• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Creutzfeldt-Jakob-Krankheit: Erste Auswertung der Meldungen zum Vorkommen in Deutschland" (10.12.1993)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Creutzfeldt-Jakob-Krankheit: Erste Auswertung der Meldungen zum Vorkommen in Deutschland" (10.12.1993)"

Copied!
4
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

MEDIZIN

ärztliche Maßnahmen zur Lebenser- haltung eines Frühgeborenen ange- wandt werden müssen, hängt aus- schließlich davon ab, ob aus ärztli- cher Sicht bei Einsatz aller erdenkli- chen Möglichkeiten eine Chance zum Überleben besteht. Der Beurtei- lung für diese Grenzziehung ist der jeweilige Erkenntnisstand der medi-

zinischen Möglichkeiten zur Lebens- erhaltung Frühgeborener zugrunde zu legen. Der zuständige Wissens- zweig, die Neonatologie, muß hier aufgrund ihrer Erfahrung Grenzen, beispielsweise bei einem bestimmten Körpergewicht, erarbeiten, unterhalb derer bisher die Entwicklung eines lebensfähigen Kindes nicht beobach- tet wurde." Bei einer Zunahme der Überlebensrate von Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht zwischen 500 und 1000 g in den letzten 20 Jah- ren von 5 bis 10 Prozent auf 70 bis 80 Prozent ist es überfällig, die bisherige Grenze von 1000 g für die Erfassung von Totgeburten zu revidieren. Wir möchten uns der WHO anschließen, die seit 1977 empfiehlt, alle Neuge- borenen mit einem Geburtsgewicht ab 500 g personenrechtlich zu erfas- sen. Es ist unwahrscheinlich, daß die- se Grenze in absehbarer Zeit erneut verändert werden muß, da bereits Kinder zwischen 500 und 600 g einen Grenzbereich darstellen. Unter 500 g ist die strukturelle Unreife eines Fe- ten und insbesondere der Lunge so ausgeprägt, daß eine Atmung mit suffizientem Gasaustausch nur dann möglich ist, wenn das Kind infolge ei- ner intrauterinen Wachstumsstörung deutlich reifer ist.

6. Forderung

der Geburtshilfe und Neonatologie

Geburtshelfer und Neonatolo- gen sind sich einig, daß in der Bun- desrepublik und allen EG-Ländern das Personenstandsgesetz an die Empfehlungen der WHO angepaßt werden muß. Das bedeutet, daß die Definition eines Lebendgeborenen unverändert bleibt, jedoch die Gren- zen zur Dokumentation eines Totge- borenen von bisher 1000 g (entspre- chend 27 bis 28 Gestationswochen)

AKTUELL

auf 500 g (etwa entsprechend 23 bis 24 Gestationswochen) abgesenkt werden (2). Für diese Veränderung des Personenstandsgesetzes lassen sich folgende Gründe anführen:

1. Bei einer Überlebensrate von et- wa 70 Prozent aller Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht zwischen 500 und 1000 g entfällt das bisherige Argument für den Fortbestand des jetzigen Personenstandsgesetzes, daß nur in Ausnahmefällen ein Kind die- ser Gewichtsgruppe überlebt.

2. In Anbetracht des offensichtlich hohen Anteils extrem kleiner Früh- geborener an der perinatalen und neonatalen Mortalität ist eine objek- tive Bewertung und vor allem ein Vergleich perinataler und neonataler Statistiken nur möglich, wenn alle le- bend- und totgeborenen Kinder er- faßt werden.

3. Die vermeintlich absolute Zunah- me kleiner Frühgeborener und noch mehr die zunehmenden Überlebens- raten haben zu einem Versorgungs- engpaß auf neonatalen Intensivabtei- lungen geführt, was in manchen Re- gionen zu einem unverantwortlichen

Literatur

1. Bassenge, P., Edenhofer, W., Heidrichs, A., Putzo, H., Diederichsen, U., Hein- richs, H., Keidel, T., Thomas, H.: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch. 41. Aufl., (Becksche Verlagsbuchhandlung: Mün- chen (1982)

