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Grundlagen zur Wirkungsabschätzung der Energiepolitik der Kantone im Gebäudebereich

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Grundlagen zur Wirkungsabschätzung der

Energiepolitik der Kantone im Gebäudebereich

M. Jakob

21. September 2008

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Auftraggeber

Infras AG; im Rahmen der Studie des Bundesamtes für Energie "Wirkung kantonaler Energiegesetze - Analyse der Auswirkungen gemäss Art. 20 EnG, Aktualisierung für das Jahr 2007"

Auftragnehmer

Centre for Energy Policy and Economics (CEPE) ETH Zürich

Zürichbergstr. 18 8032 Zürich

TEP Energy GmbH

Technology Economics Policy - Research and Advice c/o ETH Zürich

Zürichbergstr. 18 8032 Zürich

Autor Martin Jakob

Verdankung

Dieser Bericht wurde möglich durch Finanzierungen des Bundesamts für Energie (BFE) und das Competence Centre for Energy and Mobility (CCEM) durch das Projekt „Advanced Retrofit“. Der Autor dankt diesen Institutionen und den verantwortlichen Personen für die Unterstützung und das Vertrauen. Ein besonderer Dank geht an Conrad Brunner, CUB, Zürich, Martin Lenzlinger, Zürich, Christoph Gmür, AWEL des Kantons Zürich, R. Aeberli, SIA und Stefan Kessler, Infras, Zürich, welche mit Informationen zur vergangenen Ent- wicklung, historischen Unterlagen und fachlichen Diskussionen zu diesem Bericht bei- getragen haben.

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Inhalt

1 Ausgangslage ...5

2 Zielsetzung und methodisches Vorgehen ...5

3 Kurze Geschichte über die Entwicklung der gebäudehüllebezogenenen Normen und Vorschriften in der Schweiz ...6

4 Darstellung der technischen Entwicklung im Fensterbereich ...9

4.1 Entwicklung in ausgewählten Ländern Europas ... 9

4.2 Entwicklung und Festlegung der IST-Entwicklung in der Schweiz ... 10

4.3 Fazit für die Festlegung der autonomen Entwicklung... 12

5 Entwicklung der durchschnittlichen Dämmstärken bzw. U-Werte der einzelnen Bauteile...12

5.1 Entwicklung in der Schweiz und Festlegung des IST-Szenario... 12

5.2 Entwicklung in Deutschland ... 16

5.3 Entwicklung in anderen europäischen Ländern... 17

5.4 Festlegung der autonomen Entwicklung ... 18

6 Entwicklung der durchschnittlichen Nutzungsgrade von Heiz- und Warmwasseranlagen...18

6.1 Entwicklung in der Schweiz... 18

6.2 Entwicklung in Deutschland ... 20

6.3 Aktueller Stand in Europa ... 22

6.4 Fazit für die Festlegung der IST-Entwicklung ... 23

6.5 Fazit für die Festlegung der autonomen Entwicklung... 23

6.6 Vorschlag für Nutzungsgrad-Annahmen von Heizkesseln in den Szenarien IST und autonome Entwicklung ... 24

7 Berechung der Auswirkung der oben genannten Entwicklungen auf den Heizwärmebedarf ...25

8 Fazit und Empfehlungen für künftige Wirkungsanalysen ...27

9 Literatur und Quellen...29

10 Anhang...33

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(5)

1 Ausgangslage

Im Auftrag des Bundesamts für Energie (BFE) schätzt Infras die energetische Wirkung der kantonalen Energiepolitik im Gebäudebereich für das Jahr 2007 ab (Infras, 2008). Dabei wird auf Wunsch des Auftraggebers dieselbe Methodik angewandt wie sie bereits zu einem früheren Zeitpunkt angewandt wurde (Infras, 2003): Die Wirkung ergibt sich als Differenz zwischen der tatsächlich eingetroffenen Entwicklung (IST) und einer hypothetischen Referenzentwicklung, welche mutmasslich ohne die Energiepolitik der Kantone eingetreten wäre (autonomous trend). Grosse Herausforderungen stellen dabei die geringen empirischen Grundlagen zur tatsächlich eingetroffenen Wirkung sowie die Festlegung der hypothetischen Entwicklung dar, wie u.a. die Sitzung mit einer begleitenden Expertengruppe zeigte (30.4.08).

2 Zielsetzung und methodisches Vorgehen

Die in diesem Kurzbericht dokumentierten Arbeiten verfolgten folgende Ziele:

- die empirischen Grundlagen für den Fall IST aufgrund von Erfahrungswerten, Literatur und ergänzenden Erhebungen nach Möglichkeit zu ergänzen

- die Festlegung des autonomen Trends methodisch und empirisch zu stützen, u.a. durch den punktuellen Vergleich mit ausländischen Entwicklungen, dies mit Bezug auf deren Energiepolitik.

- Verfassen von Empfehlungen, um künftige Evaluationen der Energiepolitik der Kantone auf eine bessere empirische und methodische Grundlage zu stellen.

Des weiteren war es das Ziel, Infras einen ad hoc Input im Sinne eines Ko-Referarts zu ihrem Bericht der Wirkungsabschätzung zu geben.

Die festgestellte Verlauf und/oder der aktuelle Stand von typischen Energieeffizienz- indikatoren in verschiedenen europäischen Ländern und der Bezug zu den entsprechenden nationalen Gesetzgebungen ergeben Hinweise auf vorhandene bzw. nicht-vorhandene Spill- over Effekte in den verschiedenen Bereichen. Beispiele solcher Indikatoren sind typische Dämmstärken bei Neubauten oder Gebäudeerneuerungen, Marktanteile von Wärmeschutz- verglasungen, durchschnittliche Nutzungsgrade oder Marktanteile der Kondensationstechnik.

Zur Abschätzung der autonomen Entwicklung bestehen grundsätzlich zwei Vergleichs- möglichkeiten:

- Querschnittsvergleich, d.h. Vergleich mit anderen Ländern im aktuellen Zeitpunkt, aber mit einer im Vergleich zur Schweiz unterschiedlichen Regulierungstiefe.

- Vergleich mit vergangener Entwicklung in einzelnen anderen Ländern, bei denen sowohl Verlauf der technischen Entwicklung sowie zeitliche Entwicklung der Regulierungen be- kannt sind.

(6)

3 Kurze Geschichte über die Entwicklung der gebäudehülle- bezogenenen Normen und Vorschriften in der Schweiz

Die energetische Qualität von Gebäuden wurde und wird in der Schweiz sowohl durch verbindliche behördliche Vorschriften (Gesetze und Verordnungen) als auch durch privat- rechtlich definierte Empfehlungen und Normen, vorab des SIA, beeinflusst. Solche techni- schen Empfehlungen und Normen gelten im Prinzip nur, wenn die Vertragsparteien (Bau- herrschaft und Planer bzw. Baunternehmen) dies vertraglich vereinbart haben (Lenzlinger und Gmür, 2008). Sie haben aber oft eine allgemeine Ausstrahlung, auch wenn die Ein- haltung von Normen vertraglich weder vereinbart noch ausgeschlossen wurden. Durch ihre Definitionen dienen sie der allgemeinen Verständigung und im Streitfall bilden eine Grund- lage der „anerkannten Regeln der Baukunde“ um zu prüfen, ob der Planer / Unternehmer seiner Sorgfaltspflicht nachgekommen ist.

Seit den 1970er Jahren sind bzgl. Gebäudehüllen-Energieeffizienz folgende Vorschriften bzw. Empfehlungen und Normen von Relevanz (siehe auch Tabelle 1 bis Tabelle 3):

- Normen: die wichtigsten Normen bzgl. Energieeffizienz der Gebäudehülle bilden die Empfehlungen bzw. Normen SIA 180 (Wärmeschutz im Hochbau), SIA 180/1 (mittlerer k- Wert) und SIA 380/1 (Energie im Hochbau). Weitere technische (Detail-)Normen wie zum Beispiel SIA 238 (Luftdichtheit) oder die Detailnormen zur Bestimmung von U-Werten bilden die Grundlage zu den erstgenannten SIA-Normen oder ergänzen diese. Zum einen beinhalten die erwähnten Normen SIA 180, 180/1 und 380/1 Berechnungsver- fahren und zum anderen definieren sie Rechen-, Grenz- und Zielwerte. SIA 180 wurde bereits 1970 eingeführt, wobei hierbei weniger das so genannte Energiesparen, sondern vielmehr die Vermeidung von Bauschäden und die Behaglichkeit im Vordergrund stan- den. Ansatzpunkt war hierbei die Begrenzung der Wärmeverluste (k-Werte) durch die verschiedenen Bauelemente (Fenster, Wand, Dach etc.). SIA 180 wurde zweimal aktua- lisiert und inhaltlich erweitert (1988, 1999: inkl. Feuchteschutz). Die Norm SIA 380/1 wurde 1985 als Vornorm in Vernehmlassung gegeben und 1988 als Empfehlung einge- führt und hatte zum Ziel, den Wärmeverlust von Gebäuden zu messen und letztlich zu begrenzen (über eine systemische Energiebilanzrechnung). In den Jahren 2001 und 2007 wurden aktualisierte Versionen herausgegeben, wobei u.a. die Grenz- und Ziel- werte verschärft wurden.

