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GOLD or GREEN, die G(retchen)-Frage? : Wege zu Open Access an deutschen Hochschulen

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GOLD or GREEN, die G(retchen)-Frage?

Wege zu Open Access an deutschen Hochschulen

Petra Hätscher

Noch ein Artikel zu Open Access? An deutschen Hochschulen? Nachdem in den vergangenen Jahren zahllos dazu konferiert und diskutiert und publiziert wurde?

Spätestens seit Erscheinen des Doppelheftes der Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie mit dem Schwerpunkt Open Access1 scheint für die kommen- den zwei Jahre nun wirklich alles gesagt.

Dennoch: Bei näherer Betrachtung ergeben sich Aspekte, die noch oder wieder beleuchtet werden können. Durch die rasante Entwicklung in diesem Bereich und die permanente Diskussion in den Hochschulen ergeben sich in kurzen Zeitab- ständen neue Sichten auf das Thema, die ausgelotet werden sollten.

Im Zentrum der Diskussionen steht immer wieder die Auseinandersetzung über den „richtigen“ Weg zu Open Access. „Gold or Green“ – das ist hier die (Gretchen-)Frage. Oder nicht? Spricht man mit Wissenschaftlern, sehen sie ganz klar den einzigen Weg in Open Access Zeitschriften, wenn sie denn überhaupt Open Access aufgeschlossen gegenüberstehen. Denn nur Peer Reviewed Journals sind konkurrenzfähig und für die wissenschaftliche Karriere verwertbar. Diese Aussagen beziehen sich auf naturwissenschaftliche und in Teilen sozialwissen- schaftliche Forschungsergebnisse, aus den Geisteswissenschaften gibt es – von Ausnahmen abgesehen – insgesamt wenig Resonanz zu Open Access Projekten.

Spricht man mit Hochschulmanagern, also Präsidenten, Rektoren, Kanzlern usw.,

1 Open Access. Hrsg. von Susanne Dobratz und Peter Schirmbacher. Zeitschrift für Bibliothekswe- sen und Bibliographie. Jg. 54, 2007, H. 4/5, S. 160-272

Zuerst ersch. in: Bibliotheken gestalten Zukunft / Evelinde Hutzler (Hg.) ...

Göttingen: Universitätsverl., 2008, S. 29-38

Konstanzer Online-Publikations-System (KOPS) URL: http://www.ub.uni-konstanz.de/kops/volltexte/2008/6704/

URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:352-opus-67047

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erwarten sie vor allem einen Nachweis über den wissenschaftlichen Output der Hochschule. Außerdem suchen sie nach Möglichkeiten, die Ergebnisse wissen- schaftlichen Forschens in den Händen der Hochschule zu halten. Und zu guter Letzt kämpfen sie mit den ausufernden Kosten des Zugangs zu wissenschaftlichen Ergebnissen, die sie in Form von Bibliotheksetats aufbringen müssen, um die In- formations- und Literaturversorgung für Lehren, Lernen und Forschen zu sichern.

Spricht man mit den Abnehmern wissenschaftlicher Publikationen, also den Le- sern, wollen sie vor allem einen möglichst unbeschränkten Zugang zu den für sie jeweils relevanten Informationen, egal in welcher Form.

Die Hochschulen und als umsetzende Einrichtungen die Bibliotheken sehen sich also mit unterschiedlichen Anforderungen und Erwartungen in Bezug auf Open Access konfrontiert, die sich zum Teil scheinbar widersprechen. Open Access als eierlegende Wollmilchsau, die alle Probleme des wissenschaftlichen Publizierens in allen Facetten lösen soll? Vor allem die Diskussion um den Golden Weg (Publikation in Open Access Zeitschriften) und den Grünen Weg (Auf- und Ausbau von institutionellen und fachlichen Repositorien für Parallelpublikationen) sowie Mischformen werden des Öfteren als Gegensätze diskutiert. Sollen das Geld und die zur Verfügung stehenden Personalkapazitäten in den Ausbau eines institu- tionellen Repositoriums gesteckt werden? Oder ist der Abschluss von Verträgen zur Förderung von Open Access in konventionellen Verlagen der richtige Weg?

