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Frühe Hilfen - Sachstandsbericht - Frühe Prävention statt späterer Intervention

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Sitzungsvorlage JHA/SA/17/2017

Frühe Hilfen

- Sachstandsbericht

- Frühe Prävention statt späterer Intervention

TOP Gremium Sitzung am Öffentlichkeitsstatus

2 Jugendhilfe- und Sozialausschuss 18.09.2017 öffentlich

keine Anlagen

Beschlussvorschlag

Der Jugendhilfe- und Sozialausschuss nimmt den Sachstandsbericht und den präven- tiven Ansatz der Frühen Hilfen zur Kenntnis.

I.Sachverhalt

1. Sachstandsbericht

Bei den Frühen Hilfen im Landkreis Karlsruhe handelt es sich um ein Beratungs-, Kurs- und Gruppenangebot des Jugendamtes und des Gesundheitsamtes. Die Angebote richten sich an werdende Eltern und Eltern mit Säuglingen und Kleinkindern (0 – 3 Jah- re); die Inanspruchnahme ist freiwillig und kostenfrei.

Die Frühen Hilfen sind im Landkreis Karlsruhe bereits seit dem Jahr 2006 etabliert (Umwandlung vom Landesprogramm Mutter und Kind in das landkreiseigene Eltern- Kind-Programm Frühe Hilfen). Im November 2016 feierten die Frühen Hilfen ihr 10- jähriges Bestehen im Rahmen eines offiziellen Festaktes im Bürgerzentrum Bruchsal.

Vom Sozialministerium Baden-Württemberg wurden die Frühen Hilfen in den Jahren 2011 und 2015 im Rahmen des „Großen Präventionspreises Baden-Württemberg“ je- weils für ihre innovativen, vielfältigen und auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Beratungs- angebote und Kooperationsstrukturen ausgezeichnet. Die Kooperation eines Jugend- amtes mit einem Gesundheitsamt und damit von Jugendhilfe und Gesundheitswesen sorgt bis heute auch außerhalb des Landkreises für Aufsehen und ist in dieser Weise bundesweit einzigartig.

Durch das Inkrafttreten des Bundeskinderschutzgesetzes (BKiSchG) zum 01.01.2012 wurden die Frühen Hilfen bundesweit zu einer Pflichtleistung erklärt.

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Zentrale Ziele des Bundeskinderschutzgesetzes sind:

Frühzeitiges Erkennen von Entwicklungsrisiken im Einzelfall

Vermeidung von Kindeswohlgefährdung bzw. Abwendung weiterer Gefährdun- gen oder Schädigungen

Schaffung von flächendeckenden, verbindlichen Netzwerkstrukturen („Zusam- menarbeit der zuständigen Leistungsträger und Institutionen im Kinderschutz“) durch den örtlichen Träger der Jugendhilfe

Die Befugnis der Einrichtung, Organisation, Steuerung und Sicherung der Aufgaben und Strukturen im Rahmen der Frühen Hilfen wurde per Gesetz auf den örtlichen Trä- ger der Jugendhilfe übertragen. Die Landkreise und Städte wurden somit gesetzlich verpflichtet, konkrete Angebote zu installieren. Der Bund stellt hierfür seit 2012 im Rahmen der Bundesinitiative Frühe Hilfen zunächst befristet bis 31.12.2017 Gelder zur Verfügung.