- Vorschriften: einzelne Kantone führten bereits zu Beginn der 1980er Jahre Wärmedämm- vorschriften ein, welche später zum einen von anderen Kantonen übernommen und zum anderen verschärft wurden. Der Kanton ZH als einer der bedeutenden Kantone bei- spielsweise gab zunächst Empfehlungen zum Wärmeschutz heraus und 1981 Wärme- dämmvorschriften heraus (eingeführt per Anfang 1982), welche regelmässig aktualisiert und erweitert wurden (Ausgaben 1986, 1989, 1991, 1994, 1997, 2002, 2008). Der Kanton ZH war damit nicht in allen Fällen der erste Kanton, aber einer der führenden und auf- grund seiner Grösse einer der bedeutendsten. Nebst verbindlichen Anforderungen an die Energieeffizienz der Gebäudehülle führten der Kanton ZH und andere Kantone ab 1997

(7)

sukzessive das Instrument des Höchstanteils nicht-erneuerbarer Energien ein, deren Erfüllung entweder durch den Einsatz erneuerbarer Energien (inkl. Wärmepumpen) oder auch durch einen erhöhten Wärmeschutz erreicht werden konnte. Der Bund übernahm in Zusammenarbeit mit den Kantonen (Energiedirektoren-Konferenz initiiert 1979, Energie- fachstellenkonferenz) eine koordinierende Funktion, indem er Musterverordnungen ausarbeitete, erstmals 1986 (Musterverordnung) und danach 1992 (MVO 92), 2000 und 2008 (MuKEn Ausgaben 2000 und 2008). Es ist geplant, dass die Kantone die aktuellen Neuerungen 2009 bis 2001 umsetzen.

In ihrer Entwicklung haben sich Normen und gesetzliche Anforderungen in der Schweiz seit den 1970er-Jahren gegenseitig beeinflusst. Zum einen bezogen sich die Vorschriften auf die Berechnungsverfahren sowie Grenz- und Zielwerte des SIA, zum anderen verschärfte der SIA aufgrund der Anforderungen der Kantone die Grenz- und Zielwerte, typischerweise Mitte der 1980er Jahre und aktuell mit der MuKEn 2008. Das Zusammenspiel zwischen SIA und Behörden, das meistens relativ eng verflochten war (in den entsprechenden SIA- Kommissionen arbeiteten auch Behördenvertreter mit), war zwar nicht immer konfliktfrei, führte aber doch zu einem gegenseitigen Stimulus. So senkte der SIA 1980 den Grenzwert des durchschnittlichen k-Werts C0 von 1.1 W/m2K auf 0.75 W/m2K ein, erlaubte aber – wissend um die Stärke der Verschärfung – während einer Übergangsfrist bis Ende 1981 den Grenzwert von 0.9 W/m2K (siehe Vorwort SIA 180/1). Entsprechend legte der Kanton ZH 1981 den Wert des durchschnittlichen k-Werts auf 0.75 W/m2K fest (gültig ab 1.182). Die erste Ausgabe der Musterverordnung der Kantone explizit auf die SIA 180/1 und SIA 384/2 mit Verweis auf „die anerkannten Regeln der Technik“.

Die befragten Experten (und der Autor) sind sich einig, dass die in den letzten Jahrzehnten beobachtete Zunahme der Energieeffizienz bei Gebäuden nur durch das Zusammenspiel zwischen öffentlich-rechtlichen Vorschriften und (privat-rechtlich definierten) Normen möglich wurde. Ohne verbindliche Vorschriften hätten die Normen, auf die Bezug genommen wird, nicht diese grosse Verbreitung gefunden (gemäss Informationen des SIA ist die Auflagenzahl von Normen und Emfehlungen, auf die der Gesetzgeber explizit Bezug nimmt, wesentlich grösser im Vergleich zu anderen) und ohne Normen und Empfehlungen wäre die Aus- gestaltung von Vorschriften wesentlich aufwändiger gewesen. Zudem haben sich die beiden Akteursgruppen gegenseitig stimuliert, mit wechselnder Leadership je nach Phase.

Weitere Einzelheiten über die zeitliche Entwicklung der Vorschriften bzgl. U-Werte der Fenster und der opaken Bauteile werden in den nachfolgenden Kapiteln dokumentiert.

Ein ähnliches Zusammenspiel zwischen Normen und Vorschriften war und ist bei der Gebäudetechnik zu verzeichnen. So gab der SIA Normen zur Berechnung des Wärme- leistungsbedarfs (SIA 384/2) von Heizanlagen heraus und die Kantone begrenzten die maximale installierte Brennerleistung (Bsp. Kanton ZH: 1987, siehe BD ZH, 1987).

(8)

Tabelle 1 Historischer Verlauf des durchschnittlichen k-Werts (W/m2K) nach SIA 180/1 und der Systemanforderungen nach SIA 380/1 bei Vorschriften und in den SIA-Normen

Vorschriften Kanton ZH bzw. CH (Δ, ΔΔ) SIA-Normen Mittlerer k-Wert C0 [W/m2K]

gemäss SIA 180/1

bzw. Systemnachweis Heizwärmebedarf Qh

[MJ/m2a] gemäss SIA 380/1

Grenzwerte (GW), Zielwerte (ZW) mittl. k-Wert C0 [W/m2K]

Heizwärmeb. Qh [MJ/m2a]

Einführung, Aktualisierung

1970 Keine Werte publiziert Empfehlung SIA 180

1975 Empfehlung SIA 380

1977 Co 1.1 (GW) Empfehlung SIA 180/1:

1980 Co 0.9 (GW)

(bis Ende 1981) Empfehlung SIA 180/1 (mit Übergangsfrist 1982 WDV ZH 1981: C0≤0.75

(ab 1.1.82) Co 0.75 (GW) (ab 1.1.82)

1985 Rechenverfahren und

Grenzwerte Heiz- energiebedarf

Vornorm SIA V 380/1 in verlängerter Vernehmlassung 1986 WDV ZH: C0≤0.65

MVO 86 (Δ): k-Werte oder Heizenergiebedarf gemäss „anerkannten Regeln der Technik“

d.h. SIA 180/1 oder SIA V 380/1 (als nicht verbind. Anhaltspunkt, da erst in Vernehml.)

1988 EFH 330 (GW), 300 (ZW)

MFH 300 (GW), 250 (ZW) C0≤0.75 (GW), 0.65 (ZW)

Empfehlung SIA 380/1, Norm SIA 180, 180/1 1989 ZH: C0=0.65

1991 ZH: EFH 300 (GW: A/EBF=1.8) ZH: MFH 230 (GW A/EBF=1.4) 1992 CH: wie ZH 1991 (entspr. SIA 380/1 ZW)

gleichzeitig Einzelbauteile gemäss SIA 180

1994 ZH: wie 1991

1997 ZH: GW k-Werte und Qh wie 1991 + Beschränkung Anteil nicht-erneuerbare Energien für Heizen und Warmw. auf 80%

1999 Norm SIA 180

2000 Verweis auf zu ersch. Norm SIA 380/1: 2001

2001 EFH 252 (GW: A/EBF=1.8)

MFH 206 (GW A/EBF=1.4) Norm SIA 380/1 2002 EFH 252 (GW: A/EBF=1.8)

MFH 206 (GW A/EBF=1.4)

2007 GW und ZW wie 2001,

stärkere Berücksichtigung Wärmebrücken

Norm SIA 380/1

2008 EFH 182 (GW: A/EBF=1.8) MFH 146 (GW A/EBF=1.4)

(Δ) Musterverordnung 1986, 1992, (ΔΔ) MuKEn 2000, 2008

Quelle: Baudirektion (BD) Kanton ZH (Wärmedämmvorschriften Ausgaben 1981, 1986, 1989, 1991, 1994, 1997, 2002, 2008), SIA 180 (Ausgaben 1988, 1999), SIA 180/1 (1977 1980), SIA 380/1 (Ausgaben V1985, 1988, 2001, 2007), SIA D 80, SIA D080, MVO 1986, 1992, MuKEn 2000, 2008.

