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Wie sch ell wir doch falle, we wir ei al rutsche. Der Gefühlshaushalt von Sozialabsteigern. Masterarbeit

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Academic year: 2022

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Wolfgang Winkler

„Wie sch ell wir doch falle , we wir ei al rutsche .“ – Der Gefühlshaushalt von

Sozialabsteigern

Masterarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades eines Master of Arts

der Studienrichtung Soziologie an der Karl-Franzens-Universität Graz

Betreuerin: Assoz. Prof. Mag. Dr. Sabine A. Haring Institut für Soziologie

Graz, Mai 2017

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Ehrenwörtliche Erklärung

Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen nicht benutzt und die den Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Die Arbeit wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen inländischen oder ausländischen Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht. Die vorliegende Fassung entspricht der eingereichten elektronischen Version.

Datum: 29.5.2017 Unterschrift:

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Inhaltsverzeichnis

Einleitung ……… .. 1

1. John O Haras Appointment in Samarra (1934) – Stationen einer fatalen Scham-Wut- Spirale ……… . 21

1.1 Der erste Abend: Auslöser und Hintergründe ……… 28

1.2 Der zweite Tag: Scham, Angst und Ärger – Julian English überspielt seine Emotionen und setzt eine zweite Aktion ……… . ………… 33

1.3 Der dritte Tag: Die Spirale dreht sich weiter – Julian driftet ab ……… 44

1.4 O Hara und die Sozialwissenschaften – Begegnung in Samarra im Licht der Scheffschen Schamanalysen … . ……… 56

1.4.1 Analytische Schärfe und theoretische Unterfütterung … .. ……… 56

1.4.2 Verdrängte und übergangene Scham .. ……… .. 62

2 „ Das Unglück frißt am Leben wie Rost “ – Absteigerhabitus und Scheitern als Chance in Saul Bellows Seize the Day (1956) ……… 71

2.1 Zähigkeit, Wandel und Schichten eines „ angelernten “ Eindrucks- und Gefühlsmanagements ……… 82

2.2 Die somatischen Erfahrhungen eines Sozialabsteigers ……… .. 86

3 Der Absturz des Finanzaristokraten – Schreck, Empörung, Wut und das untergründige Fortwirken der Ehrverletzung in Louis Auchincloss The Embezzler (1966) ……… . 91

3.1 Der erste Schreck, Unglaube, Empörung .. ……… . 94

3.2 Das Gesicht wahren um jeden Preis ……… . 97

3.3 Verweigerte Scham – und ein Autor, der es wissen muss … . ……… .. 101

4 „ Vergrößerte Angst “ , intergenerationelle Übertragbarkeit von Gefühlen und die Resilienz von Vater und Sohn – John Updikes Kurzgeschichte My Father on the Verge of Disgrace (1997) ……… 105

4.1 Erlernte Ängste und deren allmählicher Rückbau ……… .. 105

4.2 Abstieg, Charakterstruktur und Adaption: Ein neuer Typus ……… 113

5 Gemeinsam am Abgrund – Stewart O Nans The Odds: A Love Story (2012) ……… . … 118

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5.1 Gemeinsam einsam – zu zweit bereit: „ Intervenierende Variablen “ , Phasen und die Richtung der Beziehungsdynamik in Annäherung an den Abgrund ………… 125 5.2 Zusätzliche Aspekte, Vergleich und Fazit ……… .. 133 5.3 Der Autor: Positionen und Positionierung ……… 138 6 Schluss ……… .. 143 6.1 Zentrale emotional-affektuelle Aspekte sozialer Abstiegserfahrungen … .. …… 143 6.2 Die Feinabstimmung der Erfahrungen ……… .. … . 148 6.3 Ungesagtes, Ausblick ……… ... 156 Literaturverzeichnis ……… .... 162

Schluss S. 170-190

Literaturverzeichnis S. 190-197

(5)

1

Einleitung

Die Entscheidung, hier, wie es im Titel heißt, den Gefühlshaushalt von Sozialabsteigern

1

näher unter die Lupe zu nehmen, verdankt sich einer spezifischen Mischung von Motiven. Da ist zunächst einmal die Thematik selbst, die sich in den letzten ein, zwei Jahrzehnten – parallel zu ihrer zunehmenden Virulenz – immer stärker in den Vordergrund geschoben hat.

Lä gst si d “ hlag o te ie „A ä tsspi ale , „P eka iat u d „P eka isie u g ode Fo ulie u ge ie das „A ö kel des Mittelsta ds au h h ierzulande – inmitten des reichen Westens, der reichen EU – in den allgemeinen Sprachgebrauch der Tagespresse und der Durchschnittsbürger eingegangen. Und auch wenn sie durchaus unterschiedliche Probleme bezeichnen (und andere aussparen)

2

, so weiß doch jede/jeder etwas damit anzufangen. Dass, beginnend in den frühen 1990er Jahren, unter dem Signet des Neoliberalismus eine neue Ära anbrach, in der Vollbeschäftigung, gesicherte Arbeitsplätze und Arbeitnehmerschutz, eine einigermaßen gerechte Verteilung des Wohlstands und ein mehr oder weniger hochentwickeltes Sicherheitsnetz in Gestalt des Wohlfahrtsstaates keine Selbstverständlichkeiten mehr darstellen (vgl. u.a. Winkler 2014, Ther 2014),

3

ist inzwischen

1De Beg iff des „Gefühlshaushalts , ei No e t Elias aufges h appt, de ih – neben anderen – gerne dann verwendet, wenn er möglichst allgemein über menschliche Bewusstseins- und Gefühlsinhalte (die individuelle E le isko po e te sp i ht u da it spezifizie te e Bezei h u ge ie „soziale Ha itus , „Affektst uktu u.Ä. zu e eide , soll au h hie i diese eut ale u d „ga zheitli he Bedeutu g e sta de e de . E bezeichnet, auf die hier verfolgte Thematik zugeschnitten, alle denkbaren Gefühlsregungen und -inhalte, die mit der speziellen Lage des Sozialabsteigers/der Sozialabsteigerin in Verbindung stehen.

2 So weisen et a die „ha te sozialstatistis he Date sä tli he OECD-Länder darauf hin, dass vor allem die

„u te e u d e glei hs eise ge i g ualifizie te “ hi hte da o et offe si d gl. dazu u.a. die ei Burzan/Berger [dies. 2010] versammelten Aufsätze).

3 Dass eine gedrängtere Darstellung der global-westlichen wirtschaftspolitischen Entwicklungen seit den 1990ern kaum möglich scheint –u d i ht u de „Neoli e alis us dafü e a t o tli h zei h et –, ist mir bewusst. Tatsächlich existiert eine ungeheuer umfängliche Literatur zu diesem Generalthema – de „ eue O d u g auf de alte Ko ti e t , ie es et a ei Phillip The , fü Eu opa gesp o he , i U te titel heißt – und all seinen angesprochenen Teilaspekten. Einige davon, wie etwa die Debatte über die Verteilungsgerechtigkeit bzw. die explosionsartige Vergrößerung des Abgrunds zwischen Vermögenden und

„ o ale “taats ü ge u d de e das Gesells haftsgefüge ed ohe de “toßk äfte – angestoßen durch einen Artikel von Piketty und Saez (vgl. dies. 2006), und seither selbst explodiert –, haben in jüngster Zeit regelrechte Popularität erlangt. Hier werden die Akzente, wie gleich geschildert wird, anders gesetzt. Das gestattet es, die angeschnittenen Fragen kurz zu halten. Als Hintergrundwissen gilt es sie freilich stets präsent zu halten. So etwa den Umstand, dass die hohen Prosperitätsraten der Nachkriegszeit, die für diesen nie gekannten Wohlstand und, in vielen Teilen dieser westlichen Welt, einen hohen Grad an sozialer Sicherheit sorgten, bereits i de e Jah e ih e e ste g öße e Ei k i k „Ölp eiss ho k e le te . Dass a e i verschiedenen Ländern – zu unterschiedlichen Zeitpunkten, in unterschiedlichem Maße und aufbauend auf gewachsene eigene Traditionen (etwa die relative Stärke des Wohlfahrtsstaates) – recht unterschiedlich darauf

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2

jedenfalls hinlänglich bekannt – und für weite Teile de Be ölke u g au h zu spü e . „ Die Abstiegsgesellschaft Na ht e etitelte u lä gst ei deuts he “oziologe sei neuestes Buch.

Und doch besteht, wie in der ersten tastenden Recherchephase recht schnell deutlich wurde, im Blick auf diese gesellschaftlich-mediale Aufmerksamkeit ein merkwürdiger Kontrast zu dem, was die Wissenschaft – die Sozialwissenschaften im weitesten Sinn – im Konkreten dazu zu sagen hat. Auf jeden Fall gestaltete es sich überraschend schwierig, einschlägig-empirisches Material aufzustöbern; zu sehr auf andere Schwerpunkte fokussiert erscheint die (gegenwärtige) Forschung zur sozialen Mobilität von Menschen – und das innerhalb bestimmter Grenzen durchaus zu Recht, ist doch, in absoluten Zahlen ausgedrückt, die Frequenz im Segment der Downward Mobility erfreulicherweise noch immer deutlich niedriger als in ihrem Gegenstück.