Oder sollen vor allem reine Open Access Zeitschriften gefördert werden?

In der Praxis betreiben die meisten Universitätsbibliotheken eine Politik des

„sowohl – als auch“. Das ist aber weniger einem Konzept geschuldet als einer gewachsenen Struktur, die gelegentlich intern mit Missbehagen betrachtet wird, da sie eben konzeptlos wirken kann. Es ist einen Versuch wert, den Standort und damit den Blickwinkel zu ändern: Wenn es so ist, dass die meisten Bibliotheken ein

„sowohl – als auch“ betreiben, muss dieses in der Praxis bewährte Vorgehen das Konzept sein. Zum jetzigen Zeitpunkt kann ein „entweder – oder“, entweder Open Access Zeitschriften(artikel) oder Repositorien, nicht die Entscheidung sein.

Durch die zahlreichen Akteure und Beteiligten in dem gesamten Prozess des wis- senschaftlichen Publizierens ergeben sich heterogene Zielstellungen:

1. Förderung von freiem Zugang zu wissenschaftlichem Wissen im Sinne der Berliner Erklärung2

2. Förderung der Sichtbarkeit wissenschaftlicher Publikationen der jeweiligen Hochschule und der jeweils publizierenden Person

3. Unterstützung von Hochschulevaluationen, Fakultätsevaluationen und Personenevaluationen

4. Finden von Wegen aus der Zeitschriftenkrise (Kostendruck)

5. Aufrechterhaltung von Peer review Verfahren und anderen Qualitäts- sicherungsverfahren der jeweiligen Fachdisziplinen

2 http://oa.mpg.de/openaccess-berlin/Berliner_Erklaerung_dt_Version_07-2006.pdf [05.04.2008]

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Die Kunst ist es, bei diesen unterschiedlichen Zielen, Erwartungen und Akteuren eine Win-win-Situation herzustellen. Dazu ist eine Policy, sind Leitlinien der Open Access Politik an den jeweiligen Hochschulen erforderlich, die sich sowohl an den allgemeinen Rahmenbedingungen als auch an der spezifischen Situation der jewei- ligen Hochschule orientieren müssen. Eine derartige Policy bildet das – scheinbar fehlende – Konzept für die weitere Ausgestaltung der Open Access Umgebungen an den Universitäten mit einem an die Bedürfnisse angepassten Heterogenitätsgrad.

Die meisten Hochschulen haben Leitlinien bislang vor allem für ihre instituti- onellen Repositorien formuliert. Um den Server zertifizieren zu lassen, ist eine ausformulierte Policy erforderlich, so dass dieser Schritt häufig gegangen wurde.3 Weitergehende Leitlinien zu Open Access findet man dagegen in Deutschland nur vereinzelt.4 Bei der Entwicklung und Diskussion derartiger Leitlinien auf Universi- tätsebene, also bei der Entwicklung und Diskussion von Konzepten über den Weg zu Open Access, spielen die gleichen Überlegungen eine Rolle wie bei den Prakti- kern, die den „richtigen“ Weg zu Open Access suchen. Um sich einem Konzept zu nähern, ist es erforderlich, sich die verschiedenen Spielarten von Open Access nochmals genauer anzuschauen und sie auf ihren jeweiligen Nutzen im Hinblick auf die oben formulierten unterschiedlichen Ziele hin zu überprüfen.

1 Institutionelle Repositorien

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Institutionelle Repositorien waren der erste Schritt in Richtung Open Access. So- genannte Hochschulschriftenserver, die häufig im ersten Ansatz auch nur Hoch- schulschriften nach bibliothekarischer Definition enthielten, nämlich vor allem Dissertationen und Habilitationsschriften, entstanden in Deutschland Mitte der 90er Jahre.6 Die Aktivitäten gingen vor allem dahin, die Promotionsordnungen der