(9)

4 Darstellung der technischen Entwicklung im Fensterbereich

4.1 Entwicklung in ausgewählten Ländern Europas

Exemplarisch für den historischen Verlauf der Marktdurchdringung von Wärmeschutz- verglasungen wurden die drei europäischen Länder Deutschland, Frankreich und UK heraus- gegriffen und mit der Schweiz verglichen. Die Wahl ergibt sich zum einen aus der kurzfristig verfügbaren Datenlage und zum anderen aus dem historischen Verlauf der Energiepolitik dieser Länder, welcher im Vergleich zur Schweiz doch recht unterschiedlich ist. Die Unter- schiede betreffen sowohl den zeitlichen Ablauf, die Stringenz der technischen Anforderungen und zum Teil auch die Art der Politikinstrumente. Dies erlaubt bis zu einem gewissen Grad Rückschlüsse auf die hypothetischen Entwicklung, wie sie in der Schweiz ohne Aktivitäten der Behörden, der Wirtschaft und der Intermediäre (SIA) stattgefunden hätte.

Der Vergleich der Markteinführung von Fenstern mit Wärmeschutzverglasungen zwischen diesen Ländern verdeutlicht die Bedeutung einer aktiven Rolle der Energiepolitik bei der Steigerung der Energieeffizienz im Gebäudebereich. Obwohl es sich bei den führenden Glasherstellern um mittlere bis grosse, multinationale Unternehmen und Konzerne handelt, was grundsätzlich eine länderübergreifende Verbreitung von Entwicklungserkenntnissen und Herstellungsprozessen ermöglicht hätte, erfolgte die Markteinführung der energie-effizienten Wärmeschutzverglasungen in den verschiedenen Ländern erst auf Druck der gesetzlichen Anforderungen. Aufgrund der nicht zwischen den Ländern koordinierten Energiepolitik erfolgte die Markteinführung höchst unterschiedlich (Abbildung 1): die Märkte in den einzelnen Ländern reagierten ganz spezifisch auf die gesetzlichen Rahmenbedingungen.

In Frankreich beispielsweise waren die Anforderungen der „Régulation thermique“ von 2001 zu wenig stringent, um einen vollständigen Durchbruch der Zweifachwärmeschutzverglasung zu bewirken und erst mit der RT2005 konnte die Markteinführung wieder beschleunigt werden.

In Deutschland wurden von der DIN bereits 1974 die k-Werte (heute U-Werte) der Fenster limitiert, mutmasslich jedoch nicht aus energetischen, sondern aus Komfortgründen. Mit der energetisch motivierten Wärmeschutzverordnung 1977 und deren Revision 1981 wurden die Anforderungen jedoch nicht stark verschäft (U-Wert 1981 3.1 W/m2K, erreichbar mit Doppel- verglasung, nicht beschichtet, luftgefüllt, d.h. ohne Intertgasfüllung). Der nächsten Revision der Wärmeschutzverordnung nach über zehn Jahren (1994) wurde ein Fenster-U-Wert von 1,8 W/m2K unterstellt. Zusammen mit der verbindlichen Ankündigung einer künftigen weiteren Verschärfung (Energieeinsparverordnung EnEV, für das Jahr 2000 in Aussicht gestellt) genügte dies, um Wärmeschutzverglasungen sehr rasch in den Markt einzuführen.

Die Anforderungen wurden denn auch so ausformuliert, dass die Verwendung von Wärme- schutzverglasung mehr oder weniger zwingend ist (dies obwohl es sich bei der EnEV im Prinzip um eine flexible Verordnung handelt, welche eine Optimierung über das Gebäude als Ganzes erlaubt).

(10)

Abbildung 1 Markteinführung von Fenstern mit Wärmeschutzverglasung im Zusammen- hang mit der Entwicklung von gesetzlichen Wärmeschutzanforderungen in verschiedenen Ländern (die Pfeile deuten die Zeitpunkte deren Einführung, Verschärfung oder deren Ankündigung an)

0%

20%

40%

60%

80%

100%

1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010

Schweiz

Deutschland

Frankreich Gross- britanien Einführung oder Verschärfung

von gesetzlichen

Wärmeschutzanforderungen

Steigender Marktanteil von Dreifachverglasungen (Label Minergie)

Quelle: Saint-Gobain (Frankreich), Glas Trösch, BD Kt. ZH, SIA, CEPE, ETH Zurich, TEP Energy

Ankündigung

Marktanteil Wärmeschutz-Zweifachverglasungen

ZH

ZH (durchschn.

k-Wert Co Gebäudehülle)

Quelle Länder Deuschland, Frankreich, Grossbritannien: Saint-Gobain (Frankreich), Schweiz: Glas Trösch, SIA, BD/AWEL Kanton ZH, Jakob (2007b)

4.2 Entwicklung und Festlegung der IST-Entwicklung in der Schweiz Nicht als Erster, aber als einer der ersten grossen Kantone führte gab der Kanton ZH 1981 Wärmedämmvorschriften heraus, welche per 1.1.82 in Kraft traten. Bei den Fenstern wurde der k-Wert (heute U-Wert) begrenzt, wobei zwischen nachweisbar besonnten Fenstern und nicht besonnten unterschieden wurde. Für letztere, namentlich Fenster gegen N, NO, NW, galten strengere Anforderungen, wobei der Wert von 2.3 W/m2K mit damals verfügbaren Gläsern nur mit Dreifachverglasungen zu erreichen war. Damit setzten die Vorschriften Anreize, Wärmeschutzverglasungen zu entwickeln. 1986 wurde die Unterscheidung zwi- schen besonnt und unbesonnt wieder aufgegeben und die Vorschrift im Vergleich zum Wert für die unbesonnten Fenster wieder auf 2.6 W/m2K gelockert (siehe Tabelle 2 inkl. Verweis auf berücksichtige Quellen). Von den SIA-Normen ging in dieser Phase allerdings noch weniger Druck aus, Wärmeschutzverglasungen im Markt einzuführen: die Rechenwerte in der Dokumentation zur Vornorm SIA 380/1 im Jahr 1985 waren 3.1 W/m2K und in der SIA 180:1988 2.4 bis 2.5 für Doppelverglasungen, 2.6 bis 3.0 für Isolierverglasungen (je nach Luftzwischenraum) und 2.0 für Dreifachverglasungen. Mit der zunehmenden Verfügbarkeit von Wärmeschutzverglasungen ab Mitte der 1980er Jahre (siehe Abbildung 1), rechnete der SIA auch mit solchen Verglasungen und setzte den Zielwert in der SIA Empfehlung SIA/1 1988 auf 2.0 W/m2K. Dieser Wert ist mit Zweifachwärmeschutzverglasung erreichbar, siehe D 080 (1991). Mit der Ausgabe 1989 reagierte der Kanton ZH auf diese Verfügbarkeit und verschärfte die Anforderungen auf 2.2 W/m2K. Die vom Bund und Kantonen ausgearbeitete Musterverordnung von 1992 stützte sich auf die Wärmedämmvorschriften des Kantons ZH von 1991, wobei der Fenster-U-Wert auf 2.0 W/m2K verschärft wurde.

(11)

Tabelle 2 Historischer Verlauf der Fenster-k- bzw. U-Wert (W/m2K) bei Vorschriften und in den SIA-Normen (ohne Spezialfälle wie Hallenbäder, Heizflächen, erhöhte optische Anforderungen etc.)

Vorschriften Kanton ZH (mit Ausnahme von Δ: CH) SIA-Normen Einzelbauteil-

nachweis Bei gleichzeitigem Nachweis nach Durchschnittsbetrachtung

(SIA 180/1) bzw. System- nachweis (SIA 380/1)

Grenzwerte (GW), Zielwerte (ZW) Rechenwerte (RW)

Einzelbauteile

Einführung, Aktualisierung

1970 Keine k-Werte

publiziert Einführung SIA 180

1977 3.1 (12 mm Luft)

2.8 (20 mm Luft) (RW Rahmen Holz,

oder Kunststoff)

Empfehlung SIA 180/1

1980 RW wie 1977

3.3 (GW) Empfehlung SIA 180/1 1981 3.3 (*)

2.3 (**) (+) (g1) SIA 180/1 Gleichzeitig C0≤0.75

1985 3.1 (SIA D 80) SIA 380/1 als Vornorm 1986 2.6 (+) (g2)

auch (Δ) 2.6 Gleichzeitig C0≤0.65

1988 3.0 (GW, b)

2.5 (RW 12 mm Luft) 2.4 (RW 20mm Luft) 2.6 (GW) 2.0 (ZW)

Norm SIA 180, 180/1

Empfehlung SIA 380/1 1989 2.2 (+) (g2) 2.2 Gleichzeitig C0 ≤0.65

1991 2.2 (++) 2.6 Einzelbauteile nach SIA 180

1992 2.0 (Δ) 2.6

1994 2.0 (++) 2.6 1997 2.0 (++) 2.6

1999 (++) 2.4 2.4 Norm SIA 180

2000 1.7 (ΔΔ)

2001 2.4 1.7 (GW) 1.2 (ZW) Norm SIA 380/1 2002 1.7 (++)

2007 1.5 (GW) 1.0 (ZW) Norm SIA 380/1 2008 1.5

1.3 (ΔΔ)

(Δ) Musterverordnung 1986 bzw. 1992 (ΔΔ) MuKEn

(*) nachweisbar besonnt bzw. (**) nicht besonnt, namentlich Fenster gegen N, NO, NW (+) nur wenn Fläche Fenster+Türen / EBF ≤ 0.15 bzw. (++) 0.2 (ab 1991)

(g1) Gebäude ≤ 2000 m2 (g2) Gebäude ≤ 500 m2

(b) Je nach Heizsystem und –anordnung. Fenstergrösse und Fensternähe des Aufenthaltsortes sind für Behaglichkeit und Kondenswasserfreitheit niedrigere k-Werte notwendig

Quelle: Baudirektion (BD) Kanton ZH (Wärmedämmvorschriften Ausgaben 1981, 1986, 1989, 1991, 1994, 1997, 2002, 2008), SIA 180 (Ausgaben 1988, 1999), SIA 180/1 (1977 1980), SIA 380/1 (Ausgaben V1985, 1988, 2001, 2007), SIA D 80, SIA D080, MVO 1986, 1992, MuKEN 2000, 2008.

