• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Döblin im Exil: ,fremdsprachenblind` und isoliert" (13.08.1987)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Döblin im Exil: ,fremdsprachenblind` und isoliert" (13.08.1987)"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Alfred Döblin größter Erfolg, sein Roman „Berlin Alexanderplatz", erlebte eine Renaissance durch den vierzehnteiligen Fernsehfilm von Faßbinder mit Günter Lamprecht als Franz Biberkopf

Die deutschen Schriftstellerärz- te (Präsident des Bundesver- bandes ist Prof. Dr. Wilhelm Theopold) gedachten beim XV.

Jahrestreffen im Juni in Lud- wigsburg in einer festlichen Matin6e des vor 30 Jahren ver- storbenen Alfred Döblin. Nach- stehend zitiert aus dem Festvor- trag von Harald Neumann, der als Arzt im Psychiatrischen Lan- deskrankenhaus Emmendingen Döblin und dessen Frau ge- kannt hat:

N

ach dem Erfolg von „Berlin Alexanderplatz" zog Döblin — er hatte die Kassenerlaubnis abgege- ben — nach Berlin-Charlottenburg, Kaiserdamm 28. Er soll später die- sen Umzug als Verrat an seiner frü- heren, menschennahen Einstellung empfunden, auch unter dem Verlust

des täglichen Kontaktes mit Men- schen in der Sprechstunde gelitten haben, so daß er eine Rückkehr nach Berlin-Ost in Angriff nahm.

Zu einem Umzug kam es jedoch nicht, da er am 28. Februar 1933 — einen Tag nach dem Reichstags- brand — fliehen mußte. Er kam kur- ze Zeit in Kreuzlingen bei Dr. Lud- wig Binswanger unter, Inhaber des Nervensanatoriums Bellevue, wo er, wie viele andere, auf eine baldige Rückkehr nach Deutschland hoffte, zumal das Exil für ihn die Vernich- tung seiner bürgerlichen Existenz als Arzt bedeutete.

Hinzu kam: Döblin war in der deutschen Sprache verwurzelt. Er bezeichnete sich einmal als „fremd- sprachenblind". Deshalb kehrte er später, als er in Paris schon Fuß ge- faßt hatte, „auf der Flucht vor der mich quälenden Fremdsprache", für einige Wochen in die Schweiz zu- rück, um in der Züricher Zentralbi- bliothek an seinem Buch „Babyloni-

Döblin im Exil:

,fremdsprachenblind`

und isoliert

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

KIR UR OTIZE

A-2190 (54) Dt. Ärztebl. 84, Heft 33, 13. August 1987

sche Wandrung oder Hochmut kom- me vor dem Fall" weiterzuarbeiten.

Geldknappheit trieb ihn wieder nach Paris.

Am 28. April 1933 hatte er aus Zürich an Ferdinand Lion geschrie- ben: „Arzt kann ich nicht mehr sein im Ausland, und schreiben — wofür, für wen?" Da Döblin Vater von vier Söhnen war, Wolfgang und Klaus als militärtauglich eingestuft wurden, auch Andre Frafflis-Poncet für ihn eintrat, bekam die Familie 1936 die französische Staatsangehörigkeit.

Döblin floh 1940 über Südfrank- reich nach Portugal und landete am 12. September 1940 in Hoboken in New Jersey — mit einigen kleinen Koffern, vor allem mit Manuskrip- ten angefüllt. Thomas Mann hatte für seinen Bruder Heinrich, aber auch für Alfred Neumann und Döb- lin einen Vertrag mit Warner Bro- thers abschließen können: Jeder er- hielt für ein Jahr monatlich 400 Dol- lar. Danach lebte Döblin von der Arbeitslosenunterstützung, später von knappen Spenden.

Wegen seiner ungenügenden Englisch-Kenntnisse vereinsamte Döblin fast völlig, er suchte aber auch keine Kontakte. „Wir haben wenige, nur deutschsprachige Freun- de hier. Man lebt völlig isoliert —, während dieser vier Amerikajahre ist nichts von mir gedruckt worden.

Ich habe keinen Sinn für diese Leu- te, ihre Art ist mir fern." Das Leben in den USA wurde ihm zunehmend eine „Emigration in gesteigerter Form". Der für atmosphärische Stö- rungen sensitive Döblin litt unter der „ewigen Sommerfrische Holly- woods", sie sei „noch nicht mal frisch".

In den Monaten vor und nach Kriegsende geriet die Familie Döb- lin in bittere finanzielle Not. Seine Konversion zur katholischen Kirche im November 1941 verheimlichte Döblin, um die Unterstützung durch jüdische Organisationen nicht zu verlieren. Erst nach der Rückkehr nach Europa bekannte er sich öf- fentlich zu seinem katholischen Glauben.

Literatur beim Verfasser:

Dr. Dr. Harald Neumann Beethovenstraße 2

7830 Emmendingen

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

(Mit keiner sind die Germanisten wirklich zufrieden — ich, ein lesender Landarzt, bin es auch nicht.) Außerdem liegen Ein- zelausgaben vor, von denen ich hier wenigstens

Franz Kafka: „Der Proceß“, zwei Erzählungen Thomas Mann: ein Roman, eine Erzählung Heinrich Mann: „Der Untertan“. Alfred Döblin:

Wo war der Unterschied zwischen der Stadt- und Landbevölkerung im Mittel- alter, was ist eigentlich das Patriziertum, und welche Aufgaben und Pflichten hatte die Frau im

„Medizintechnik-Geschäfts- kontakte" spezialisierte Un- ternehmensberatung veran- staltet regelmäßig anläßlich der Medica, einer der welt- weit größten Fachmessen für

(Es handelt sich um die erste wissenschaftlich-kritische Textausgabe von Döblins Roman. Die Ausga- be hat nicht nur einen ausführlichen Kommentarteil, sondern zeigt zudem

Carl

Nach Tätigkeiten in einer Heil- und Pflegeanstalt bei Regensburg, in der Städtischen Irrenanstalt Buch bei Berlin und am Städtischen Kranken- haus Am Urban in Berlin ließ Döblin

Sowohl eine Brief- als auch eine Buchgrundschuld werden im Grundbuch eingetragen. Bei der Briefgrundschuld wird zusätzlich ein Grundschuldbrief ausgestellt und erst mit der