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Hochauflösende bathymetrische Untersuchungen im Mittelmeer

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Academic year: 2022

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sodass der Schlamm an Schwächezonen, wie z. B.

an tektonischen Störungen, aufsteigt. Dabei kann der Schlamm aus dem Muttergestein heraus direkt in einem schmalen Schlot nach oben durchbre- chen oder ähnlich den Salzstöcken auf größerer Breite einen pilzartigen Schlammkörper bilden. Im Dachbereich solcher Schlammdiapire steigt durch eine zunehmende Entmischung von freiem Gas der Überdruck und der Schlamm entweicht in ein- zelnen Schüben über Förderkanäle zur Landober- fläche oder im Ozean zum Meeresboden.

Neben dem Schlamm werden auch Gesteins- brocken ganz unterschiedlicher Größe aus der Tie- fe mitgerissen, die zusammen mit dem Schlamm typische Schlammbrekzien bilden. Anhand die- ser sogenannten Lithoklasten können Geologen herausfinden, aus welchen Tiefen der Schlamm stammt. Tiefen von 2 bis 10  km, im Kaspischen Meer sogar bis zu 15 km, sind keine Seltenheit.

Schlammvulkane des Mittelmeerraumes

Schlammvulkane treten weltweit auf, sind aber in Gebieten, in denen Erdplatten zusammensto- ßen, z. B. Subduktionszonen, besonders häufig.

Voraussetzungen, dass Schlammvulkane gebildet werden, sind erstens mächtige, vorwiegend fein- körnige Sedimentablagerungen, zweitens große

Vulkane, die Schlamm statt Lava speien

Während uns die Existenz von magmatischen Vulkanen, wie Ätna auf Sizilien, Pinatubo auf den Philippinen oder Fuji-san in Japan, allgegenwärtig ist, sind Schlammvulkane weniger bekannt. Sie fördern keine flüssige Gesteinsglut, sondern stark wasserhaltigen Schlamm, Gesteinsbrocken und fast immer das klimawirksame Methangas. Wie der Kegel eines Schlammvulkans aussieht, hängt vom Durchmesser des Förderschlotes und von der aus- tretenden Menge an Schlamm und seiner Zusam- mensetzung ab. Dabei sind meterhohe Kegel bis zu Vulkanstrukturen mit einem halben Kilometer Höhe und fünf bis acht Kilometern Durchmesser möglich. Tritt der Schlamm langsam aus tieferen Sedimentschichten der Erde, entstehen domarti- ge Strukturen. Tritt hingegen flüssiger Schlamm relativ schnell aus, bilden sich nur flache Kegel oder Fladenstrukturen. Heftiger, gasgeladener Schlammausfluss führt zu kraterähnlichen Senken, in deren Zentrum sich häufig ein Kratersee aus dünnflüssigem Schlamm bildet.

Prinzipiell fördern Schlammvulkane eine Mi- schung aus Ton, Wasser und Gas. Aufgrund seiner geringen Dichte ist das Gemisch in tieferen Erd- schichten nicht stabil. Die über ihm lagernden Sedimentschichten üben einen großen Druck aus,

Ein Beitrag von GERHARD BOHRMANN, PAUL WINTERSTELLER, CHRISTIAN DOS SANTOS FERREIRA, MIRIAM RÖMER und GERRIT MEINECKE

Während an Land etwa 1100 Schlammvulkane bekannt sind, ist ihre Zahl in den Ozea- nen unbekannt. Meeresgeologen schätzen die Zahl der marinen Schlammvulkane mit 1000 bis 100 000 sehr unterschiedlich ein. Mit den herkömmlichen akustischen Sys- temen sind sie von Forschungsschiffen zwar am Meeresboden meist erkennbar, aber Entstehung, Dynamik und ihre Wechselwirkung mit anderen meeresgeologischen Prozessen offenbaren sich erst nach einer hochauflösenden bathymetrischen Vermes- sung. Beispiele aus dem östlichen Mittelmeer werden hier vorgestellt.

Hochauflösende bathymetrische Untersuchungen im Mittelmeer

Autoren

Prof. Dr. Gerhard Bohrmann, Paul Wintersteller, Christian dos Santos Ferreira und Dr. Miriam Römer sind am Fachbereich Geowissenschaften der Universität Bremen be- schäftigt und arbeiten am MARUM –Zentrum für Marine Umweltwissenschaften.