(12)

Bereits ab Mitte der 1980er Jahre stieg der Marktanteil von Wärmeschutzverglasungen in der Schweiz deutlich an (Abbildung 1), dies im Wesentlichen als Folge der verschärften gesetz- lichen Anforderungen. Gemäss groben Schätzungen eines der führenden Schweizer Fensterglashersteller erreichten diese energie-effizienten Verglasungen bereits 1989 einen Marktanteil von 60%, was einen starken Kontrast zu anderen Ländern darstellt. Seit etwa 2001 ist der Marktanteil von Zweifachwärmeschutzverglasung in der Schweiz bereits wieder leicht rückläufig und zwar zugunsten von Dreifachwärmeschutzverglasungen, welche u.a.

durch die Minergie-Bauweise eine erhöhte Nachfrage erfuhren.

Als Folge dieser Entwicklungen nahmen die typischen U-Werte der Fensterverglasungen während der letzten dreissig bis vierzig Jahre stetig ab (siehe auch Jakob et al., 2002, Jakob et al., 2006, Jakob, 2007a). Der U-Wert von Fensterverglasungen wird in der tatsächlichen Entwicklung für 2002 auf 1.2 W/m2K und für 2007 auf 1.1 W/m2K geschätzt, der U-Wert des Fensters als Gesamtes auf 1.7 W/m2K und für 2007 auf 1.6 W/m2K.

4.3 Fazit für die Festlegung der autonomen Entwicklung

Der Bezug zu den entsprechenden nationalen Gesetzgebungen der betrachteten Länder ergibt einen Hinweis darauf, dass Spill-over Effekte zwischen verschiedenen Ländern im Fenster- und Verglasungsbereich als eher gering zu bezeichnen sind. Ohne Energiepolitik, welche direkte oder indirekte Anreize für energie-effiziente Verglasungen stellt, haben sich diese in den betrachteten Ländern nicht am Markt durchgesetzt.

Letztlich nicht restlos zu klären ist die Frage, ob die Entwicklung in der Schweiz ähnlich langsam verlaufen wäre wie beispielsweise in Deutschland bis zur Ankündigung der EnEV Mitte der 1990er Jahre oder wie in Frankreich oder ob die Schweizerische Glasindustrie ihre technische Entwicklung nicht auch aus Eigeninitiative stärker vorangetrieben hätte.

Der U-Wert von Fenstern wird im Fall ohne Energiepolitik der Kantone für 2002 auf 2.4 W/m2K und für 2007 auf 2.3 W/m2K geschätzt.

5 Entwicklung der durchschnittlichen Dämmstärken bzw. U- Werte der einzelnen Bauteile

5.1 Entwicklung in der Schweiz und Festlegung des IST-Szenario

Die vergangene Entwicklung der U-Werte der opaken Bauteile dient zum Festlegen des spezifischen Heizwärmebedarfs zum Referenzpunkt (1980) sowie zum Festlegen der IST- Entwicklung bei Neubauten ab diesem Zeitpunkt. Tabelle 3 dokumentiert den historischen Verlauf der k- bzw. U-Werte von opaken Bauteilen (berücksichtigt: Wand, Dach) bei baulichen Vorschriften und in den SIA-Normen und zeigt auf, dass öffentlich und privatrechtliche Entwicklungen relativ eng miteinander verflochten waren.

(13)

Tabelle 3 Historischer Verlauf der k- bzw. U-Werte (W/m2K) von opaken Bauteilen (berücksichtigt: Wand, Dach) gegen Aussenluft bei Vorschriften und in den SIA-Normen (ohne Spezialfälle wie Hallenbäder, Heizflächen, erhöhte optische Anforderungen etc.)

Vorschriften Kanton ZH (mit Ausnahme von Δ: CH) SIA-Normen Einzelbauteil-

nachweis Bei Nachweis nach Durchschnittsbetrachtung (SIA 180/1) bzw. System- nachweis (SIA 380/1)

Grenzwerte (GW), Zielwerte (ZW) Rechenwerte (RW)

Einzelbauteile

Einführung, Aktualisierung

1970 Keine k-Werte publ. Einführung SIA 180 1977 Dach 0.7, Wand 0.9 Empfehlung SIA 180/1 1980 Dach 0.5, Wand 0.6 Empfehlung SIA 180/1 1981 0.4 (g1) SIA

180/1

1985 SIA D 80 SIA 380/1 als Vornorm

1986 0.4 (W) 0.35 (D)

0.4

(g2) (Δ)

0.5 (W)

0.4 (D) SIA 180/1 mittlerer k-Wert, C0≤0.65

1988 Dach: 0.5, Wand 0.6

0.4 (GW) 0.3 (ZW) Norm SIA 180, 180/1 Empfehlung SIA 380/1 1989 0.4 (W)

0.35 (D) (g2) 0.5 (W)

0.4 (D) SIA 180/1 (mittlerer k-Wert, C0≤0.65) 1991 0.4 (W)

0.3 (D) 0.4 Einzelbauteile nach SIA 180 1992 0.3 (D, W) (Δ) “

1994 0.3

1997 0.3

1999 0.4, UT ≤0.2 (Dach) Norm SIA 180 2000 0.3 (ΔΔ)

2001 0.3 (GW) 0.2 (ZW) Norm SIA 380/1 2002 0.3

2007 0.25 (GW) 0.15 (ZW) Norm SIA 380/1 2008 0.25 (+)

0.2 (++) 0.2 (+)

0.17 (++) (ΔΔ) (ΔΔ)

(Δ) Musterverordnung 1986 bzw. 1992 (ΔΔ) MuKEn (g1) Gebäude ≤ 2000 m2 (g2) Gebäude ≤ 500 m2

(D) Dach (W) Wand (+) mit bzw. (++) ohne Wärmebrückennachweis

Quelle: Baudirektion (BD) Kanton ZH (Wärmedämmvorschriften Ausgaben 1981, 1986, 1989, 1991, 1994, 1997, 2002, 2008), SIA 180 (Ausgaben 1988, 1999), SIA 180/1 (1977 1980), SIA 380/1 (Ausgaben V1985, 1988, 2001, 2007), SIA D 80, SIA D080, MVO 1986, 1992, MuKEN 2000, 2008.

(14)

Für Aussenwände wurden solche Werte im Rahmen der „Kontrollrechnung Sanierungs- tätigkeit“ im Auftrag des AWEL von Wüest und Partner (1998) bis zur Bauperiode 1991-1995 festgelegt. Dabei wird von einen markanten Rückgang bei Bauten, welche nach Mitte der 1970er Jahre erstellt wurden, ausgegangen (siehe Abbildung 2).

Abbildung 2 U-Werte(W/m2K ) für verschiedene Wandaufbautypen und Bauperioden in der Schweiz

vor 1900

1900-21

1921-46

1947-60

1961-70

1971-75

1976-80

1981-85

1986-90

1991-95

10 Massive Aussenw . < 30 cm 11 Massive Aussenw . < 30 - 60 cm

12 Massive Aussenw . > 60 cm 13 Mehrsch. Konstr.

15 Verkleid. Aussenw .konstr.

16 Holzständerkonstruktion

0 0.2

0.4 0.6

0.8 1

1.2 1.4

Quelle: Wüest und Partner (1998)

Des weiteren kann die Entwicklung der U-Werte anhand der Entwicklung der durchschnittli- chen Dämmstärken der einzelnen Bauteile (Wand / Fassade, Dach, Kellerdecke) abgeleitet werden. Solche Werte wurden 2001 durch CEPE, ETH Zürich bei einem führenden Dämm- stoffhersteller sowie bei Fassaden- und Dachunternehmen erhoben (Jakob et al., 2002).

