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erzeit erobert in den Biowissenschaften eine neue Technologie den Forschungs- und Drug-Discov- ery-Markt: die RNA-Interfe- renz oder RNAi. Kaum fünf Jahre ist es her, dass Forscher, die mit dem Fadenwurm Cae- norrhabditis elegans experi- mentierten, zum ersten Mal dieses Phänomen beschrieben.Mithilfe einiger weniger dop- pelsträngiger RNA-Moleküle (dsRNA) konnten sie die Bil- dung bestimmter Proteine in der lebenden Zelle gezielt ver- hindern. Inzwischen ist be- kannt, dass RNA-Interferenz eine Abwehrreaktion gegen RNA-Viren ist. Zelleigene Bo- ten-RNA (mRNA), die kom- plementär zu der fremden dsRNA ist, wird dabei von ei- nem Proteinkomplex zerstört.
Die Folge: Die Proteinexpres- sion der betroffenen mRNA kann nicht mehr stattfinden
— ein post-transkriptionelles Gene-Silencing tritt ein.
RNAi-Boom in den Forschungslabors
Vor drei Jahren gelang es For- schern auch in Säugetierzellen, Gene auf diese Weise gezielt stumm zu schalten. Mit künst- lich erzeugten small interfer- ing RNA-Molkülen (siRNA), die nicht länger als 21 bis 23 Nukleotide sein durften, um- gingen sie die Interferon-Ant- wort — eine Immunreaktion gegen Virusinfektionen, bei der Säugerzellen die Protein- bildung einstellen und mRNA unspezifisch abbauen. Seit- dem erfährt die RNA-Interfe- renz in den molekularen For- schungslabors einen Boom.
Kein anderes Gene-Silencing- Verfahren funktioniert bisher so schnell und kostengünstig.
„Jedes Gen kann so unter- sucht werden“, betonte Dr.
Christophe Echeverri im Mai anlässlich der Chemie- und Biotechnologie-Messe Ache- ma in Frankfurt am Main.
Echeverri gründete 1998 mit Cenix Bioscience eines der ersten RNAi-Unternehmen überhaupt. Inzwischen ist un- ter den Biotechnologie-Fir- men ein Wettlauf um Patente entbrannt. Es geht darum, die
RNAi exklusiv zur Wirkstoff- suche und zur Targetvalidie- rung zu nutzen oder sogar die kurzen RNA-Sequenzen selbst zu einer neuen Wirkstoffklas- se weiterzuentwickeln. „RNAi eröffnet der postgenomischen Forschung völlig neue Per- spektiven. Darüber hinaus be- sitzt RNAi alle Schlüsselei- genschaften, die man von ei- nem sequenzspezifischen The- rapeutikum erwarten würde“, glaubt Echeverri. Die Cenix- Forscher wollen eine huma- ne Genom-weite Bibliothek validierter siRNAs anlegen und vermarkten. Damit soll ein Hochdurchsatz-Screening des meschlichen Genoms in Zellkultur demnächst möglich werden.
In etlichen Labors experi- mentieren Forscher zurzeit an effizienten Transportsystemen
für die siRNA. Einerseits ver- suchen sie synthetisch herge- stellte siRNA-Oligonukleoti- de direkt in Zellen einzu- schleusen. Andererseits gibt es einen Umweg über spe- zielle virale Transportvehikel.
Hierbei wird der intrazel- luläre Transkriptionsapparat genutzt, der von den ein- geschleusten Vektoren die siRNA-Sequenzen abschreibt.
Vorteil der Vektor-Methode:
Mit den siRNA-Vektoren las- sen sich Gene dauerhafter ab- schalten als mit den synthe- tischen Oligo-RNAs. Ein Er- folg versprechendes Verfah- ren zum Transfer von siRNAs in Zellen hat das Kölner Un- ternehmen amaxa entwickelt.
Die NucleofectorTM-Techno- logie basiert auf der Elektro- poration, bei der die Zellen durch eine Art Elektroschock
ihre Tore zum Einlass von Nukleinsäuren in den Zell- kern öffnen. Damit ist es ama- xa zum ersten Mal gelungen, nicht nur in Standardzelllini- en, sondern die siRNA-Vek- toren auch in Primärzellen so- wie in andere schwer transfi- zierbare Zellen einzuschleu- sen. So konnten mit dem Köl- ner Verfahren bisher Maus- und Rattenneurone aus dem Hippocampus sowie primäre humane T-Zellen mit siRNAs transfiziert werden.
Rainer Christine, Geschäfts- führer von amaxa, freut sich über die durch RNAi erhöhte Nachfrage der Nucleofector- Technologie: „Wir gehen da- von aus, dass sich in den kom- menden Jahren die RNAi- Technologie für amaxa zu einem Geschäftsfeld mit gro- ßem Wachstumspotenzial ent- wickeln wird.“ Lisa Kempe
Vaskuläre Pathologie
Angiosurf (System for Un- limited Rolling Field of views) ist eine Entwicklung des Instituts für diagnostische und interventionelle Radiolo- gie des Universitätsklinikums Essen zur präventiven, nicht invasiven Abklärung vaskulä- rer Pathologien. Das Verfah- ren kann eine dreidimensio- nale Abbildung des ganzen Gefäßbaums in 72 Sekunden erstellen.
Für die dreidimensionale Datenakquisition gleitet der Patient auf einer rollenden Tischplattform in Kombina- tion mit der Signalempfangs- spule durch den Scanner. Die Untersuchung ist nicht in- vasiv.
Das Kontrastmittel ist we- der thyreo- beziehungsweise nephrotoxisch, noch werden Röntgenstrahlen bei dem Verfahren eingesetzt. Ange- wendet wird AngioSURF bei Preventicum, Essen.
Weitere Informationen: Pre- venticum, Institut für Früher- kennung, Büropark Brede- ney, Theodor-Althoff-Straße 47, 45133 Essen, info@pre
venticum.de. et
V A R I A
Neuer Trend in der Biotechnologie
Mit RNA-Interferenz Gene abschalten
Technik
Passgenaue Schlaf-Apnoe-Maske
Die Schlaf-Apnoe-Maske mit Namen Somnoplus ist ein Mo- dell mit integriertem Ausatemsystem. Die Maske hat ein ver- bessertes Rundumkugelgelenk mit mehr Beweglichkeit und liegt am Gesicht des Patienten passgenau an und hält oh- ne Leckagen dicht. Das Aus-
atemsystem ist Bestandteil der Maske und lässt die Luft leise am Schlauch entlang aus- strömen. Der Verbindungs- schlauch kann einfach abge- trennt werden, sodass der Schlafgestörte das Bett nachts mühelos verlassen kann.
Die Kopfbänderung Som- nostrap komplettiert das Mas- ken-Set und gehört zum Lie- ferumfang. Sie wirkt un- angenehmen Mundleckagen entgegen. Eine separate Kinn- bänderung muss nicht mehr nachträglich angepasst wer- den, da die Kinnhalterung
bereits integriert ist. Die 3-Punkt-Bänderung aus atmungs- aktiver Baumwolle und der Kinnhalterung hat beidseitige Schnellverschlüsse, die dem Patienten ein einfaches Anle-
gen ermöglicht. et
Kopfbänderung mit integrier- ter Kinnhalterung: Somnostrap extra
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A1038 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 159. April 2004
Foto:Weinmann