Die Information:
Bericht und Meinung Ortskrankenkassentag
setz freimütig ihre Meinung gesagt haben, so geschah dies ausschließ- lich in der Sorge vor negativen Kon- sequenzen für die medizinische Ver- sorgung des einzelnen Menschen und der gesamten Bevölkerung ...
Es waren und sind die Ärzte, die immer wieder, und ich tue dies auch heute, ihre Bereitschaft erklärt und bewiesen haben, in freier, verant- wortungsvoller Selbstverwaltung das Ihre dazuzutun, daß sich der Ko- stenanstieg in einem gesamtwirt- schaftlich vertretbaren Rahmen hält.
Dabei darf aber nach unserer Über- zeugung der hohe Standard der me- dizinischen Versorgung der Bevöl- kerung nicht beeinträchtigt werden, und es muß auch in Zukunft medizi- nischer Fortschritt allen Menschen in unserem Lande, ungeachtet ihrer sozialen Lage, zugute kommen. Um dies - was aus der Natur der Sache heraus Krankenversicherungsträger und Ärzte sicher gemeinsam fordern - auch zukünftig zu ermöglichen, müssen nach meiner Überzeugung in unserem Gesundheitswesen die fundamentalen Prinzipien der Frei- heit und der Selbstverantwortung gestärkt werden. Der Staat sollte hierzu zwar sinnvolle Rahmenbedin- gungen schaffen, nicht aber die Selbstverwaltungen derart stark bin- den, daß ihre Tätigkeit de facto nur noch zum formalen Handlungsvoll- zug herabsinkt ...
Diese Priorität der Entscheidung müssen in dieser so komplexen Frage zweifelsohne die Politiker wahrnehmen, uhd ich bin der Über- zeugung, daß für alle Beteiligten nach einer endgültigen Verabschie- dung des Krankenversicherungs- Kostendämpfungsgesetzes - unab- hängig von ihrem politischen Stand- ort - nur die Devise gelten kann, im Interesse aller das Beste aus diesem Gesetz zu machen. Keiner von uns kann und will diesen Staat und seine Bürger im Stich lassen, und Staats- verdrossenheit wäre eine ebenso falsche wie schlechte, ja gefährliche Reaktion."
(Auf die beim Ortskrankenkassentag 1977 diskutierten langfristigen ge- sundheitspolitischen Ziele des BdO wird noch zurückzukommen sein.)gb
NACHRICHTEN
Präventivmaßnahmen im Straßenverkehr
müssen verstärkt werden
Für eine Verstärkung sämtlicher me- dizinisch, ökonomisch und sozial ef-
fizienter Präventivmaßnahmen auch
im Straßenverkehr sprach sich Pro- fessor Dr. med. Walter Kreienberg (Kaiserslautern), Vorsitzender des Ausschusses für Verkehrs- und Not- fallmedizin der Bundesärztekam- mer, in seinem Festvortrag aus An- laß des 70jährigen Bestehans des
"Kraftfah rverbandes Deutscher Aerzte (KVDA)" am 19. Mai in Frank- furt aus. Kreienberg erinnerte an das Gutachten "Krankheit und Verkehr", das ein gemeinsamer Beirat für Ver- kehrsmedizin beim Bundesminister für Verkehr und beim Bundesmini- ster für Jugend, Familie und Ge- sundheit bereits 1973 erarbeitete und das eine Überprüfung des Ge- sundheitszustandes (mittels Frage- bogen) bei Verkehrserlaubnisbewer- bern durch einen frei gewählten Arzt vorschlug. Ein ärztliches Gespräch, die Erhebung anamnestischer Daten in Verbindung mit einfachen ärztli- chen Untersuchungen und die Aus- wertung einiger Teste könnte beim Führerscheinbewerber von vornher- ein Mängel erkennen lassen, die dann einer gezielten Nachuntersu- chung durch entsprechende Spezia- listen unterworfen werden könnten. Auf diese Weise ließen sich eine Kraftfahrerauslese ermöglichen und das Unfallrisiko vermindern. Kreienberg sprach sich für gezielte Eignungs- und Wiederholungsunter- suchungen im Sinne von Kraftfah- rerschutzuntersuchungen aus. Er plädierte
..". für eine ärztliche Untersuchung des körperlichen und geistigen Zu- standes des Fahrerlaubnisbewer- bers,
..". gegen die Erteilung der Fahrer- laubnis auf Lebenszeit,
..". für regelmäßige Wiederholungs- prüfungen insbesondere für "Gele- genheitsfahrer" mit mangelnder Fahrfertig keit,
1756 Heft 27 vom 7. Juli 1977 DEUTSCHES ARZTEBLATT
..". für Kontrolluntersuchungen bei- spielsweise von einem bestimmten Lebensalter an, um körperliche und geistige Mängel im Zusammenhang mit Alterung, Erkrankungen, fal- scher Lebensweise und damit das Risiko eines plötzlichen Leistungs- zusammenbruchs festzustellen.
Die Organisation eines solchen - stufenweise - einzuführenden Pro- gramms bei 27 Millionen Kraftfah- rern in der Bundesrepublik sei si- cher nicht einfach, erklärte Kreien-
berg. Sie werde aber zum Abbau des
Unfallrisikos auch im Ausland disku- tiert. Allein in der Bundesrepublik Deutschland habe es im vergange- nen Jahr 1 057 000 Verkehrsunfälle mit 479 000 Verletzten, 14 650 Toten und 12 Milliarden DM Sachschaden gegeben.
Bundesverkehrsminister Kurt Gscheidle betonte bei der KVDA- Veranstaltung in Frankfurt, daß bei der demnächst anstehenden Ent- scheidung über die Geschwindig- keitsregelung auf Autobahnen auch verkehrsmedizinische Gutachten berücksichtigt würden. Die bei der Bundesanstalt für Straßenbau gebil- dete Projektgruppe, die gegenwärtig die Untersuchungsergebnisse des Großversuchs auf Autobahnen aus- werte, würde beispielsweise auch die Zusammenhänge zwischen ge- fahrener Geschwindigkeit und Kreislaufbelastung sowie den Ermü- dungsfaktor bei längeren Fahrten untersuchen. (Lesen Sie hierzu auch den Titel-Aufsatz in diesem Heft,
Seite 1771 ff.). HC