4

Ein entsprechender Mangel herrscht vor allem dort, wo es darum geht, genauere Auskünfte darüber einzuholen, was es bedeutet – wie es sich anfühlt – , die Stufen der sozialen Leiter hinunterzurutschen.

5

Im Grunde gelang es mir nur,

reagiert wurde und so z.B. in Großbritannien und den USA, wo im Sinne von Reaganomics und Thatcherismus besonders früh und rigide gegengesteuert wurde, ganz andere Erfahrungsräume geschaffen wurden als beispielsweise in Deutschland und Österreich, wo man sich für spätere und mildere Varianten der

„Ve s hla ku g des “taates, ie ei es de ke zei h e de “ hlag o te lautete, e ts hied. Diese u d a de e Unterschiede sind hier insofern von Belang, als im Folgende .a. de „Alltags au de U“A i Vo de g u d steht – und dadurch die Übertragbarkeit der gewonnenen Einsichten eine gewisse Einschränkung erfährt; für die betreffenden Menschen sowieso.

4 Auf die Schwierigkeiten bei der Berechnung dieser quantitativen Unterschiede – sie werden in der Regel mittels der Bildungsabschlüsse und nicht nach dem Einkommen ermittelt (was etwa im Falle der USA mit ihren hohen Collegeabschlussraten der ersten beiden Nachkriegsgenerationen das zusätzliche Problem des Messausgangsniveaus aufwirft etc.) –, wird hier nicht weiter eingegangen. Es sei aber erwähnt, dass die Daten insgesamt, und zwar für Europa und die USA (vgl. Acs 2011; Newman 1993, 1999, Newman/Tan 2007, Newman 2012), recht eindeutig in die genannte Richtung zu weisen scheinen. In Europa erscheint das Übergewicht aufseiten der Aufsteiger, denen über weite Strecken der Nachkriegszeit beinah die ganze Aufmerksamkeit der Soziologie gehörte, sogar noch größer. Dennoch sind auch hier die Relationen in Bewegung. Vor allem aber hat si h die su jekti e Wah eh u g, do h zu de Bed ohte zu gehö e „“pill-o e -Effekt; vgl. für Deutschland:

Lengfeld/Hirschle 2009), hier wie dort offenbar deutlich erhöht. Ein Seitenthema, wie noch in der letzten Ausga e o A tho Gidde s ielgelesener Einführung ins Fach, ist die Downward Mobility also nicht mehr.

Die Gelassenheit, mit der Giddens davon sprach, dass sie zwar noch immer weit seltener vorkomme als gesellschaftliche Aufstiege, sich aber in intergenerationeller Hinsicht ein Problem anbahnen könnte, scheint dahi . “ei Befu d, dass „thus fa de e tsp e he d „ e fe studies Gidde s/G iffiths : dazu existierten, hat aber noch immer eine gewisse Gültigkeit. Der Gerechtigkeit halber aber muss gesagt werden:

Dass die aus gesichert-mittelständischen Verhältnissen stammenden Absteiger vergleichsweise wenig Bea htu g fi de , liegt au h da a , dass die Auf e ksa keit de „Downward-Fo s hu g zu ‘e ht dahi geht, wo sich die massivste Bewegung beobachten lässt –ei e „Etage tiefer (vgl. Fn. 2).

5I iele Fälle geht diese A stieg plötzli h u d it so g oße Ges h i digkeit o si h, dass de „Fall i Sinne von downfall wahrscheinlich das treffendere Bild abgibt. In jedem Fall aber ist es der Prozess des Rutschens, Stürzens oder Fallens, der hier im Fokus steht.

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3

eine einzige größere soziologische Studie ausfindig zu machen, die über die nötige Nahsicht und Feinkörnigkeit verfügt, um darüber triftige Auskünfte zu geben – Katherine S. Newmans noch in den 1980ern angestrengte Erhebung Falling from Grace (1999)

6

. Die meisten anderen Arbeiten – darunter ebenso verdienstvolle wie anregende Bücher wie Heinz Budes Die Ausgeschlossenen (2008), Guy Standings The Precariat (2011), Oliver Marcharts Die Prekarisierungsgesellschaft (2013) und eben jüngst Oliver Nachtweys Die Abstiegsgesellschaft (2016) – bleiben in diesen Belangen vergleichsweise abstrakt und sind in der Regel stärker auf die Ursachen und Konsequenzen der sozialen Deklassierung abgestellt als auf diese Erfahrung selbst.

7

Schon die Symptomatik fällt im Verhältnis dazu eigentümlich blass aus. Diese ist zwar beispielsweise bei Herbert J. Gans (vgl. ders. 2009), einem deutsch-amerikanischen Soziologen, der seit Jahren mit den Abstiegserfahrungen von US-Immigranten befasst ist und einen regelrechten (erschreckenden) Katalog der möglichen bzw. wahrscheinlichen Depravierungserscheinungen erstellt hat, ungleich stärker.

8

Letztlich tendiert aber auch er eher zum Output denn zum „Doing Decline .

9

Abgesehen davon fallen ihm und anderen all jene durch den Rost, die allenfalls in der Vorstellung mit der Option

6)ue st e s hie e , u de das Bu h , e gä zt u ei eues Vo o t u d hi si htli h de „ha te sozialstatistischen Fakten aktualisiert, erneut aufgelegt; auf diese Neuausgabe beziehe ich mich hier. Einen Eindruck, wie einzigartig und umstürzend Newmans Arbeit – sie sollte eine ganze Reihe ähnlich gelagerter Erhebungen nachfolgen lassen – damals war, vermittelt folgender Kommentar aus einer zeitgenössischen Fa h eze sio : „In choosing to focus on those who fall, Newman not only challenges the conventions of so iolog ut also the ethi al fou datio s of ou atio al ultu e. Ki eldo f :

7U d das si d i ge isse Hi si ht u ei ige de „auffälligste Titel, die – abgesehen von Standing, der im angloamerikanischen Raum einen Bestseller landete – im deutschsprachigen Raum in den letzten Jahren dazu erschienen sind. In punkto Aufmerksamkeit hat sich also sehr wohl etwas getan, hinsichtlich der a gesp o he e „Bli dstelle e ige .

8„ … do a d o ilit , heißt es da, sei fü iele de I ig a te u d Flü htli ge i die U“A, sofe sie i de Hei atlä de i Bes häftigu g sta de , ei e u e eidli he E fah u g „to so e deg ee pai ful fo e e one of its victims, because it means a reduction in standard of living, social position and prestige. It can also result in a decline in personal autonomy, control and self-respect, and it can lead to self-blaming for the o upatio al de li e – unmittelbare Folgen und Reaktionsweisen, die wir auch bei den weißen Mittelklasse- und Oberschichtsamerikanern antreffen werden, die hier im Zentrum stehen. „The – und jetzt kommt es –

„follo de o alizatio , dep essio , st ess a d st ess-related diseases, addictive behaviour, family violence and breakup and other individual a d so ial ills. (Gans 2009: 1659) Hierin ergeht es den gebürtigen, einstmals etablierten Amerikanern, die hier anvisiert werden, dann zumeist doch besser, wie sich im Vorgriff sagen lässt.

Andererseits werden die meisten von ihnen hier gar nicht über eine so lange Wegstrecke begleitet, dass sich Aussagen über diese (Spät-) Folgen machen ließen.

9 Auch er beklagt im Übrigen den eklatanten Mangel an einschlägigen Studien und verweist – noch 2009! – auf die Alleinstellung Katherine Newmans. „Despite otable exceptions (e.g. Newman 1988), the huge literature on o ilit i ludes e dless studies of ‚status attai e t ut fe of lass a d status de li e. (Gans 2009: 1659)

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„soziale A stieg hade – u d au h auf diese Weg ü e aus „ ealistis he “ze a ie du hle e u d „authe tis he Gefühle e t i kel .

10

Newman nun hatte für ihren Teil in mehr als einhundertfünfzig in-depht I te ie s „fo used life histo ies dies. : XII it ie e s hiede e , o tatsä hli he u d e eits vollzogenem Abstieg betroffenen Gruppen von US-Amerikanern und -Amerikanerinnen – entlassenen Managern, gekündigten Fabriksarbeitern, Opfern des legendären PATCO- Fluglotsenstreiks von 1981

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u d ges hiede e F aue , du h egs „ e e s of the

espe ta le iddle lass Ki eldo f : – de Ei d u k ge o e , ei e „ e spe ial t i e Ne man 1999: X) kennengelernt zu haben, dessen Zugehörige über alle feineren sozioökonomischen und demografischen Unterschiede hinweg vor allem eines teilten: Ein tiefgreifendes Gefühl der Verunsicherung, Niedergeschlagenheit und Verwirrung.