Dr. Gerrit Meinecke ist Mitarbeiter am MARUM.

gbohrmann@marum.de

Schlammvulkane | hochauflösende Bathymetrie | AUV-Vermessung mud volcanoes | high-resolution bathymetry | AUV survey

About 1100 mud volcanoes are known on land, while their number in the oceans is unknown. Marine ge- ologists estimate the number of marine mud volcanoes to vary greatly, ranging from 1000 to 100 000. Al- though conventional acoustic systems usually allow research vessels to detect them on the seabed, their formation, dynamics and their interaction with other marine geological processes can only be revealed after a high-resolution bathymetric survey. Examples from the eastern Mediterranean are presented here.

Eine Schlüsselanalyse zum Verständnis

submarinen Schlammvulkanismus

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Mengen Methan, die sich unter sauerstofffreien Bedingungen aus dem organischen Material der Ablagerungen mikrobiell durch Fermentation bzw.

Karbonatreduktion bilden, und drittens tektoni- scher Druck, den kollidierende Erdplatten ausüben können. Solche Bedingungen sind in Deutschland nicht zu finden. Wenn wir allerdings nach Nordita- lien schauen bzw. den Mittelmeerraum betrachten, können wir zahlreiche Schlammvulkane sowohl an Land als auch am Meeresgrund antreffen.

Schiffsexpeditionen der letzte 25 Jahre haben al- lein im östlichen Mittelmeer um die 500 Schlamm- vulkane entdeckt (Abb.  1, oben). Die meisten dieser Schlammvulkane sind sehr klar an die Kolli- sionszone zwischen Europa und Afrika gebunden, wobei in der Ägäis und in der Türkei Mikroplatten eine Rolle spielen. So zeigt der Vergleich der ent- decken Schlammvulkane (Abb.  1, oben) mit den plattentektonischen Elementen (Abb.  1, unten), dass sich Schlammvulkane in den drei Bögen – dem Kalabrischen Bogen, dem Mittelmeerrücken und dem Zypriotischen Bogen – häufen.

Die kollidierenden Erdplatten quetschen die Meeresablagerungen zusammen, zerscheren sie in Pakete und stapeln sie übereinander. Das Was-

ser in den Poren der Sedimente wird dabei her- ausgedrückt. Dadurch beginnt das als Fluid be- zeichnete Gemisch aus Wasser, Salzen und Gasen im Sediment zu zirkulieren. Verfrachtet der Prozess der Plattenkonvergenz die Sedimente in größere Tiefen der Erde, so steigen Druck und Temperatur, was weiteres Wasser aus Mineralumwandlungen freisetzt. Das freigesetzte Wasser trägt dazu bei, wässrigen Tonschlamm in Bewegung zu setzen.

Durch weiteren Druckanstieg und Gasbildung kommt es dann in Verbindung mit dem tektoni- schen Stress zum Schlammvulkanismus in diesem Meeresgebiet. Allein der vom Nil aufgebaute Tief- seefächer bildet im östlichen Mittelmeer eine Aus- nahme, da es dort in der Vergangenheit zu sehr viel mächtigeren Sedimentanhäufungen kam, die außerhalb der Kollisionszone durch höheren Auf- lastungsdruck der überlagernden Gesteinsschich- ten zu Schlammvulkanismus führten (Abb. 1). Vom Golf von Cadiz über den Mittelmeerraum, das Schwarze Meer, die Kaukasusregion, das Kaspische Meer und den Makranbereich bis nach Indonesien zieht sich ein Gürtel, in dem verschiedene Platten- kollisionszonen, gepaart mit Schlammvulkanis- mus, eine häufige Erscheinung sind.

Abb. 1: Karten des östlichen Mittelmeers mit bathymetrischen Daten des EMODnet-Projekts (www.emodnet.eu/en/bathymetry).

Die obere Karte enthält die Positionen von bekannten Schlammvulkanen (nach Mascle et al. 2014). Die drei Schlammvulkane Venere, Kazan und Athina werden hier vorgestellt. Die untere Karte zeigt wichtige plattentektonische Elemente der Kollisionszone zwischen der Eurasischen und der Afrikanischen Platte (nach Rabaute und Chamot-Rooke 2007)

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200 bis 400 kHz ein. Weitere technische Details zur Vermessung und Bearbeitung der Bathymetrie, bis hin zum digitalen Höhenmodell (DTM) sind am Beispiel des Venere-Schlammvulkans in Winter- steller et al. (2017) zusammengefasst.