Dem Bundeskinderschutzgesetz und dem Geist der Bundesinitiative trägt der Landkreis Karlsruhe dem Grundsatz nach bereits seit langem Rechnung – aus einer zunächst freiwilligen Leistung wurde eine Pflichtleistung. Das Fachteam Frühe Hilfen ( bestehend aus Sozialpädagoginnen, Ärztinnen, Familienhebammen, Familienkinderkranken- schwestern, einer Ehrenamtskoordinatorin, einer Netzwerkkoordinatorin) stellt mit sei- nen Beratungsangeboten und seinen Netzwerkstrukturen eine ganzheitliche, umfas- sende und landkreisweite Versorgung aller 32 Städte und Gemeinden in einem der größten Flächenlandkreise Baden-Württembergs sicher. Die Arbeit des Fachteams ist geprägt von einer hohen Vor-Ort-Präsenz, der Einbindung in die jeweiligen spezifischen lokalen Strukturen und der engen Kooperation mit vielen verschiedenen Professionen und Fachstellen. Die Angebote der Frühen Hilfen insgesamt werden landkreisweit her- vorragend angenommen. Die Fallzahlen steigen seit Jahren kontinuierlich. In den letz- ten beiden Jahren wurden durch das Fachteam pro Jahr jeweils über 1500 Familien erreicht.

2. Frühe Prävention statt späterer Intervention

Die durch die Frühen Hilfen begleiteten Familien bilden einen breiten Querschnitt durch die Gesellschaft ab, da die Angebote nicht speziell an eine der Hochrisikogruppen, sondern an alle werdenden Eltern und Eltern mit Säuglingen und Kleinkindern im Alter von 0 – 3 Jahren gerichtet sind. Viele Eltern haben aufgrund der für sie neuen Situation Fragen zu ganz normalen Themen der Pflege, Versorgung und Erziehung eines Säug- lings oder Kleinkinds wie z. B. Schlafproblemen, Trotz, Ernährung, Schreien, aber auch zur Beantragung von Geldern, der Suche nach Tagesmüttern oder KiTa-Plätzen. In der Regel ist davon auszugehen, dass ein Großteil der Eltern, die von den Fachkräften der Frühen Hilfen beraten werden, selbst in der Lage sind, die grundlegenden Bedürfnisse ihrer Kinder so sicherzustellen, dass möglichst positive Entwicklungsmöglichkeiten ge- schaffen werden.

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Allerdings gibt es auch einen signifikanten Teil von Eltern, die durch die Anforderungen eines Säuglings oder Kleinkinds oder durch besondere Lebenslagen, Schicksalsschlä- ge (u. a. Erschöpfungszustände, Erkrankungen, Behinderungen, Tod eines Elternteils, Verhaltensauffälligkeiten eines Kindes, Gewalt, Bedrohung) überfordert sind und weder interne noch externe Ressourcen zur Gewährleistung der Bedürfnisse ihres Kindes mobilisieren können. Daraus ergibt sich schnell eine prekäre Lage, denn keine andere Lebensphase ist von so schnellen und existentiellen Entwicklungsschüben geprägt wie die des Säuglings- und Kleinkindalters. Durch die hohe Abhängigkeit von betreuenden und versorgenden Bezugspersonen schlagen Wahrnehmungs- und Beziehungsstörun- gen unmittelbar auf das Kind durch, wenn Eltern in dieser Phase nur begrenzt leis- tungsfähig sind und die Bedürfnisse der Kleinsten nicht erkennen oder nicht angemes- sen interpretieren und entsprechend reagieren können. Die möglicherweise daraus re- sultierenden gravierenden Entwicklungsschädigungen und Beeinträchtigungen der El- tern-Kind-Bindung und der individuellen Entwicklung des einzelnen Kindes sind in vie- len Fällen irreversibel oder nur durch langfristige, zeit- und kostenintensive Folgemaß- nahmen auszugleichen, die dann u. a. die Bereiche der Hilfen zur Erziehung, des Ge- sundheitswesens, der Justiz und der Integration in den Arbeitsmarkt betreffen. Gleich- zeitig setzen herkömmliche Präventionsangebote frühestens im Kindergartenalter ein, sodass vorher eintretende Schädigungen, insbesondere in den für die Kindesentwick- lung maßgeblichen ersten 1 - 1 ½ Jahren, auf diese Weise kaum vermieden werden können. Hieraus ergibt sich die besondere Aufgabe eines innovativen präventiven Hil- fesystems, frühzeitig Beratungs-, Unterstützungs- und Entlastungsangebote zur Verfü- gung zu stellen. Diese Angebote müssen breitgefächert, niedrigschwellig und von An- fang an gut aufgestellt sein, um den Eltern unkompliziert und ganz praktisch helfend beiseite zu stehen - ohne große Hürden und Berührungsängste. Im Hinblick auf den Kinderschutz dienen daher die Frühen Hilfen auch als Frühwarnsystem.