Oft seien sie „ se eti e a d loiste ed gewesen, „o so e ilde ed thei fate that the fi d it ha d to e plai to the sel es, let alo e to othe s, hat has efalle the e d.: IXf. . Darüber hinaus steckten sie voller Schuldgefühle, Misstrauen und Scham. Aufs Ganze et a htet, hätte si h z a au h ei ige „he oes u te ih e efu de , „ who find ways to ise a o e thei i u sta es . Viel öfte a e ha e es si h u „lost souls geha delt,

„ a de i g the so ial la ds ape ithout di e tio . U d fast alle, au h dieje nigen, die besser mit ihrem Schicksal zurande zu kommen schienen, wiesen eine starke Vergangenheitsorientierung mit mehr oder minder depressiven Untertönen auf – „The

10 Während also in den aufklärerisch-aufrüttelnden Berichten und Überblicksdarstellungen mitunter die Neigu g he s ht, die „Ve dä htige allzu as h ü e ei e Ka zu s he e u d so i ht u die ötige Diffe e zie u ge zu u te lasse , so de s hli ht zu iele Me s he fü diese K eise zu „kooptie e , steht die nah an der praktischen Arbeit mit Betroffenen operierende Forschung eines Gans, aber auch ein Sample wie jenes von Katherine Newman, in Gefahr, nur Fälle faktischen sozialen Abstiegs in den Blick zu bekommen;

das ga ze „Hee de h pothetis h da it Befasste lie e auße o . Was diese Arbeiten – nunmehr exklusive Newman – grundsätzlich vereint, ist die implizite und durchaus stichhaltige Annahme, dass eine solche E fah u g kau oh e g öße e “ hade du hzustehe sei so et a Gidde s [ : ]: „[…] mobility of this type is uite ofte asso iated ith ps hologi al p o le s a d a ieties ). Weil aber der Weg dorthin zumeist unterbelichtet bleibt, stellt sich dieser Schritt stets als eine Art Sprung dar. Und damit schleicht sich insgeheim die Vorstellung mit ein, es müsse au h so ko e . De “i fü die „gesü de e Fallges hi hte geht da ei jedenfalls tendenziell verloren. Außerdem liegt in all diesen Betrachtungen das Schwergewicht ganz eindeutig auf den Abstiegsängsten. Auch diese sind fraglos zentral. Doch alle anderen emotionalen Regungen treten demgegenüber oft allzu weit zurück.

11 Die Weigerung der Reagan-Administration, mit den an die 15.000 streikenden Fluglotsen der staatlichen Flughafenbehörden auch nur in Verhandlungen zu treten – sie forderten bessere Arbeitsbedingungen, eine Aufstockung des Personals etc., und wurden, zumal wenn sie der PATCO-Gewerkschaft angehörten, zu Tausenden ohne Umschweife entlassen –, gilt ge ei hi als de Auftakt „ eoli e ale ‘e olutio . Vgl.

Winkler 2014: 807-827.)

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spe d hou s efle ti g upo hat thei old o ld ea t a d hat the e o e la ks e d. : X) – , und gerieten so leicht in jene Form von Lethargie, die gerade angesichts des a e ika is he )ugs zu „A pa ke u d „Wiede aufstehe , de „ideolog of e eptio alis e d.: IX , als eso de s e e fli h e s hei t. Auf de G u dlage diese intern alisie te u d zu gute Teile i ko po ie te We te u eige li h auf ih e „ o al ha a te gestoße , litte sie i iele Fälle u te „de ilitati g self - la e e d.: XII – und wussten zugleich, dass sie es nicht sollten. Zudem blieb diese Erfahrung zumeist nicht auf die betreffende Person beschränkt, sondern strahlte auch auf das Umfeld, allen voran die Paarbeziehungen und die Familien aus – mit Langzeitwirkungen insofern, als sie in vielen Fälle au h „to thei hild e a host of a ieties a out thei o o pete e a d se u it (XII) übertrug.

12

Es kann hier nicht weiter darum gehen, Newmans wegweisende Pionierstudie in allen Einzelheiten wiederzugeben.

13

Wichtig erscheint noch, dass es ihr neben all den zutage geförderten individuellen und gruppenspezifischen Erfahrungen auch gelungen ist, typische Entwicklungsverläufe aus ihren Daten herauszupräparieren. So hält sie in etwa fest, dass die veränderte Lage gerade für die ehemals Gut- u d Besse situie te u te de „Gefalle e – sie stehen auch im Folgenden im Mittelpunkt – besondere Herausforderungen bereithält.

Diese eigte , eil sie s hli ht „höhe e E a tu ge a si h ha e , i ht u zu ha s he e

“el stu teile u d hätte ate iell „ eh zu e lie e . “ie seie au h i sgesa t iel schlechter auf ein Leben unter reduzierten Bedingungen vorbereitet als Menschen bescheidenerer Herkunft und Lebensstile, nicht zuletzt im Hinblick auf die soziale Infrastruktur, die Kontakte und Erfahrungen, die ihnen zur Verfügung stehen;

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hier könnten

12 Ein Effekt ähnlich dem, der in der psychologisch-psychiatrischen Forschung zu Traumafolgen auch unter dem Beg iff de „T au at adie u g geläufig ist gl. et a Wölle : f. . I de Tat hat Ne a au h die Ki de Betroffener sehr genau beobachtet und das eine oder andere Gespräch mit ihnen geführt – und dabei u.a.

festgestellt, dass äh e d Tö hte die „ e sage de Väte ehe als Opfe et a htete , die “öh e vornehmlich Schwächlinge in ihnen sahen.

13 Als eine Art Leitfaden behält sie hier jedoch durchgängig ihre Bedeutung. Hier noch Howard Kimeldorfs (1988: 299) Gesamtcharaktersierung von Newmans Stoßrichtung, die auch hier als Motto vorangestellt werden kö te: „Falling From Grace is less o e ed ith appi g the ‚o je ti e di e sio s of o ilit – who moves where and why – than with capturing the more elusive subjective side. The most powerful statistical formula yet devised for predicting occupational attainment cannot begin to tell us how the process of mobility is experienced or how this experience is interpreted i di iduals as the o e th ough the so ial st u tu e.

14Diese Pu kt de „Ve s hä fu g –allesa t ie o e die „höhe e A itio e u d „g öße e Ve luste keine saubere quantitative Kategorie, sondern ein Sprachbild – setzt auch Neckel (ders. 1999), fügt auf der Basis eige e e pi is he Date a e hi zu, dass es u te „No al edi gu ge a ist e su ht zu sage :

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6

letztere in der Regel auf ein höheres Maß an Verständnis, Identifikationsangeboten (der

„“tolz de klei e Leute u d p aktis he Hilfestellu ge e h e .

15

Womit Newman auf der Basis ihres Materials hingegen nicht oder nur bedingt aufwarten kann, das sind eingehendere Beschreibungen jener Anteile des innerpsychischen Geschehens, die selbst ihren Trägerinnen und Trägern kaum oder nur schwer zugänglich – oder einfach peinlich – sind bzw. sich ihnen nicht als das erschließen, was sie sind. Das hat zum einen gewiss mit dem Setting, der Interviewsituation, zu tun – im Sinne der sozialen E ü s htheit, a e au h „ o si h aus e de sie ei fa h i ht sofo t alles p eisge e

16

–, hä gt a e au h it „ e de kte ps his he I halte ie de Phä o e de

„ü e ga ge e “ ha zusammen, die für die hier untersuchte Form sozialer Herabsetzungen eine zentrale Rolle spielt; in der Fassung durch Thomas J. Scheff, der den Begriff in die Soziologie eingeführt und salonfähig gemacht hat (vgl. Scheff/Retzinger 1991,

selbstverständlich) vor allem Menschen in niedrigen sozialen Statuspositionen sind, die mit dem verstärkten Erleben von negativen Emotionen (Angst, Hoffnungslosigkeit, Ärger usw.) konfrontiert sind.

15 Soziale Abfederung im Sinne von auch in diesen Zeiten weiterbestehenden sozialen Kontakten, und nicht die materielle Absicherung ist hier i.e.L. gemeint. Für den Fall jener Gruppe von wegrationalisierten Managern, die die “ huld fü ih e E tlassu g t otz offe si htli he st uktu elle G ü de „E gpässe , „“pa aß ah e o allem bei sich selbst suchten, stellte sich der typische Verlauf in etwa so dar, dass es zunächst zu einer merklichen Einschränkung des Soziallebens (zu einer Reduktion bzw. gänzlichen Aufgabe von Einladungen, Theater- und Opernbesuchen u.Ä.) kam und danach, oftmals unter demonstrativem Festhalten an den alten Gewohnheiten, eine Zeit lang Anstrengungen unternommen wurden, den Abstieg zu verheimlichen. Falls im Anschluss daran Freunde einsprangen, hielt dieses Arrangement oft nur für wenige Monate, weil sich zusehe ds de „alte “tolz u d das Gefühl ei stellte , si h da it zu Gege leistu ge zu e pfli hte , die a sich nicht mehr leisten konnte oder wollte. Zumeist bedeutete das eine Abkühlung oder das Auslaufen der Freundschaft und – begleitet von Erleichterung und Enttäuschung, Selbstvorwürfen und dem Gefühl, fallengelassen worden zu sein zugleich – den Beginn einer neuen Phase, in der sich der Familienverband, das Paar oder die Einzelperson nun noch stärker auf sich selbst verwiesen sahen als zuvor. Von hier an war dann von der völligen Einkapselung über die Trennung vom Partner und massiv selbstschädigendes Verhalten (oft als a e ei fa h stilles, „u spektakulä es Leid is hi zu ei e Neusta t e tgege de a e ika is he Ideal die absolute Ausnahme) vieles möglich, was auch aus anderen Quellen bekannt ist. (Vgl. Newman 1999:

42-94.) Was in diesem Zusammenhang (bei allen vier interviewten Gruppen) noch auffällt, ist, dass Berichte über heftige oder gar gewaltvolle Ausbrüche von Emotionen (häusliche Gewalt u.Ä.) so gut wie gar nicht vorkommen – allenfalls in Erzählungen über andere.