Venere-Schlammvulkan

Den Venere-Schlammvulkan im Kalabrischen Ak- kretionskeil (Abb.  1) haben wir während der Me- teor-Expedition M112 im Jahre 2014 mit dem AUV vermessen, nachdem wir mit dem Schiffslot über 54 Schlammvulkane der Region überfahren hat- ten und sich herausgestellt hat, dass er der einzige Schlammvulkan ist, der aktiv Gasblasen emittier- te. Diese AUV-Vermessung haben wir zwei Jahre später mit FS Poseidon komplettiert (Abb.  3), so- dass eine detaillierte geomorphologische Rekon- struktion möglich wurde (Loher et al. 2018a). Der Schlammvulkan liegt mitten im Squillace Canyon in ca. 1600 m Wassertiefe und hat einen Doppel- Kegel aufgebaut, der den Canyonboden um etwa 100 m überragt.

Zahlreiche Anzeichen, wie Streifenmuster, par- allele Furchen, Sedimentwellen und unterschied- lich große Kolkmarksysteme dokumentieren, dass der Canyon häufig von Suspensionsströmen ge- nutzt und geformt wird. Diese Turbidite werden durch Sedimenteintrag vom Kalabrischen Fest- land über mehrere saisonale Flüsse gespeist, die am oberen Kontinentalhang in der Squillace Bucht in den Canyon münden. Aus dem oberen Canyonbereich fließen die Suspensionsströme nach Osten in tiefere morphologische Niveaus ab und erodieren den Venere-Schlammvulkan (Lo- her et al. 2018a), wobei auch der Schlammvulkan selbst den Verlauf des Canyons beeinflusst. Im Bereich des Schlammvulkans verbreitert sich der Canyon von 4 auf 5 km und vor allem der südliche Hang des westlichen Gipfels, der größere Hang- neigungen als die Nordseite hat, wird stark ero- diert. Diese Erosion führte dazu, dass die rezenten und subrezenten Schlammflüsse nach Süden ab- gelenkt werden, wo die jüngsten Schlammflüsse ältere Strömungsfurchen überdecken (Abb.  3).

Die jungen Schlammflüsse am westlichen Gipfel weisen diesen als den jüngeren Kegel aus, dessen Schlammaustritt an der Kegelspitze von rezenten Gasemissionen begleitet werden, die hydroakus- tisch nachweisbar sind. Durch die AUV-Bathyme- trie war eine gezielte Sedimentkernbeprobung möglich, deren sedimentologische Analyse zeigt, dass die Schlammbrekzien des westlichen Vulkan- kegels zwischen 882 Jahren und heute mit einer durchschnittlichen Extrusionsrate von 27 000 m³/

Jahr abgelagert wurden (Loher et al. 2018a).

Schlammbrekzien am östlichen Gipfel sind min- destens 2200 Jahre alt und lassen sich mindestens 4000 Jahre zurückverfolgen.

Die Schlammdefizite im Untergrund führen zu einem 2 bis 3  km großen Einsinktrichter, dessen

Hochauflösende Bathymetrie mittels AUV-Vermessung

Ozeanische Schlammvulkane werden erst seit 25 bis 30 Jahren intensiver untersucht, seit wir von Schiffen aus mit verbesserten geophysikalischen Vermessungsmethoden Strukturen am Meeres- boden auflösen können. Besonders das Fächer- echolot, mit dem man die Topographie unter dem Schiffsrumpf, je nach Wassertiefe, in mehreren Ki- lometer breiten Streifen in einer Auflösung von ca.

25 bis 100 m vermessen kann, hat viel dazu beige- tragen, Schlammvulkane in der Tiefsee zu erken- nen. Aber erst seit mit Fächerecholoten auf auto- nomen Unterwasserfahrzeugen sehr viel näher am Meeresboden kartiert werden kann, erreichen wir eine deutlich bessere Auflösung im Meterbe- reich und teilweise darunter, die uns erlaubt, mehr über die Bildung und die Dynamik der Schlamm- vulkane zu verstehen. Am MARUM, dem Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen, benutzen wir dazu das AUV SEAL, welches für den Tiefsee-Einsatz bis 5000 Meter Wassertiefe konzipiert wurde (Abb.  2). Das 5,50 m lange, tor- pedoförmige Fahrzeug verfügt über einen elek- trischen Antrieb, der über Lithium-Ionen-Batterien mit Energie versorgt wird. Diese ermöglichen eine Einsatzdauer von ca. 19 Stunden bzw. 100 Kilo- meter Wegstrecke (www.marum.de/Infrastruktur/

MARUM-SEAL.html).