2. Huch, R., Hickel, E. J., Hoehn, C., Ko- schade, E., Ramzin, M S , Riegel, K.: Die Mortalitätsstatistik beim sehr kleinen Frühgeborenen. In: Dudenhausen, J. W., Saling, E. (Hrsg.): Perinatale Medizin, Band 10. Stuttgart, New York: Thieme 1984,112-112

3. Kubli, F.: Eröffnungsrede als 1. Vorsitzen- der beim 12. Deutschen Kongreß für neo- natale Medizin, 3. bis 6.12.1985, Berlin 4. Lee, K., Paneth, N., Gartner, L., Pearl- man, M.: The very low-birth-weight-rate:

Principal predictor of neonatal mortality in industrialized populatiotis. J. Pediatr.

97 (1980) 759-764

5. Leutner, R.: Gestorbene Säuglinge 1970 nach Körperlänge und Gewicht bei der Geburt sowie nach Todesursachen. Mo- natsschr. Kinderheilkd. 121 (1973), 559-566

6. McCormick, M.: The Contribution of low- birth-weight to infant mortality and child- hood morbitity. New Engl. J. Med. 312 (1985) 82-90

7. Obladen, M.: Untersuchung der regiona- len Frühsterblichkeit in Bezug zur Sozial- und Krankenhausstruktur. Klin. Pädiatr.

197 (1985) 149-151

„Frühgeborenentourismus" geführt hat. Nur bei genauer Kenntnis der Geburtsraten aller untergewichtigen Kinder läßt sich ermitteln, ob die Zahl der kleinen Frühgeborenen tat- sächlich zunimmt und wie viele Früh- geborenen-Intensivplätze innerhalb einer bestimmten Region in Zukunft notwendig sind.

4. Die Beibehaltung des bisherigen Personenstandsgesetzes würde jetzt und in Zukunft eine ernste ethische Konfliktsituation für Hebammen und Geburtshelfer darstellen, solange nicht genügend Perinatalzentren vor- handen sind und bei jeder Geburt ein erfahrener Neonatologe anwesend ist. Das Schicksal eines Frühgebore- nen darf nicht von der zweifelhaften Alternative zwischen einem die Mor- talitätsstatistik nicht beeinflussenden Abort und einer Überlebensrate von 70 Prozent abhängen.

Deutsches Arzteblatt

90 (1993) A1 -3312-3316 [Heft 491

8. Spann, W., Eisenmenger, W.: Todesdefi- nition — insbesondere bei Neu- und Früh- geborenen. Münch. Med. Wschr. 127 (1985), 39-41

9. Wariyar, U., Richmond, S. Hey, E.: Preg- nancy outcome at 24-33 weeks gestation:

Mortality. Arch. Dis. Childh. 64 (1989) 670-677

10. Wilson, A. L., Fenton, L. J., Munson, D.

P.: State reporting of life births of new- borns weighing less than 500 grams: Im- pact an neonatal mortality rates. Pedia- trics 78 (1986) 850-854

11. Wulf, K. H.: Geburtshilfe im Wandel.

Dtsch. Ärztebl. 85 (1988) 3342-3350

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med.

Hans-Burckhard von Stockhausen Kinderklinik und Kinderpoliklinik der Universität

Josef-Schneider-Straße 2 97080 Würzburg

A1-3316 (56) Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 49, 10. Dezember 1993

(2)

16 16 23 5 3 1 19

8 1 4 1 Baden-Württemberg

Bayern Berlin Hamburg Hessen Niedersachsen Nordrhein-Westfalen Rheinland-Pfalz Saarland Sachsen Thüringen

4 6 2 3 1 1 5 1 1 1 (gemeldet aus

Berlin) Tabelle 1: Gemeldete OD-Fälle noch Ländern

Gemeldete Fälle Zahl der meldenden Einrichtungen Bundesland

Tabelle 2: Altersgruppen der gemel- deten OG-Fälle

Alter Fälle

<20 0

20-29 2(!)

30-39 1(!)