3 Die Zertifizierung eines Repositoriums nach dem von DINI formulierten Standard erfordert ex- plizit ausformulierte Leitlinien. Deutsche Initiative für Netzwerkinformation e.V.: DINI-Zertifikat Dokumenten- und Publikationsserver 2007. DINI-Schriften 3-de, Version 2.1, April 2007.

http://www.dini.de/fileadmin/docs/dini_zertifikat_2007_v2.1.pdf [05.04.2008]

4 So z. B. an der Universität Bielefeld (http://www.uni-bielefeld.de/ub/wp/bielefeld.htm#resolution [10.04.2008]), der Universität Bremen (http://www.as.uni-bremen.de/beschluesse/2005/8073.pdf [10.04.2008]) u.a.m. Das Rektorat der Universität Konstanz fordert in einem Schreiben alle Wissen- schaftler/innen dazu auf, ihre wissenschaftlichen Publikationen auf dem institutionellen Repositori- um KOPS zu hinterlegen. Es gibt aber keine ausformulierten generellen Leitlinien zu Open Access.

5 Vgl. dazu auch: Thomas Pflüger und Dieter Ertmann: E-Publishing und Open Access : Konse- quenzen für das Urheberrecht im Hochschulbereich.

http://www.ub.uni-konstanz.de/kops/volltexte/2004/1337 [10.04.2008]. Originalveröffentlichung in: Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht, Heft 6, 2004, S. 436-443 sowie Gerd Hansen: Zugang zu wissenschaftlicher Information – alternative urheberrechtliche Ansätze.

http://www.gerd-hansen.net/Hansen_GRUR_Int_2005_378ff.pdf [10.04.2008]. Originalveröf- fentlichung in: GRUR Int. 2005, 378ff.

6 Der erste dieser Server war in Deutschland nach meinem Kenntnisstand MONARCH der Univer- sität Chemnitz, freigeschaltet im August 1996 nach einer Testphase mit Prototyp im Jahr 1995.

http://archiv.tu-chemnitz.de/ [10.04.2008]

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Universitäten zu ändern und die elektronische Abgabe von Dissertationen zu er- möglichen. Anhand dieser Fälle wurde intensiv über die Sicherheit und Langzeit- verfügbarkeit von elektronischen Dokumenten diskutiert, die Gremien der betrof- fenen Universitäten beschäftigten sich anhand einer konkreten Fragestellung mit diesen Themen. Die Debatten weiteten sich auf weitere Publikationstypen aus, die Frage, ob nicht grundsätzlich alle wissenschaftlichen Publikationen frei im Netz verfügbar sein sollten, stellte sich konsequenterweise. Auch die Debatte um Sicherheit, Authentizität und Integrität von Dokumenten, Langzeitverfügbarkeit, Sichtbarkeit u.a.m. war in vollem Gange, zumindest an einigen Hochschulen. Der Durchbruch in der Diskussion kam mit der „Berliner Erklärung zu offenem Zu- gang zu wissenschaftlichem Wissen“ aus dem Jahr 2003, damit war die Debatte offensiv in den Kreis der Wissenschaftsorganisationen, Fachgesellschaften und einzelner Wissenschaftler getragen.

Waren institutionelle Repositorien in ihrer Anfangszeit vor allem Anbieter von Open Access Publikationen auf dem „Golden Weg“ – wobei es den Begriff damals noch gar nicht gab –, nämlich Publikationsplattformen für Originalschriften wie Dissertationen usw., veränderte sich die Sicht auf die Repositorien im Laufe der Jahre hin zu Servern für nachgeordnetes, weniger wichtiges Material, elektronische

„Graue Literatur“. Das Image der Server als Prüfungsschriftenserver war geprägt.

