BRANCHEN-
ENERGIEKONZEPT
WELLPAPPE
Wellpappe
MAßNAHMEN ZUR ENERGIEEFFIZIENZSTEIGERUNG BEI DER HERSTELLUNG VON WELLPAPPE
PROJEKTLEITER Dipl.-Ing. (FH) Daniela Römer
Dipl.-Ing. Holger Jung Dr.-Ing. Johannes Kappen
Papiertechnische Stiftung 2012
unternehmen die Unternehmen in der Wertschöpfungskette Papier durch Forschung, Bera- tung, Messtechnik und Weiterbildung in den Bereichen Ressourcenmanagement, Innovative Faserverbunde, Oberflächenveredelung und umweltgerechte und nachhaltige Produktgestal- tung. Ein Schwerpunkt im Bereich des Ressourcenmanagement ist dabei die Energieeffizienz.
Das in diesem Projekt gewonnene Know-how bietet die PTS den Wellpappenherstellern als Energieeffizienzberatung an. Gerne unterstützen wir auch Sie dabei die Energieeffizienz in Ih- rem Unternehmen zu optimieren.
Unsere Kompetenz
Berechnung des Carbon Footprint für die gesamte Wertschöpfungskette
Papier
Ermittlung relevanter Einflussfaktoren auf den Carbon
Footprint
Vollständige Erschließung und Bewertung von Einsparpotenzialen
Fallspezifischer Einsatz von Pinch-Analyse und Simulation Ihr Nutzen
Kostenreduktion durch optimierte Prozesse
Erhöhung der Energieeffizienz
Reduzierung des Energiebedarfs und der CO2-Emissionen
Neutrale Verbrauchsbewertung und Benchmarking der
Aggregate und Teilanlagen
PTS SystemCheck Energy
®Ansprechpartner
Papiertechnische Stiftung, Heßstraße 134, 80797 München Daniela Pracht, Tel 089-12146-224, daniela.pracht@ptspaper.de
Dr.-Ing. Johannes Kappen, Tel 089-12146-462, johannes.kappen@ptspaper.de www.ptspaper.de
Redaktion
Daniela Römer (PTS), Holger Jung (PTS), Johannes Kappen (PTS), Andreas Well (PTS) gefördert durch:
Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie
unterstützt durch
FPS
Verband der Wellpappen-Industrie e.V. (VDW)
Verband der Bayerischen Papier, Pappe und Kunststoff verarbeitenden Industrie e.V.
KAESER KOMPRESSOREN GmbH
BHS Corrugated Maschinen- und Anlagenbau GmbH
Cargill Deutschland GmbH Bosch Industriekessel GmbH
P-Well GmbH Klingele Papierwerke GmbH & Co. KG
Wellpappenwerk Hilpoltstein
ROBA CORRUGATED GmbH & Co. KGDas Branchenenergiekonzept steht zum Download zur Verfügung:
http://www.ptspaper.de/1259.html?news_id=978
Inhaltsverzeichnis Seite
1 Das Wichtigste in Kürze...6
2 Bedeutung der Wellpappe...9
3 Struktur der deutschen Wellpappenindustrie...10
4 Wellpappe...16
4.1 Verfahrenstechnik der Wellpappenherstellung ...16
4.2 Wellpappenklebstoffe ...20
4.3 Wellpappensorten...23
5 Branchenspezifische Kennzahlen der Wellpappenindustrie ...25
5.1 Einführung - branchenspezifische Kennzahlen ...25
5.2 Datenerhebung in der Wellpappenindustrie...27
5.3 Endenergieeinsatz in Wellpappenwerken...29
5.4 Brennstoffeinsatz und Dampfbedarf in Wellpappenwerken ...30
5.5 Stromeinsatz in Wellpappenwerken...34
5.6 Zusammenfassung – branchenspezifische Kennzahlen ...36
6 Bewertung und Optimierung der Energieeffizienz ...37
6.1 Methodische Vorgehensweise ...37
6.2 Dampferzeugung ...38
6.3 Klebstoffaufbereitung und Leimsysteme...45
6.4 Wellpappenanlage Dampfbedarf...53
6.5 Wellpappenanlage Strombedarf...63
6.6 Randbeschnitt, Schredder und Ballenpresse...68
6.7 Druckluft...69
6.8 Beleuchtung...77
6.9 Hallenbeheizung ...81
6.10 Antriebe...83
7 Innovationen – Chancen für eine nachhaltige Unternehmensentwicklung ...85
7.1 Aktuelle Prozessneuheiten und Handlungsbedarf...85
7.2 Entwicklung von Innovationen (für den Branchenleitfaden) ...86
8 Zusammenfassung und Ausblick...88 9 Abkürzungsverzeichnis ...91 10 Literaturverzeichnis ...93
1 Das Wichtigste in Kürze Ausgangs-
situation Bayerische Wellpappenhersteller stehen in einem harten Wettbewerb unterein- ander und mit anderen deutschen und europäischen Unternehmen. Die Kosten für Papier, Leim und Energie haben sich in den vergangenen Jahren drastisch erhöht und belasten die Wertschöpfung bei gleichzeitig geringen Margen erheb- lich. Die Energiekosten lassen sich im Gegensatz zu den Papierkosten direkt beeinflussen, zum Beispiel durch einen optimierten Energieverbrauch im Pro- duktionsprozess.
Ziel Ziel des Projektes ist es, den Erzeugern von Wellpappe heute verfügbare und zukünftige Handlungsoptionen zur Reduzierung des Energiebedarfes in der Form eines Branchenenergiekonzeptes (BEK) zugänglich zu machen. Sie ge- winnen durch die in dem BEK enthaltenen Branchenkennwerte, "Best Practice"- Beispiele und Bewertungen von mittel- und langfristig verfügbaren Innovationen umfassende Handlungskompetenzen zur Reduzierung des Energiebedarfs.
Energiebedarf der Wellpappen- produktion
Die im Rahmen des Projektes ermittelten Werte zum spezifischen Gesamt- energieeinsatz liegen für das Jahr 2010 zwischen 120 und 247 kWh pro
1000 m² Bruttomaschinenerzeugnis. Wesentliche Ursachen für die ausgeprägte Schwankungsbreite der Werte sind:
Der unterschiedliche Grad der Weiterverarbeitung in den betrachteten Wer- ken und
die deutliche Abhängigkeit zwischen Energieeinsatz und Produktionsmen- ge. Als wesentliche Ursache für dieses Verhalten stehen die Wärmeverlus- te, die bei geringerer Produktionsmenge durch vermehrte An- und Abfahr- prozesse sowie das Warmhalten der Anlage entstehen.
Energiebedarfs-
struktur Energie wird bei der Wellpappenerzeugung zu 70 bis 85% in Form von Wärme (Dampf) und zu 15 bis 30 % in Form von Strom eingesetzt.
Der größte Wärmebedarf besteht bei der Formung der Welle und der
(Leim)Trocknung sowie bei der Aufheizung der Papierbahnen vor den jeweili- gen Verklebeprozessen (87% des Dampfeinsatzes). Im Bereich der Weiterver- arbeitung von Wellpappe wird Dampf vorwiegend zur Luftaufwärmung für die Trocknung von Druckfarben benötigt (2%). Zusätzlich werden häufig die Behei- zung von Hallen, Lagern, Sozialräumen und die Warmwassererzeugung unter Verwendung von Dampf realisiert (11%).
Elektrische Energie wird hauptsächlich für Antriebe der Wellpappenanlage und das Transportsystem (34% des Stromeinsatzes), bei der Weiterverarbeitung - Formatzuschnitt, Bedrucken, Falten und Kleben - der Wellpappen (30%) und für Abfallhandling (8%), Drucklufterzeugung (15%) und Beleuchtung (9%) ver- braucht.
Branchen-
kennwerte Zur Beurteilung des Energieeinsatzes und zur Festlegung von Branchenkenn- werten in der Wellpappenindustrie können aus den Forschungsergebnissen fol- gende Schlüsse gezogen werden:
Der Energieeinsatz in einem Wellpappenwerk ist häufig nicht transparent, da in der Regel ein kontinuierliches Energie-Monitoring fehlt. Die in den Werken verfügbaren Energieverbrauchsdaten reduzieren sich meist auf ei- nen Gesamtwert für den Gasverbrauch und einen Stromverbrauchswert.
Ein valides Benchmarking kann nicht pauschal für die Gesamtanlage (Well- pappe und Weiterverarbeitung) erfolgen.
Einzelne Technologiebereiche wie Dampferzeugung, Druckluft, Beleuch- tung oder Hallenheizung lassen sich sehr gut hinsichtlich ihrer Energieeffi- zienz beurteilen.
Für Wellpappenanlagen (WPA) kann kein genereller Wert für optimalen Energieverbrauch gefunden werden, da die Produktqualität (Anzahl und Art der Welle, Grammatur und Qualität der verwendeten Papiere etc.) und die Häufigkeit der Qualitätswechsel einen starken Einfluss auf den Energiebe- darf der WPA haben.