16 Schließlich handelt es sich ja auch um einen äußerst schwierigen, ehrenrührigen Bereich. Newman, gelernte Ethnologin und schon damals offenbar eine überaus versierte Interviewerin, holt ohnehin sehr viel aus ihren Gesprächspartnerinnen und -partnern heraus. Gewisse Bezirke (wie die eben erwähnte häusliche Gewalt, aber auch weniger gravierende Vorfälle) scheinen ihr aber dennoch verschlossen geblieben zu sein. Darauf weisen i ht zuletzt ih e eige e Be i hte da ü e hi , dass es ge ade da , e es „haa ig u de, i e iede zu Stockungen, längeren Pausen, zu einem Absetzen und wieder von vorne Beginnen, zu Wiederholungen, dezidierten Abbrüchen und anderen charakteristischen Reaktionsweisen in derartigen Konstellationen kam (vgl. Newman 1999: 32ff.). Ob nun vorsätzliches Schweigen oder unbewusste Selbstzensur (oder, was wahrscheinlicher erscheint, irgendetwas dazwischen) – eine gewisse Grenze des Berichtbaren, und sei die Schwelle noch so niedrig angesetzt, wird wohl in jedem Fall eingehalten worden sein; das geschieht ja auch bei jenen Akteuren, die hier im Zentrum stehen; auch von deren ehelichen Reibereien u.Ä. dringt nur so viel nach außen, was die Mitmenschen zu deuten vermögen.

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7

Scheff 1993), ist es geradezu deren Kennzeichen, als etwas anderes – als Unbehagen, Unlust, Wut oder Ähnliches – erlebt und ausgegeben zu werden.

17

Gerade hier, im Bereich dieses

„U sag a e u d „U zugä gli he , ka , so s hei t es, u te U stä de ei e a de e Quelle Abhilfe leisten – der im weitesten Sinne realistische Roman bzw. verwandte kleinere Formen der erzählenden Literatur.

18

Zumindest fällt in diesem Fall – sofern die jeweilige Verfasserin/der Verfasser eine entsprechende Beschreibungsabsicht erkennen lässt – die eine oder andere der erwähnten Rücksichten weg.

19

Schriftsteller und Schriftstellerinnen sind zwar auch auf ein Publikum ausgerichtet – und wollen unterhalten – und überdies an Gestaltungsprinzipien (von Aufbau und Struktur bis hin zu stilistischen Feinabstimmungen) u d Ge egesetzli hkeite di e gie e de G ade de „E t i klu g o Cha akte e , spezifische Spannungsbögen, Tempi etc.) gebunden. Aber die Leserinnen und Leser sind vergleichsweise anonym. Und sie selbst können – für den Fall – hinter ihre Figuren zurücktreten; es sind nicht (notwendigerweise) sie selbst, die hier sprechen.

20

Außerdem wollen sie in vielen Fällen hinter Fassaden und in die Kulissen blicken, ja sehen in der E ku du g de eh ode i de u e s hlosse e „“eele la ds haft oft als ih e

17 Das bedeutet freilich nicht, dass Unbehagen, Unlust, Wut und andere Gefühle immer verdeckte Scham indizierte ; sie si d s ho au h E otio e aus „eige e ‘e ht . I Ü ige lässt si h au h “ heff i ht auf diesen Beitrag reduzieren. Und genauso wenig soll unerwähnt bleiben, dass daran auch seine Frau, die Psychoanalytikerin Suzanne Retzinger, ihren Anteil hatte – insbesondere auch bei der Entwicklung jener shame- rage-spiral, die uns noch beschäftigen wird.

18 Helmut Kuzmics, dessen Name in diesem Zusammenhang noch öfter fallen wird – sein gemeinsam mit Gerald Mozetič verfasstes Buch Literatur als Soziologie (vgl. dies 2003) bildet hier so etwas wie den methodisch- methodologischen Grundstock –, hat in diesem Zusammenhang mehrfach darauf hingewiesen, dass sich nicht jede Form von Belletristik gleichermaßen zur soziologischen Verwendung eigne. Den Roman – und andere berichtend-deskriptive Formen – hat er dabei stets herausgestellt. Er eignet sich freilich nur dann zur soziologis he Bea eitu g, e de a t „ ealistis he A si hte au h o ha de si d. Dazu ko t als weitere Voraussetzung eine gewisse Qualität dieser Beschreibungen. Sie zu verwenden hat freilich nur dann einen Sinn, wenn sie etwas Neues (Unbeachtetes, Unterbelichtetes etc.) einbringen und dabei präzisere Beobachtungen liefern als die Wissenschaft gewillt oder in der Lage ist, das zu tun. (Vgl. Kuzmics 2015.)

19 Vo ausgesetzt, die Ve fasse i /de Ve fasse hegt sol he „ ealistis he A si hte , da falle diese Rücksichten selbstverständlich höchstens weniger stark ins Gewicht. Aber auch das ist kein Muss, sondern e isst si h a G ad de „Neut alität , de zu folge sie ea si htige . Do h diese G ad lässt si h iede u eruieren – durch eine kritische Lektüre und Kontextualisierung des Textes, durch die Beibringung zusätzlicher

„o jekti e I fo atio e , u d du h die isse ssoziologis he Ve o tu g der Literaturproduzentinnen und - produzenten selbst.

20A e das, die Mögli hkeit, si h hi te ih e /sei e lite a is he Figu e zu „ e ste ke , ist hie ga i ht so seh de Pu kt. I a de e Ko te te , o die „Wah heit zu sp e he le e s ed ohli he Folgen haben kann, natürlich sehr wohl.) Der besteht vielmehr darin, dass sie von dieser distanzierteren Warte aus womöglich

„ eh zu sage age de als loße P i atpe so e . O sie diese Positio s o teil u e ötige ode nicht, um zur Sache zu kommen – professionelle Auskunftsgeber und -geberinnen (Wissenschaftler und Wisse s haftle i e , Laie „Wut ü ge ode Lese iefs h ei e i e u d i ht zuletzt i te ie te Betroffene haben diese Gelegenheit nicht.

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eige tli he Legiti atio ; es gilt also u , die „ i htige auszu ähle .

21

Dazu ist auch die

“ituatio i ht so „u ittel a ie i I te ie . Wäh e d si h i E htzeit ef agte Personen, selbst wenn sie auf die Inhalte vorbereitet sind, zu Ad-hoc-Antworten genötigt sehen – und (auch) darüber mitunter ins Überlegen und Stocken geraten – , haben sich Literatinnen und Literaten üblicherweise reiflich überlegt, was sie zu Papier bringen und wie sie es am besten tun, und haben dementsprechend einen ganz anderen „Fluss i ih e Äußerungen.

22

Ein Prozess der gedanklich-intellektuellen Sammlung, Ordnung und Vertiefung der Thematik geht dem in der Regel voraus. Und selbst wenn – was gar nicht selten vorkommt – biografische Erfahrungen dahinterstehen: Mittendrin im emotionalen Aufruhr, den derartige Erlebnisse fast zwangsweise hervorrufen, stehen sie gemeinhin nicht.

23

Vor allem aber ist es ihre Profession, die solcherart registrierten Gefühlsbewegungen und Einsichten in deren Dynamiken auch klar, präzise und nuanciert zur Sprache zu bringen.

Und das lässt wiederum auf eine gewisse Qualität und Dichte der entsprechenden Texte schließen – eine weitere Grundvoraussetzung dafür, sie für eine soziologische Verwendung interessant zu machen. Im Folgenden werden jedenfalls fünf solcher Exemplare themenpragmatisch-inhaltsanalytisch und unter wissenssoziologischer Verortung ihrer Produzenten – ohne Vorsatz ausnahmslos Männer

24

– auf ihren diesbezüglichen Gehalt

21 Die Qualität dessen zu beurteilen, was sie beanspruchen zu leisten, bleibt wiederum anderen überlassen.

Auch diese Prüfung wird hier u.a. mithilfe eingeholter Fachmeinungen (Kommentare, Rezensionen, weiterführende Literatur) zu erbringen sein, bleibt aber stets auf die konkrete Fragestellung – auf die im vorliegenden Zusammenhang gestellten Fragen an die literarischen Beispiele – akzentuiert.