Tabelle 4 und Tabelle 5 zeigen exemplarisch die Erhebungsergebnisse basierend auf den Angaben eines führenden Dämmstoffherstellers in der Schweiz. Die Erhebungen bei den Dach- und Fassadenunternehmen bestätigten im Wesentlichen diese Werte. Aus Anlass eines IEA-Workshops (Jakob, 2007a) und zuhanden dieses Kurzberichts wurden exemp- larisch einige Werte aktualisiert.

(15)

Tabelle 4 Verlauf der Dämmstärken in der Schweiz in cm (1960 bis 2000) < 1960 1961-

1965 1966- 1970 1971-

1975 1980 1985 1990 1993 1995 1997 2000 Steildach 5 7.5 9 10* 10.5 11.7 12.9 12.9 13.5 Kompakt-

fassade 6-8 7.5 8.4 9.1 9.6 10.8

Flachdach 3 4 5 6-8 8-10 11 12 14

Kellerdecke 2 3 4

*Systemwechsel: Platte statt Rolle. Zusammen mit Dampfbremse qualitativ besser als frühere Aluflexrolle

Quelle: Jakob et al. (2002), führender Dämmstoffhersteller

Tabelle 5 Verlauf der Dämmstärken in der Schweiz in cm (2000 bis 2007)

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Steildach 14–16 14–16 14–16 14–18 16–18 16–20 18–22 18–22 Flachdach 10–12 12–14 14–16 14–16 16–18 16–18 18–20 18–20 Kompaktfassade 10–12 12–14 14–16 14–16 16–18 16–18 16–20 18–20 Hinterlüftete Fassade 10–12 12–14 14–16 14–16 16–18 16–18 16–20 18–20 Zweischalenmauerwerk 10–12 10–12 12–14 12–14 14–16 14–16 16–18 16–18 Kellerdecke 6–8 6–8 8–10 8–10 8–10 10–12 10–12 10–12 Quelle: führender Dämmstoffhersteller

Auch im Bereich von Wärmedämmverbundsystemen auf Polystyrol nahmen die typischen Dämmstärken laut Angaben eines führenden Systemhalters nach 2001 linear zu und wurden für 2007 auf rund 14 cm geschätzt (Abbildung 3).

Mit Kenntnis der Lambda-Werte der Dämmstoffe und unter Annahme von typischen Bauteil- kompositionen können dazu die U-Werte der Bauteile bestimmt werden (ohne bzw. mit Berücksichtigung der Wärmebrücken), welche hierauf als Grundlage für die Heizwärme- bedarfsberechnungen im Kapitel 7 dienen (siehe auch Jakob et al., 2002).

(16)

Abbildung 3 Entwicklung der Dämmstärken bei Wärmedämmverbundsystemen („Kompaktfassaden“) in der Schweiz

Quelle: Jakob et al. (2002), Jakob (2007a), führender VDVS-Systemhalter

5.2 Entwicklung in Deutschland

Der techno-ökonomische Fortschritt in Deutschland drückt sich in der zunehmenden Entwicklung und Verwendung von Baumaterialien mit geringerer Wärmeleitfähigkeit v.a. in der Erhöhung der Dämmdicken aus, wodurch die Transmissionsverluste von Dach, Wand, Boden/Kellerdecke etc seit den 1980er stark vermindert werden konnten (vgl. Tabelle 6).

Diese Verbesserungen stehen in einem wesentlichen Zusammenhang mit energiepolitischen Instrumenten, namentlich der Einführung der Wärmeschutzverordnung (1977) und deren Verschärfungen (1982, 1994) sowie mit der Einführung der EnEV (2002), siehe De T'Serclaes et al. (2008).

Stellvertretend für die Wärmedämmung der opaken Gebäudehülle wird nachfolgend auf die Wärmedämm-Verbundsysteme im Fassadenbereich etwas näher eingegangen, zum einen aufgrund der relativ hohen gebäude- und energiewirtschaftlichen Bedeutung und zum anderen aufgrund der Datenverfügbarkeit. Betrachtet wird die technische Entwicklung sowie die Kostenentwicklung. Bei Wärmedämm-Verbundsysteme (WDVS) mussten ab 1969 gemäss DIN 4108 Mindestanforderungen eingehalten werden (bauphysikalisch motiviert) und ab Mitte der 1970er-Jahre gewannen die WDVS eine zunehmende quantitative Be- deutung (Setzler, 1998). Die typische Dämmstärke der WDVS betrug zunächst nur rund 4 cm, ermöglichte aber bereits eine sehr bedeutende Reduktion der U-Werte, d.h. der spezifi- schen Wärmeverluste um 50% bis 60% (Zweischalenmauerwerke mit zwischenliegender Wärmedämmung erreichten ähnlich Werte). Die Dämmdicken wurden danach zunächst nur

0 50 100 150 200 250 300

1985 1990 1995 2000 2005 2010

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30

No minal price (CHF/m3) Real price (2001) (CHF/m3)

To tal facade co st per m2, upper (real price) To tal facade co st per m2, lo wer (real price) Reference insulatio n thickness (cm) Price

(CHF/m3, CHF/m2) Insulation

thickness (cm)

(17)

langsam weiter erhöht; erst in den 1990er-Jahren ist ein steilerer Anstieg zu verzeichnen, gemäss Setzler (2007) bis auf 10 cm. Der resultierende Flächen-U-Wert (ohne Berücksichti- gung von Wärmebrückeneffekten) wurde dadurch seit Mitte/Ende 1970er Jahre bis 2006 um weitere 50% reduziert, was rund 2,5%/Jahr entspricht. Im Vergleich zur ungedämmten Backstein- oder Monolith-Wand beträgt die Reduktion gar 80% bis 84% (Basis U0=1.0 bis 1.4 W/m2K), im Vergleich zu ungedämmten Betonwänden noch mehr.

Tabelle 6 Zeitliche Entwicklung der Dämmdicken und der resultierenden U-Werte (W/(m2K) bei Wand und Dach in Deutschland

Wand Dach

Dämmdicke cm U-Wert

(W/m2K ) * Verbesserung

% ** Dämm-

dicke cm U-Wert

(W/m2K ) * Verbesserung

**

Ungedämmt 1,4 1,0 1,4 1,0

1982 5 0,51 0,44 -60% 10 0,31 0,29 -75%

1990 6 0,45 0,40 -11% 11 0,29 0,27 -7%

1995 8,5 0,35 0,32 -21% 15 0,22 0,21 -22%

1999 8,5 0,35 0,32 0% 18 0,19 0,18 -14%

2001 10 0,31 0,29 -11% 18 0,19 0,18 0%

* Ohne Berücksichtigung von Wärmebrückeneffekten. Basis-U-Werte ungedämmt: 1,0 W/m2K bzw. 1.4 W/m2K , Lambda=0.040 W/mK

** gegenüber Vorperiode (Mittelwert) Quelle: Eurima (____), CEPE, ETH Zürich

5.3 Entwicklung in anderen europäischen Ländern

Die letzte öffentlich verfügbare Studie, welche einen Überblick über die Dämmstärken der verschiedenen Länder Europas gibt, stammt aus dem Jahr 2002 und wurde im Auftrag des europäischen Dämmstoffverbands EURIMA durchgeführt (EURIMA, ____). Sie zeigt sehr grosse Unterschiede zwischen verschiedenen Ländern, wobei nicht alle diese Unterschiede auf die klimatischen Bedingungen dieser Länder zurückzuführen sind. In Ländern mit geringen energetischen Anforderungen wie beispielsweise Belgien betrug die Dämmstärke selbst im Jahr 2001 bei nur 4 cm, währenddem sie in den benachbarten Niederlanden mit ähnlichen klimatischen Anforderungen 10 cm betrug (hierbei ist anzumerken, dass die angegebenen Dämmstärken mit gewissen Unsicherheiten behaftet sind und möglicherweise etwas überschätzt sind).

Auch in Frankreich blieb das Niveau der Dämmstärken relativ lang auf relativ tiefem Niveau (dies auch aufgrund der sehr viel häufigeren Innendämmung). Erst mit der Revision der gesetzlichen Anforderungen gelang es, die Dämmstärken zu steigern. Mittlerweile liegt die durchschnittliche Dicke gemäss einem spezialisierten Marktforschungsinstitut in Deutschland bei rund 102 mm, in Frankreich bei 78 mm, in Grossbritannien bei ca. 73 mm (Setzler, 2008).

Die Entwicklung in Frankreich wie auch in Deutschland ist vor dem Hintergrund der Verschärfung der gesetzlichen Anforderungen zu verstehen: nach ersten Bestimmungen über den Transmissionsverlust 1974 und des Heizwärmebedarfs 1982 fand 1989 nur eine

(18)

moderate Verschärfung „Régulation Thermique“ statt, welche erst 2001 und 2005 weiter verschärft wurde.