Handlungs-
optionen Bei den durchgeführten Untersuchungen zur Energieeinsparung in Wellpap- penwerken lag der Anteil der ermittelten Gaseinsparungen bei 7 – 9 % bezogen auf den Gesamtgasbedarf. Der Anteil der möglichen Stromeinsparungen bezo- gen auf den Gesamtstrombedarf der Werke lag zwischen 1 und 4 %.
Dabei sind schnell erzielbare Einsparungen häufig in folgenden Bereichen zu realisieren:
Kompressoren (Leckagen, Leitungsnetz, Steuerung),
Beleuchtung (Einsatz effizienter Leuchtmittel, tageslichtabhängige Steue- rung),
Dampf- und Kondensatsystem (Isolationen),
und dem Ersatz von Altgeräten (Presse, Kompressoren, Trockner) Hohe Einsparungen lassen sich durch folgende Maßnahmen erreichen:
Kesselhaus: Senkung der Abgastemperatur (Economizer)
Wesentliche Maschineneinheiten erneuern (Leimwerk, Dampf- und Kon- densatsystem, HZP) – Technologiesprung
Mit höherem finanziellen Aufwand erzielbare Einsparungen sind möglich durch:
Wärmerückgewinnung aus Abluft Schallkabine für Hallenheizung
Aktuelle Entwicklungs- arbeiten
Maschinentechnische Herausforderungen für die Wellpappenindustrie der Ge- genwart sind leichtere Papiere, kleinere Losgrößen und damit häufigere For- mat- und Qualitätswechsel, weniger Abfall, und die Reduzierung der Betriebs- kosten bei hoher Verfügbarkeit und höheren Produktionsgeschwindigkeiten. Ein weiterer Trend ist die steigende Produktion von Wellpappe mit sehr geringen Wellenhöhen. Wellpappen mit Wellenhöhen weniger als 0,5 mm (N-Welle) wer- den bereits hergestellt und haben eine beachtliche Marktposition eingenom- men. Sie bedeuten mehr Klebelinien und demnach auch mehr Klebstoff pro Flächeneinheit.
Um den genannten Anforderungen gerecht zu werden, fokussieren sich derzei- tige Arbeiten verstärkt auf die Entwicklung von Prozessüberwachungs- und Prozesssteuerungssystemen.
Wesentliche Anreize zur Einführung eines übergeordneten Systems sind:
Erzielung gleichbleibender Produktqualitäten (z. B. Planlageabweichungen)
Reduzierung des Personalaufwandes
Verringerung des Ressourceneinsatzes (Leim, Energie).
Zukünftige Entwicklungs- arbeiten
Mit den derzeit verfügbaren Technologien des Standes der Technik wird eine hohe Wärmemenge weitgehend ungenutzt an die Umgebung abgegeben.
Chancen zur Reduzierung sind:
Reduzierung von Temperaturen bei der Produktion
Erhöhung der Leimtrockensubstanz
Nutzung von Wärmerückgewinnung
Entwicklung von wärmeeffizienter Anlagentechnik (Isolierung, Infrarot- bzw.
Heißlufttrocknung)
Eine massive Reduktion im Energiebedarf kann nur durch Neugestaltung des Formgebungsprozesses (Wellenformung) sowie des Fügeprozesses (Verkleben von Welle und Decke) erfolgen.
Nutzen Die Wettbewerbsfähigkeit der bayerischen Wellpappehersteller hängt wesent- lich davon ab, Produkte mit hoher Qualität kostengünstig herstellen zu können.
Ein Einflussfaktor zur Reduzierung der Kosten ist dabei der Energieeinsatz. Im Rahmen des Projektes konnten schnell umsetzbare Handlungsoptionen zur Reduzierung des Energieeinsatzes identifiziert werden.
Danksagung Das Forschungsvorhaben PTS-BAY 1103-0004 wurde mit finanziellen Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie gefördert. Für diese Förderung sei an dieser Stelle herzlich ge- dankt. Im Rahmen des Forschungsprojektes erfolgte eine enge Zusammenar- beiten mit allen beteiligten Industrieunternehmen, vielen Dank für diese Zu- sammenarbeit, die entscheidend für den Erfolg des Projektes war. Weiterhin gilt unser Dank allen Mitarbeitern der Wellpappenwerke, die sich in dem Projekt sehr engagiert und uns die für unsere Arbeit notwendigen Daten und Informationen zur Verfügung gestellt haben.
2 Bedeutung der Wellpappe Anwendungs-
bereiche Wellpappe ist ein ganz besonderer Stoff – der wohl nachhaltigste und gleichzei- tig vielseitigste Packstoff überhaupt. Nahezu drei Viertel aller Waren in Deutsch- land, siehe Abbildung 1, von Geschenken über Handelswaren bis hin zu Indust- riegütern, werden in Versandverpackungen aus Wellpappe transportiert – Ten- denz steigend. Dies erfolgt nicht ohne Grund, denn ihre stabile und gleichzeitig leichte Wellenkonstruktion bildet ein schützendes Polster für Transportverpa- ckungen aller Art.
Wellpappe 69%
Folien 11%
Vollpappe 8%
Holz 7%
Verpackungs- mittel aus Kunststoff
5%
Abbildung 1: Marktstruktur der Transportverpackungen
Im Lebensmitteleinzelhandel übernimmt die Transportverpackung darüber hin- aus eine Verkaufsfunktion. Mit wenigen Handgriffen wird der Deckel entfernt und die Ware direkt aus der Verpackung heraus zum Kauf angeboten. Auch für Displays wird Wellpappe in Warenhäusern und Supermärkten eingesetzt, um die Aufmerksamkeit der Kunden gezielt auf ein bestimmtes Produkt zu lenken.
Bei Designern ist das Material ebenfalls sehr beliebt, schon in den 60er Jahren wurden Möbel aus Wellpappe in Form von Stühlen, Tischen und Regalen ge- schaffen.
An der Umweltverträglichkeit des Packstoffes besteht kein Zweifel. Wellpappe besteht zu 100 Prozent aus nachwachsenden Rohstoffen und wird nach Gebrauch nahezu vollständig recycelt!
3 Struktur der deutschen Wellpappenindustrie Papier verarbei-
tende Industrie Wellpappenhersteller werden gemäß der Klassifikation der Wirtschaftszweige von 2008 als „Hersteller von Waren aus Papier, Karton und Pappe“ zur Branche 17.2 gezählt. Diese Gruppe wird durch die amtliche Wirtschaftsstatistik wieder- um in fünf Klassen untergliedert, wie nachfolgende Auflistung zeigt.
Tabelle 1: Hersteller von Waren aus Papier, Karton und Pappe 17.2 Herstellung von Waren aus Papier, Karton und Pappe 17.21 Herstellung von Wellpappe sowie von Verpackungsmitteln aus
Papier, Karton und Pappe
17.22 Herstellung von Haushalts-, Hygiene- und Toilettenartikeln aus Zellstoff, Papier und Pappe
17.23 Herstellung von Schreibwaren und Bürobedarf aus Papier, Karton und Pappe
17.24 Herstellung von Tapeten
17.29 Herstellung von sonstigen Waren aus Papier, Karton und Pappe Trotz der Tatsache, dass die Papier verarbeitende Industrie überwiegend mit Papier und Pappe als gemeinsames Ausgangsmaterial arbeitet, ist der Wirt- schaftszweig durch eine signifikante Vielfalt gekennzeichnet. Wird der Begriff
„Branche“ als eine „Gruppe von Unternehmen, die Produkte herstellen, die sich gegenseitig nahezu ersetzen können“ [1] formuliert, so kann die Papier verar- beitende Industrie kaum als in sich konsistente Branche verstanden werden.
Damit können Tapeten keine Schreibwaren ersetzen oder Hygienepapiere kei- ne Wellpappekartons, auch wenn die Produkte materialtechnisch vorwiegend auf Papier basieren.
Der Großteil des für die Papierverarbeitung verfügbaren statistischen Datenma- terials ist ausschließlich in die genannten fünf Klassen gegliedert und damit nur begrenzt für die Wellpappenindustrie geeignet. Unternehmen der Gruppe 17.21 erwirtschafteten im Jahr 2010 einen Gesamtumsatz von 10,34 Mrd. €, bundes- weit waren in 305 Betrieben 46.668 Personen beschäftigt [2].
