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Es gilt das gesprochene Wort ! Annelie Buntenbach Geschäftsführender Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes Pressekonferenz zur Eröffnung des Projekts „Faire Mobilität – Arbeitnehmerfreizügigkeit sozial, gerecht und aktiv“ Berlin, 5. Oktober 201

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Es gilt das gesprochene Wort !

Annelie Buntenbach

Geschäftsführender Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes

Pressekonferenz zur Eröffnung des Projekts

„Faire Mobilität – Arbeitnehmerfreizügigkeit sozial, gerecht und aktiv“

Berlin, 5. Oktober 2011

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Anrede,

wir eröffnen heute das Projekt „Faire Mobilität – Arbeitnehmerfreizügigkeit sozial, gerecht und aktiv“. Das Projekt will einen Beitrag dazu leisten, die Arbeitsbedingungen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aus den mittel- und osteuropäischen Staaten zu verbessern, und sie bei der Durchsetzung ihrer Arbeitnehmerrechte unterstützen.

Dass Beratung und Unterstützung erforderlich sind, zeigen verschiedene Fälle und Vorkommnisse, bei denen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unter Vorspiegelung falscher Tatsachen nach Deutschland gelockt und um ihren Lohn geprellt werden:

Um ihren Lohn betrogen wurden achtzehn Trockenbauer aus Rumänien. Angeworben durch ein rumänisches Unternehmen war ihnen ein Wochenlohn von 150 Euro ver- sprochen worden. Dieser wurde nach einer Woche in bar von einem Beauftragten der Firma ausgezahlt.

Nach der zweiten Woche wurden sie zunächst vertröstet. Anlässlich eines Arztbesuches in der dritten Woche stellte sich heraus, dass die Arbeiter als Selbständige ohne Kranken- versicherung beschäftigt wurden. Statt eines Arbeitsvertrages hatten sie eine in Deutsch gehaltene Gewerbeanmeldung unterschrieben.

Der Beauftragte des rumänischen Unternehmens war telefonisch nicht mehr erreichbar.

Nach intensiven Verhandlungen trat der Hauptunternehmer in die Ansprüche ein, über- nahm die Arztkosten und sicherte zumindest den vereinbarten Lohn. Den allgemeinen Mindestlohn in Höhe von 10,90 Euro erhielten sie erst einmal nicht, denn zunächst muss festgestellt werden, dass eine Scheinselbständigkeit oder eine Entsendung vorliegt.

Aus der täglichen Praxis können auch Marta Böning und Bettina Wagner vom Büro für entsandte Beschäftigte, unserem Kooperationspartner hier in Berlin, berichten.

Neben den Scheinselbständigen (Solo-Selbständige), die ohne Tarifvertrag tätig werden, gibt es zwei weitere Gruppen, die bei der Durchsetzung sozial gerechter Arbeitsbedin- gungen mit besonderen Problemen zu kämpfen haben: Grenzüberschreitend eingesetzte Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer erhalten nur in wenigen Betrieben den gleichen Lohn wie die Stammbelegschaften. Entsandte Beschäftigte ausländischer Subunternehmen arbeiten in der Regel zu den Bedingungen des Herkunftslandes.

Ausnahmen gibt es nur dort, wo ein gesetzlicher Mindestlohn vorhanden ist.

Dafür gibt es ein ganzes Bündel von Gründen: Es fehlt an rechtlichen Regelungen, wie einem allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn und der Verankerung des Grundsatzes von

„Equal Pay“.

Ansprüche durchzusetzen, ist oft kompliziert; teilweise müssen sie – wie bei den

entsandten Beschäftigten – am Ort der Beschäftigung (Mindestlohn) und im Sitzland des Unternehmens (übrige Beschäftigungsbedingungen) geltend gemacht werden. Aber es mangelt auch an Informationen, insbesondere in den Herkunftssprachen, und an qualifizierter Beratung.

Information und Beratung ist auch für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erforderlich, die ihr Recht auf Freizügigkeit in Anspruch nehmen und eine so genannte normale sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufnehmen. Dieser Personenkreis, der teilweise zwischen Wohn- und Beschäftigungsort pendelt, wird sicher mit vielen Fragen, zum Beispiel nach Krankenversicherungsschutz, Kündigungsschutz, Entlohnung etc.

kommen.