40-49 8

50-59 18

60 63

unbekannt 5

(!): Verdacht auf iatrogene Übertragung MEDIZIN

KURZBERICHT

Creutzfeldt-Jakob-Krankheit

Erste Auswertung der Meldungen zum Vorkommen in Deutschland

Gernot Rasch Heino Diringer

D

as Bundesgesundheitsamt hat im April 1992 im Deut- schen Ärzteblatt und im Bundesgesundheitsblatt zur Meldung von Fällen der Creutzfeldt- Jakob-Krankheit aufgerufen. Von 25 Ärzten oder Kliniken und einem Ge- sundheitsamt gingen bisher 97 (Stand: Juli 1993) Meldungen ein.

Die Meldenden wurden über das er- ste Ergebnis dieses Aufrufes inzwi- schen persönlich unterrichtet.

Hier stellen wir die Ergebnisse dieses ersten Versuches, ein Bild zum Vorkommen der CJD in Deutschland zu erhalten, vor.

Die uns gemeldeten 97 CJD-Fäl- le wurden in den Jahren 1970 bis 1993 diagnostiziert. Wie sie sich auf die einzelnen Bundesländer aufglie- dern, zeigt Tabelle 1.

Die CJD ist eine Krankheit des späten Lebensalters, mit den meisten Fällen zwischen dem 60. und 80. Le- bensjahr. Dem entspricht auch die Altersverteilung der uns gemeldeten Fälle (Tabelle 2). Besonders auffal- lend sind jedoch zwei Fälle von CJD bei unter 30jährigen sowie ein Fall bei einem 37jährigen Patienten. Bei diesen drei jüngeren Patienten gibt es bisher jedoch nur in einem Fall ei- nen Hinweis auf eine mögliche Über- tragung durch eine Dura mater- Transplantation. Auch bei den übri- gen Patienten wurden uns keine möglichen Infektionsursachen be- kannt.

Bei den als bereits verstorbenen deklarierten Patienten ist die Dia- gnose ganz überwiegend autoptisch bestätigt worden. Bei den übrigen Patienten handelt es sich um klini- sche Diagnosen auf Grund der Sym- ptomatik, des Krankheitsverlaufes und des EEG-Befundes bei weitge- hendem Ausschluß anderer Ursa- chen. Detailliertere Aussagen lassen sich sowohl auf Grund der kleinen Zahl, vor allem aber wegen des im

allgemeinen sehr geringen Informati- onsumfanges (Datenschutz) zum Einzelfall zur Zeit nicht machen.

Wir können jedoch sagen, daß die für den Zeitraum 1970 bis 1993 gemeldeten 97 Fälle weit unter der erwarteten Anzahl von CJD-Fällen liegen. Bei einer weltweiten ge- schätzten Inzidenz von etwa einem Fall pro Jahr und einer Million Ein- wohnern müßten wir für Deutsch- land mit einer jährlichen Zahl von et- wa 80 Fällen rechnen. Selbst die für 1992 gemeldete Zahl von 17 Fällen liegt also noch weit unterhalb dieses Erwartungswertes. Für die weiter zu- rückliegenden Jahre haben wir bisher

Robert-Koch-Institut des Bundesgesund- heitsamtes, Berlin

maximal neun Fälle pro Jahr erhal- ten (Abbildung 1).

Um einen Anhaltspunkt dafür zu bekommen, wieviele Fälle im Bun- desgebiet in den zurückliegenden Jahren mindestens diagnostiziert und dokumentiert sind, wurden für den Zeitraum 1979 (Inkrafttreten der 9.

Revision der Internationalen Klassi- fikation der Krankheiten und damit erstmals die Möglichkeit zur Doku- mentation dieser Diagnose auf dem Totenschein) bis 1991 die dem Stati- stischen Bundesamt gemeldeten Fäl- le mit dem Grundleiden Creutzfeldt- Jakob-Krankheit (ICD 046.1 bzw.

331.5) erfaßt. Da es sich dabei um bereits aggregierte Daten handelt, sind nur das Alter und das Ge- schlecht des Verstorbenen sowie das Bundesland und das Sterbejahr be- kannt. Es wurde bisher nicht ver- sucht, weitere Informationen zu die- sen Fällen zu erheben, da selbst die direkten Meldungen der Ärzte an das BGA praktisch keine Hinweise auf mögliche Infektionsursachen ent- halten — bei einer Krankheit mit ei- ner so langen „Inkubationszeit" ist das auch gar nicht verwunderlich. Ei- ne sehr detaillierte Erfassung von Einzelfällen stößt ohnehin auf daten- schutzrechtliche Probleme.