22Dass diese „Fluss i ht ot e dige eise Klä u g edeute uss, so de au h Glättu g edeute ka , leuchtet ebenfalls ein. Wie es sich konkret verhält, kann aber wiederum herausgefunden werden; hier i te essie e jede falls die „Kla e sio e . A gesehe da o ist da it i ht gesagt, dass i ht au h die Pausen und Stockungen bedeutende Informationsträger sein können. Gerade in der qualitativen Sozialforschung wird ihnen traditionell ein besonderes Gewicht beigemessen. (Vgl. u.a. Lamnek 1995, Bauer/Blasius 2014 et. al.) Und selbstverständlich bietet die Literatur selbst genügend Möglichkeiten – und die hier ausgewählten Autoren nutzen sie auch –, derartige Unterbrechungen zum Ausdruck zu bringen und zu veranschaulichen.

23 Kuzmics hebt diese first-hand-Erfahrungen dezidiert als Vorteil hervor, wo doch auch Selbstbefragungen und andere Mittel der Selbsterkenntnis zu den gängigen Werkzeugen von Schriftstellerinnen und Schriftstellern gehören; ein Bericht über Berichtetes, Aufgeschnapptes oder durch bloße Einfühlung erzielte Einsichten seien demgegenüber oft flach und in Fällen solch dramatischer Ausmaße wie hier fragwürdig. (Vgl. Kuzmics 2015.) Wahrscheinlich werden sich die betreffenden Autoren und Autorinnen also sogar noch öfter und intensiver mit einschlägigen Erfahrungen befasst haben als andere, bevor sie sich an die Niederschrift machten – und sich umso mehr um Aufklärung bemühen. Für die hier gewählte Ve t ete de „s hö e Lite atu t ifft das jedenfalls im Großen und Ganzen zu. Wenn schon nicht direkt Teil der Biografie – ie ei O Ha a, Bello u d Updike, aber auch Cheever, Yates und Vlautin, die hier nur kurz Erwähnung finden –, so haben sie – wie Au hi loss u d O Na – zumindest aus nächster Nähe miterlebt, was sozialer Abstieg bedeuten kann.

24 Auch die Hauptfiguren der verwendeten Romane werden – ohne dass das vorweg beabsichtigt gewesen wäre – größtenteils Männer sein.

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geprüft.

25

Mit Sighard Neckel (2009: 103) lässt sich vorausschicken, dass die Anschaulichkeit und Fülle ihrer Beschreibungen die ohnehin dünn gesäte wissenschaftliche Konkurrenz in de “ hatte stelle , ja itu te tatsä hli h ie „ei a seliges Ko de sat aussehe lassen.

26

De Auftakt Kapitel a ht it Joh O Ha as Appointment in Samarra (1934; dt.

Begegnung in Samarra – hie : O Ha a ei ‘o a , i de de A stieg ei es ju ge Mannes, mehr befürchtet und vorweggenommen denn real, das zentrale Motiv darstellt.

Und das in einer Zentrierung auf das Geschehen – ei e „ Scham-Wut- “pi ale gl.

Scheff/Retzinger 1991, Scheff 1994) avant la lettre – , die auch in den anderen Literaturbeispielen nicht mehr erreicht wird.

27

Auf jeden Fall tauchte angesichts dieser eindringlichen Schilderung eines im Großen und Ganzen selbstverursachten Sturzes – in Fehleinschätzung seiner Position und der möglichen Konsequenzen begeht die Hauptfigur, der aus gutem Hause stammende Julian English, einen gesellschaftlichen Fauxpas und bringt da it „i e e ie „äuße e E t i klu ge i s ‘olle , de en er sich nicht zu entziehen vermag – die Idee auf, nach vergleichbarer, ebenso qualitätvoller belletristischer Literatur

25 Das bedeutet zum einen, dass hier schlicht nicht alles interessiert, was die Literaturbeispiele zu bieten haben

„[...] es si d i ht alle Beso de heite u d, ie si h e gä ze ließe, I halte „lite a is he We ke soziologis h edeutsa , ie es ei Kuz i s/Mozetič [dies. 2003: 56] heißt). Zum anderen wird hier genau jener Bereich (ein Teilausschnitt desselben) in näheren Augenschein genommen, den auch die meisten literaturaffinen Soziologinnen und Sozialwissenschaftler als die eigentliche Domäne der Literatur ansehen; man ist sich jede falls eitgehe d ei ig, „daß o alle ps his he P ozesse, die Weltsi ht de Me s he , ih e E fah u ge u d Gefühle lite a is h oft seh ge au e fasst e de . E d.: ; gl. dazu auch Dörner/Vogt 2013; dass Literatursoziologie auch ganz anders aussehen kann, zeigt James F. English [ders. 2010] in seinem Überblick über das gegenwärtig-einschlägige Schaffen.)

26 Wobei, und das sieht auch Neckel so, nicht unbedingt ein Konkurrenzverhältnis, sondern meist nur eines der verschieden gesetzten Schwerpunkte vorliegt und sich so, im besten Fall – wie oben angedeutet –

e hselseitige E gä zu ge e ge e kö e . Die „ isse s haftli he “p a he , heißt es da et a, ei he ei fa h i ht hi , „de Bedeutu gsgehalt de e le te Wi kli hkeit ei e Person in Umfang und Tiefe a hzue pfi de . Die „gelu ge ste “eite de Lite atu e sel st e äh t Dostoje ski, Vi gi ia Woolf, Kafka u d ) eig kö te da A hilfe leiste , ie Ne kel i Bli k auf sei “pezialge iet ausfüh t: „Wisse s haft ist hier nur ein armseliges Kondensat, das den vollen Inhalt des Erlebens in dürre Begriffe überführt und dabei weder die Genauigkeit der inneren Pein von Scham [oder anderen Emotionen] trifft noch die metaphysische Unabgeschlossenheit, die diesem Gefühl des augenblickli he Welt e lusts eige ist. Ne kel : Nichtsdestotrotz ist sie notwendig und erfolgreich in ihrem eigenen Bereich. Im Großen und Ganzen ist das auch die Position von Kuzmics und Mozetič: Die Literatur soll die Soziologie nicht ersetzen (und kann es in vielen Bereichen auch gar nicht). Sie hat aber mitunter – und die beiden liefern eine ganze Reihe von Beispielen dafür – das Zeug, sie anschaulicher und gerade in ihrem Zugriff auf die Gefühls- und Erlebnisperspektive von Menschen feinkörniger zu machen.

27 Zumindest gibt es, in äußerster Knappheit gesagt, in den anderen der ausgewählten Belletristikbeispiele in de ‘egel eh ‘ah e ha dlu g als ei O Ha a, desse Plot ei ahe e klusi eidiese „A ä tsspi ale des Hauptprotagonisten aufsetzt.

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Ausschau zu halten.

28

Durch die Fokussierung auf Protagonisten aus gehobenen, zumindest aber soliden (traditionell soliden) Verhältnissen, durch eine Beschränkung auf den geografisch-kulturellen Raum der USA – die Geschichte spielt am Vorabend der Great Depression in einer vom Anthrazitkohleabbau geprägten Kreisstadt in Pennsylvania – und durch eine möglichst breite und gleichverteilte Streuung der literarischen Quellen über eine Zeitspanne von etwa einem Jahrhundert hinweg sollte eine Art von Repräsentativität erzielt werden. Zum einen aus der soziologisch gestützten Überlegung heraus, damit eine einigermaßen geschlossene Gesellschaftsformation zum Gegenstand zu haben; die einschlägige Forschung (vgl. neben Newman 1999 auch Neckel 1999, Kraemer 2010) zeigte nämlich, dass sowohl ähnliche Fallhöhen als auch Bezugsgruppen im Sinne der

“el st e o tu g o u d a h de „Fall äh li he E fah u gsmuster zeitigen – wobei atü li h au h alle falls teil e usste P ägu ge , zu „z eite Natu ge o de e De k -, Fühl- und Verhaltensweisen ihre Rolle spielen. Diese wiederum, aber auch die vergleichsweise bewussten, stärker durch kognitive Elemente angereicherten Überzeugungen, Haltungen und Werte, weisen – bis zu einem gewissen Grad – auf den kulturellen Rahmen, die herrschaftspolitische Einheit hin, innerhalb derer sie mehr oder minder selbstverständliche Geltung besitzen und unmittelbar einleuchtend erscheinen.

29

Bei aller Umstrittenheit von Details und Uneinigkeit hinsichtlich der Reichweite dieser amerikanischen Grundierung von Erfahrung, Ansicht und (Sozial-)Charakter

30

– in den USA selbst als Debatte über den American Exceptionalism geläufig – , stehen die generelle Existenz und Wirkkraft derartiger Besonderheiten weitgehend außer Frage; dass die

28 Charles Bassett (1975: 217) bezeichnet Appointment als ei e egel e hte „so iologi al ase stud , odu h die zusätzliche Frage nach dem Status des jeweiligen Literaturbeispiels aufgeworfen wird. Kuzmics und Mozetič (dies. 2003: 26ff.) haben – je nach Qualität des Beispiels, nach Maßgabe der Zugriffsmöglichkeiten der Wissenschaft und dem Stand ihres gegenstandsbezogenen Wissens – grundsätzlich drei Möglichkeiten identifiziert: Literatur als Illustration (von soziologisch bereits Bekanntem), Quelle (für anderweitig nicht oder u s h e zu e la ge de e pi is he )usa e hä ge u d A al se aus eige e K äfte z . ei e „a al tis h e t olle Bes h ei u g u d Ve a eitu g des “oziale [E d.: ] . Woum es sich im Konkreten handelt – und wie weit, etwa für den letzten Fall, diese Analyse reicht – gilt es im jeweiligen Einzelfall zu erschließen. Dass es au h „Meh fa h e u ge u d Mis hfo e gi t, e steht si h o sel st.