Im Landkreis Karlsruhe sind die Frühen Hilfen seit langem in die unterschiedlichsten Hilfesysteme integriert und als festes Angebot bei Eltern und Fachleuten etabliert. Ca.

50 % der Eltern finden direkt über die Weiterempfehlung anderer Eltern und ihres so- zialen Umfelds zu den Frühen Hilfen, die anderen 50 % durch Vermittlung oder „Über- weisung“ von verschiedensten Professionen (u. a. Kinderärzte, Erzieherinnen, Bera- tungsstellen, Kliniken, Hebammen, Gemeindeverwaltungen …).

Die Frühen Hilfen sind zunächst für alle Anfragen und Anliegen in der frühen Kindheit - sowohl die Kinder als auch die Eltern betreffend - „allzuständig“. Am Telefon oder im persönlichen Erstgespräch erfolgt dann eine Abklärung, welche weiteren Stellen und Dienste notwendig werden könnten. Dabei stellt auch die hohe personelle Stabilität des Fachteams einen wichtigen Gelingensfaktor dar, da sich nur durch Konstanz im persön- lichen Kontakt mit den Familien als auch mit den Netzwerkpartnern vor Ort ein wirkli- ches Vertrauensverhältnis entwickeln kann. Durch die fachspezifischen Zusatzqualifika- tionen, Fort- und Weiterbildungen und das fundierte Fachwissen des gesamten Teams kann sowohl im pädagogischen als auch im medizinischen Bereich mit eigenen Res- sourcen bereits sehr viel abgedeckt bzw. eingeschätzt werden, um zielgerichtet weitere Professionen hinzuziehen sowie im präventiven Sinne potentielle Gefährdungssituatio- nen frühzeitig zu erkennen und abwenden zu können.

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Das seit 10 Jahren sorgfältig ausgebaute und sehr gut funktionierende Netzwerk Frühe Hilfen und daraus folgend eine sehr gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit allen Sachgebieten und Diensten inner- und außerhalb des Landratsamtes sind hierfür un- abdingbare Voraussetzung.

Die steigenden Fallzahlen der Jugendhilfe der letzten Jahre haben eine lebhafte Dis- kussion über Wirkung und Wirkfaktoren präventiver Angebote und früher Prävention aufgeworfen. Innerhalb des Fachteams Frühe Hilfen findet ebenfalls regelmäßig eine diesbezügliche Standortbestimmung statt, um die bestehenden Angebote weiterzuent- wickeln und zu optimieren.

a) Effektivität

Für die Effektivität, also die konkrete Wirksamkeit einzelner Maßnahmen, ausschlagge- bend ist der tatsächliche Mehrwert für die durch die Frühen Hilfen begleiteten Eltern und Kinder. Beim Erstkontakt sind viele der Eltern verunsichert und besitzen nur wenig Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten. Sie befinden sich in einer für sie unüberschau- baren Lage, ohne die entsprechenden Stellen oder Ansprechpartner für ihre Anliegen zu kennen. Zudem fällt auf, dass zahlreiche Familien, die bei den Frühen Hilfen Rat und Unterstützung suchen, zuvor kaum oder nur in sehr geringem Maße in präventive Strukturen eingebunden waren. Somit bieten die breit gefächerten Gruppen- und Bera- tungsangebote die große und teilweise einmalige Chance, mit Eltern und Kindern in Kontakt zu treten, die zuvor von herkömmlichen Strukturen nicht erreicht worden sind und wahrscheinlich auch noch länger nicht erreicht worden wären.