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Uns geht es als Gewerkschaften darum, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die kommen, nicht in ausbeuterische und menschenunwürdige Bedingungen abgedrängt werden. Wir wollen verhindern, dass diejenigen, die kommen, und die, die hier sind, gegeneinander ausgespielt werden.

Um alten Ängsten, neuen Feindbildern und Sündenbockprojektionen von vornherein den Boden zu entziehen, ist zweifellos mehr als eine Maßnahme nötig.

Umso mehr freue ich mich, heute hier gemeinsam mit Herrn Staatssekretär Brauksiepe das Projekt „Faire Mobilität – Arbeitnehmerfreizügigkeit sozial, gerecht und aktiv“

vorstellen zu können.

Nach einer langen Phase der Diskussion und Konzeptionierung gemeinsam mit dem BMAS können wir nun unser Projekt starten, das bis Mitte 2014 laufen wird.

Die konkreten Ziele sind:

Information, Beratung und Unterstützung bei der Durchsetzung der Arbeitnehmerrechte

Hier geht es vor allem um Informationen und eine Erstberatungsangebote sowie im Weiteren die Vermittlung konkreter Unterstützungsmöglichkeiten.

Information und Qualifizierung gewerkschaftlicher MultiplikatorInnen

Es gibt große Unsicherheiten bei den Betriebsräten, die häufig erste Anlaufstelle für Fragen sind. Sie reichen von der Frage nach der Krankenversicherung für Pendler bis hin zum Arbeitserlaubnisrecht für Bulgaren und Rumänen.

Intensivierung der transnationalen Kooperation zwischen den deutschen und den mittel- und osteuropäischen Gewerkschaften

Es geht uns dabei um Informationen bereits im Herkunftsland, aber auch um die Zusammenarbeit bei der Durchsetzung von Ansprüchen, zum Beispiel für Entsandte.

Wie wir das konkret anpacken wollen, können Sie der Projektübersicht entnehmen, die wir Ihnen kopiert haben.

Da geht es zum einen um Beratung:

Wir wollen innerhalb der Laufzeit Beratungsangebote an sechs Standorten aufbauen, möglichst in Kooperation mit Partnern oder bestehenden Einrichtungen. Wie in Berlin, mit dem Beratungsbüro für entsandte Beschäftigte, oder in Frankfurt am Main mit dem Europäischen Verein für Wanderarbeiterfragen.

Die Beratung soll so gestaltet werden, dass möglichst viele mittel- und osteuropäische Sprachen vorhanden sind und Branchenschwerpunkte gesetzt werden.

Frankfurt: Baugewerbe und Gebäudereinigung, Sprachen: Polnisch und Rumänisch Berlin: Pflege und Gesundheit, Sprachen Polnisch und Rumänisch

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Es geht um transnationale Kooperation bei Beratung und Information:

In unserem Beirat werden neben den DGB-Gewerkschaften, dem BMAS und der BDA auch das Polnische Arbeitsministerium sowie fünf Gewerkschaften aus Polen, Bulgarien und Rumänien vertreten sein.

Es geht um Information und Qualifizierung gewerkschaftlicher Multiplikatoren, die ja oft die erste Ansprechadresse für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Not sind – dafür werden wir Seminare für Betriebs- und Personalräte und gewerkschaftliche Multiplikatorinnen anbieten, die Seminarinhalte jeweils auf die speziellen Probleme der Branchen zugeschnitten.

Sie sehen, wir haben viel vor – und damit das gelingt, brauchen wir auch Ihre Unter- stützung.

Damit sich nämlich möglichst überall herumspricht, dass es solche Beratungs- und Unter- stützungsangebote für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus den MOE-Staaten gibt und damit sie möglichst vielfältig wahrgenommen werden.

Mit dem Projekt wollen wir einen Beitrag leisten, um das gemeinsame Ziel von Politik und Gewerkschaften zu erreichen, ausbeuterische Beschäftigungsverhältnisse zu verhindern und gleichzeitig die Mobilität sozial und gerecht auszugestalten.

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