Fazit: die Unterschiede bei der Dämmung von opaken Bauteilen zwischen den Ländern sind nebst dem Klima stark von den Unterschieden der Gesetzgebungen in den einzelnen Ländern beeinflusst.

5.4 Festlegung der autonomen Entwicklung

Es kann davon ausgegangen werden, dass ohne behördliche und gesetzliche Massnahmen und ohne die Aktivitäten der Intermediären, insbesondere des SIA, die Dämmstärken wohl auch in der Schweiz auf einem eher bescheidenen Niveau von 4 bis 6 cm geblieben wären.

Dies entspricht je nach Bauteil einem U-Wert von 0.6 W/m2K bis 0.8 W/m2K.

6 Entwicklung der durchschnittlichen Nutzungsgrade von Heiz- und Warmwasseranlagen

Einen grossen Einfluss auf den Heizenergiebedarf hat nebst der Gebäudehüllle die Effizienz der Heizanlagen.

Mangels fehlender aktueller schweizerischer Daten kann versucht werden, die IST-Ent- wicklung auch anhand der Entwicklung ähnlicher europäischer Länder einzugrenzen.

6.1 Entwicklung in der Schweiz

Für die Schweiz wurden die Nutzungsgrade von Heizanlagen u.a. 2001/2002 durch eine Expertengruppe bestehend aus Branchenvertretern und Wissenschaftern (Aebischer et al., 2002) und durch die Feldanalysen FAWA empirisch abgestützt.

Die Ergebnisse in Aebsicher et al (2002) basieren auf einer breit abgestützten Arbeits- gruppe.1 Die durchschnittlichen Nutzungsgrade der im jeweiligen Betrachtungsjahr installier- ten Anlagen ergab sich aus den Nutzungsgraden der nicht kondensierenden und der kondensierenden Anlagen sowie deren Marktanteile, wobei der Marktanteil leistungs- gewichtet berücksichtigt wurde. Die Nutzungsgrade der verschiedenen Anlagetypen konnten anhand technischer Dokumentationen des SVGW und anhand von Herstellerangaben eruiert werden. Berücksichtigt wurde dabei auch, dass die Kondensationsanlagen in der Realität nicht den jeweils maximal möglichen Nutzungsgrad bzw. vom Hersteller angegebnen Nutzungsgrad erreichen.

1 mit Vertretern des Bundesamts für Energie, Prognos und CEPE (als Vertreter der

Energiemodellierer), Paul Scherrer Institut (PSI) und ESU Services (als Experten von LCA- Berechnungen), des Verband Schweizerischer Gasindustrie (VSG) und Erdölvereinigung (EV) als Verbände mit Bezug zu den technischen Entwicklungen

(19)

Abbildung 4 Vergangene und möglich künftige zeitliche Entwicklung der maxi- malen und effekti¬ven Nutzungsgrade von HEL- und Erdgas-Neu- anlagen, jeweils exlusive Ver¬teilver¬luste der Heizungsverteilung

50 60 70 80 90 100 110

1980 1990 2000 2010 2020 2030

Gas-Kondensationskessel, maximaler Nutzungsgrad Gas-Kondensationskessel, effektiver Nutzungsgrad Oel-Kondensationskessel, maximaler Nutzungsgrad Oel-Kondensationskessel, effektiver Nutzungsgrad Gas-Niedertemperaturkessel, effektiver Nutzungsgrad Oel-Niedertemperaturkessel, effektiver Nutzungsgrad Nutzungsgrad %

Quelle Aebischer et al. (2002)

Dass die maximalen Nutzungsgrade in der Realität nicht erreicht werden, ist grösstenteils durch die Rücklauftemperaturen der Heizungsverteilungen bedingt, welche während eines Teils oder während der ganzen Heizperiode zu hoch sind, um eine Kondensation zu er- möglichen. Dies gilt vor allem für die energetisch nicht erneuerten Gebäude, deren Anteile zwar abnehmen werden, aber deren Einfluss doch über den gesamten Betrachtungszeitraum merkbar sein wird. Die Unterschiede werden sich jedoch im Lauf der Zeit verringern. Auch wenn die Brennwertanlagen nur teilweise kondensieren, sind deren Nutzungsgrade immer noch höher als diejenigen der nicht-kondensierenden konventionellen Anlagetechnik. Zu bemerken: wegen der schwierigeren technischen Ausgangslage (höhere Kondensations- temperatur, säurehaltiges Kondensat) ist die Kondensationstechnik bei HEL-Anlagen gegen- über den Erdgasanlagen zeitlich verzögert und erst ab ca. 2002, auf dem Markt Fuss zu fassen.

Aufgrund der erhobenen Marktanteil der kondensierenden bzw. nicht-kondensierenden Kessel (siehe Tabelle 3-7 und 3-8 in Aebsischer et al. 2002) wurden die mittleren Nutzungs- grade der Neuanlagen bestimmt (Tabelle 7). Im Vergleich dazu schätzte Prognos die Dynamik der Effizienzsteigerung etwas verhaltener ein. Gemäss Prognos deuten neuere (nicht näher genannte) Untersuchungen darauf hin, dass kondensierende Anlagen die von den Herstellern genannten Nutzungsgrade übers Jahr eher selten erreichen.

(20)

Tabelle 7 Entwicklung der Nutzungsgrade von Heizungsanlagen in der Schweiz

1980 1990 2000 2003 2005 2007 2010 Quelle Heizöl (Neuanlagen) 74 80 89 92 (*) 93

Erdgas (Neuanlagen) 77 83 94 97 (*) 99

Aebischer et al. (2002), (*) eigene Schätzung Heizöl Neubau 79.5 84.2 84.9 85.3 87.1 (**)

Erdgas Neubau 81.1 90.2 92.2 93.5 94.6 (**)

Prognos (2007) (**) Modellannahmen Quelle Aebischer et al. (2002), Prognos (2007), eigene Schätzungen

Im Vergleich zu den Nutzungsgraden der Heizanlagen werden diejenigen von Warm- wasseranlagen von Prognos (2007) markant tiefer eingeschätzt (Tabelle 8).

Tabelle 8 Entwicklung der Nutzungsgrade von Warmwasseranlagen in der Schweiz

1990 2000 2003 2005 2007 2010 Quelle Heizöl 51,0 59,7 61,3 62,2 64,4 (*)

Erdgas 55,8 63,9 66,4 68,1 71,6 (*)

Prognos (2007) (*) Modellannahmen Quelle Prognos (2007)

6.2 Entwicklung in Deutschland

Im Vergleich zur Schweiz verlief die Entwicklung im Nachbarland Deutschland mit einer deut- lichen Verzögerung, obwohl auch in Deutschland seit Ende der 1970er Jahren der Jahres- nutzungsgrad der Heizanlagen kontinuierlich gesteigert wurde (Jakob, 2007b). Möglich wurden diese Verbesserungen insbesondere durch die (gesetzlich erforderliche) Begrenzung der Abgasverluste sowie durch die Reduktion der Strahlungs- und Stillstandsverluste.2 Die Effizienzfortschritte wurden durch Anlagenverbesserungen (z.B. durch modulierenden Brenn- betrieb, Niedertemperatur) und durch Lernprozesse des planenden, installierenden (mittels präziserer Dimensionierung) und unterhaltenden Gewerbes erreicht.

Die Niedertemperatur-Technik mit höheren Wirkungsgraden löste ab ca. 1980 die Standard- kessel ab (Tabelle 9). Weitere Verbesserungen wurden durch die Brennwerttechnik erreicht, welche aufgrund der Nutzung der Kondensatwärme einen wesentlich höheren Wirkungsgrad ermöglichen. Gas-Brennwertkessel wurden bereits während der 1980er Jahre zur Pro- duktionsreife entwickelt und auf den Markt gebracht, konnten aber bis Mitte der 1990er Jahre nur langsam Marktanteile gewinnen. Erst ab Mitte der 1990er ist eine rasche und deutliche Verschiebung der Gaswärmeerzeuger zugunsten der Brennwerttechnik zu verzeichnen (relativer Marktanteil 1998: 28%, 2006: 70%, abgeleitet aus Lücke, 2007). Gemäss der aktuell geltenden EnEV ist die Anwendung der Brennwerttechnik Pflicht, wo immer die tech- nischen Voraussetzungen dies erlauben.

2 Heizungsbetriebsverordnung: 1978/1982, Heizungsanlagenverordnung 1978, 1982 und 1994 und Kleinfeuerungsanlagenverordnung von 1988 (ähnlich LRV in der Schweiz), siehe De T'Serclaes et al. (2008) für weitere Details.