Wellpappen-
industrie Mit dem Beginn der Finanz- und Wirtschaftskrise im Herbst 2008 verzeichnete die Wellpappenindustrie erstmals nach 15 Jahren kontinuierlichem Wachstum einen Absatzrückgang [3]. 2009 musste die Wellpappenindustrie, wie die ge- samte deutsche Wirtschaft, einen der stärksten Konjunktureinbrüche bewältigen und einen Absatzrückgang in Quadratmetern von 4 % verkraften. Seit 2010 be- findet sich die Wellpappenindustrie wieder im Aufschwung. Im Vergleich zu 2009 erzielte die Branche einen Zuwachs um 8,4 %. Damit lag der Absatz für 2010 bei rund 9,1 Milliarden Quadratmetern Wellpappe, wie in Abbildung 2 dar- gestellt.
2,2%
0,9%
2,9% 3,2%
8,3%
4,5%
1,8%
-4,2%
8,4%
2 4 6 8 10
2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010
Wellpappenabsatz in Mrd m²/a
-10%
-8%
-6%
-4%
-2%
0%
2%
4%
6%
8%
10%
Veränderung
Abbildung 2: Entwicklung des Wellpappenabsatz (2002 – 2010) [3,4,5]
Deutschland ist in Europa mit deutlichem Abstand führend in der Wellpappen- herstellung. Im internationalen Vergleich wird Deutschland nur noch von China, den USA und Japan übertroffen [6].
2011 waren insgesamt rund 18.000 Arbeitnehmer in den 114 Werken der 39 Wellpappenunternehmen beschäftigt [7,8]. Gegenüber anderen Industriezwei- gen weisen die Beschäftigtenzahlen der Wellpappenindustrie in den letzten zehn Jahren eine eindrucksvolle Konstanz auf.
Insgesamt befinden über 20 Werke in Bayern, davon 19 VDW-Mitgliedswerke, die rund ein Fünftel der deutschen Wellpappenproduktion herstellen und circa 20 % des Branchenumsatzes erwirtschaften. Die bayerische Wellpappenindust- rie beschäftigt circa 3.600 Mitarbeiter. Bayern stellt somit einen wichtigen Standort für die deutsche Wellpappenindustrie dar.
Auch die Umsätze erreichten deutliche Steigerungen. Sie wuchsen im Jahr 2011 durchschnittlich um 12,4 % auf knapp 5 Milliarden Euro.
Kostenstruktur
Wellpappe Die Kostenstruktur der Wellpappenindustrie wird sehr stark von den Investitio- nen für die Rohstoffe bestimmt. Die Beschaffung des Wellpappenrohpapiers macht dabei etwa die Hälfte der Rohstoffkosten aus. Die übrigen 50 % verteilen sich auf Energie, Transport, Personal und andere Produktionshilfsmittel wie zum Beispiel Leim.
Preisentwicklung
Papier Die Entwicklung des Papierpreises für Altpapier-Wellenstoff von September 2009 bis März 2011 zeigt Abbildung 3.
0 50 100 150 200 250 300 350 400 450 500
Sep 09 Dez 09 Mrz 10 Jun 10 Sep 10 Dez 10 Mrz 11
Kosten in €/t
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
Kostensteigerung AP- 100%
Wellenstoff prozentualer Anstieg (bezogen auf Sep 09)
Abbildung 3: Kostensteigerung des Altpapier-Wellenstoffs [7,9, 10, 11, 12, 13]
In diesem Zeitraum sind die Preise für Altpapier-Wellenstoff um etwa 80 % ge- stiegen. Betrachtet man die Papierverbraucherstruktur der Wellpappenerzeu- gung, so beträgt der Anteil an Altpapier-Wellenstoff für das Jahr 2010 etwa 36,8% (siehe Abbildung 4 [6]).
Wellenstoff 37%
Schrenzpapier 2%
Testliner 39%
Halbzellstoff- papier
2%
Kraftliner, braun 14%
Kraftliner, weiß, geflammt etc.
6%
Abbildung 4: Papierverbrauchsstruktur der Wellpappenerzeugung (2010)
Preisentwicklung
Stärke Für Stärke, die als Basis für den Leim eingesetzt wird, sind die Beschaffungs- kosten nach einem Preistief in 2009 seit etwa Mitte 2010 stark angestiegen. Bei der Kartoffelstärke hat sich der Preis um etwa 100 %, bei Mais und Weizenstär- ke um etwa 60 % angehoben (Stand April 2011 [7]). Der Trend seit dem dritten Quartal 2011 ist jedoch bereits wieder deutlich rückläufig.
Kartoffelstärke hat hierbei allerdings für die Wellpappenherstellung aufgrund der Preisentwicklung wegen des Wegfalls der EU Fördermittel heute ohnehin be- reits kaum noch Relevanz und wies im Vergleich zu Weizen und Mais in den vergangenen Jahren eine noch stärker ausgeprägte Volatilität auf.
Ungeachtet aller Preisentwicklungen am Markt ist in diesem Zusammenhang al- lerdings zu berücksichtigen, dass Stärke bei den variablen Kosten bezogen auf die Fläche hergestellter Wellpappe bei 2-3% der Gesamtkosten liegt.
Preisentwicklung
Gas (2) Der Gaspreis ergibt sich aus den Kosten für Beschaffung, den Aufwendungen für Transport, Verteilung und Vertrieb sowie den Steuern (Gassteuer, Mehr- wertsteuer) und Abgaben. Abbildung 5 zeigt die Entwicklung des Gaspreises von 2007 bis 2010 sowohl mit als auch ohne den Kostenanteil durch Steuern und Abgaben. Der Anteil für Steuern und Abgaben am Gesamtgaspreis ist in den Jahren zwischen 2007 und 2010 auf einem konstanten Niveau verblieben (etwa 24 %). In der zweiten Jahreshälfte von 2008 lag der Gaspreis bei etwa 59
€/MWh und stellt für den betrachteten Zeitraum das Maximum dar. Nach einer kurzen Entspannungsphase 2009 mit niedrigen Gaspreisen ist seit 2010 wieder ein kontinuierlicher Anstieg des Gaspreises zu beobachten.
0 20 40 60 80
2007
1. Halbjahr 2007
2. Halbjahr 2008
1. Halbjahr 2008
2. Halbjahr 2009
1. Halbjahr 2009
2. Halbjahr 2010
1. Halbjahr 2010 2. Halbjahr
Gaspreis in €/MWh
Gaspreis in €/MWh o. Steuern für (2,7 GWh < Verbrauch < 27,7 GWh) Gaspreis in €/MWh inkl. Steuern für (2,7 GWh < Verbrauch < 27,7 GWh)
Abbildung 5: Entwicklung des Gaspreises von 2007 bis 2010 [14]
Preisentwicklung
Gas (2) Im Jahr 2010 betrug der Gaspreis in Deutschland nach EUROSTAT [14] für die Verbrauchergruppe von 10.000 bis 100.000 GJ etwa 48 €/MWh. Der Gaspreis für die Wellpappenindustrie lag zwischen 28 und 51 €/MWh und durchschnittlich bei 39 €/MWh.
0 20 40 60 80
0 5 10 15 20 25
Erdgasbezug in GWh/a
Erdgaskosten in €/MWh
Abbildung 6: Gaspreise von Wellpappenherstellern (2010)
Preisentwicklung
Strom Der Strompreis setzt sich aus dem Stromkostenanteil (Erzeugung, Transport und Vertrieb), der EEG-Umlage, der KWKG-Umlage, der Stromsteuer sowie der Konzessionsabgabe zusammen. Die Entwicklung des Strompreises von 2007 bis 2010 sowohl mit als auch ohne den Kostenanteil durch Steuern und Abga- ben ist in nachfolgender Abbildung 7 dargestellt.
0 25 50 75 100 125 150 175 200 225 250
2007 1. Halbjahr
2007 2. Halbjahr
2008 1. Halbjahr
2008 2. Halbjahr
2009 1. Halbjahr
2009 2. Halbjahr
2010 1. Halbjahr
2010 2. Halbjahr
Strompreis in €/MWh
Strompreis in €/kWh o. Steuern für (500 MWh < Verbrauch < 2.000 MWh) Strompreis in €/kWh inkl. Steuern für (500 MWh < Verbrauch < 2.000 MWh) Strompreis in €/kWh o. Steuern für (2.000 MWh < Verbrauch < 20.000 MWh) Strompreis in €/kWh inkl. Steuern für (2.000 MWh < Verbrauch < 20.000 MWh)
Abbildung 7: Entwicklung des Strompreises von 2007 bis 2010
Der reine Stromkostenanteil zeigt seit 2008 einen sinkenden Trend, der aller- dings durch den steigenden Anteil an Steuern und Abgaben nicht am Gesamt- strompreis zu erkennen ist. In dem Zeitraum von 2007 bis 2010 hat sich der Strompreis um etwa 29 % erhöht.
Preisentwicklung
Strom Für das Jahr 2010 lag nach EUROSTAT der Strompreis inklusive Steuern und Abgaben der Verbrauchergruppe „0,5 – 20 GWh“ bei durchschnittlich
137 €/MWh. Im Vergleich zu diesen Daten liegt der Strompreis der an der PTS- Umfrage beteiligten Unternehmen bei im Mittel 113 €/MWh siehe Abbildung 8.