Die Zahl der Fälle pro Jahr zeigt die Abbildung 1. Die sichtbare ten-

Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 49, 10. Dezember 1993 (57) A1-3317

(3)

Creutzfeldt-Jakob-Krankheit

Sterbefälle im Bundesgebiet .) 1979 - 1991

0

1979 1980 1981 1982 1983 984 1986 1988 987 988 1989 1990 1991

• ) Tedeeureaohen-Statletlk (ei tee Bundesgebiet!

Creutzfeldt-Jakob-Krankheit

Fälle in Deutschland .) 1980 - 1992

1980 981 982 1983 1984 1986 988 987 988 1988 1990 1991 1992

80-90 90 uä.

ISSSS31

< 20 20-30 30-40 40-60 60-80 80-70 70-80

40

20

10 -

Ma l

Creutzfeldt-Jakob-Krankheit Altersverteilung *)

STF absolut

Altersgruppen

Sterbefälle männl. ®Sterbefälle weibl.

Todeeureaohen-Stestik Summe 1979-1091 (altee Bundeegebten

Creutzfeldt-Jakob-Krankheit Altersverteilung *)

STF absolut 140

120 100 80 80 40 20 0

<20 20-30 30-40 40-60 60-80 80-70 70-80 80- 90 90 u.ä.

Altersgruppen E3 Männer ESS3Frauen

ärztl. Meldungen an das BGA für die Jahre 1970 - 1993 MEDIZIN

KURZBERICHT

Abbildung 1 Abbildung 2

denzielle Zunahme der Sterbefälle ist wahrscheinlich nicht echt, sondern nur die Folge einer zunehmend bes- seren Diagnostik und Meldung.

Selbst die 43 Fälle des Jahres 1986 entsprechen noch nicht dem Erwar- tungswert von 60 Fällen pro Jahr für die alten Bundesländer. Man muß je- doch leider davon ausgehen, daß die- se sehr seltene Krankheit oft nicht diagnostiziert wird, da die klinische Symptomatik teilweise auch durch andere Grundleiden (zum Beispiel eine zerebrovaskuläre Ischämie) ver- ursacht sein kann.

Auch bei einer Sektion, die in der am stärksten betroffenen Alters- gruppe ohnehin nur selten vorge- nommen wird, kann diese Diagnose ohne Vorliegen eines klinischen Ver- dachtes leicht übersehen werden.

Selbst bei feststehender Diagnose könnte auf dem Totenschein ein an-

deres Grundleiden dokumentiert sein und damit ein solcher Fall der Auswertung entgehen. Obwohl die Zahl der gemeldeten Sterbefälle niedriger ist als erwartet, darf man deshalb nicht unterstellen, daß in Deutschland diese Krankheit tat- sächlich seltener vorkommt

Die Alters- und Geschlechtsver- teilung der registrierten Sterbefälle entspricht dagegen den Erwartun- gen.

Von den zwischen 1979 und 1991 insgesamt erfaßten 325 Sterbefällen betreffen 197 Frauen und 128 Män- ner (m:w = 1:1,5). Auch bei Berück- sichtigung der ungleichen Ge- schlechtsverteilung der Bevölkerung (besonders im höheren Lebensalter) bleibt die für Frauen scheinbar höhe- re Erkrankungshäufigkeit erhalten.

Die Altersverteilung zeigt erwar- tungsgemäß das höchste Erkran-

kungsrisiko bei den 60- bis 70jährigen (Abbildung 2).

65 Prozent der erfaßten Sterbe- fälle traten bei Personen im Alter von 60 Jahren und darüber auf. Trotz der bisher erst relativ geringen Zahl von direkten ärztlichen Meldungen ist deren Altersverteilung mit den Daten der Totenscheinanalyse weit- gehend vergleichbar.