29 Für die entsprechenden Grundbegrifflichkeiten und deren Unterschiede (Habitus vs. Identität, Dispositionen s. Lo alitäte us . sei hie i alle Allge ei heit auf die eide „G ü de äte diese ittle eile gä gige Forschungstradition, Norbert Elias und Pierre Bourdieu – sie werden beide noch mehrmals auftauchen im Fortgang dieser Arbeit –, a e au h auf ei e Ba d Hel ut Kuz i s , ‘ei ha d Blo e ts u d A ette T ei els verwiesen (Vgl. dies. 1991).

30 Für eine ausführliche Diskussion der diversen Sozialcharakterkonzeptionen, deren theoretische und teils mehr, teils weniger starke normative Unterfütterung siehe u.a. Kuzmics 1989.

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Vereinigten Staaten eine prinzipiell egalitär- „ i htstä dis he Gesells haft da stellte u d sich soziale Distinktion, gesellschaftlicher Aufstieg und Erfolg hier primär – und wiederum nur prinzipiell – an der persönlichen Leistung bemesse, ist geradezu Gemeinplatz und Mythos in einem, aber auch in graduell höherem Maße Realität als anderswo;

31

und dass u te diese Vo aussetzu ge , o „i e ie o „auße , ei n besonders hoher Erwartungsdruck herrsche – und es Sozialabsteiger und -absteigerinnen oder anderweitig

“ heite de i folgedesse „doppelt u d d eifa h s h e ha e – , wird auch kaum zu bestreiten sein.

32

Die Entscheidung, inhaltlich-thematisch in den USA zu verbleiben, schien also gerechtfertigt.

33

Doch es stellte sich – dies in der Absicht, einen weiteren emotionssoziologisch bedeutsamen Faktor, die historische Variabilität in Gefühlserleben und -ausdruck ins Spiel zu bringen (und eventuell auch hier zu einigen Einsichten zu gelangen)

34

i ht u als s h ie ig he aus, die a geda hte „Glei h e teilu g ü e die ei zel e Jahrzehnte oder Epochenschwellen des amerikanischen 20. Jahrhunderts hinweg zu gewährleisten. Schon die Aufgabe, überhaupt an ausreichend belletristisches Material zu

31 Das heißt, auch wenn die Bedingungen entgegen des amerikanischen Aufstiegs- espekti e „Telle äs he - Mythos in Wahrheit gar nicht danach stehen – sie sind anderswo, etwa in Skandinavien, längst besser (vgl.

Mennell 2008) –, sind doch die Akzeptanz und der Glaube an diese Kriterien ungebrochen hoch.

32 Während dieser Befund selbst weitgehend unstrittig ist – und allenfalls über die Ausmaße und Relationen noch diskutiert wird –, bestehen im Hinblick auf dessen Herleitung schon größere Unterschiede; stärker langfristig-historisch argumentierende Ansätze (vgl. etwa Spierenburg 2006, Mennell 2008) stehen eher modernisierungs- bzw. globalisierungstheoretisch orientierten gegenüber (vgl. Tyrell 1991). Außerdem ist es eine Frage des Blickwinkels (der Vergleichsgröße), ob die amerikanischen Eigenarten stärker oder schwächer hervortreten; so hat etwa Charles Jones (2013) darauf verwiesen, dass diese Besonderheiten recht schnell einschmelzen, wenn anstelle des üblichen Vergleichs mit Europa einmal eine gesamtamerikanische Perspektive eingenommen wird. Dass derartige Eigenarten existieren – und u.a. in die angedeutete Richtung gehen – und bei allen global-unifizierenden Tendenzen als amerikanische Spezifika erkennbar bleiben (vgl. etwa Lipset 2000 oder Prisching 2006, 2009), wird freilich nicht einmal von den Skeptikern bezweifelt.

33 Abgesehen davon gibt es selbstverständlich auch handfeste politische und sozialgeschichtliche Besonderheiten, die eine solche Beschränkung des Blicks, ein gesonderte Betrachtung, rechtfertigen. (Vgl. dazu u.a. Mauch 2010, Hardach 2010, die USA-Kapitel in Winkler 2014.) Wie wiederum u.a. Newman empirisch, das heißt auf der konkreten Erlebnisebene, aufgezeigt hat, erfolgte jener Einbruch, der gemeinhin mit dem Neoliberalismus assoziiert wird, in den USA deutlich früher und von einem anderen (höheren) Wohlstandsniveau aus als (beispielsweise) in den meisten Ländern Europas; letzteres unterscheidet ihn etwa au h o G oß ita ie . Die E s hütte u g des „ i th ights auf „No alitäte ie die eige e Fa ilie - und Hausstandsgründung, Hauskauf, Sommer-Urlaube u.Ä., die hier erst allmählich Platz zu greifen scheinen – mit a de e Wo te : „the e d of afflue e Ne a : – , zeigte sich hier bereits gegen Ende der e , it eit ei he de Ko se ue ze , it „f ust atio , e , fu , a d a g o i g se se of helpless ess.

No amount of deferred gratification, no amount of hard work is going to make it possible for those young oo e s to la lai to thei i th ight . U d eite : I the de ades that follo ed the G eat Dep essio A e i a s a e to assu e that p ospe it as thei i th ight. … The e o o i ealities of the s u d 1990s ha e ushed these e pe tatio s. (Ebd.: 199)

34 Etwa im Abgleich mit jener von Cas Wouters nicht zuletzt für die USA sehr schön herausgearbeitete Kurve des I fo alsie u gsp ozesses des . Jah hu de ts it sei e „spu ts u d ha akte istis he ku zf istigen Gegentrends. (Vgl. Wouters 2007.)

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gelangen, erwies sich als Herausforderung;

35

der soziale Abstieg einzelner oder auch ganzer Gruppen von Menschen ist offenbar nicht nur in den Sozialwissenschaften, sondern – letztlich doch einigermaßen überraschend – auch in der amerikanischen Literatur kein großes Thema.

36

Nichtsdestotrotz kam nach längerer Suche und so manchem Umweg doch noch einen Auswahl zustande, mit der sich arbeiten ließ und deren einzelne Teile – drei Romane, eine Novelle und eine Kurzgeschichte – den oben geschilderten Kriterien entsprachen. Die ursprüngliche Ambition, auch hinsichtlich der Zeittypik und Veränderlichkeit bzw. der konkreten Veränderungsrichtung der beteiligten Emotionen Aufschluss zu geben, musste jedoch aufgegeben bzw. herabgestuft werden; zu dünn und disparat erschien die Materialdecke, zu gering die Beweiskraft einzelner, ja vereinzelter Literaturbeispiele.

37

35Vo ei e „offe e ‘e he he et a i “i e de G ou ded Theo ka also kei e ‘ede sei . Viel eh handelte es sich um einen konkret interessegeleiteten, zusehends mit einer gewissen Nervosität verbundenen Sichtungsp ozess. “ hlusse dli h a da pa ado e eise do h „zu iel da, sodass ei ige de Ka didate u d Kandidatinnen ausgeschieden werden mussten; doch auch diese Auslese fußte durchwegs auf inhaltlichen und/oder methodologischen Erwägungen. (Siehe dazu v.a. den Schlussabschnitt.)

36 Dass in den US-Sozialwissenschaften die unteren Schichten bzw. Strauchelnden aller Art – von Riesman aufwärts – la ge )eit s ste atis h e a hlässigt u de u d e st „e tde kt e de usste , hat u.a.