Erst mit der Entwicklung des Konzeptes vom „Grünen Weg“ zu Open Access, also die Speicherung von Pre- und/oder Postprints von Verlagspublikationen auf den Servern, gewann der Prozess wieder an Fahrt. „In ihrem Ansatz ist die grüne Strategie zugleich pragmatisch und visionär. Pragmatisch in dem Sinne, dass jede Publikation mit wenigen Klicks in ein freizugängliches Repository übernommen wird. Dies hätte einen tiefgreifenden Wandel des Publizierens und der wissen- schaftlichen Kommunikationsinfrastruktur zur Folge. (...) von der Vision einer vollständigen frei im Netz verfügbaren wissenschaftlichen Literatur sind wir jedoch noch weit entfernt.“7 Hindernisse liegen vor allem in Verlags- und Urheberrechts- restriktionen. Die Verlage lassen sich häufig das alleinige Nutzungs- und Verwer- tungsrecht übertragen, so dass die Parallelveröffentlichung auf einem universitären Server rechtlich geprüft werden muss.8 Dies ist natürlich nicht gerade eine einla- dende Ausgangsituation für wissenschaftliche Autoren, sich mit elektronischen Parallelpublikationen zu beschäftigen.

7 Frank Scholze: Goldene und grüne Strategie des Open Access. Eine Übersicht. S. 4, http://elib.uni- stuttgart.de/opus/volltexte/2006/2859/ [04.04.2008]. Originalveröffentlichung in: 95. Deutscher Bibliothekartag in Dresden 2006. Frankfurt: Klostermann.

8 Vgl. dazu auch: Thomas Pflüger und Dieter Ertmann: E-Publishing und Open Access : Konse- quenzen für das Urheberrecht im Hochschulbereich.

http://www.ub.uni-konstanz.de/kops/volltexte/2004/1337 [10.04.2008]. Originalveröffentlichung in: Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht, Heft 6, 2004, S. 436-443 sowie Gerd Hansen: Zugang zu wissenschaftlicher Information – alternative urheberrechtliche Ansätze.

http://www.gerd-hansen.net/Hansen_GRUR_Int_2005_378ff.pdf [10.04.2008]. Originalveröffent- lichung in: GRUR Int. 2005, 378ff.

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Die Veröffentlichung auf einem institutionellen Repositorium kann, gemessen an den eingangs genannten Zielen, hilfreich sein bei der Erreichung der ersten vier genannten Ziele (Förderung von Open Access, Förderung der Sichtbarkeit, Unter- stützung bei Evaluationen und Wege aus der Zeitschriftenkrise). Sie ist jedoch nicht kompatibel mit dem Ziel „Aufrechterhaltung von Peer Review Verfahren und anderen Qualitätssicherungsverfahren“. Das bedeutet heute im Ergebnis, dass die Hochschulleitungen ein Interesse an einem vollständigen Nachweis des wissen- schaftlichen Outputs ihrer Universität mittels eines institutionellen Repositoriums haben, die Wissenschaftler aber ausschließlich über das Argument „Förderung der Sichtbarkeit ihrer jeweiligen Publikation“ zu gewinnen sind. Für institutionelle Re- positorien ist damit der „Grüne Weg“ vorgezeichnet, außer für die schon erwähnte Graue Literatur. Parallelpublikation bedeutet aber Doppelarbeit für die Autoren.

Außerdem benötigen sie Unterstützung bei der Klärung der rechtlichen Fragen.

Als Strategie lässt sich aus dem Gesagten ableiten: Institutionelle Repositorien sollten als Nachweisinstrumente für den wissenschaftlichen Output einer Universität, einer Fakultät und einer Person gefördert werden.

2 Open Access Zeitschriften

Im Zusammenhang mit der Zeitschriftenkrise wurden neue Geschäftsmodelle für Publikationen diskutiert. Ihren Niederschlag fanden diese Überlegungen im Modell

„author pays“: Die Produktionskosten werden von den Abnehmern auf die Produ- zenten übertragen, die Autoren wissenschaftlicher Publikationen bezahlen für den Artikel, der anschließend nach den Bedingungen des freien Zugangs zu wissen- schaftlichem Wissen bereitgestellt wird. Es entstanden Verlage, die sich dem Ge- danken des Open Access verpflichteten und ausschließlich nach dem Prinzip des freien Zugangs veröffentlichten. Im Jahr 2000 wurde Public Library of Science PLoS gegründet, die im Jahr 2003 mit der ersten Open Access Zeitschrift ihres Verlages online ging.9 Ebenfalls im Jahr 2003 wurden die ersten Zeitschriften des Verlags BioMed Central (BMC) publiziert, mittlerweile sind 183 naturwissenschaft- liche Zeitschriften im Verlagsangebot.10 Die Zeitschriften beider Verlage werden vom Institute for Scientific Information (ISI) ausgewertet und erreichen bei eini- gen Zeitschriftentiteln höchste Impact-Faktoren.