In den Frühen Hilfen entwickeln solche Familien nun erstmals eine Idee davon, was bereits an Präventivangeboten und Unterstützungsmöglichkeiten existiert. Darüber hin- aus finden die zuständigen Fachkräfte im Rahmen von Einzelgesprächen und Hausbe- suchen speziell auf die individuelle Situation zugeschnittene Lösungen. Die Bestärkung und konstruktive Rückmeldung in einer unsicheren und schwierigen Lebensphase, kombiniert mit fundierter Beratung, sorgt bereits für einen Abbau von Stress und Unsi- cherheiten auf Seiten der Eltern, sodass diese das Vertrauen in ihr Können zurückge- winnen. Zudem kann die gezielte Stärkung der empathischen Fähigkeiten die Weichen stellen für eine bestmögliche Entwicklung der Bindung zwischen Eltern und Kind. Der konkrete Mehrwert für die Säuglinge und Kleinkinder liegt somit in einem Alltag mit ent- spannteren Eltern, die in der Lage sind, ihnen einerseits Halt und Geborgenheit zu bie- ten, andererseits jedoch auch mehr Klarheit und Konsequenz in der Erziehung. Diese eindeutige Rollenverteilung mit den Eltern als Vorbildern und Leitfiguren ermöglicht den Kindern die Unbeschwertheit, einfach Kinder zu sein und sich altersgemäß zu stabilen Persönlichkeiten zu entwickeln. Der tatsächliche Mehrwert für diese Familien fängt da- her bereits im Kleinen und in der Alltagsgestaltung und Versorgung der Kinder an.

Bei Familien mit umfassenderem Beratungs- und Hilfebedarf und multiplen Problemla- gen ist in den meisten Fällen durch die Vorarbeit der Frühen Hilfen mit Zustimmung der Eltern ein fließender Übergang in weitergehende Hilfen möglich, wie z. B. zum Allge- meinen Sozialen Dienst, zur tatsächlichen Inanspruchnahme ärztlicher, therapeuti- scher, klinischer Versorgung, zu Eingliederungshilfen, zu sonderpädagogischen Diens- ten, zur Schuldnerberatung etc.

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In ca.10 % der Fälle finden durch die Frühen Hilfen Kriseninterventionen statt, die sich durch Abklärungen und meist zügig eingerichtete ambulante Maßnahmen (Haushalts- hilfe, Familienhebamme/Familienkinderkrankenschwester, gemeinsamer Hausbesuch mit der Ärztin, KiTaplatz, Hausbesuch mit dem ASD) häufig lösen bzw. deutlich verbes- sern lassen. Ca. 1 - 2 % der Fälle sind akute Kindeswohlgefährdungen, die direkt an den ASD weitergeleitet werden.

Eine hohe persönliche Präsenz der Frühen Hilfen vor Ort ist daher eine unabdingbare Voraussetzung für die Wirksamkeit der Frühen Hilfen in der direkten Arbeit mit den Fa- milien.

Gleichwohl dürfen die Frühen Hilfen nicht mit der Hoffnung einer allgemeinen Prob- lemlösung gleichgesetzt werden. Auch Präventionsprogramme sind in ihren Wirkmög- lichkeiten begrenzt. Sie können die Anzahl von Kindewohlgefährdungen verringern, diese nicht insgesamt verhindern.

Damit die Angebote der Frühen Hilfen von den Eltern und den vor Ort befindlichen Mul- tiplikatoren / Fachleuten gut angenommen und genutzt werden, ist es daher sehr wich- tig, dass

die Frühe-Hilfen-Angebote vor Ort in die kommunalen Strukturen der jeweiligen Gemeinde/ Stadt an- und eingepasst,

vor Ort leicht erreichbar,

kostenfrei,

niedrigschwellig,

kindgerecht,

gut kommuniziert sind und

die Frühen-Hilfen-Fachkräfte regelmäßig und häufig vor Ort (Geh-Struktur / Prä- senz) und den Familien und den jeweiligen Fachleuten auf vielfachen Wegen bekannt sind bzw. werden.