Barbara Ehrenreich (vgl. dies. 1992) eindrücklich beschrieben. Im Blick auf die Literatur überrascht es dann aber do h, dass au h hie die „A steige ges hi hte so dü gesät si d. )u ei e aufg u d des u geheu e Wusts an Belletristik, der hier Jahr für Jahr produziert wird. Zum anderen wegen ihrer starken realistisch- gesells haftsk itis he T aditio sli ie, i de es o „g oße Na e o späte e . Jah hu de t is i die Gegenwart nur so wimmelt. Natürlich sind da die amerikanischen Erfolgs- und Aufstiegsmythen, Werte, Überzeugungen und Mentalitätsprägungen, die einem derartigen Blickwinkel entgegenstehen. Dass aber selbst die „k itis he Geiste ehe das he ois he ‘i ge des Ei zel e – die Versuche, die entsprechenden Hindernisse zu überwinden und, sei es um den Preis der Zivilisationsflucht, wieder aufzustehen – in den Mittelpunkt rücken, ist nicht von der Hand zu weisen (vgl. Gelfert 2006: 34ff.); die durchaus auch gesellschaftskritisch angelegten Erfolgsgeschichten, in denen derartige Einzelkämpfer (viel seltener:

Einzelkämpferinnen) um jeden Preis den Aufstieg suchen, sind – von Dreiser über Faulkner zu Bud Schulberg und wieder zurück – hingegen Legion. Hier war es jedenfalls auch nach ausgedehnter Vorrecherche, der systematischen Durchforstung dreier amerikanischer (vgl. VanSpanckeren 1994, Gray 2004, Wagner-Martin 2013) und einer der maßgeblichen deutschsprachigen Literaturgeschichten (vgl. Zapf 1996) sowie unter Beiziehung ausgewiesener Experten –de „Lite atu soziologe D . Hel ut Kuz i s u d D . Pete ‘iese o Grazer Institut für Amerikanistik sei herzlich gedankt – kaum möglich, mehr als zehn einschlägige Titel ausfindig zu machen. Das heißt nicht, dass nicht auch trotzdem einiges übersehen wurde; nicht zuletzt tauchte zwischenzeitlich der Gedanke auf, die Opfer von Aufsteigerfiguren des obigen Typs in näheren Augenschein zu nehmen. Die Leichtigkeit, mit der etwa Nachtwey (vgl. 2016: 16f.) ein gutes Dutzend deutschsprachiger Romane zum Thema (nur aus den letzten fünfzehn bis zwanzig Jahren!) aus dem Ärmel zu schütteln scheint, stellte sich jedenfalls nie ein. Ob man der US-Literatur daraus bereits eine besondere Aversion gegen das Sujet unterstellen kann, ist fraglich; wahrscheinlich scheint sie.

37 Trotzdem wird sich die eine oder andere Betrachtung darüber anstellen lassen, gilt dieser Einwand doch i ht ge e ell. U die Lite atu i diese Hi si ht „ e eisk äftige zu a he , edü fte es f eili h ei e eit stärkeren Einbettung ihrer Befunde in die einschlägigen Diskussionszusammenhänge – und das ist ein Unterfangen, das hier infolge einer Forschungsentscheidung eben nicht weiter verfolgt wird.

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Den anschließenden zweiten Abschnitt (Kapitel 2) gestaltet jedenfalls Saul Bellows Figur eines gegenüber den amerikanisch- „spätkapitalistis he Ve hält isse a i ale te , ja bereits äußerst skeptischen Mannes in mittleren Jahren.

38

Ohne je davon losgekommen zu sein, lässt er mitten in The Age of Affluence, wie die Historiographie die Zeit von Kriegsende bis ca. 1960 gern bezeichnet, die gesellschaftlichen Anforderungen an ihn sausen und entdeckt dabei, welch große Hindernisse sich dabei auftun. Selbst gegen seine Intentionen machen ihm seine konventionell- a e ika is he „Affekt egulie u g Elias u d die feste als gedacht verankerten Werthaltungen – vor allem die Scham, ja die Schande, als Scheiternder bzw. Gescheiterter zu gelten – , aber auch die schnöde vertrackte Lage – er ist schlicht knapp bei Kasse – i e iede ei e “t i h du h die ‘e h u g; sei e letzte dli he „Bef eiu g ist ein persönlich-kontemplatives Erlebnis und hat auch etwas Eskapistisches. Auf diesen Tommy Wilhelm aus Seize the Day (1956; dt. Das Geschäft des Lebens – hier Bellow 1976) folgt it Gu P i e Kapitel , de ze t ale Cha akte aus Louis Au hi loss The Embezzler (1960; dt. Die Gesellschaft der Reichen – hier Auchincloss 1970), der einzige wirkliche Upper-Upper-Class-„A istok at des hie aufge ote e lite a is he Pe so als. Aus

„alte Fa ilie sta e d u d als e folg ei he Wallst eet -Banker einstmals eine schillernde Gestalt des New Yorker Geschäfts- und Gesellschaftslebens, doch über eine Veruntreuung in großem Stil öffentlichkeitswirksam gestolpert, hält er aus dem Abstand von gut zweieinhalb Jahrzehnten – mittlerweile in seinen Siebzigern – Rückschau auf diese in den 30er Jahren, auf de Höhepu kt de „G oße Dep essio , a gesiedelte u d sei eite es Le e bestimmenden Ereignisse. Selbstkritisch und ernsthaft um Selbstaufklärung bemüht, fair und bisweilen großmütig, in der Sache aber scharf und genau, ist er doch auch voller Gram und Groll über sein Schicksal – über die aus seiner Sicht übermäßige Strafe, so rasch, unversehens und vollständig aus seiner Welt verstoßen und vergessen worden zu sein. Ganz anders wiederum John Updike (Kapitel 4), der in My Father on the Verge of Disgrace (1997;

dt. Mein Vater am Rande der Schande – hier Updike 2004), einer seiner späten Short Stories, ebenfalls in Form einer Reminiszenz des Ich-Erzählers, eine Familie aus der pennsylvanischen Provinz durch dieses schwierige Jahrzehnt begleitet. Seine Aufmerksamkeit gilt vor allem den

38 In gewisser Hinsicht fügt sich Tommy Wilhelm, die Hauptfigur, ganz gut ein in die in dieser Zeit, den 1950er Jahren, allmählich immer weiter um sich greifende Kapitalismuskritik; einige aufsehenerregende Publikationen siehe Kapitel hatte die “ti u g i diese “i e auf e eitet. “ei e „Le e s ähe zeigt si h u.a. da i , dass sei e tsp e he des „Theo iege üst a alle E ke u d E de kle t. )ude ist de ps his he Preis, den er für seine diffuse Ablehnung zu entrichten hat, hoch und erschreckend real.

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auf den Vater projizierten Abstiegsängsten des Buben, der in vielen Bezügen an ihn selbst e i e t, u d de e „Ve g öße u g z . „Ve lä ge u g du h die ki dli he u d jugendliche Fantasie – und damit, soziologisch gesprochen, der intergenerationellen Ü e t agu g ei es Gefühls. U d s hließli h e folgt it “te a t O Na s ‘o a The Odds: A Love Story (2012; dt. Die Chance – hie : O Na Kapitel ei “ h e k i die unmittelbare Gegenwart, zu einem Ehepaar, das im Angesicht des Abgrunds einen letzten verzweifelten Anlauf unternimmt, das Steuer doch noch einmal herumzureißen – und dabei nicht nur von bemerkenswerter Zurückhaltung und Rücksichtnahme gekennzeichnete eheliche Umgangsformen in Szene setzt, sondern auch wieder ein Stück weit zueinanderfindet.

Sie alle aber kämpfen in der einen oder anderen Form mit Ängsten, unterdrückter Wut und Enttäuschung, mit Schuld- und massiven Schamgefühlen – sowie einem ganzen Strauß

„a gehä gte Emotionen, die sich beizeiten überlagern, wechselseitig verstärken und/oder gegenseitig verdrängen sowie insgesamt zu einer Stimmung zusammenballen, die niemand auf die leichte Schulter zu nehmen vermag;

39

de „ o st ai t to e u o st ai ed, at ease, and a uthe ti Woute s : , ei Teilaspekt je e I fo alisie u g, die es e lau t, i iele gesells haftli he Be ei he „u gez u ge e aufzut ete als i de Ge e atio e davor, greift hier jedenfalls nicht.

40

Einen Gutteil dieser Gemütsbewegungen einzufangen und in ihren Bedeutungsschichten und subjektiven Sinnzusammenhängen – zuerst Fall für Fall, dann in einer Gesamtschau – zu ei e ögli hst „di hte Bes h ei u g Gee tz zusammenzuführen, ist das zentrale Vorhaben der vorliegenden Arbeit. Die daraus

39 In der Emotionssoziologie, deren eigener Aufstieg und zunehmender Bedeutungsgewinn seit den 1970er Jahren hier nicht eigens thematisiert werden kann (vgl. dazu u.a. Flam 2002, Scherke 2009, Senge/Schützeichel 2013 u.a.), gelten diese diversen Überlagerungs- u d Ve d ä gu gsfo e als de „No alzusta de faktischen Gefühlserlebens.

40 Woute s sp i ht i diese )usa e ha g au h o „ o t olled de o t olli g o Ve haltens- und Denkweisen und identifiziert einen schleichenden Übergang von einer auf vergleichsweise expliziten Regeln beruhenden Schuld- zu einer auf subtileren Signalen fußenden Schamkultur, die in gewisser Hinsicht noch höhere Anforderungen – eh „La gsi ht i de Te i ologie No e t Elias , desse P ozesssoziologie Wouters gewissermaßen ins 20. Jahrhundert fortsetzt (vgl. Wouters 2007: 9ff.) – an die Menschen stellt, ihre

“el ststeue u g, ih e “el stko t olle „ i htig auszuta ie e . )ugespitzt fo uliert bedeutet das: Es gibt keine Regel mehr, die zu brechen einen/eine schuldig macht, sondern Standards, die nicht zu kennen und zu e letze ei e/ei e als u ei ge eiht, „u ögli h ode u te lege aus eist; u d e si h i U ke t is dieser Standards nicht einmal zu schämen vermag, ist ohnehin außen vor. Man sieht schon hier, dass die Aufga e, si h ei e „Ve fehlu g zu s hä e , die oh ehi –oh e die als a leh e d ge e tete „Bli ke de anderen – schon belastet, über die, weil sie mit einem gewissen Tabu belegt ist, aber nicht gesprochen werden soll, eine besonders vertrackte ist.