Insgesamt 20 Universitäten aus Deutschland sind Mitglied bei BioMed Cent- ral11und bieten somit ihren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die Mög- lichkeit, jederzeit in den bei BMC erscheinenden Zeitschriften zu veröffentlichen.

Fachhochschulen oder andere nicht-universitäre Hochschulen sind nicht Mitglied.

Das bedeutet, dass ca. 25 % der Universitäten Mitglied bei BMC sind und damit

9 http://www.plos.org [09.04.2008]

10 http://www.biomedcentral.com [10.04.2008]

11 http://www.biomedcentral.com/inst/cou/276#members [10.04.2008] Mitte 2007 waren noch 21 Universitäten Mitglied bei BMC.

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aktiv Open Access Publikationen finanzieren. Eine institutionelle Mitgliedschaft führt zu reduzierten Preisen bei der Veröffentlichung eines Artikels, die Kosten werden der Institution zentral in Rechnung gestellt. In der Regel erfolgt die Ab- wicklung über die jeweilige Universitätsbibliothek, Publikationskosten werden als Kosten der Literaturversorgung betrachtet, statt eines Abonnements wird die Ver- öffentlichung gezahlt, im Ergebnis entsteht ein freier Zugriff auf die Publikationen.

Die Menge der pro Universität in BMC-Zeitschriften veröffentlichten Artikel schwankt zwischen 2 und 35 innerhalb der letzten 12 Monate. Erwartungsgemäß haben die Universitäten mit einer medizinischen Fakultät ein hohes Publikations- volumen, diejenigen ohne Medizin bewegen sich eher im Mittelfeld.

Während die Mitgliedschaften bei BioMedCentral mit 20 Universitäten eine nennenswerte Menge darstellen, ist bei der Public Library of Science PLoS nur eine Universität aus Deutschland Mitglied.12 Von den persönlichen Mitgliedern kom- men zwölf aus Deutschland.

Neben den Open Access Zeitschriften von Verlagen entstehen weitere Model- le: Fachgesellschaften oder Herausgeber gründen eigene Open Access Zeitschrif- ten auf unterschiedlichen Plattformen, so dass sich die Hochschulen auch mit einer Nachfrage nach dem Hosting solcher Zeitschriften und der Beratung bei der Gründung konfrontiert sehen.

Der Preis für einen Artikel ist bei BMC in den Jahren seit der Gründung von anfangs ca. 500 Euro auf mittlerweile, abhängig von der Zeitschrift, durchschnitt- lich ca. 1.150 Euro pro Artikel gestiegen.13 Dies ist mit ein Grund für den Rück- gang der Mitgliederzahlen in Deutschland, einige Universitäten haben aufgrund der Preissteigerungen ihre Mitgliedschaft gekündigt. Die Begründung lautet – münd- lich artikuliert – in der Regel, dass die Verlage, die Open Access Zeitschriften pub- lizieren, sich mittelfristig wie die konventionellen Verlage verhalten und in erster Linie an der Steigerung des Umsatzes und der Rendite interessiert sind und weni- ger an der Philosophie des Open Access, das Ganze sich damit also zu einem kommerziellen Geschäftsfeld entwickelt.

Diese Beobachtung ist richtig, war jedoch von Anfang an abzusehen. Auch die Produktion von Open Access Zeitschriften muss kostendeckend erfolgen, und sie muss auch Gewinn abwerfen, wenn der Verlag langfristig überleben will. Dennoch besteht ein gravierender Unterschied zur Finanzierung von klassischen Zeitschrif- tenabonnements: Bei der Abonnementfinanzierung wird mehrfach gezahlt, näm- lich mit jedem Abonnement, das dann nur für einen sehr eingeschränkten Nutzer- kreis zur Verfügung steht. Bei der „author pays“ Variante wird einmal gezahlt, danach steht die Publikation weltweit im freien Zugriff zur Verfügung.

