albums „The Ragpicker’s Dream“. Der Unterschied zwischen dem früheren Heim- studio, bei dem man das Telefon und die Türklingel auf dem Band hören konnte? Das sei der Unterschied zwi- schen einem beschissenen Go-Kart und einem Rennwa- gen, sagt Knopfler. British Grove sei unglaublich flexibel.

„Man macht alle seine Fehler in seinem kleinen Heim- studio und verdammt viele Fehler in fremden Studios noch dazu. Ich zumindest. Da haben Chuck und ich an- gesetzt und uns das Konzept für das Studio überlegt, als einen Ort, der all die Probleme nicht hat, denen man über die Jahre begegnet.“ Jede Aufnahme-Situation, die man sich ausmale, solle man dort realisieren können, das war die Idee, sagt er. Ob man sich an fremde Studios nicht erst gewöhnen müsse, an ihren Sound, ihre räumlichen Ge- gebenheiten? „Bei vielen Studios muss man um den Sound kämpfen. Teilweise hängt es natürlich damit zu- sammen, sich mit dem Handwerk auszukennen, aber manchmal zieht man einfach in eine Schlacht, um den gewünschten Sound herauszubekommen. Hier drinnen, so scheint es jedenfalls, können die Leute einfach aufneh- men und sich gleich der Kreativität widmen.“

Die beiden Regie-Räume beherbergen ein Neve- und ein API-Mischpult, sie haben in den British Grove Studios zwölf Bandmaschinen und eine große Mikrofonsamm- lung. „Ein paar Neumann M-50, M-49, U-47, U-67, KM- 53, 54, 56, U-64, Telefunken 251, AKG C-12 – all die

Mikros, die man sich nur wünschen könnte“, berichtet Ainlay. Dazu kommen noch Coles-, AEA- und Royer- Bändchenmikrofone.

Wie wichtig ist die Suche nach dem perfekten Sound, um eine Songidee zu transportieren? „Ich glaube nicht an Perfektion. Das interessiert mich nicht. Ich versuche ein- fach, eine gute Platte zu machen, wenn ich kann. Das ist alles“, sinniert Knopfler. „Du schreibst einen guten Song und machst eine gute Aufnahme davon, nur darum geht’s. Aber das ist natürlich einfacher in einem Studio wie dem hier. Allein der Sound im Aufnahmeraum!“ Das mache einen riesigen Unterschied, sagt er. „Du kannst mit verschiedenen Mikrofonen arbeiten und herausfin-

Tontechniker Chuck Ainlay im API-Regieraum

Der Neve-Regieraum

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den, was sie am Ende für einen Unter- schied machen. Du kannst den Raum kreativ nutzen. Etwa, wenn du Neu- mann M-50 als Raum-Mikrofone für Streicher einsetzt – das kannst du hier mit Gitarren machen, um den Raum-

sound zu nutzen! Das war eine wundervolle Erfahrung für mich. Außerdem könntest du eine Mandoline in der kleinen Aufnahmekabine spielen und gleichzeitig einen Heavy Metal Drummer im Raum spielen lassen, und du würdest ihn nicht auf dem Mandolinen-Track hören. Du kannst also in die verschiedenen Extreme des Aufneh- mens gehen – etwa eine Rock’n’Roll Live-Einspielung im großen Raum, was wir gemacht haben. Du kannst die

Leute zu einem gewissen Grad isolieren und den Anteil an Übersprechungen kontrollieren, um Übersprechun- gen kreativ zu nutzen“, informiert Knopfler.

Wie sieht er den Wandel des eigenen Soundideals, die Ent- wicklung hin zum kontrollierten digitalen Klang bei

„Brothers In Arms“ und zurück zum Vintage-Sound seiner Solo-Platten? „Ich denke, deine Palette verändert sich ein bisschen mit der Zeit. Manche Dinge haben wir mit einem bestimmten Maß an Klarheit aufgenommen, andere eher ziemlich rau.“ Man mache seine Fehler, wenn man die ganze Zeit experimentiert. „Das ist mir jedenfalls so ge- gangen – du machst alle deine Fehler in der Öffentlichkeit!