0 40 80 120 160
0,0 2,0 4,0 6,0 8,0 10,0
Fremdstrombezug in GWh/a
Stromkosten in €/MWh
Abbildung 8: Strompreise von Wellpappenherstellern (2010)
4 Wellpappe
4.1 Verfahrenstechnik der Wellpappenherstellung Wellenaggregat:
Umformen des Wellenpapiers
Papiere für die Wellenlage sowie der Deckenbahnen werden mit Hilfe von ex- ternen Vorheizzylindern (Vorheizer = Deckenbahn, Vorbereiter = Wellenbahn) aufgewärmt. Das Papier für die Wellenlage wird häufig über ein angeschlosse- nes Sprühfeuchtwerk mit Nassdampf besprüht, um die notwendige Elastizität und Formbarkeit zu erreichen. Der Prägeprozess ist ein Warm-Umformprozess, bei dem die Außenflächen des Wellenpapiers über ihre Glasübergangstempe- ratur hinaus erwärmt werden. Die Erhöhung der Feuchte des Wellenpapiers senkt die Glasübergangstemperatur des Papiers, siehe Abbildung 9 [15].
, Abbildung 9: Glasübergangstemperatur, [16]
Die Formung der Welle geschieht zwischen zwei beheizten Riffelwalzen des Wellpappenaggregates (einseitige Maschine), die auf etwa 180 °C erhitzt wer- den. Aufgrund enger Biegeradien ist eine plastische Verformung des Papiers nötig. Ursache für plastische Verformungen ist das irreversible Abgleiten ein- zelner Faserkreuzungen. Die Kraft-Verformungskurve ist nicht glatt, sondern durch spontane Kraftabfälle und Wiederaufbau der Kraft gekennzeichnet (Abbildung 10).
Abbildung 10: Kraft-Verformungskurve, [17]
Wellenaggregat:
Ausformfaktor Die Güte der Verformung wird durch den Ausformfaktor beschrieben. Der Aus- formfaktor ist der Quotient aus dem Wellenabstand der fertigen Welle und dem Wellenabstand auf den Riffelwalzen. Bei einem Ausformfaktor von 1 hat die ge- formte Welle exakt das Profil der Riffelwalze angenommen. Im Temperaturin- tervall von 23 °C bis 100 °C sinken die Ausformfaktoren schnell, erreichen aber nicht den Wert 1. Ausformfaktoren um den Wert 1 werden erst bei Temperatu- ren größer 160 °C und hohen Papierfeuchten erreicht. Eine Temperaturabsen- kung führt zu erhöhten Rückstellkräften im gewellten Papier, die durch die Ver- klebung aufgefangen werden müssen [18].
1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5
0 50 100 150 200
Riffelwalzentemperatur in °C Ausformfaktor KL 145 (trocken)
KL 145 (feucht)
Abbildung 11: Ausformfaktor eines Kraftliners in Abhängigkeit von Temperatur und Feuchte, modifiziert nach [17]
Verkleben im Wellenaggregat Konzept An- presswalze
Die Kombination des geriffelten Papiers mit einer ebenen Papierbahn, der In- nendecke, ist die einseitige Wellpappe. Zu ihrer Herstellung ist ein Klebepro- zess notwendig, der ebenfalls im Wellpappenaggregat durchgeführt wird. Die konventionelle Verfahrenstechnik dieser Verklebungsprozesse wird anhand Abbildung 12 erläutert, die den schematischen Querschnitt eines Wellpappen- aggregates zeigt.
Abbildung 12: Querschnitt durch ein Wellpappenaggregat [19 ]
Im Eingriff der beiden Riffelwalzen wird das Wellenpapier geprägt. Die geriffelte Papierbahn bleibt - gestützt durch Vakuum oder Überdruck - im Kontakt mit der unteren Riffelwalze. Nach einem Drehwinkel von etwa 90° wird mittels des Klebstoffauftragswerkes auf die Wellenspitze der geprägten Papierbahn Kleb- stoff aufgetragen. Nach einem weiteren Drehwinkel von etwa 90 ° wird die ebe- ne Papierbahn, das Deckenpapier, mit Hilfe einer Anpresswalze an das Wel- lenpapier gepresst und verklebt. Der erzeugte Verbund aus Wellenpapier und Liner muss unmittelbar nach dem Verlassen des Drucknips für den Weiter- transport innerhalb der WPA ausreichend belastungsfähig sein, denn die einsei- tige Wellpappe wird nun ohne Führung den nachfolgenden Verfahrensschritten zugeführt.
Verkleben im Wellenaggregat Konzept der Bandanpressung
Bei der konventionellen Herstellungstechnik wirken sich die relativ hohen An- pressdrücke im Nip zwischen Riffelwalze und Anpresswalze nachteilig auf die Festigkeit der gefertigten Wellpappe aus. Um die Liniendrücke bei der Verkle- bung zu reduzieren und dadurch Schädigungen der Wellpappe bzw. der De- ckenbahn auf ein Minimum zu reduzieren, kann statt der Walze ein Band zum Verpressen von Welle und Liner verwendet werden. Der erforderliche Anpress- druck wird reduziert, indem die Deckenbahn entlang der Wellenbahn mit dem Band geführt wird. Hauptvorteile der Bandanpressung sind:
nahezu keine Prägelinien (Bedruckbarkeit),
deutlich geringerer Schallpegel der Maschine.
Das Anpressband besteht zur Vermeidung von Dampfblasen aus einem offen- porigen Metall- oder Kunststoffgewebe und wird über die Umlenkwalzen aufge- heizt. Vorteile dieses Systems sind, wie bereits erwähnt, die Verringerung des Liniendrucks und eine wesentlich länger Anpresszeit, in der die Verbundfestig- keit der einseitigen Wellpappe erreicht werden kann.
3-fach Vorheizer und Kaschier- werk
Der 3-fach Vorheizer erwärmt die einseitigen Bahnen und die letzte Kaschier- bahn noch einmal bevor im Kaschierwerk auf den Wellenköpfen der einseitigen Bahnen Leim aufgetragen wird. Er besteht aus aufeinander stehenden beheiz- baren Zylindern. Die Variation der Wärmeaufnahme der Papierbahnen auf den Zylindern erfolgt über die Änderung der Auflagefläche des Papiers, die mit Hilfe von Umschlingungsarmen angepasst werden kann.
Das Kaschierwerk besteht aus einzelnen Leimwerken – eines für jede einseitige Bahn – und benetzt die Wellenspitzen für den Verklebeprozess mit Leim.
Heiz- und
Zugpartie Im Einlauf der Heiz- und Zugpartie werden die einseitigen Bahnen mit der ab- schließenden Deckbahn zusammengeführt und unter Zufuhr von Wärme auf- einandergepresst.
In der anschließenden Trockengruppe wird die fertige Wellpappe mittels Gurten über Heizplatten geführt. Mit Belastungssystemen (z. B. Walzen) wird die Well- pappe gleichmäßig mit den Heizplatten in Kontakt gebracht, um eine gleichmä- ßige Aufwärmung und Verklebung sicherzustellen.
Für höhere mechanische Ansprüche können weitere Wellen- und Deckenbah- nen aufgebracht werden. So erhält man zwei- oder dreiwellige Wellpappe.
Es sind Produktionsgeschwindigkeiten von bis zu 400 m/min möglich. Die übli- chen Arbeitsbreiten liegen aktuell zwischen 250 und 280 cm. Darüber hinaus gib es eine Anlagenvariante mit der auch Arbeitsbreiten bis 330 cm produziert werden können.
Schema der WPA [20]
4.2 Wellpappenklebstoffe
Einführung Das Eigenschaftsprofil für einen für das Wellpappenaggregat geeigneten Kleb- stoff stellt sich wie folgt dar:
hoher Feststoffgehalt
hohe Verfestigungsgeschwindigkeit
hohe Molmasse der makromolekularen Substanz
günstiger Preis.
Als Grundstoff von Wellpappenklebstoffen wird vorzugsweise native Stärke verwendet. Um sie im Prozess der Wellpappenerzeugung als Wellpappenleim oder Kaschierleim einsetzen zu können, muss die Stärke nach verschiedenen Verfahren aufbereitet werden. Die wichtigsten Verfahren werden nachfolgend kurz beschrieben.
Klebstoffe nach Stein-Hall- Verfahren
Stein-Hall-Klebstoffe sind klassische trägerbasierte-Systeme, bestehend aus einem Teil Stärke (nativ oder modifiziert), welcher unter Zugabe von Wasser, Natronlauge und Wärme vollständig verkleistert und den Primäransatz bildet, sowie einem weiteren Teil, meist nativer Stärkeslurry (Suspension aus Stärke und kaltem Wasser = Sekundäransatz).