12 http://www.plos.org/support/instmembers/europe.html [14.07.2007]

13 Stefan Busch: Gründung und Migration von OA-Zeitschriften bei BioMed Central. 1. Konstanzer OpenAccess-Tage, 6./7.12.2007, Vortragsfolien,

http://www.ub.uni-konstanz.de/fileadmin/Dateien/OpenAccess/Busch_oa_tage_konstanz07.pdf [05.04.2008]

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Wieder gemessen an den eingangs genannten Zielen lässt sich sagen, dass Open Access Zeitschriften und das Modell „author pays“ die Ziele 1 (Förderung von freiem Zugang), 2 (Förderung der Sichtbarkeit) und 5 (Aufrechterhaltung von Peer Review Verfahren) mit Sicherheit erfüllt. Ob das Ziel 4 (Wege aus der Zeitschrif- tenkrise) mit diesem Modell erreicht werden kann, ist derzeit strittig, es scheint aber ein denkbarer Ausweg zu sein. Ziel 3 (Evaluationsunterstützung) wird durch diese Publikationsform nicht erreicht.

Als Strategie lässt sich formulieren, dass die Finanzierung von Open Access Zeitschrif- ten („author pays“) gefördert werden sollte, um die Gesamtkosten des wissenschaftlichen Publika- tionswesens zu senken bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der bewährten Qualitätssicherungsver- fahren und Steigerung der Sichtbarkeit der wissenschaftlichen Publikationen durch freien Zugang.

3 Open Access Komponenten in konventionellen Verlagen

Konventionelle Verlage erweitern mittlerweile ihr Portfolio um Open Access Komponenten. Im Grundsatz funktioniert das ebenfalls nach dem Modell „author pays“, allerdings werden nur die Artikel frei verfügbar online gestellt, bei denen die Autoren sich für dieses Modell entscheiden. Dadurch entstehen Mischpublikatio- nen, bei denen einige Artikel frei zugänglich sind und andere nur gelesen werden können, wenn die entsprechende Universität über eine Zugangslizenz verfügt. Die Verlage sichern den Universitäten zu, bei einer relevanten Menge von Open Access finanzierten Artikeln den Abonnementpreis der jeweiligen Zeitschrift zu senken. Folgende Verlage bieten derzeit Open Access Komponenten an: Elsevier, Springer (unter der Bezeichnung „OpenChoice“), Blackwell („OnlineOpen“), Cambridge University Press (für derzeit 15 Zeitschriftentitel) und Oxford Univer- sity Press. Oxford University Press hat aufgrund zunehmender Nutzung des Open Access Angebotes die Preise für einige Zeitschriften bereits gesenkt.

Die Max-Planck-Gesellschaft hat 2008 ebenso wie vorher die Universität Göt- tingen im Herbst 2007 mit dem Verlag Springer einen Vertrag über Open Access für die Mitglieder der jeweiligen Institution abgeschlossen. Die Details der Verträge unterliegen der Vertraulichkeit, aber aus den Presseerklärungen14 lässt sich heraus- lesen, dass die Verträge einen erheblichen Preisvorteil gegenüber den Listenpreisen bieten. Beide Verträge beinhalten, dass alle Veröffentlichungen von Mitgliedern der beiden Institutionen, die in Zeitschriften von Springer erscheinen, Open Access gestellt werden nach dem Springer-Modell „Open Choice“.