(21)

Tabelle 9 Entwicklung der Jahreswirkungsgrade von Gas- und Ölkesseln (bezogen auf Heizwert) in Deutschland

Gas Öl

Bedeutung am Markt % Bedeutung am Markt % Standardkessel Vor 1978 Standard 65-70 Vor 1978 Standard 65-70 Niedertemperaturkessel Marktanteil* 1998: 78% 88-93 Marktanteil* 1998: 100% 87-94 Brennwerttechnik Marktanteil* 2006: 70% 102-108 Marktanteil* 2006: 25% 98- 103 * relativer Marktanteil, gemessen am Gesamtabsatz der Gas- bzw. Ölanlagen im jeweiligen Jahr Quelle BDH, Lücke (2007), Kleemann et al (2003b), Jakob (2007b)

Bei Ölanlagen erfolgte die Einführung der effizienten Brennwerttechnik mit einer Ver- zögerung von rund acht bis zehn Jahren, insbesondere aufgrund der höheren technischen Herausforderung. Ein relativer Marktanteil von 25% (gemessen an allen abgesetzten Öl- kesseln) wurde erst 2006 erreicht (abgeleitet aus Lücke, 2007).

Eine Einschätzung über die vergangene Entwicklung der mittleren, realen Nutzungsgrade der Heizungsanlagen in Deutschland wurde von Kleemann und Hansen (2005) vorgenom- men, siehe Tabelle 10. Die angegebenen Jahre beziehen sich jeweils auf das Installations- jahr und die Werte sind Mittelwerte über die im jeweiligen Jahr installierten Anlagen. Die Angaben stützen sich auf Feldmessungen und berücksichtigen das reale Betriebsverhalten (Wolff et al, 1994). Insgesamt ergibt sich damit ein bei Gaskesseln technischer Fortschritt von rund 1.4%/Jahr und bei Ölanlagen von etwa 1,1%/Jahr.

Tabelle 10 Entwicklung der realen Jahresnutzungsgrade von Heizungsanlagen 1975 1980 1985 1990 2000 2005 Nutzungsgrad Raumwärme 71 81 84 87 90 91 Nutzungsgrad Warmwasser 50 57 59 61 64 65 Nutzungsgrad Raumwärme+Warmwasser 68 78 81 84 87 88

Brennwertkessel (Hu) 96

Quelle Kleemann und Hansen (2005) basierend auf Wolff et al. (2004)

Mit einer gewissen Verzögerung zeigten die Verbesserungen (der Nicht-Brennwert-Kessel) auch im Bestand ihre Wirkung. Lagen die Abgasverluste noch 1997 bei beinahe 60% der An- lagen bei über 10% (mit einer langschwänzigen Verteilung mit einem nicht vernachlässig- baren Anteil von Anlagen mit Abgasverlusten von über 18%), betrugen 2004 die Abgas- verluste bei 80% der Anlagen 9% oder weniger, wie Messungen des Bundesverbands des Schornsteinfegerhandwerks ergaben (UBA, 2007). Die Abgasverluste verringerten sich damit um beinahe 4%-Punkte von 11% auf gut 7%. Entsprechend sind die beschriebenen technischen Fortschritte nicht nur der Herstellerindustrie, sondern der gesamten Heizungs- branche (inklusive Installation und Betrieb) sowie den gesetzlichen Anforderungen und deren Umsetzung zuzuschreiben.

(22)

Der resultierende durchschnittliche Gesamtnutzungsgrad (inkl. Verteilverluste) aller An- langen im Bestand stieg durch diese Entwicklungen von 74% (Öl-Zentralheizungen) bzw.

77% (Öl-Zentralheizungen) im Jahr 1995 bis 2002 um 4%-Punkte auf 78% bzw. 84%.

6.3 Aktueller Stand in Europa

Ein Bild über den aktuellen Stand der Nutzungsgrade in den Ländern der EU27 (+NO und Kroatien) gibt das EU-Projekt ESD. In diesem Projekt wurden die Nutzungsgrade von Heiz- kesseln abgeschätzt und vier verschiedene homogene Ländergruppen zugeordnet (siehe Tabelle 11 und Tabelle 12). Zum einen weisen die Ländergruppen ähnliche klimatische Bedingungen auf und zum anderen einen ähnlichen historischen Hintergrund, was ihre historische Wirtschaftsentwicklung betrifft. Gemäss dem (noch unveröffentlichten) Projekt- bericht umfassen diese Gruppen folgende Länder:

- Gruppe 1: Hohe Energieeffizienz, d.h. hohe Durchdringungsrate der Kondensations- technik mit einem durchschnittlichen Nutzungsgrad von 90% im Gebäudebestand und 95% in Neubauten: Deutschland, Österreich, Niederlande sowie die nordischen Länder Dänemark, Schweden, Norwegen, Island.

- Gruppe 2: Gute Energieeffizienz mit einem durchschnittlichen Nutzungsgrad von 85% im Gebäudebestand und 90% in Neubauten: Frankreich, Grossbritannien, Belgien, Luxem- burg, Finnland.

- Gruppe 3: Mittlere Energieeffizienz mit einem durchschnittlichen Nutzungsgrad von 75%

im Gebäudebestand und 90% in Neubauten: Italien, Spanien, Portugal, Irland sowie die zentraleuropäischen Länder Tschechei, Slowakei, Slowenien, Ungarn, Polen und die baltischen Staaten.

- Gruppe 4: Geringe Energieeffizienz mit einem durchschnittlichen Nutzungsgrad von 65%

im Gebäudebestand und 85% in Neubauten: die südosteuropäischen Länder Bulgarien, Rumänien, Kroatien, Griechenland, Zypern und Malta

(23)

Tabelle 11 Referenz-Nutzungsgrad von Heizkesseln in Neubauten für vier verschie- dene Ländergruppen (Gruppeneinteilung siehe Text)

Ländergruppe 1 Ländergruppe 2 Ländergruppe 3 Ländergruppe 4

Erdgaskessel 95% 95% 95% 90%

Biomassekessel 85% 85% 80% 75%

Quelle: Werte aus dem EU Projekt ESD (DG TREN) und verwendet als Datenbasis im MURE Modell (Wolfgang Eichhammer, FhG/ISI und Stefano Faberi, ISIS).

Tabelle 12 Referenz-Nutzungsgrad von Heizkesseln im Gebäudebestand für vier verschiedene Ländergruppen (Gruppeneinteilung siehe Text)

Ländergruppe 1 Ländergruppe 2 Ländergruppe 3 Ländergruppe 4

Erdgaskessel 93% 87% 82% 80%

Oelkessel 85% 81% 76% 74%

Biomassekessel 70% 70% 65% 55%

Quelle: Werte aus dem EU Projekt ESD (DG TREN) und verwendet als Datenbasis im MURE Modell (Wolfgang Eichhammer, FhG/ISI und Stefano Faberi, ISIS).

Tabelle 13 Referenz-Nutzungsgrade der Warmwassererzeugung für vier verschiedene Ländergruppen (Gruppeneinteilung siehe Text)

Ländergruppe 1 Ländergruppe 2 Ländergruppe 3 Ländergruppe 4 Warmwasser über

Heizanlage 75% 65% 55% 40%

Warmwasser separat 70% 65% 65% 55%

Quelle: Werte aus dem EU Projekt ESD (DG TREN) und verwendet als Datenbasis im MURE Modell (Wolfgang Eichhammer, FhG/ISI und Stefano Faberi, ISIS).

6.4 Fazit für die Festlegung der IST-Entwicklung

Bzgl. der IST-Entwicklung kann die Schweiz in die Ländergruppe 1 eingeteilt werden. Die im Berichtsentwurf mit Stand Mai 2008 (Infras, 2008, Stand Mai 08) angenommenen Werte für IST 2007 von 0.91 für Neubauten und 0.82 für Sanierungen erscheinen im Vergleich zu Aebischer et al. (2002) und im Vergleich zu den ausländischen Erfahrungen eher tief. Dies gilt auch im Vergleich zu Prognos (2007), besonders beim Bestandesdurchschnitt, wo für 2005 bei Oel von 81.9% und beim Erdgas von 87.3% ausgegangen wird. Insbesondere ist zu vermuten, dass der Fortschritt zwischen 2002 und 2007 mehr als 1%-Punkt beträgt.

6.5 Fazit für die Festlegung der autonomen Entwicklung

Im internationalen Vergleich kann davon ausgegangen werden, dass die Nutzungsgrade in der Schweiz mindestens denjenigen der Ländergruppe 3 (u.a. mit den zentraleuropäischen Ländern) entsprechen, möglicherweise auch der Ländergruppe 2. Dies betrifft insbesondere den Zeitpunkt 2007, denn in Europa fand eine zunehmende Marktbereinigung statt, welche sich durch eine zunehmende Konzentration auf Produzentenseite kennzeichnet. Länder- spezifische Unterschiede betreffen v.a. Unterschiede bei der Durchdringung einzelner

(24)

Produktgruppen (z.B. Kondensationstechnik), während innerhalb einer bestimmten Produkt- gruppe von einer zunehmenden Homogenisierung auszugehen ist.