Beide Komponenten werden gemischt, wobei das Mischungsverhältnis zwi- schen hochviskoser Trägerstärke (Primäransatz) und niederviskoser Stärke- suspension (Sekundäransatz) die Viskosität des Klebstoffes bestimmt. Für bei- de Ansätze wird in der Regel die gleiche Stärke (Weizen, Kartoffeln, Mais etc.) eingesetzt. Inzwischen werden Stein-Hall-Aufbereitungen wie auch die moder- neren Verfahren als Ein-Tank-Verfahren realisiert, wobei die Zutaten in chrono- logischer Folge dem Ansatz zugeführt werden, während dieser permanent mit einem starken Rührwerk gemischt bzw. dispergiert wird.
Üblicherweise enthalten die Mischungen bezogen auf die Stärke 12 % - 14 % Trägerstärke und 86 % - 88 % native Stärke, wobei der Gesamtfeststoffgehalt dabei etwa 25 % beträgt. Dem Primäransatz wird Alkali zugesetzt, was den Verkleisterungspunkt der nativen Stärke je nach Anwendung und Stärketyp auf circa 55 °C herabsetzt. Ein weiteres Additiv wie bei allen stärkehaltigen Kleb- stoffen ist Borax. Es wird dem Ansatz in der Regel im Sekundärteil zugefügt.
Borax wirkt hauptsächlich als Vernetzungsmittel zwischen benachbarten
Stärkemolekülen des gelösten Stärkeanteils, wodurch der Viskositätssprung bei der Verkleisterung noch steiler verläuft. Allerdings fördert Borax bei zu hoher Dosierung auch die Versprödung des Klebstoffs, wodurch die Festigkeit von Wellpappenklebungen zurückgehen kann [21].
Klebstoffe nach dem No-Carrier- Verfahren
Bei diesem Verfahren wird die gesamte Stärke der entsprechenden Rezeptur in Wasser suspendiert. Anschließend wird der Slurry, nach Erwärmung auf etwa 25 – 30 °C, unter Zugabe von verdünnter Natronlauge gerührt bis eine Stein- Hall-Viskosität von etwa 50 bis 90 Sekunden erreicht wird. Dadurch wird die Stärke zu einem vergleichsweise geringen Maß angequollen, wobei nur sehr wenig Stärke (1-2%) vollständig verkleistert. Die Reaktion wird durch die Zuga- be von beispielsweise Borsäure gestoppt, was den pH Wert auf ein geringeres Niveau senkt. Dabei wirkt der darin enthaltene Boranteil, wie beim Stein-Hall- Verfahren, in gleicher Weise viskositätsanhebend wie das darin eingesetzte Bo- rax.
Klebstoffe nach dem „Minocar“- Verfahren und
„VCC“-Verfahren
Die Herstellung eines Wellpappenklebstoffes nach dem „Minocar“-Verfahren stellt, ebenso wie das erst später entwickelte „VCC“-Verfahren (Viscosity Con- troled Carrier), eine Mischform aus dem No-Carrier und dem Stein-Hall- Verfahren dar.
Bei diesen beiden Verfahren wird ein bestimmter Mengenanteil (40 % - 60 %) der Primärstärke in Wasser (80 % - 90 %) suspendiert. Nach entsprechender Temperierung sorgt, wie im No-Carrier-Verfahren, die Zugabe von Alkali(NaOH) für das Anquellen der Stärkekörner und somit für eine Viskositätszunahme.
Nach Erreichen einer vorgegebenen Soll-Viskosität werden dem so hergestell- ten Träger das restliche Wasser (Sekundärwasser 10 % - 20 %) sowie die Se- kundärstärke zugegeben, wodurch der Trägerquellprozess unterbrochen wird.
Darauf folgt die Zugabe des Borax, das wie in anderen Verfahren durch eine einsetzende Vernetzung zu der gewünschten Viskositätszunahme führt
(Abbildung 13). Der Klebstoff wird danach zur Fertigstellung auf das gewünsch- te Viskositätsniveau für die Verarbeitung auf der Wellpappenanlage herunter- geschert.
1
3 2
4
5
6
1: Eintrag von Primärstärke und NaOH 4: Zugabe von Borax
in Primärwasser 5: Beginn der Scherung
2: Zugabe von Sekundärwasser 6: Erreichen der Endviskosität durch 3: Zugabe von Sekundärstärke Scherung
0 500 1000 1500 2000 2500
Ansatzzeit (s)
Viskosität
Endviskosität
1
3 2
4
5
6
1: Eintrag von Primärstärke und NaOH 4: Zugabe von Borax
in Primärwasser 5: Beginn der Scherung
2: Zugabe von Sekundärwasser 6: Erreichen der Endviskosität durch 3: Zugabe von Sekundärstärke Scherung
0 500 1000 1500 2000 2500
Ansatzzeit (s)
Viskosität
Endviskosität
Abbildung 13: Viskositätsverlauf beim „Minocar“- und „VCC“-Verfahren [22, 23]
Fertigklebstoffe Diese Art von Wellpappenklebstoffe sind bereits vom Stärkehersteller vorgefer- tigte Mischungen (in Pulverform), in denen alle Bestandteile eines Stein-Hall ähnlichen Klebstoffs bereits enthalten sind. Diese Fertigmischungen werden in kaltem Wasser bei Raumtemperatur eingerührt und ergeben nach intensivem Rühren einen einsatzfähigen Wellpappenklebstoff. Vorteile dieser Fertigkleb- stoffe sind die einfache Handhabung in der Klebstoffaufbereitung und die schnelle, wenig aufwändige Zubereitung. Nachteile sind:
der relativ hohe Produktpreis, verglichen mit nativen Produkten und Chemi- kalien,
die eingeschränkte Flexibilität in der Klebstoffrezeptur, da Feststoffgehalt und Gehalt an NaOH sowie Borax anteilig festgelegt sind,
und eine begrenzte Lagerfähigkeit des Trockenproduktes.
4.3 Wellpappensorten
Wellensorten Die Ursache für die Stabilität der Wellpappe liegt in der Wellenform. Um allen Anforderungen gerecht zu werden, sind unterschiedliche Wellenformen ge- bräuchlich. Überwiegend wird einwellige Wellpappe hergestellt. Dabei ist die Wellenbahn mit einer Außen- und einer Innendeckschicht beklebt. Durch einen schichtartigen Aufbau können auch mehrere Wellenlagen, getrennt durch Zwi- schenlagen, zu einer zwei- oder auch dreiwelligen Wellpappe miteinander ver- klebt werden, um Schutz gegen hohe und höchste mechanische Belastungen zu bieten. Dabei werden unterschiedliche Wellenformen miteinander kombiniert, die sich in ihrer Wellenteilung (t) und Wellenhöhe (h) unterscheiden.
Die in Deutschland produzierte Form ist die Sinuswelle, auch „Rundriffelform“
genannt. Das sogenannte V-Profil ist kaum gebräuchlich.
In Tabelle 2 sind die Bezeichnungen für Wellpappen mit deren geometrischen Kenngrößen (angegeben sind Mittelwerte) dargestellt.
Tabelle 2: Bezeichnungen und geometrische Kenngrößen von Wellpappe, nach DIN 55468-1
A-Welle Grobwelle 4,75 8,80 114
C-Welle Mittelwelle 3,66 7,59 126
B-Welle 2,50 6,50 153
D-Welle 2,10 4,50 222
E-Welle 1,16 3,50 258
F-Welle 0,75 2,40 415
G-Welle 0,60 1,80 556
N-Welle 0,55 1,80 555
Mikrowelle Bezeichnung
Feinwelle
Höhe Ø[mm] Teilung Ø[mm]
Wellen pro Ø lfd. Meter
Anteile Wellpap- pensorten in Deutschland
Überwiegend wird in Deutschland einwellige Wellpappe hergestellt, davon hauptsächlich B-, C- und E-Welle. Die mehrwelligen Wellpappen machen nur rund ein Drittel der Produktionsmenge aus. Hier überwiegen deutlich Kombina- tionen aus B- und C-Welle.