Die territoriale Verteilung der dem Statistischen Bundesamt gemel- deten Fälle ist schwer zu interpretie- ren — das gilt erst recht für die bisher wenigen an uns direkt gemeldeten Fälle. Zwar ergibt sich für die Stadt- staaten Berlin, Bremen und Ham- burg die höchste Mortalität, aber das kann auch das Ergebnis einer dort höheren Erfassungswahrscheinlich- keit sein. Auch das sich andeutende Süd-Nord-Gefälle könnte ähnliche Ursachen haben. Da diese Erkran-

A1-3318 (58) Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 49, 10. Dezember 1993

(4)

kung bisher noch unzureichend dia- gnostiziert wird, wirken sich unter- schiedliche diagnostische Interessen und Anstrengungen einzelner Kolle- gen oder Einrichtungen natürlich stark aus.

In der Zukunft werden Untersu- chungen zur Epidemiologie der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit im Rahmen einer Studie der Europäi- schen Gemeinschaft, mit Förderung durch das Bundesministerium für

MED 1

KURZBERICHT / FÜR SIE REFERIERT

Gesundheit, an der Universität Göt- tingen durchgeführt werden. Wir wenden uns daher besonders an die Kollegen aus der Neurologie und der Neuropathologie mit der Bitte, ihre bisher sehr hilfreiche Unterstützung auch den Kollegen in Göttingen zu- kommen zu lassen und weitere Fall- meldungen zu richten an: Prof. Dr.

med. K. Felgenhauer, Neurologische Universitätsklinik, Robert-Koch- Straße 40, 37070 Göttingen.

Deutsches Arzteblatt

90 (1993) A 1-3317-3320 [Heft 49]

Anschrift für die Verfasser:

Prof. Dr. rer. nat. Heino Diringer Robert-Koch-Institut des Bundesge- sundheitsamtes

Nordufer 20 13353 Berlin

Gute Behandlungsergebnisse bei Magenkrebs

Magenkrebs ist in Großbritan- nien die vierthäufigste Krebsart und jährlich für etwa 10 000 Todesfälle verantwortlich. Die Behandlungser- gebnisse waren bei dieser Krebsform bislang schlecht und zeigten in den letzten Jahrzehnten wenig Verbesse- rungen, Eine große bevölkerungsbe- zogene Studie ergab zum Beispiel in den Jahren von 1957 bis 1981 eine Fünf-Jahres-Überlebensrate von fünf Prozent bei allen Patienten mit Ma- genkrebs und nur 20 Prozent nach kurativen Operationen. Auch zeigte diese Studie, daß die meisten Patien- ten sich zur Zeit der Diagnose bereits in einem so fortgeschrittenen Krank- heitsstadium befanden, daß nur bei 20 bis 25 Prozent eine kurativ ange- legte Operation möglich war. Die perioperative Sterblichkeit lag in die- ser Zeit bei 16 Prozent nach kurati- ven und 25 Prozent bei palliativen Eingriffen.

In den 80er Jahren haben sich die Behandlungsmethoden von Ma- genkrebs in Großbritannien verän- dert. Es wurden endoskopische Un- tersuchungen vermehrt durchgeführt und weitere Fortschritte in den Be- reichen der Anästhesie und Intensiv- medizin verzeichnet. Daher weichen die Ergebnisse aus der gastroentero- logischen Abteilung des Allgemeinen Krankenhauses in Leeds stark von den Ergebnisssen früherer Untersu- chungen ab.

In einer prospektiven Studie wurden dort in den Jahren von 1970 bis 1989 die Verläufe von 493 Patien- ten mit Adenokarzinomen des Ma- gens beobachtet und ausgewertet.

207 Patienten, also 42 Prozent, konn- ten mit kurativen Operationen wie totalen oder subtotalen Gastrekto- mien, bei denen die Resektionsrän- der auch mikroskopisch tumorfrei waren, behandelt werden. Seit Ende der 70er Jahre wurden großzügige Magenresektionen mit radikaler Ent- fernung der ersten beiden perigastri- schen Lymphknotenstationen durch- geführt. Der Anteil der Patienten, die kurativ operiert werden konnten, stieg von 31 Prozent während der er- sten fünf Jahre der Untersuchung auf 53 Prozent innerhalb der letzten fünf Jahre an.