Beide Verträge sind in der Fachöffentlichkeit mit großem Interesse wahrge- nommen worden. Die Open Access Komponenten der konventionellen Verlage, die üblicherweise mit Abonnement- und Lizenzmodellen arbeiten, werden eher misstrauisch betrachtet. Aus der Erfahrung des letzten Jahrzehnts mit enormen

14 SUB Göttingen: http://www.sub.uni-goettingen.de/ebene_2/oa_journals/springer.html.de [10.04.2008]. Max Planck Digital Library: http://www.mpdl.mpg.de/news/mpdl-pressrelease- 20080204_de.pdf [10.04.2008]

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Preissteigerungsraten wird selbstverständlich auch den neuen Modellen vor allem ein Renditeinteresse unterstellt. Dieses Misstrauen ist mit Sicherheit berechtigt. Die Frage ist, ob sich Renditeinteressen und neue, auch im Sinne von Forschung und Wissenschaft zielführende Modelle nicht miteinander vereinbaren lassen. Im Grunde gilt bei Open Access Komponenten von konventionellen Verlagen das gleiche wie bei reinen Open Access Verlagen: Die Kosten – ggfs. inklusive einge- planter hoher Renditen – sind vorhanden. Bei „author pays“ Modellen werden sie aber nur einmal gezahlt und sind damit kalkulierbarer als bei allen Abonnement- oder Lizenzmodellen, die dauerhaft Folgekosten verursachen.

Peter Suber bezieht dazu dezidiert Stellung: “These deals give universities two goods --access for readers and OA for authors-- for the fee that previously bought just one. Because they preserve access fees for readers, I view them as suboptimal, but that doesn't change the fact that they are bona fide cases of mutual benefit.

Publishers will benefit from them even if Springer is the only one to notice so far, and universities will benefit from them even if they would benefit more from full OA. Despite their scarcity to date, it's not hard to see why they will spread. If other things were equal (e.g. freezing the growth of green OA), we'd see more deals like this than full OA conversions, at least until publishers saw greater benefits for themselves from full OA.”15

Der Charme dieser Modelle liegt auch in ihrer Übertragbarkeit auf klein- und mittelständische Verlage, auch in den geistes- und sozialwissenschaftlichen Fächern. Die unter Punkt 2 beschriebenen Open Access Verlage agieren fast aus- schließlich im naturwissenschaftlichen Kontext, es gibt wenige Open Access Akti- vitäten von geisteswissenschaftlichen Fachgesellschaften. Besonders ist hier im deutschsprachigen Raum die Geschichte hervorzuheben mit ihren Open Access Zeitschriften.

Konventionelle wissenschaftliche Publikationen in den Geisteswissenschaften werden als monografische Werke in einem erheblichen Umfang über Druckkos- tenzuschüsse finanziert. Was ist das anderes als „author pays“? Wenn diese gezahl- ten Kosten in einem Mischmodell zur Produktion eines Buches führen und gleich- zeitig der Text online gestellt wird, z. B. auf dem entsprechenden institutionellen Repositorium der Universität, werden zwei Ziele erreicht: Der Wissenschaftler hat eine Publikation, die seine Qualitätsmaßstäbe erfüllt, gleichzeitig steigt die Sicht- barkeit durch bessere Findbarkeit im Netz. Der Absatz der Verlage wird voraus- sichtlich nicht sinken, da Bibliotheken, zumindest in den nächsten fünf bis zehn Jahren, im geisteswissenschaftlichen Bereich weiterhin buchorientiert einkaufen werden. Die Nachfrage nach den Druckexemplaren besteht auch von Endnutzer- seite weiterhin. Der Verlag hat gleichzeitig die Möglichkeit, sein Angebot um eine Print on Demand Komponente zu erweitern und so beide Versionen – elektro- nisch und Print – langfristig anbieten zu können.

15 [Peter Suber], Predictions for 2008, http://www.arl.org/sparc/publications/predictions-for- 2008.html [06.04.2008]

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Gemessen an den eingangs dargelegten Zielen lässt sich festhalten: Die Ziele 1 (Förderung von freiem Zugang), 2 (Förderung der Sichtbarkeit), und 5 (Aufrecht- erhaltung von Qualitätssicherungsverfahren) lassen sich mit diesem Modell errei- chen. Ziel 4 (Auswege aus der Zeitschriftenkrise) ist strittig, hier sind Experimente und Erfahrungen erforderlich. Ziel 5 (Unterstützung von Evaluation) wird mit diesem Modell nicht erreicht.