Tabelle 3: Anteile und Produktionsmenge der produzierten Wellpappesorten in Deutschland 2008 [24]
Wellpappensorte Produktionsmenge Produktionsmenge
% Mio m²
Einwellige WP
A-Welle 0,1% 5,8
B-Welle 39,6% 3.443,6
C-Welle 14,2% 1.234,4
E-Welle 11,3% 980,6 F-Welle 0,8% 69,2 Einwellig Laminiert 0,3% 23,1 Einwellig Sonstige 0,1% 5,8 Anteil Einwellig 66,4% 5.762,4 Mehrwellige WP
BB 0,1% 8,2
CA/AC 0,4% 35,6
BC/CB 18,9% 1.641,8
BE/EB 8,5% 738,8
EC/CE 0,3% 27,4
EE 1,6% 139,6
Dreiwellig 0,6% 52,0 Mehrwellig Laminiert 0,1% 8,2 Mehrwellig Sonstige 1,0% 87,6 Anteil Mehrwellig 31,5% 2.739,1 Einseitige WP 2,1% 182,4 Summe total 100,0% 8.687,0
5 Branchenspezifische Kennzahlen der Wellpappenindustrie
5.1 Einführung - branchenspezifische Kennzahlen Branchen-
spezifische Kennzahlen
Für die Bewertung der Energieeffizienz eines Industriestandortes können ver- schiedenste Kennzahlen des Betriebes gebildet und miteinander verglichen werden. Diese Kennzahlen können beispielsweise aus den Energie- und Pro- duktionsdaten oder aus Energie- und Umsatzdaten eines Unternehmens ermit- telt werden. Im Folgenden sind Beispiele für produktionsbezogene Energie- kennzahlen aufgeführt:
[%]
100
Gesamtkosten ten Energiekos tenanteil
Energiekos
a m oder t
a kWh
menge roduktions P
gieeinsatz Gesamtener
gieeinsatz Gesamtener
spez Gesamt
/
. 2/
a m oder t
a kWh
menge roduktions P
tz Stromeinsa tz
Stromeinsa
spez Gesamt
/
. 2/
Betriebsintern dienen diese Kennzahlen in erster Linie der Kontrolle und Beo- bachtung des Energieeinsatzes über einen zeitlichen Horizont. Eine Positionie- rung innerhalb der Branche ist damit nur bedingt möglich, da diese globalen Kennwerte keinen Rückschluss auf Produktionsbedingungen oder Betriebs- strukturen der zu vergleichenden Betriebe erlauben. Variationen dieser Werte ergeben sich beispielsweise durch:
Produktionsmenge,
die erzeugte Wellenart bzw. Wellenkombination (Umstellung von BC-Welle auf BE-Welle ergibt eine Energieeinsparung von 7-8 %),
die Anzahl der Wellen,
die Eigenschaften des Rohpapiers (Grammatur, Rohpapierfeuchte, Trock- nungsverhalten des Papiers etc.),
die Anzahl der Sortenwechsel bzw. die Losgrößen,
die Art der Leimküche (Fertigpulver/angesetzter Leim),
das Anlagenalter
und Faktoren wie Schichtbetrieb bzw. Betriebsdauer
Ein Erfassen von allen Varianten wird im Rahmen des Projektes nicht möglich.
Ziel ist es, geeignete Kenngrößen zu finden, die trotz unterschiedlicher Produk- tionseinstellungen miteinander vergleichbar sind.
Bezugsgrößen und Bilanzgren- zen
Der Energieverbrauch in der Wellpappenerzeugung ist sehr komplex und kaum homogen. Innerhalb eines Sortenbereiches [siehe Tabelle 4] gibt es Unter- schiede bezüglich des Rohstoffeinsatzes (Grammatur und Feuchte der Rohpa- piere, Leimsorten) und der Anlagentechnik. Für die Bewertung der Energiesi- tuation, das Aufstellen von Benchmarks und das Ableiten spezifischer Kennzah- len sind daher Systemgrenzen und Bezugsgrößen festzulegen und zu berück- sichtigen.
Tabelle 4: Systemgrenzen und Bezugsgrenzen
Systeme Beschreibung Bezugsgrößen
Gesamtwerk Gesamte Anlage mit al- len Hilfs- und Nebenbe- trieben
verkaufsfähige Produk- tion
Produktion Leimaufbereitung und
WPA inklusive Hilfsan- lagen
Bruttoproduktion der Wellpappenanlage
Prozessschritt Aggregat (z. B. Druck- luft, Kälteerzeugung)
Druckluftmenge, Kälte- menge
Folgende Betrachtung soll die Vorteile der Abgrenzung von Systemen verdeut- lichen. In beiden Fällen, siehe Abbildung 14, ist jeweils der gleiche thermische Energieverbrauch der Wellpappenanlage (135 kWh/t) vorausgesetzt.
Dampferzeuger
[η= 90 %] WPA 1
inkl. Längs- und Querschneider,
Rillwerk Leimküche
Dampfeinsatz 135 kWh/t Spez. Gasverbrauch
150 kWh/t
Dampferzeuger
[η= 75 %] WPA 2
inkl. Längs- und Querschneider,
Rillwerk Leimküche
Dampfeinsatz 135 kWh/t Spez. Gasverbrauch
170 kWh/t
Dampferzeuger
[η= 90 %] WPA 1
inkl. Längs- und Querschneider,
Rillwerk Leimküche
Dampfeinsatz 135 kWh/t Spez. Gasverbrauch
150 kWh/t
Dampferzeuger
[η= 75 %] WPA 2
inkl. Längs- und Querschneider,
Rillwerk Leimküche
Dampfeinsatz 135 kWh/t Spez. Gasverbrauch
170 kWh/t
Abbildung 14: Abgrenzung von Technologiebereichen
Unterschiede im Gasbedarf resultieren hier aus dem Bereich der Dampferzeu- gung. Über den Weg der Abgrenzung können Verursacher höheren Energie- verbrauchs, in dem Beispiel der schlechte Wirkungsgrad des Dampferzeugers, schnell und sicher identifiziert werden.
Branchentypi- sche System- grenzen
Folgende branchentypischen Bereiche wurden im Rahmen dieses Projektes für die Erzeugung von Wellpappe definiert:
Dampferzeugung
Klebstoffaufbereitung (Leimküche)
Wellpappenanlage
Randstreifenabsaugung, Schredder und Ballenpresse
Druckluft
Beleuchtung
Hallenbeheizung
Weiterverarbeitungsmaschinen (Stanzen/Kleben, Bedrucken, Beschichten)
5.2 Datenerhebung in der Wellpappenindustrie
Umfrage Im Folgenden werden – unter Berücksichtigung ihrer eingeschränkten Aussa- gekraft - Energiekennzahlen für die Wellpappenindustrie dargestellt. Zur Erfas- sung der Daten zur Energiesituation in der deutschen Wellpappenindustrie im Jahr 2010 wurden die Verbandsmitglieder des VDW angeschrieben.
Beteiligung An der Umfrage beteiligten sich insgesamt 18 Werke, die im Jahr 2010 zusam- men 1.938.615.023 m² Wellpappe produzierten. Dies entspricht einem Anteil von 16 % der Verbandsmitglieder bzw. etwa 18 % der in Deutschland produ- zierten Menge an Wellpappe (siehe Abbildung 15).
18%
82%
0,0 1,0 2,0 3,0 4,0 5,0 6,0 7,0 8,0 9,0 10,0
Produktionsmenge in Mrd m²/a
PTS Umfrage
WP-Produktion 2010 in D
Abbildung 15: Mit der Umfrage erfasste Produktionsmenge
Produktions- struktur der be- teiligten Unter- nehmen
Unter den befragten Unternehmen befinden sich insgesamt 15 Werke, die mit einer zweiwelligen WPA ausgestattet sind. Zwei Werke produzieren parallel auf zwei zweiwelligen Wellpappenanlagen und ein Werk unter den Befragten ist mit einer dreiwelligen Wellpappenanlage ausgerüstet. Der Vergleich zwischen den über die Umfrage und den jährlich durch den VDW erhobenen Daten im Hin- blick auf die produzierten Wellpappenarten ist in Tabelle 5 zusammengefasst.
Tabelle 5: Wellpappenarten – PTS - Umfrage vs. Deutschland 2008 - 2010 Wellpappenarten PTS
Umfrage 2010 2009 2008
Einseitig 1,1% 2,0% 1,8% 3,8%
Einwellig 69,5% 66,3% 67,4% 67,3%
Mehrwellig 29,4% 31,7% 30,8% 28,9%
VDW
Bezogen auf die Produktionsstruktur liefert der über die Befragung erfasste Ausschnitt eine gute Übereinstimmung mit den Daten der Branche und die Um- frage kann somit als repräsentativ angesehen werden.
Schichtsysteme
& Betriebsstun- den
Von den 18 Unternehmen haben 17 Unternehmen Angaben zur Arbeitszeit ge- macht. Im Hinblick auf die Arbeitstage in der Woche zeichnet sich für die Well- pappenindustrie das Modell der Fünf-Tage Woche ab. Lediglich ein Unterneh- men gibt eine 5,5 Tagewoche an.
Um eine Aussage über die Anlagenauslastung zu erhalten, wurden neben den Betriebsstunden der Anlage auch Informationen zum angewandten Schichtsys- tem abgefragt. Unter den befragten Unternehmen ist das Dreischichtsystem, mit einem Anteil von 76 % (Tabelle 6), das am stärksten verbreitete System.