38 Prozent der Patienten befan- den sich im Stadium I, 20 Prozent im Stadium II und 42 im Stadium III der Krankheit Die Patienten wurden bei der Nachsorge engmaschig über- wacht, so daß 152 davon für einen Zeitraum von mindestens fünf Jah- ren oder bis zu ihrem Tod nachver- folgt werden konnten. Auch die An- zahl der Patienten, deren Magen- krebs bereits im Stadium I diagnosti- ziert werden konnte, erhöhte sich von vier auf 26 Prozent. Frühkarzino- me, die noch auf die Magenschleim- haut beschränkt waren, wurden an- fangs nur bei einem, gegen Ende der Erfassung bei 15 Prozent festgestellt.

Die Fünf-Jahres-Überlebensrate aller Patienten lag bei 60 Prozent, Patienten mit Frühkarzinomen und im Stadium I überlebten sogar zu 98 und 93 Prozent. In der gleichen Zeit sank die perioperative Sterblichkeit von neun auf fünf Prozent und die Rate der schwerwiegenden Kompli- kationen wie Wundinfektionen oder

Anastomoseninsuffizienz von 33 auf 17 Prozent.

Alle Patienten wurden bereits mit Symptomen von ihren Hausärz- ten zur weiteren Untersuchung in die Klinik überwiesen, daher können nach Ansicht der Autoren diese gu- ten Überlebensraten nicht daher kommen, daß die Krebspatienten früher als üblich diagnostiziert wur- den und daher nur scheinbar länger überlebten. Die Zehn-Jahres-Über- lebensrate von 55 Prozent nach kura- tiver Therapie zeigte, daß die mei- sten Sterbefälle an Magenkrebs durch Rezidive im Zeitraum von drei bis vier Jahren nach der Operation erfolgen — hatten die Patienten die kritischen ersten Jahre überstanden, lebten die meisten davon wesentlich länger.

. Daher ziehen die Autoren die Schlußfolgerung, daß die traditionel- le Sicht von Magenkrebs als einer zwangsläufig tödlichen Erkrankung nicht mehr zeitgemäß sei. Auch könnten die Überlebenszeiten noch verbessert werden, wenn ältere Pa- tienten mit dyspeptischen Beschwer- den schnell endoskopisch untersucht werden würden. silk

Sue-Ling, H. M.; D. Johnston et al.: Gas- tric Cancer: a curable disease in Britain.

British Medical Journal 307 (1993) 591-596.

H. M. Sue-Ling, Academic Units of Surg- ery and Pathology and Department of Gastroenterology, Centre for Digestive Diseases, The General Infirmary, Leeds LS1 3 EX, UK.

A1-3320 (60) Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 49, 10. Dezember 1993

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Als einer der ersten Surrogatmarker konnte für die NSE bei 35 ng/ml im Liquor ein Grenzwert ermittelt wer- den, bei dem Patienten mit 78prozen- tiger Sensitivität und

Neben der Ver- fügbarkeit des Verfahrens wird nicht zuletzt auch der Kostenfaktor eine wichtige Rolle spielen, der nicht zu Ungunsten der MRCP ausfallen muß. Zitierweise

Hierzu liegen inzwi- schen aktuelle experimentelle Ergeb- nisse vor, nach denen eine HWS-Ver- letzung für den Regelfall ausgeschlos- sen ist, wenn die medizinische Unter- suchung

Um ferner eine Infektion durch Blut- produkte zu verhindern, die von Spen- dern stammen, deren nvCJK-Erkran- kung erst nach der Spende erkannt wur- de, werden alle in Europa

CJD+FFI und AD im Gruppenvergleich für die Testung Logisches Gedächtnis 2B 48 Tabelle 23: Normwert, Median, Mittelwert, Minimum, Maximum und.. Spannweite bei

Medizinprodukte, die nicht oder nicht zuverlässig in einem Reinigungsautoma- ten unter Einbeziehung eines alkalischen Reinigungsschrittes aufbereitet werden können und die in

Wenn sich durch die jetzt durchgeführten Testver- fahren herausstellen sollte, dass die BSE in Deutschland keine so seltene Erkrankung ist, wie früher angenom- men,

E ntwarnung kann allerdings nicht ge- geben werden, denn Scrapie – die CJD-Variante bei Schafen – konnte in einem Fall von einem symptomfreien, aber mit Prionen