Während verschiedener Ausfahrten mit den Forschungsschiffen Poseidon und Meteor haben wir damit mehrere Schlammvulkane vermes- sen, um nach Kenntnis der hochauflösenden Bodentopographie gezielte Untersuchungen zum Schlammvulkanismus durchzuführen. Während wir in früheren Jahren das Reson-Fächerecholot 7125 mit einer Schallfrequenz von 400 kHz zur Ver- messung nutzten, setzen wir in den letzten Jahren das Kongsberg-Lot EM 2040 mit Frequenzen von

Abb. 2: Einsatz des AUV SEAL auf FS Poseidon zur bathymetrischen Vermessung eines Schlammvulkans im Mittelmeer

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ringförmige abschiebende Störungen den östli- chen Gipfel durchziehen (Abb. 3). Drei aktive Gas- austritte sind an diese Ringstörungen gebunden, wobei die vorgefundenen chemosynthetisch-le- benden Organismen (Muscheln, Bartwürmer und Bakterienmatten) und authigenen Karbonatpräzi- pitate eine langlebige Existenz dieser Methanquel- len belegen. Porenwässer der frisch extrudierten Schlammbrekzie sind bis zu 13 °C wärmer als die Hintergrundsedimente und enthalten Methan- konzentrationen, die die 2,7-fache Sättigung über- steigen. Die Chloridkonzentrationen der Poren- wässer dagegen sind bis zu fünfmal niedriger als das umgebende Meerwasser, welches auf die Frei- setzung von Wasser aus diagenetischen Mineral- reaktionen zurückzuführen ist (Loher et al. 2018b).

Die Gasanalysen weisen auf thermogen-gebildete Kohlenwasserstoffe hin, die zusammen mit den Porenwasseranalysen Quellen der Schlammtiefen von mehr als 3 km belegen. Beimischungen von biogen gebildetem Methan und größere marine Anteile an den Porenwässern der Seeps deuten auf verzweigte Wegsamkeiten, die im zentralen Schlot das ursprüngliche Fluidsignal transportieren und Abzweigungen davon, die ein Mischsignal mit den oberflächennahen Porenfluiden über die Ringstö- rungen zum Meeresboden transportieren (Loher et al. 2018b).

Schlammvulkane des Anaximander- Gebirges

Aktive, durch Gasemissionen gekennzeichnete Schlammvulkane sind auch aus dem Anaximan- der-Gebiet bekannt (z. B. Lykousis et al. 2009; Bohr- mann et al. 2014). Das Anaximander-Gebiet ist eine submarine Gebirgsregion zwischen 800 und 2450  m Wassertiefe, die zwischen dem Helleni- schen und dem Zypriotischen Bogen liegt (Abb. 1).

Im Gegensatz zu den Kompressionsbögen ist die Anaximander-Region tektonisch durch Abschie- bungen und Blattverschiebungen zerblockt (Ly- kousis et al. 2009). Die zahlreichen tektonischen Störungen, die sich teilweise durchkreuzen, haben Wegsamkeiten für Schlammaufstieg aus größeren Tiefen geschaffen. Seit 1995 haben unterschied- liche Forschergruppen aus Holland, Frankreich, Russland und Deutschland die Schlammvulkane dieser Region untersucht, wobei zur Lokalisie- rung der Schlammvulkane vor allem hohe Rück- streu- oder sogenannte Backscatter-Werte der Side-Scan-Sonar- und Fächerecholotvermessun- gen genutzt wurden (Lykousis et al. 2009). In allen beprobten Schlammvulkanen des Anaximander- Gebietes wurden oberflächennahe Gashydrate nachgewiesen, welche im Mittelmeer aufgrund seiner hohen Wassertemperaturen von 13 bis 14 °C nahe dem Meeresboden selten vorkommen.

Zusätzlich verschieben die im Mittelmeer häufig anzutreffenden messinischen Salze im Untergrund und die damit zusammenhängenden salzreichen

Porenwässer die Gashydratstabilitätsgrenze in gro- ße Tiefen. Die Porenfluide im Anaximander-Gebiet sind jedoch salzarm, welches die Gashydratstabil- tätsgrenze zu geringeren Wassertiefen verschiebt (Pape et al. 2010).