Tabelle 6: Schicht-System und durchschnittliche Betriebsstunden Schicht Anzahl Anteil Ø Betriebsstunden
1-Schicht 0 0% -
2-Schicht-System 2 12% 3.593
2,5 Schicht-System 2 12% 3.737
3-Schicht-System 13 76% 4.800
Zusammen-
fassung Die über den Fragebogen erfassten Daten stehen damit vorwiegend für Stand- orte, die mit einer Wellpappenanlage (WPA) bestehend aus zwei Wellenaggre- gaten Wellpappe erzeugen.
5.3 Endenergieeinsatz in Wellpappenwerken Spezifischer En-
denergieeinsatz des Werkes
Eine Übersicht über den spezifischen Energieeinsatz gibt Abbildung 16. Darge- stellt ist die Summe des Bezuges von Brennstoffen, Strom und Wärme bezogen auf die flächenbezogene sowie massenbezogene Bruttoproduktionsmenge.
Zur Beurteilung der Werte werden fünf Gruppen entsprechend der Jahrespro- duktionsmenge definiert. Die Werte für den flächenbezogenen Verbrauchswert zeigen deutliche Schwankungen und liegen zwischen 120 bis
247 kWh/ 1000 m² Bruttomaschinenerzeugnis. Werte für den massenbezoge- nen Kennwert reichen von 180 bis 320 kWh/t Bruttomaschinenproduktion. Bei- de Kennwerte ergeben tendenziell niedrigere Verbrauchswerte mit steigender Produktionsmenge.
0 100 200 300 400 500 600
55 - 75 75 - 95 95 - 115 115 - 135 135 - 155 Produktionsmengen in [Mio m²]
spez. Endenergiebedar in [kWh/1000 m²Brutto]
spez. Endenergiebedarf kWh/1000m² Brutto spez. Endenergiebedarf kWh/t Brutto
spez. Endenergiebedarf in [kWh/t]
Abbildung 16: Spezifischer Energiebedarf der befragten Unternehmen Der Vergleich zwischen dem massenbezogenen und dem flächenbezogenen Kennwert zeigt ein ähnliches Verhalten. Der Korrelationskoeffizient, also Maß für den Grad des linearen Zusammenhangs zwischen dem massen- und flä- chenbezogenen Kennwert, liegt bei 0,85.
Gesamtenergie-
aufteilung Abbildung 17 zeigt die Verteilung des Strom- und Brennstoffeinsatzes exempla- risch für ein Werk mit und ein Werk ohne Weiterverarbeitung. Der Stromanteil steigt, je umfangreicher die Weiterverarbeitung im Werk ist.
Werk ohne Verarbeitung
Strom 16%
Brennstoff 84%
Werk mit Verarbeitung
(4 Inliner, 3 Flachbettst., 1 Rotationsst., 2 FKM)
Strom 26%
Brennstoff 74%
Abbildung 17: Verteilung des Energieeinsatzes
5.4 Brennstoffeinsatz und Dampfbedarf in Wellpappenwerken Spezifischer
Brennstoff- einsatz des Wer- kes
Produktionsmen- ge
Untergliedert in fünf Produktionsgruppen charakterisiert nachfolgende Abbil- dung den Energieeinsatz des Brennstoffes (Gas/Öl) bezogen auf die produzier- te Wellpappenfläche.
0 50 100 150 200
55 - 75 75 - 95 95 - 115 115 - 135 135 - 155 Produktionsmengen in [Mio m²]
spez. Brennstoffbedarf in [kWh/1000 m²Brutto] spez. Brennstoffbedarf kWh/1000m² Brutto
Abbildung 18: spez. Brennstoffbedarf über der Produktionsmenge
Deutlich ist die Abhängigkeit zwischen Produktionsmenge und dem spezifi- schen Gas- bzw. Öleinsatz zu sehen und kann damit zur Festlegung von Benchmarkwerten nicht außer Acht gelassen werden. Mit sinkender Produkti- onsleistung steigt der spezifische Brennstoffbedarf. Als wesentliche Ursache für dieses Verhalten steht das erhöhte Potenzial an Wärmeverlusten bei geringer Produktionsmenge, welches durch vermehrte An- und Abfahrprozesse sowie das Warmhalten der Anlage entsteht.
Spezifischer Brennstoff- einsatz des Wer- kes
Betriebsdauer
Betrachtet man die Betriebsstunden, so ergeben sich niedrige Verbrauchswerte mit steigender Produktionsdauer (Abbildung 19).
0 50 100 150 200 250 300 350
0 1.000 2.000 3.000 4.000 5.000 6.000 7.000 Betriebsstunden in [h/a]
spez. Brennstoffbedarf in [kWh/1000 m²Brutto]
Abbildung 19: Abhängigkeit zwischen spez. Brennstoffbedarf und Betriebsdauer
Benchmarks Spezifischer Brennstoffeinsatz des Werkes (1)
Die Benchmarks des spezifischen Brennstoffbedarfs zur Erzeugung von ein- und zweiwelliger Wellpappe in Werken mit einer WPA inklusive Weiterverarbei- tung listet Tabelle 7 für die verschiedenen Produktionsgruppen auf.
Tabelle 7: Benchmarks für Unternehmen mit einer WPA und Weiterverarbeitungsmaschinen
Bruttoproduktion [Anzahl Unternehmen]
Benchmark
[Weiterverarb. 1] Mittelwert Toleranz (Standardabweichung) Mio m² kWhBre nnstoff
pro 1000 m² Brutto
kWhBrenn stoff
pro 1000 m² Brutto
kWhBrennsto ff
pro 1000 m² Brutto
75 - 95 [3] 123 [8] 136 +/- 13
95 - 115 [3] 119 [8] 133 +/- 22
115 - 135 [5] 96 [8] 112 +/- 14
135 - 155 [3] 88 [8] 102 +/- 14
1) Anzahl der Weiterverabreitungsmaschinen
Aufgrund der starken Unterschiede innerhalb der Produktsorten und der instal- lierten Anlagentechnik sind die angegebenen Benchmarks nicht geeignet, um den Prozess vergleichend zu beurteilen. Als bessere Orientierung sollten die Mittelwerte mit ihren Toleranzbereichen herangezogen werden.
Benchmarks Spezifischer Brennstoffeinsatz des Werkes (2)
Da sich sowohl der Leimverbrauch als auch die aufzuwärmende Papierfläche bei zweiwelliger Produktion erhöhen, muss zur Festlegung von Benchmarks der Anteil an zweiwelliger Produktion mit berücksichtigt werden. Die Verknüpfung zwischen dem spezifischen Brennstoffbedarf und dem Anteil an zweiwelliger Produktion ist in Abbildung 20 dargestellt.
0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200
0,00 0,10 0,20 0,30 0,40 0,50
Anteil zweiwelliger Produktion spez. Brennstoffbedarf in kWh/1000 m²Brutto
< 100 Mio m²
> 100 Mio m²
Abbildung 20: Zusammenhang zwischen Brennstoffbedarf und Anteil an zweiwelliger Wellpappe
Im Rahmen der Datenauswertung konnte kein Zusammenhang zwischen der Anzahl der Weiterverarbeitungsmaschinen und dem spezifischen Brennstoffein- satz aufgedeckt werden.
Dampfeinsatz bei der Wellpappen- herstellung
Energie wird bei der Wellpappenerzeugung überwiegend in Form von Wärme (Dampf) eingesetzt. Der größte Wärmebedarf besteht bei der Formung der Wel- le und der (Leim)Trocknung sowie bei der Aufheizung der Papierbahnen vor den jeweiligen Verklebeprozessen. Im Bereich der Weiterverarbeitung von Wellpappe wird Dampf vorwiegend zur Luftaufwärmung für die Trocknung von Druckfarben benötigt. Zusätzlich werden häufig die Beheizung von Hallen, La- gern, Sozialräumen und die Warmwassererzeugung unter Verwendung von Dampf realisiert.
Aufteilung des
Dampfbedarfs Im Mittel werden nach Angaben der befragten Unternehmen 87% (75-98 %) des Dampfes für den Hauptprozess der Wellpappenerzeugung verwendet, etwa 11 % (0,1 – 23 %) des Dampfes werden zur Hallenbeheizung genutzt, die rest- lichen 2 % (0 – 10 %) werden im Bereich der Weiterverarbeitung eingesetzt, siehe Abbildung 21. Die Schwankungsbreite der Werte in den einzelnen Ver- brauchergruppen ist durch die Gesamtanlagenkonfiguration (Anzahl der Weiter- verarbeitungsmaschinen, Art der Hallenbeheizung, Grad der Abwärmenutzung) des Werkes sowie durch die geographische Lage begründet.
WPA 87%
Hallen- beheiz.