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resultierenden Begrenzungen liegen auf der Hand.

41

Sie sollen durch die größere Brennweite de „Auf ah e e ts hädigt e de . “oziologis h -theoretische Überlegungen in engerem Sinne – nicht zuletzt im Hinblick darauf, ob und wo sich ein Einvernehmen herstellen lässt zwischen Soziologie und literarischen Quellen, ob und wo sich Ansätze für ein eventuelles Komplementärverhältnis zeigen – und methodologische Fragen werden anlassbezogen e ö te t, fließe ge isse aße i die ei zel e „Auto e - Kapitel ei .

42

Das ist auch der Grund, warum hier auf separat-einschlägige Abschnitte verzichtet wird. Die unverzichtbare Systematisierung der Betrachtungen und die Klärung noch offener Fragen sind dann dem Schlusskapitel (Kapitel 6) vorbehalten.

Aus der Warte der Soziologie der Emotionen, der es fraglos zuzuordnen ist, stellt dieses U te eh e ei e Beit ag zu de „soziale Wi ku ge o Gefühle “ he ke : – u d e ige zu soziale E tstehu g ode ga zu ‚Wese heit de sel e – dar und bewegt sich damit auf jenem Gebiet, das als die eigentliche Domäne des Faches betrachtet werden kann.

43

Natürlich spielen auch die Auslöser, die auslösenden Ereignisse und Situationen, mit herein.

44

Und selbstverständlich werden die dadurch in Gang gesetzten Gefühlsdynamiken neue Reiz-Konstellationen schaffen, welche ihrerseits den Interaktionsverlauf

„eige ä htig it esti e – i G u de also ei e ga ze „ges hlosse e K eislauf,

41 Die im Titel verheißene Aussicht, den Gefühlshaushalt von Sozialabsteigern zum Gegenstand zu machen, hat sich somit auf folgenden scope reduziert: Nicht der oder die sozial strauchelnde Figur an sich, sondern einzelne, infolge von unglücklichen Aktionen oder ungünstigen Umständen tatsächlich oder vermeintlich aus ihren gesellschaftlichen Positionen verdrängte Amerikaner aus gesicherten bis gehobenen Verhältnissen bilden das Materialgerüst. Sie sind weiß, überwiegend männlich, leben entweder in den 30er oder 50er Jahren des o ige Jah hu de ts ode li ke da auf zu ü k z . „u te u s – u d si d „zu alle Ü e fluss kei e realen, sondern fiktive Gestalten.

42 Sie werden, wie es ja auch hier bereits praktiziert wird, zu guten Teilen in den Fußnoten verhandelt.

43 Wiederum vereinfacht ausgedrückt: Nicht aufgrund welcher somatischer Voraussetzungen und dass sich jemand seines Abstiegs schämt – davon wird auf der Grundlage von (soziologischer) Erfahrung ausgegangen –, sondern welche Prozesse dieses Schamerlebnis bei ihm/ihr auslösen, steht hier im Zentrum des Interesses.

Auch Scherke sieht auf dem mittlerweile viel bevölkerten Forschungsfeld der Emotionen gerade hierin die

„i te essa te e Bet a htu g “ he ke : u d zuglei h die „Leitfu ktio e d.: de “oziologie gege ü e a de e Wisse s hafte . „Neue io isse s haftli he E ke t isse ü e das )usta deko e o Emotionen machen nicht notwendigerweise eine Revision soziologischer Erklärungen für die sozialen Auswirkungen sozialen Verhaltens notwendig. Die sozialen Konsequenzen von Emotionen können gewissermaßen als Aufgabenbereich der Soziologie im engeren “i et a htet e de . e d.: ; H h. i.

Orig.) Dabei ist die Frage nach den sozialen Auswirkungen von Emotionen, fachgeschichtlich betrachtet, die weitaus kontroversere, und wurde weit seltener verfolgt; ihr Erklärungswert wurde lang gering veranschlagt.

(Für eine Erörterung der Ursachen wiederum: Scherke 2009: 63ff.)

44 Ma i g sp i ht i diese )usa e ha g ga z allge ei o situatio sspezifis he „state - Besti u gsfakto e o E otio e , die es o pe sö li hkeitsspezifis he „t ait -Faktoren zu unterscheiden gelte, wobei die angesprochenen Habitualisierungen hier hereinfallen und der je spezifische Wertehaushalt irgendwo dazwischen zu liegen scheint, jedenfalls aber beide Elemente vereint.

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Kette aus „U sa he u d „Wi ku ge .

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Allerdings werden erstere hier eher wie unabhängige Variablen betrachtet. Nicht ihnen, sondern dem konkreten Selbsterleben der Protagonisten gilt das Schwergewicht der analytischen Aufmerksamkeit.

46

Und da ist es von eso de e Bela g, dass e e „p i ä e Gefühle ie A gst, Wut, T au igkeit et . – Gelegenheit zur Freude, die auf keiner der diversen Listen von Basisemotionen fehlt, haben Sozialabsteigerinnen und -absteiger ja hingegen kaum

47

– au h „late - appea i g z . „self - o s ious e otio s Le is : ei e p o i e te Platz ei eh e ; Ve lege heit, Scham und Schuld, aber auch Stolz und – hier weniger wichtig – Neid und Eifersucht zählen dazu. Diese Gefühle sind, wie erwähnt, mitunter sogar den Betroffenen teilweise verschlossen, den Außenstehenden und Beobachterinnen aber erst recht; ein Gesichtsausdruck allein reicht da oft nicht aus.

48

Sie nehmen aber auch, je länger sie andauern, mehr und mehr kognitive Bedeutungen auf (werden also in gewisser Hinsicht i e „p i ate

49

und können sich zu hartnäckigen (Ver-)Stimmungen sowie, in der Folge, regelrechten Persönlichkeitsdispositionen auswachsen.

50

Sich ihnen anzunähern bzw.

45 Oder, wie es Sabine Haring (2014: 57) im Blick auf Kriegserfahrungen formuliert, wie es sich aber auch verallgemeine ode eispiels eise auf “ ha e fah u ge u lege lässt: „E otio e st uktu ie e K iegse fah u ge … . “ie esti e das, as i K ieg e le t i d, mit und werden wiederum durch das E fah e e gep ägt.

46 Dass es sich hier um eine analytische Trennung nach den möglichen Blickwinkeln der Betrachtung handelt, denen im Großen und Ganzen auch zwei Hauptrichtungen innerhalb der Soziologie der Emotionen entsprechen, macht auch Scherke unmissverständlich klar; die Lebensrealität von Menschen ist nicht von einfachen Ursache- Wirkungs-Beziehungen, sondern von Wechselwirkungen zwischen Situation und Emotion gekennzeichnet. (Vgl.

Scherke 2009: 64ff.)

47 Hoffnung, das Aufblitzen von Hoffnung, kennen sie hingegen sehr wohl. Sie erscheint sogar konstitutiv für das „Gesa t ild je e eh ode e ige g oße z . „aktualisie te Ve z eiflu g, i de sie si h i de Regel befinden.

48 Au h e “ ha u d a de e „sel st efle i e E otio e du haus au h it kö pe li he „Ma ke - Reaktionen einhergehen, sind diese in der Regel weit undurchsichtiger als etwa die mimischen Ausd u ksfo e , el he „p i ä e Gefühle egleite ; deren Anzahl wird in der Forschung zwar verschieden veranschlagt; die erhöhte Sichtbarkeit aber gilt weitgehend als ausgemacht.

49 „These self-conscious emotions are likely to require classes of events that can only be identified by the i di iduals the sel es. (Lewis 2008: 742) Für eine Übersicht über die schiere Anzahl – es sind etwa einhundert Emotionen, die wir in unserem Alltag routinemäßig zum Einsatz bringen (vgl. Kuzmics/Haring 2014: 284, die in diesem Zusammenhang auf Turner und Stets [dies. 2005] verweisen) –, die Bandbreite und die diversen Klassifizierungsschemata von Gefühlen siehe u.a.: Mayring 1993: 131-181.

50 Auch hier, in der Bezeichnung von Gefühlen, herrscht in der breit gestreuten Fachwelt eine gewisse Uneinheitlichkeit. Wäh e d die „E otio sel st, o alle a e de „Affekt zu eist zu de ku ze „heiße Gefühls egu ge gezählt e de , gilt die „“ti u g i de ‘egel als o uste e, lä ger anhaltende, charakteristische Lagen kennzeichnende Gemütsverfassung. Auch hier handelt es sich im Großen und Ganzen um analytisch-heuristische Größen. Weitgehender Konsens herrscht in der gegenwärtigen Forschung hingegen dahingehend, Emotionen als biologisch und sozial bestimmt zu begreifen (wobei die Anteile wiederum zur Diskussion stehen, Soziologen aber eher dazu neigen, den letzteren Einfluss – deutlich – höher zu veranschlagen). Zum zweiten scheint sich innerhalb der Soziologie – von der sozialtheoretischen Anlage her

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