Kazan-Schlammvulkan

Der Kazan-Schlammvulkan bildet einen isolierten Hügel von 45 m Höhe, der am Rande eines rela- tiv flachen Plateaus in durchschnittlich 1070 bis 1050  m Wassertiefe liegt. Dieses Plateau liegt an der südlichen Flanke des östlichen Gebirgszuges der Anaximander-Region und östlich einer von Nordwest nach Südost verlaufenden prominenten Störungszone (Lykousis et al. 2009). Die AUV-Bathy- metrie-Karte (Abb. 4) deckt lediglich den zentralen Bereich der Ausbruchsregion ab, während die Schiffsmultibeam-Karte durch stark erhöhte Back- scatter-Werte zeigt, dass der Schlammvulkan nach Süden noch etwa doppelte Ausmaße hat. Ein ein- zelner Schlammfluss ist nach Süden den Hang ab- wärts noch bis in eine Wassertiefe von 1900 m zu verfolgen (Lykousis et al. 2009).

Die aufgestapelten Schlammflusseinheiten bil- den zwischen 1745 und 1700 m Wassertiefe eine 900  m von Norden nach Süden breiter werden- de keulenförmige Struktur, die im Norden um die Schlammaustrittsstelle 70 bis 80  m breit ist und sich im Süden auf ca. 260 m verbreitert. Lobenar- tige Wülste an der Oberfläche zeigen bei einer schwachen Hangneigung von etwas weniger als 1° die Fließrichtung von jüngeren Schlammflüs- sen nach Süden an. Ein runder Absenkungstrich- ter (Caldera) von 1100 m Durchmesser, der durch einen sehr deutlichen Hangknick zur Umgebung gekennzeichnet ist, umgibt den Austrittsschlot

Abb. 3: Doppelgipfel des Venere-Schlammvulkans im Squillace Canyon des Forearc Beckens, Kalabrischer Akkretionskeil im Ionischen Meer

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ragen bis in 1800 m Wassertiefe. Ältere Schlamm- flüsse sind vom Schlotbereich in alle Richtun- gen vertreten, wobei der rezente bis subrezente Schlammfluss mit einer nur leichten Hangneigung von 0,2° in südwestliche Richtung und im Be- reich des Durchbruches durch die Randschollen in südöstliche Richtung fließt. Ältere Schlamm- flussablagerungen überdecken den Hang in süd- westliche Richtung bis zu einem Plateaubereich in 2150  m Wassertiefe. Dabei scheint der obere Hang bis 2000 m Wassertiefe mit 12° Neigung ver- mehrt Schlamm aufgehäuft zu haben, anders als der untere Hang mit nur 5° Neigung. Temperatur- gradientenmessungen im Schlot zeigen erhöhte Werte von 70 °C/km, während sie außerhalb des Schlotes auf einem normalen Niveau von 15 bis 30 °C/km liegen. Trotz der wärmeren Temperatu- ren sind Gashydratkristalle in den Sedimentkernen der Schlammbrekzien vorhanden (Bohrmann et al. 2014). Auch außerhalb des Kraterbereiches sind Gasaustrittsstellen während der AUV-Vermessung akustisch registriert worden, die das Vorkommen von typischen kalten Quellen mit chemosynthe- tischen Organismen und Karbonatpräzipitaten mehrfach erwarten lassen. So wurden am südli- chen Gipfel authigene Karbonate mit einem dich- ten Bewuchs von siboglinoiden Bartwürmern der Art Lamellibrachia anaximandri (Tamborrino et al.

2019) und lucinide Muscheln untersucht, die beste Anzeiger für kalte Quellen sind (Bohrmann et al.

2014).

Die Bathymetrie des Athina-Schlammvulkans (Abb. 4). Ältere Schlammflüsse, die morphologisch

nur schwach zu erkennen sind, haben sich radial um den Austrittsschlot verteilt und teilweise die Caldera mit Schlammbrekzien oberflächlich auf- gefüllt. Am südlichen Rand der Keulenstruktur sind Terrassen in 4 bis 5 m hohen Stufen ausgebildet, die auf wiederkehrende Schlammeruptionen und damit verbunden episodische Ausflussereignisse des Kazan-Schlammvulkans zurückzuführen sind.

Dabei sind die Schlammbrekzien, die 500 m süd- lich des Ausbruchsschlotes zum Stillstand kamen, in sich stark verfestigt, sodass sie über 45 m Höhe einen Hang von 13° Neigung stabilisieren konnten.

Athina-Schlammvulkan

Der Athina-Schlammvulkan bildet eine morpho- logisch markante Struktur in 1850  m Wassertiefe am westlichen Rücken des Anaximander-Gebir- ges, der von 750 m in südöstliche Richtung bis in eine Wassertiefe von 2150 m abfällt. Die hochauf- lösende Bathymetrie der AUV-Vermessung offen- bart eine recht komplizierte Morphologie mit ver- schiedenen Plateaus und steilen Hängen (Abb. 5).