(lacht)So sieht’s nun mal aus, und dann machst du ein- fach weiter. Du hoffst, dass du mit der Zeit dazulernst.“

„Es gibt einfach so viele Klangrichtungen, und manche von den Teilen – die Mikrofone, die Vorverstärker und die Röhren – lösen eine Emotion oder eine Erinnerung aus an Aufnahmen in der Vergangenheit“, meint Produzent Ainlay. „Das hat einen Einfluss darauf, wie man eine Platte wahrnimmt, wenn man sie sich anhört. Diese

‚klanglichen Marker‘, so könnte man sie wohl nennen, probierst du aus und greifst danach. So wie Musiker beim Songschreiben musikalische Haken schlagen, um dich irgendwohin auf die Reise mitzunehmen.“ Klanglich ver- suche er das Gleiche. Die „klanglichen Marker“ bergen allerdings auch Risiken, zum Beispiel für junge Bands, die ein bestimmtes Mischpult oder Mikrofone verwen- den, um sich selbst den Klang zu verpassen, den ihre Hel-

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100 grand gtrs

„Die größte Bass-DI der Welt“: Das EMI REDD-51-Pult, das letzte seiner Art Geräumig: Der Live-Raum

Vier von zwölf Bandmaschinen in den British Grove Studios

Altes EMI TG-1-Pult

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Längst sind es nicht mehr nur die Nerds und Soziologie- studenten, die sich in großer Zahl zu seinen Konzerten trauen. Er hat es durch beharrliche Natürlichkeit ge- schafft, aus dem Kanon des Uncoolen in den des Zeitlo- sen zu entkommen. „Wenn du künstlerische Musik machst, kann sie dich dein Leben lang begleiten. Das ist nichts, was für einen Moment gemacht ist. Wenn jemand etwas für den Moment macht, ist er schon hinterher zu dem Zeitpunkt, an dem es rauskommt“, erzählt Ainlay.

„Wir versuchen auf jeden Fall, Musik zu machen, die be- stehen kann. Und das beginnt mit dem Klang, wenn wir sie aufnehmen.“

Dieses Mal haben sie die Songs des neuen Albums teil- weise vorher auf der Bühne ausprobiert, letztes Jahr auf der gemeinsamen Tour mit Bob Dylan, den Titelsong

„Privateering“, „Haul Away“ und „Corned Beef City“ etwa.

Allesamt Songs, die Knopflers Status als ruhigen, reflek- tierenden Songwriter bekräftigen. „Sie kamen ins Studio direkt am Tag, nachdem die Tour vorbei war“, erinnert sich Ainlay. „Vieles davon war frisch und unverbraucht, weil es gerade erst live gespielt worden war.“ Der umge- kehrte Weg anstatt dem, wo Songs erst nach der Auf- nahme ihr Eigenleben entwickeln, wo der Künstler danach noch Feinheiten auslotet, die er vielleicht gerne mit aufgenommen hätte. „Wir wollten, dass es sich für jeden wie eine Band anfühlt. Normalerweise haut jeder ab in eine andere Richtung, wenn eine Tour vorbei ist.

Hier waren sie, sind gerade alle zusammen abgehangen, etwa bei einem gemeinsamen Glas Wein, im gleichen Hotel und im gleichen Bus, und sind direkt ins Studio gekommen für ein paar Wochen.“ So war die zweite Hälfte der Aufnahmen, erzählt er. Sie hatten schon einen Teil vorher aufgenommen, letztes Jahr im Juni und Juli.

Sein Studio vermietet Knopfler auch. Das übliche Pro- blem, das mancher Künstler und Studiobesitzer dabei er- fährt, wie etwa Peter Gabriel, dass das eigene Studio bereits vermietet ist, wenn man selbst aufnehmen möchte, hat er auch bereits erlebt. „Aber das Studio ist zum Benutzen da, darum geht’s eigentlich. Und das ist auch wichtig, weil dadurch alles wirklich funktionsfähig gehalten wird. Wenn du dann irgendwas einstöpselst, funktioniert es auch.“ Knopfler beschäftigt vier Prakti- kanten, um das Wissen über analoge Technik an die künf-

tige Generation weiterzugeben. „Die Hauptsache für sie 1%,)4, %!+%1 %432#(+!-$

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ist, sich um die Studer A-800-Maschinen zu kümmern mit den ganzen Werkzeugen und um die ATR-Maschi- nen. Ich habe viele verschiedene Mastering-Formate, Viertelzoll-, Halbzoll- und Ein-Zoll-Maschinen.“

Der 63-Jährige besitzt auch zwei alte EMI-Mischpulte, wie man sie aus den Abbey Road Studios kennt, alte Tech- nik der 1960er und 1970er. Die großen Fader erinnern eher an die Schub-Hebel eines alten Flugzeugcockpits.