Aufgrund des historischen Vergleich mit Deutschland und dem festgestellten Startwert für die Schweiz kann davon ausgegangen werden, dass die Nutzungsgrade in der Schweiz in 2002, insbesondere aber in 2007, mindestens den Stand von Deutschland im Jahr 1985 bis 1990 entsprechen würden (Ng=0.84 bzw. 0.87), dies nicht zuletzt mit dem Argument eines relativ hohen Marktanteils deutscher Produzenten in der Schweiz (im Unterschied zu Wärmeschutz- gläsern werden Heizkessel wesentlich häufiger importiert).

6.6 Vorschlag für Nutzungsgrad-Annahmen von Heizkesseln in den Szenarien IST und autonome Entwicklung

Basierend auf den oben dargestellten Grundlagen bestehend aus Zeitreihen und Länderver- gleichen wird nachfolgend ein Annahmenvorschlag für die Nutzungsgrade in der autonomen und der tatsächlichen Entwicklung getroffen. Für beide Szenarien wird dabei derselbe strukturelle Wandel bzw. Marktanteilsverschiebung bzw. Substitution von Öl zu Erdgas unter- stellt (beim Neubau reduzierte sich der Marktanteil von Oel im Wohnsektor allein zwischen 1990 und 2005 von 42% auf 14% während derjenige von Gas von 16% auf 28% stieg).

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Luftreinhalteverordnung zum einen eine sprunghafte Verbesserungen bei deren Einführung bewirkte, sie aber auch dazu führt, dass Öl- und Gas- heizungen regelmässig überprüft, gewartet und gegebenenfalls ausgetauscht werden, was einen alterungsbedingten Rückgang in den Nutzungsgraden verhindert“ (Prognos, 2007).

Das heisst, dass der Unterschied zwischen autonomer und tatsächlicher Entwicklung grösser ist, als es der Vergleich zwischen den europäischen Ländern bzgl. Neubauten nahe legen würde.

Abgestützt auf die oben beschriebenen Unterlagen aus dem In- und Ausland wird in Tabelle 14 ein Vorschlag für Nutzungsgrad-Annahmen von Heizkesseln inkl. Verteil- und Bereit- schaftsverlusten gegeben.

Tabelle 14 Vorschlag für Nutzungsgrad-Annahmen von Heizkesseln inkl.

Verteil- und Bereitschaftsverluste

Raumwärme Warmwasser

Neubau Sanierungen Neubau Sanierungen

Autonom IST Autonom IST Autonom IST Autonom IST Bezugswert 1980 0.75 0.7 0.65 0.65

2002 0.83 0.90 0.76 0.85 0.7 0.85 0.68 0.76 2007 0.85 0.92 0.77 0.86 0.71 0.86 0.69 0.77 Künftig (MuKEn’08) 0.86 0.95 0.78 0.87 0.72 0.88 0.70 0.80 Quelle eigene Annahmen

(25)

7 Berechung der Auswirkung der oben genannten Entwicklungen auf den Heizwärmebedarf

In diesem Kapital erfolgt die Umsetzung der Grundlagen zu den U-Werten in Schweiz- spezifische Annahmen zum autonomen Trend und zur Ist-Entwicklung und die Berechung der Auswirkung der oben genannten Entwicklungen auf den Heizwärmebedarf (380/1) und zwar bei konstantem Rechenverfahren SIA 380/1: 2001 (wobei jeweils Wärmebrücken- verluste gemäss Tabelle 16 berücksichtigt wurden.

Abgestützt auf die oben beschriebenen Unterlagen zu Dämmstärkenentwicklungen und Fenster-U-Werten aus dem In- und Ausland ist in Tabelle 15 ein Vorschlag zu den U-Werten in den Fällen autonom und IST gegeben. Mit diesen Annahmen und geometrischen Verhält- nissen von typischen Gebäuden (gemäss Ott, Jakob 2007) wurden Heizwärmebedarfswerte gemäss SIA 380/1 durchgeführt. Zudem angenommen, dass der thermisch relevante Luft- wechsel im IST-Fall mit 0.9/h etwas geringer ist als im Fall Autonom mit 1.1/h.

Tabelle 15 Vorschlag für die U-Wert-Annahmen der wichtigsten Bauteile (W/m2K )

Aussenwand Dach Kellerdecke Fenster

Autonom IST Autonom IST Autonom IST Autonom IST

Bezugswert 1980 0.7 0.6 0.5 3.1

2002 0.62 0.3 0.52 0.28 0.5 0.4 2.3 1.6 2007 0.6 0.25 0.5 0.25 0.5 0.35 2.2 1.5

Künftig (MuKEn’08) 0.55 0.2 0.48 0.2 0.45 0.28 2 1.3 Quelle eigene Annahmen, in Zusammenarbeit mit AWEL

Tabelle 16 Annahmen zu linearen Wärmeverlusten (Psi-Werte, W/mK)

Fensteranschlag Dach/Wand Sockel Kellertrennwände Autonom IST Autonom IST Autonom IST Autonom IST

Bezugswert 1980 0.10 0.1 0.35 0.2

2002 0.15 0.12 0.05 0 0.35 0.2 0.2 0.18 2007 0.15 0.15 0.05 0 0.35 0.2 0.2 0.18 2007 mit ver-

besserten Wärmebrücken

0.15 0.05 0.05 0 0.35 0.15 0.2 0.15

MuKEn 08 0.15 0.05 0.05 0 0.35 0.15 0.2 0.15 Quelle eigene Annahmen, in Zusammenarbeit mit AWEL

Die in Tabelle 15 beschriebenen Annahmen erscheinen im Vergleich zu den Untersuchun- gen des AWEL’s des Kantons ZH (AWEL 2004; AWEL 2006) für den IST-Fall eher optimis- tisch, insbesondere was die Entwicklung zwischen 2002 und 2007 betrifft, denn die

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Untersuchungen des AWEL’s zeigen für den Kanton ZH zwischen 1999 bzw. 2002 und 2005 bei den U-Werten nur relativ geringe Fortschritte. Herbei ist jedoch anzumerken, dass gesamtschweizerisch im IST-Fall auch zwischen 2002 und 2007 von einer Effizienz- steigerung auszugehen ist, denn die Entwicklung des Kantons ZH ab 1997 (z.B. Einführung des Moduls „Höchstanteil nicht-erneuerbare Energie“, welches auch auf die Dämmung der Gebäude wirkt) setzte in manchen Kantonen erst mit einer gewissen Verzögerung ein.

Die mit den oben beschriebenen Annahmen resultierenden Heizwärmebedarfswerte sind in Tabelle 17 dokumentiert. Obwohl seit dem Bezugszeitpunkt 1980 auch im autonomen Fall Effizienzverbesserungen von rund 20% eingetreten wären, ist die energetische Wirkung im IST-Fall nochmals deutlich höher: der Heizenergiebedarf von Neubauten ist für das Jahr 2007 rund 60% geringer als 1980 und rund 50% geringer im Vergleich zur autonomen Entwicklung im Jahr 2007.3

Tabelle 17 Resultierender spezifischer Heizwärmebedarf Qh gemäss Anahmen in Tabelle 15 und Tabelle 16

EFH MFH klein MFH gross

Autonom IST Autonom IST Autonom IST

Bezugswert 1980 600 414 394

2002 513 289 350 210 332 192

2007 497 252 339 187 321 170

2007 mit verb. WB 497 242 339 179 321 162 Künftig (MuKEn’08) (*) 459 204 315 153 296 139

Wohnsektor

(gewichtetes Mittel: EFH 45%, MFH klein 30%, MFH gross 25%)

Autonom IST

Bezugswert 1980 493

2002 419 241

2007 405 212

2007 mit verbesserten WB 405 203

Künftig (MuKEn’08) 375 168

(*) ohne 20%-Regel

Die Berechnungen zeigen auch, dass die Einführung und v.a. deren konsequente Umset- zung der MuKEn 2008 mit einer prägnanten Reduktion der U-Werte und v.a. der Wärme- brückenverluste im Vergleich zu 2007 nochmals eine deutliche Reduktion des Heizwärme- bedarfs bringen würden. Gegenüber der autonomen Entwicklung würde der Effizienzgewinn mit 55% gar wieder etwas mehr betragen als 2007 (50%).

3 Im Sinne einer Sensitivitätsbetrachtung und zur Berücksichtung der Unsicherheiten sind im Anhang zwei weitere Annahmensets und deren Ergebnisse dokumentiert.

Referenzen

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