Bausteine hierfür sind z. B. die über den gesamten Landkreis Karlsruhe verteilten 24 Eltern-Kind-Gruppen, die Begrüßungsveranstaltungen für Eltern mit Neugeborenen und das Familienbesucherprogramm, Einzelberatungen in hohem Maße in Form von Haus- besuchen, Sprechstunden, Eltern-Cafes, Elternabenden in Kindertagesstätten und Fa- milienzentren, Themenangebote in den jeweiligen örtlichen Krabbelgruppen, Fortbil- dungen für die vielfältigen Fachkräfte vor Ort und regelmäßige Schulungen von Ehren- amtlichen. Sehr wichtig ist die enge Kooperation mit den niedergelassenen Ärzten, der landkreiseigenen Klinik, den umliegenden Kinderkliniken und den Kliniken der angren- zenden Städte und Landkreise.

Von grundsätzlicher Bedeutung für das passgenaue Einfügen der Frühen Hilfen- Angebote in die jeweiligen lokalen Strukturen ist neben den vielen verschiedenen örtli- chen Kooperationspartnern die Unterstützung des jeweiligen Bürgermeisters bzw.

Oberbürgermeisters und somit der jeweiligen Gemeinde-/ Stadtverwaltung. Hier beste- hen enge, bewährte Kooperationen, die dem „Geist“ und der praktischen Arbeit der Frühen Hilfen und somit den Familien vor Ort zugutekommen.

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b) Effizienz

Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass die „Frühen Hilfen“ landes- und bundesweit in jeder Stadt und in jedem Landkreis sehr unterschiedlich aufgestellt sind. Verschiedens- te Strukturen auf unterschiedlichsten Niveaus und in mannigfaltigen Ausprägungen und Ausgestaltungen sind vorhanden. Hinzu kommt, dass die entstehenden Kosten unter- schiedliche Arbeitsfelder - vorwiegend die Bereiche der Jugendhilfe und des Gesund- heitswesens – betreffen. Somit sind sehr unterschiedliche gesetzliche Regelungen und Zuständigkeiten zu berücksichtigen.

Diese „Uneinheitlichkeit“ hat u. a. zur Folge, dass weder die Erfassung von „Fällen“, Fallzahlen, noch Strukturen, Personalausstattung (Hauptamtliche, Honorarkräfte), Pro- fessionen, Finanzierungsgrundlagen o.ä. annähernd miteinander vergleichbar wären.

Ein wichtiger Faktor ist hier die relativ kurze Laufzeit der Frühen Hilfen bundesweit (in der Regel seit 2012). Infolgedessen gibt es aktuell auch keine Frühe-Hilfen- spezifischen Studien und Evaluationen zur Effektivität und Effizienz der Frühen Hilfen in Deutschland. Es gab / gibt Pilotprojekte, die an einzelnen Standorten Tendenzen zu Kosten-Nutzen-Effekten der Frühen Hilfen für den jeweiligen Standort mit den jeweili- gen örtlichen Gegebenheiten und Angeboten beschreiben. Häufig werden jedoch un- terschiedliche internationale Studien vorzugsweise aus den USA herangezogen, um zum Beispiel gesellschaftliche Auswirkungen in unterschiedlichen Zeiträumen, Lebens- altern, Kostenrelationen und Hochrechnungen zu skizzieren und Kosten-Nutzen- Schätzungen abzugeben. Aktuell ist daher nur eine Annäherung an diese Thematik möglich, die Dimensionen aufzeigt und Tendenzen beschreibt.

So wird z. B. versucht, einen Zusammenhang zwischen den Belastungsfaktoren und deren Auswirkungen auf die Gesundheit und Lebensführung des Einzelnen im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter in Korrelation zu setzen und deren Folgen für die Ge- samtgesellschaft zu beschreiben, wenn Hilfen erst später (spätes Kindergarten- / Schulalter) einsetzen und keine Frühen Hilfen zur Verfügung stehen. Hierbei wird u. a.

zwischen direkten und indirekten Folgen und daraus resultierend direkten und indirek- ten Folgekosten differenziert.