Das größere Pult, ein TG-1, kam aus Lagos, Nigeria. „Das ist das Pult, mit dem Geoff Emerick das ,Band On The Run’-Album von Paul McCartney aufgenommen hat.“ Sie benutzen es meist für die eingebauten Kompressoren, um Raum-Mikrofone damit zu komprimieren. Das an- dere, ein REDD 51, wurde seit 2007 bei Mark Knopfler als „die weltgrößte Bass-DI eingesetzt“, wie Keyboarder Guy Fletcher bei den Aufnahmen zu „Kill To Get Crim- son“ kundtat. „Das ist das letzte seiner Art, vom Typ der Vintage-Pulte, die die Beatles bei Abbey Road benutzt haben. Das kam aus Italien. Beide sind komplett über- holt“, erläutert Ainlay.

Im hinteren Abteil des großen Aufnahmeraums stehen noch Knopflers Amps, etwa das Reinhardt „Talyn“-Topteil samt Marshall 4x12er Box und ein Tone King „Metropoli- tan“. „Wir nehmen eine DI-Spur auf, und wenn die Per- formance von seinem Guide-Track gut ist, er aber seine aktuelle Amp- oder Raum-Mikrofonierung haben möchte, re-ampen wir das Signal und benutzen damit trotzdem den ursprünglichen Take“, erzählt Ainlay. „Generell ver- wenden wir ein SM-57 und ein Neumann U-67, dazu viel- leicht eine Raum-Mikrofonierung, je nach Song, falls es sich so anfühlt, als dass ein längerer Ausklang im Raum

nötig wäre, verschieben wir die Mikros. Dazu verwenden wir Neumann M-50 oder M-49, manchmal ein U-47 als Raummikro.“ Bei den letzten paar Songs haben wir ein Royer R-121 zusammen mit einem SM-57 eingesetzt. „Die hatten hier ein paar Royer-Mikros zum Ausprobieren da und waren nicht wirklich glücklich mit dem Sound, aber ich habe gesagt, ihr müsst ein Royer haben, die klingen großartig für Gitarren! Für sich alleine, wenn man sich das Royer anhört, klingt es eher dumpf und nicht wirklich beeindruckend, aber es hat genau die richtige Mittenbe- tonung, um sich durchzusetzen.“

Bei Knopflers 1936er National „Style-O“-Resonator-Gi- tarre probieren sie unterschiedliche Mikrofone, je nach- dem, wo sie hinwollen, erzählt Ainlay. „Ein AKG C-12 manchmal, aber im Allgemeinen verwende ich im Mo- ment ein Bändchen-Mikro zusammen mit einem Neu- mann KM-56. Das Bändchen-Mikro platziere ich in der Nähe der Brücke und das KM-56 über dem Finger - picking-Bereich und mische die beiden zusammen.

Trotz der ganzen Technik in den British Grove Studios zählt für Ainlay die Quelle mehr als alles andere: „Der echte Star ist der Künstler, und wenn man den sich wohl- fühlen lässt, sicherstellt, dass er sich im Studio gut hören kann, dann macht er alles für dich, und du musst eigent- lich gar nicht so viel arbeiten“, meint Ainlay. Knopfler er- gänzt: „Wenn der Song gut ist, dann ist das schon mal ein guter Anfang, und wenn er dann auch noch gut arrangiert ist, klingt das Ergebnis bereits gut. Wenn du dann noch großartige Musiker hast – die werden teilweise selbst zu Arrangeuren, also helfen sie dir dabei. Das ist das, was Chuck meint – es ist eigentlich schon alles gemacht.“

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102 grand gtrs

Knopflers Amps im Aufnahmeraum: In der Mitte ein Reinhardt „Taryn“-Topteil und rechts ein Tone King „Metropolitan“

Mark Knopfler mit Fender Signature-Strat

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