Ein halbmondartiger Absenkungstrichter ist durch einen Hangknick bei etwa 1860 m sichtbar, wobei der rezente Schlammausfluss aus einem Schlotbe- reich in 1830 m nicht ganz zentral dazu liegt.

Im östlichen, westlichen und südwestlichen Randbereich begrenzen Randschollen den Krater, die bis zu 20 m hohe Abbruchkanten zum Inne- ren des Kraters aufweisen. Die Gipfel dieser Rand- schollen (östlicher und westlicher Gipfel; Abb.  5)

Abb. 4: Gestapelte Schlammfluss-Ablagerungen des Kazan-Schlammvulkans im östlichen submarinen Anaximander-Gebirge

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Abb. 5: Caldera mit subrezenten bis rezenten Schlammflüssen des Athina-Schlammvulkans in Hanglage, submarines Anaximander-Gebirge der Türkei

Literatur

Bohrmann, Gerhard et al. (2014): Report and Preliminary Results of R/V POSEIDON Cruise P462, Izmir - Izmir, 28 October - 21 November, 2013. Gas Hydrate Dynamics of Mud Volcanoes in the Submarine Anaximander Mountains (Eastern Mediterranean). Berichte MARUM und FB 5, Universität Bremen, urn:nbn:de:gbv:46-00103551-12 Mascle, Jean; Flore Mary; Daniel Praeg et al. (2014): Distribution

and geological control of mud volcanoes and other fluid/

free gas seepage features in the Mediterranean Sea and nearby Gulf of Cadiz. Geo-Marine Letters, DOI: 10.1007/

s00367-014-0356-4

Loher, Markus; Silvia Ceramicola; Paul Wintersteller et al.

(2018a): Mud volcanism in a canyon: morphodynamic evolution of the active Venere mud volcano and its interplay with Squillace Canyon, Central Mediterranean. Geochemistry, Geophysics, Geosystems, DOI: 10.1002/2017GC007166

Loher, Markus; Thomas Pape; Yann Marcon et al. (2018b): Mud extrusion and ring-fault gas seepage – upward branching fluid discharge at a deep-sea mud volcano. Scientific Reports, DOI: 10.1038/s41598-018-24689-1

Lykousis, Vasilios; Stamatina Alexandri; John Woodside et al.

(2009): Mud volcanoes and gas hydrates in the Anaximander

mountains (Eastern Mediterranean Sea). Marine and Petroleum Geology, DOI: 10.1016/j.marpetgeo.2008.05.002 Menapace, Walter; David Völker; Heiko Sahling et al. (2017):

Long-term in situ observations at the Athina mud volcano, Eastern Mediterranean: Taking the pulse of mud volcanism.

Tectonophysics, DOI: 10.1016/j.tecto.2017.09.010 Pape, Thomas; Sabine Kasten; Matthias Zabel et al. (2010):

Gas hydrates in shallow deposits of the Amsterdam mud volcano, Anaximander Mountains, Northeastern Mediterranean Sea. Geo-Marine Letters, DOI: 10.1007/

s00367-010-0197-8

Rabaute, Alain; Nicolas Chamot-Rooke (2007): Quantitative mapping of active mud volcanism at the western Mediterranean Ridge-backstop contact. Marine Geophysical Research, DOI: 10.1007/s11001-007-9031-8 Tamborrino, Leonardo; Tobias Himmler; Marcus Elvert et al.

(2019): Formation of tubular carbonate conduits at Athina mud volcano, eastern Mediterranean Sea. Marine and Petroleum Geology, DOI: 10.1016/j.marpetgeo.2019.05.003 Wintersteller, Paul; Gerrit Meinecke; Markus Loher et al. (2017):

Gridded bathymetry mosaic of Venere mud volcano (MV), based on AUV MARUM-SEAL data acquisition during POS499. PANGAEA, DOI: 10.1594/PANGAEA.884110

ist ein gutes Beispiel dafür, dass weiterführende Untersuchungen erst durch die AUV-Vermessung möglich werden. So konnte ein Observatorium, das über 26 Monate Druckänderungen im Schlot-

bereich registrierte (Menapace et al. 2017), nur be- trieben werden, weil der Schlammaustrittsschlot von ca. 40 m Durchmesser durch die Vermessung sehr gut lokalisiert werden konnte. //

Referenzen

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