11%
Weiter- verar- beitung
2%
Abbildung 21: Aufteilung des Dampfbedarfs bei der Wellpappenerzeugung für Werke mit einer WPA und Weiterverarbeitung aus PTS-Umfrage
5.5 Stromeinsatz in Wellpappenwerken Spezifischer
Stromeinsatz des Werkes
Die Abhängigkeit zwischen der Produktionsmenge und dem spezifischen Strombedarf ist nicht so stark ausgeprägt wie beim Brennstoffbedarf. Betrachtet man die drei Produktionsbereiche zwischen 95 und 155 Mio. Quadratmetern Wellpappe, so ist ein Unterschied zwischen den drei Produktionsgruppen nicht erkennbar, siehe Abbildung 22. Die Schwankungen der Werte innerhalb der einzelnen Produktionsklassen, dargestellt als schwarze Striche, sind so stark, dass die Bereiche sich überlappen.
0 25 50 75 100
55 - 75 75 - 95 95 - 115 115 - 135 135 - 155 Produktionsmengen in [Mio m²]
spez. Strombedarf in [kWh/1000 m²Brutto]
spez. Strombedarf kWh/1000m² Brutto
Abbildung 22: Spezifischer Strombedarf in Abhängigkeit der Produktionsmenge Benchmarks
Spezifischer Stromeinsatz des Werkes (1)
Für die verschiedenen Produktionsgruppen sind in Tabelle 8 die Benchmarks des spezifischen Strombedarfs zur Erzeugung von ein- und zweiwelliger Well- pappe in Werken mit einer WPA inklusive Weiterverarbeitung zusammenge- fasst.
Tabelle 8: Benchmarks spezifischer Strombedarf für Unternehmen mit einer WPA und Weiterverarbeitungsmaschinen
Bruttoproduktion [Anzahl Unternehmen]
Benchmark
[Weiterverarb. 1] Mittelwert Toleranz (Standardabweichung)
Mio m² kWhStrom
pro 1000 m² Brutto
kWhStrom
pro 1000 m² Brutto
kWhStrom
pro 1000 m² Brutto
75 - 95 [3] 43 [8] 53 +/- 12
95 - 115 [3] 35 [4] 43 +/- 7
115 - 135 [5] 41 [7] 45 +/- 5
135 - 155 [3] 32 [8] 43 +/- 11
1) Anzahl der Weiterverabreitungsmaschinen
Aufgrund der starken Unterschiede innerhalb der Produktsorten und der Anla- gentechnik (Umfang der Weiterverarbeitungsmaschinen) sind die angegebenen Benchmarks nur bedingt geeignet, um den Prozess vergleichend zu beurteilen.
Benchmarks Spezifischer Stromeinsatz des Werkes (2)
Um den Einfluss der zusätzlichen Anlagentechnik zu berücksichtigen, ist in Abbildung 23 der Zusammenhang zwischen Anzahl der Weiterverarbeitungs- maschinen und dem spezifischen Stromeinsatz dargestellt. Tendenziell sinkt der spezifische Stromeinsatz mit steigender Anzahl an Weiterverarbeitungsma- schinen.
0 10 20 30 40 50 60 70 80
0 5 10 15
Anzahl der Weiterverarbeitungsmaschinen spez. Strombedarf in kWh/1000 m²Brutto
< 100 Mio m²
> 100 Mio m²
Abbildung 23: Zusammenhang zwischen spez. Stromeinsatz und Anzahl an Weiterverarbeitungsmaschinen
Prozentuale Auf- teilung des Stromeinsatzes bei der Wellpap- penherstellung
Elektrische Energie wird hauptsächlich für Antriebe der Wellpappenanlage und dem Abtransportsystem, bei der Weiterverarbeitung der Wellpappen (Format- zuschnitt, Bedrucken, Falten und Kleben) und für Zwecke, wie z. B. Drucklufter- zeugung, Kältebereitstellung und Beleuchtung verbraucht. Die Aufteilung des Stromeinsatzes für Werke mit einer WPA (ein- und zweiwellige Produktion) und anschließender Weiterverarbeitung ist in nachfolgendem Tortendiagramm dar- gestellt.
WPA &
Randstreifen- absaugung
34%
Schredder und Ballenpresse
8%
Druckluft 15%
Beleuchtung 9%
Sonstiges 4%
Weiterverarbei- tungsmaschinen
30%
Abbildung 24: Aufteilung des Strombedarfs bei der Wellpappenerzeugung für Werke mit einer WPA und Weiterverarbeitung aus PTS-Umfrage
Spezifischer Stromeinsatz bei der Wellpappen- herstellung
Entsprechend den prozentualen Angaben der Unternehmen zum Stromeinsatz wurden die spezifischen Stromverbrauchswerte für sechs Technologiebereiche ermittelt. Die schwarzen Balken stellen die Schwankungen der spezifischen Verbrauchswerte in den einzelnen Produktionsgruppen dar.
Sonstiges Weiter-
verarbeitung Druckluft Beleuchtung
Schredder &
Ballenpresse WPA & RS
Absaugung 0
5 10 15 20 25 30 35
spez. Strombedarf in [kWh/1000 m²Brutto]
Abbildung 25: Spezifischer Strombedarf für Technologiebereiche
Die angegebenen Werte basieren zum Großteil auf Abschätzungen, da eine messtechnische Erfassung einzelner Verbrauchergruppen in der Regel vor Ort nicht gegeben ist. Dies begründet auch die großen Schwankungsbreiten inner- halb der betrachteten Technologiebereiche. Die Werte können im besten Fall zur groben Orientierung verwendet werden und sind nicht zur Festlegung von Benchmarkwerten geeignet.
5.6 Zusammenfassung – branchenspezifische Kennzahlen Branchenspezifi-
sche Kennwerte Zur Beurteilung des Energieeinsatzes und zur Festlegung von branchen- spezifischen Kennwerten in der Wellpappenindustrie können, aus den Ergeb- nissen der durchgeführten Umfrage und den geführten Untersuchungen in ver- schiedenen Werken, folgende Schlüsse gezogen werden:
Der Energieeinsatz in einem Wellpappenwerk ist häufig nicht transparent, da in der Regel ein kontinuierliches Energie-Monitoring fehlt.
Ein valides Benchmarking kann nicht pauschal für die Gesamtanlage (Well- pappe und Weiterverarbeitung) erfolgen.
Für Wellpappenanlagen kann kein genereller Wert für optimalen Energie- verbrauch gefunden werden, da die Produktqualität (Anzahl und Art der Welle, Grammatur und Qualität der verwendeten Papiere etc.) und die Häu- figkeit der Qualitätswechsel einen starken Einfluss auf den Energiebedarf der WPA haben.
Einzelne Technologiebereiche wie Dampferzeugung, Druckluft, Beleuch- tung oder Hallenheizung lassen sich sehr gut hinsichtlich ihrer Energieeffi- zienz beurteilen.
6 Bewertung und Optimierung der Energieeffizienz
6.1 Methodische Vorgehensweise
Methodik Eine Energieuntersuchung gliedert sich inhaltlich in folgende Schritte, die auf- einander aufbauen und als Gesamtbild eine abschließende Beurteilung ermög- lichen:
Schritt A Systemaufnahme zur Bestimmung des Ist-Zustandes
Schritt B Bewertung
Schritt C Erstellung eines Maßnahmenkatalogs
Datenaufnahme Wesentlicher Bestandteil für die Betrachtung der Energieeffizienz von Prozes- sen ist das Wissen über den Einsatz und den Verbleib der einzelnen Energie- ströme. Dementsprechend ist der erste Schritt einer Energieeffizienzbetrach- tung die detaillierte Datenaufnahme zur Definition des Ist-Zustandes.
In der Regel werden in Wellpappenwerken folgende energierelevante Daten kontinuierlich erfasst:
Gesamtstromverbrauch
Brennstoffverbrauch
Frischwasserverbrauch
Produktionsdaten
Das Wissen über den Energieverbrauch von Einzelverbrauchern (Druckluftsys- tem, Kälteerzeugung, Dampfverbrauch in der Heiz- und Zugpartie) ist zum Großteil nicht gegeben. An dieser Stelle müssen Momentan- bzw. Langzeit- messungen eingesetzt werden. Der zeitliche Aspekt der erhobenen Daten hat einen wesentlichen Einfluss auf die Ergebnisse. Kurzzeitmessungen bieten ei- nen kurzen Einblick in den Prozess und können damit u. U. nicht den sonst üb- lichen Bedingungen entsprechen. Besonders bei großen Varianzen des Ener- gieverbrauchs sind Langzeitmessungen zu empfehlen. Nur so lassen sich die möglichen Energieeinsparungen genau quantifizieren.
•
Momentan- messungen•
PLS Daten•
Informationen v. WP- Verarbeiter•
Vergleich mit Ausle- gungsdaten, vergleich- baren Anlagen, typi- schen Richtwerten•
Fahrweise•
Wärmerückgewinnung Ist-Zustand Bewertung•
Potenzialberechnung anhand eingesparter Leistung und Produk- tionszeit•
Abschätzung der Investi- tionMaßnahmenentwicklung