Unter direkten Folgekosten sind z. B. die akut anfallenden Kosten aus einer Misshand- lung zu verstehen wie z. B. die Behandlungskosten in einem Krankenhaus, die Inob- hutnahme durch den ASD, die Unterbringung in einer Bereitschaftspflegefamilie; indi- rekte Folgekosten sind z. B. langfristige Kosten als Negativfolge der prekären Lebenssi- tuation, wie z. B. psychische Erkrankungen, Suchterkrankungen, Behinderungen, Ent- wicklungsverzögerungen, Kosten durch kriminelles Verhalten, Straffälligkeit, verminder- te Leistungsfähigkeit im schulischen, beruflichen Bereich. Von den direkten und indirek- ten Kosten bzw. Folgekosten betroffen sind alle Bereiche des gesellschaftlichen Le- bens: das Gesundheitssystem, die Kinder- und Jugendhilfe, Bildung und Erwerbsbetei- ligung und der Bereich der Justiz.

Hier setzen die ersten Einschätzungen der Wirtschaftlichkeitsberechnungen an, indem günstige und ungünstige Lebensverläufe skizziert und daraus resultierend Kostensze- narien erstellt werden. Teilweise werden die Kosten bis zur Volljährigkeit berechnet, teilweise bis ins fortgeschrittene Erwachsenenalter.

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Je nach Umfang der betrachteten Lebenszeit und dem Ausmaß der angenommenen Szenarien beträgt das Verhältnis der Kosten Früher Hilfen zu den Kosten von Kindes- wohlgefährdung nach Auswertungen von Frau Prof. Dr. Meier-Gräwe, Universität Gies- sen 1:13 bis 1:34. Je nach Szenario werden auch um das 60-fache oder noch um ein Vielfaches höhere Kosten als die Kosten für Frühe Hilfen angenommen.

Trotz „dünner“ Datenlage ist die Einschätzung der mit dieser Materie befassten Fach- leute übereinstimmend, dass durch die Frühen Hilfen frühzeitig und niedrigschwellig breite Bevölkerungsgruppen angesprochen werden und somit wertvolle Vorarbeit ge- leistet wird, bevor die eigentlichen Probleme entstehen. Wenn sich Probleme abzeich- nen, können durch die Frühen Hilfen frühzeitig Hilfen angeboten, an entsprechende Kooperationspartner weitergeleitet oder auch frühzeitig Schutzmaßnahmen in die Wege geleitet werden. Hierdurch können frühzeitig Negativentwicklungen abgefangen wer- den, die im späteren Lebensalter massive Folgekosten verursachen würden.

Im Rahmen der Jugendhilfe- und Sozialausschusssitzung werden wir Ihnen die aktuel- len Entwicklungen in den Frühen Hilfen und zur Veranschaulichung einzelne Fallbei- spiele vorstellen.

II. Finanzielle / Personelle Auswirkungen

Die Personalkosten Frühe Hilfen betrugen im Jahr 2016 insgesamt 545.392,88 € (Ju- gendamt: 456.450,77 €, Gesundheitsamt: 88.942,11 €). Die Personalkostenprognose für das Jahr 2017 beträgt insgesamt 573.032,45 € (Jugendamt: 480.062,01 €, Gesund- heitsamt: 92.970,44 €).

Die darüber hinausgehenden personellen Verstärkungen in Jugend- und Gesundheits- amt (insgesamt 2,25 Stellen) werden vollumfänglich durch die Bundesinitiative Frühe Hilfen finanziert. Für Personal- und Sachmittel erhält der Landkreis Karlsruhe hierfür - entsprechend dem Königssteiner - Schlüssel jährlich 167.669,00 €.

III. Zuständigkeit

Nach § 4 Abs. 3 der Hauptsatzung ist die Zuständigkeit des Jugendhilfe- und Sozial- ausschusses gegeben.

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