Die Strategie ist im Grunde identisch mit der aus Punkt 2 (Open Access Zeit- schriften): Die Finanzierung von „author pays“ Komponenten bei konventionellen Verlagen sollte gefördert und die sich ergebenden Effekte evaluiert werden. Ziel ist die Senkung der Ge- samtkosten des wissenschaftlichen Publikationswesens bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der bewährten Qualitätssicherungsverfahren und Steigerung der Sichtbarkeit der wissenschaftlichen Publikationen durch freien Zugang.

4 Open Access Policy

Bei dem Versuch, eine geschlossene Open Access Policy zu formulieren und dazu selbstverständlich Anregungen aus vorhandenen ziehen zu wollen, kam der SPARC Open Access Newsletter von April 2008 wie gerufen. Peter Suber formuliert in diesem Newsletter “Three principles for university open access policies”16:

Principle „1. Universities should provide open access (OA) to their research output.” Gemeint ist hier vor allem die weitere Förderung von instutionellen Re- positorien mit allen Konsequenzen: rechtliche Beratung der Fakultäten, Einwer- bung von Material, Auf- und Ausbau des instutionellen Repositoriums zu einem Evaluationsinstrument u.a.m.

Principle „2. Universities should not limit the freedom of faculty to submit their work to the journals of their choice.” Dieses Prinzip trägt der Erkenntnis Rechnung, dass erstens die Veröffentlichungskulturen der verschiedenen Fachdis- ziplinen voneinander abweichen und zweitens bislang nicht in allen Fächern und Forschungsgebieten Open Access Zeitschriften existieren. Es geht also nicht um die Beschränkung der Wissenschaft auf bestimmte Publikationsformen, sondern um die Verzahnung von bestehenden Publikationswegen mit neuen Bedürfnissen und Erkenntnissen.

Principle „3. Universities now pay most of the costs of peer review, through subscription fees and faculty salaries. They should continue to bear the costs of peer review, in order to assure its survival, while recognizing that the forms and venues of peer review are changing.” An dieser Stelle wird deutlich, dass wissen- schaftliches Publizieren in hoher Qualität Kosten verursacht. Jetzt kann man mit Sicherheit darüber streiten, wie hoch die Kosten sind oder sein müssen, aber dass Kosten entstehen, ist unstrittig. Sowohl der Forschungsprozess selber als auch die Bereitstellung der Ergebnisse von Forschung in Form von wissenschaftlichen Pub-

16 http://www.arl.org/sparc/advocacy/three-principles-for-univ.html [06.04.2008]

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likationen müssen finanziert werden. Bislang erfolgt dies überwiegend durch Abonnementfinanzierung. Warum soll zukünftig nicht ein Teil dieser aufgewendet Mittel stattdessen in die Finanzierung von Open Access Zeitschriften und in die Finanzierung von institutionellen Repositorien fließen? Wie schon oben dargelegt, muss in diesen Fällen nur einmal gezahlt werden, bei den Abonnement- und Lizenzmodellen wird mehrfach gezahlt bei insgesamt geringerem Nutzen, da die wissenschaftlichen Publikationen bei den konventionellen Modellen nur einem begrenzten Nutzerkreis zur Verfügung stehen.

Die von Peter Suber formulierten Prinzipien für universitäre Open Access Leitlinien decken sich weitgehend mit den in den Punkten 1 bis 3 dargelegten mög- lichen Strategien. Nach dem Motto „Nichts ist so stetig wie der Wandel“ ergibt sich daraus, dass es für alle Fälle und Forschungsumgebungen zutreffende einheit- liche Lösungen nicht gibt und dass die Bereitschaft zu Experimenten und dem Beschreiten neuer Wege der einzige Weg zum Ziel sein kann. Weiterführung und Ausbau bestehender Repositorien, Bereitstellung von Mitteln zur Finanzierung von Open Access Zeitschriften / Open Access Publikationsmodellen sowie weitere Kontakte und Experimente mit konventionellen Verlagen aller Fachrichtungen zur Entwicklung neuer Lösungsansätze – diese drei Wege müssen parallel weiter beschritten werden.

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