Komplexchemie
Schön bunt
Gliederung
I. Was ist das Besondere an Komplexen?
II. Erklärungsmodelle
1. Die Wernersche Theorie 2. Die Valence-Bond-Theorie 3. Die Ligandenfeldtheorie 4. Die Molekülorbitaltheorie
III. Anwendung
Was ist das Besondere an Komplexen?
Versuch 1: Nachweisreaktionen im CoCl3 · 6 NH3
Ag+(aq) + Cl-(aq) AgCl(s)
weiß
NH3(aq) + H2O NH4+(aq) + OH-(aq)
Was ist das Besondere an Komplexen?
Versuch 2: Leitfähigkeitsmessung
NH4Cl(s) NH4+(aq) + Cl-(aq)
LeitfähigkeitNH4Cl < LeitfähigkeitCoCl3 · 6 NH3
H2O
Was ist das Besondere an Komplexen?
• Cobalt dreiwertig
• Ammoniak wird gebunden
• Keine vollständige Dissoziation
• Farbigkeit
Historische Entwicklung
• 1597: Libavius [Cu(NH3)4]2+
• 1798: Tassaert CoCl3 · 6 NH3
• 1704: Diesbach und Dippel Fe4[Fe(CN)6]3
Cobaltchlorid-Ammonikat
• 1858: Versuch, die Verbindung zu beschreiben
• Blomstrand und Jorgensen: Kettenstruktur
NH3 – Cl
Co – NH3 – NH3 – NH3 – NH3 – Cl NH3 – Cl
Die erste Komplexbindungstheorie
• 1893: erster entscheidender Durchbruch durch Alfred Werner
• Begründung der Koordinationslehre
Bindung in innerer und äußerer Sphäre
Alfred Werner 1866 – 1919
Die Wernersche Theorie
(1) Jedes Ion verfügt über Hauptvalenzen.
Einige Ionen verfügen noch über Nebenvalenzen.
Beispiel: CoCl3 · 6 NH3
(2) Nebenvalenzen binden die Partner fester.
(3) Nebenvalenzen sind räumlich gerichtet.
Struktur des Cobaltchlorid-Ammonikats
nach Werner:
Hexaammincobalt(III)chlorid
H3N Co
NH3
NH3 H3N
NH3
NH3
3+
+ 3 Cl-
Übersicht
Werner VB-Theorie LF-Theorie MO- Theorie
Bindung
Neben- valenzen Struktur Aufge-
zwungen Magnetismus
? Farbigkeit
?
Magnetismus
Demonstration: Magnetische Messung
mag ~ I · F
Diamagnetismus Paramagnetismus
Die Valence-Bond-Theorie
• 1927 entwickelt
• Durch Pauling ausgebaut
• Anwendung des Hybridisierungsmodells auf Komplexe
x y z
Mischung
Hybridisierungstypen
quadratisch-planar
dsp2
oktaedrisch d2sp3
tetraedrisch sp3
Erklärung: Magnetismus
Fe2+ im
[Fe(H2O)6]2+ Hybridisierung
Besetzung der Hybridorbitale durch Ligandenelektronen
3d 4s 4p 4d
Erklärung: Magnetismus
3d 4s 4p
Fe2+ im [Fe(CN)6]4-
Spinpaarung und Hybridisierung Besetzung der Hybridorbitale durch Ligandenelektronen
Vergleich:
Übersicht
Werner VB-Theorie LF-
Theorie
MO- Theorie
Bindung
Neben-
valenzen Kovalente Bindung Struktur
Aufge-
zwungen Automatisch Magnetismus
? Richtig erklärt, aber nicht vorhersagbar Farbigkeit
? ?
Farbigkeit
Versuch 3: Oxidationsstufen des Mangan
2 MnO4(aq) + H2O2(aq) 2 MnO42-(aq) + O2(g) + 2 H+(aq)
violett grün
+7 -1 +6 0
blau
2 MnO4(aq) + H2O2(aq) 2 MnO42-(aq) + O2(g) + 2 H+(aq)
braun-gelb
+5 -1 +4 0
grün blau
2 MnO 4(aq) + H2O2(aq) 2 MnO42-(aq) + O2(g) + 2 H+(aq)
+6 -1 +5 0
Die Ligandenfeldtheorie
• Vorläufer: Kristallfeldtheorie von Bethe und van Vleck (um 1930)
• Ab 1951: Weiterentwicklung durch Ilse und Hartmann
Grundgedanke:
Zwischen den Ligandenelektronen und den
d-Orbitalen des Zentralteilchens bilden sich elektrostatische Wechselwirkungen aus.
Die Ligandenfeldtheorie
Mangan-Ionen besitzen im isolierten Zustand 5 entartete d-Orbitale
dz² dx²-y² dxy
x x x
y y y
z z z
Die Ligandenfeldtheorie
Größe der Abstoßung ist für verschiedene d-Elektronen unterschiedlich groß
Entartung wird aufgehoben
Das tetraedrische Ligandenfeld
Schwerpunktsatz: 4 · 3/5 T – 6 · 2/5 T = 0
eg-Orbitale t2g-Orbitale Energie
Entartete d-Orbitale
dxy dxz dyz
dz² dx²-y²
T
5 T 2 Δ
5 T 3 Δ
Beispiel: Mangan
d0 im MnO4-
d1 im MnO42-
d2 im MnO43-
d3 im MnO44-
High-spin- und Low-spin-Komplexe
• High-spin-Komplex: maximale Zahl an ungepaarten Elektronen
• Low-spin-Komplex: minimale Zahl an ungepaarten Elektronen
• Low-spin-Komplex:
Ligandenfeldaufspaltung > Spinpaarungsenergie
Farbigkeit der Manganat-Ionen
Charge-Transfer-Übergänge:
Durch Absorption eines Lichtquants wird Elektronenladung innerhalb eines Komplexes übertragen.
Mn O
O O O
-
e
-Farbigkeit der Manganat-Ionen
d-d-Übergänge:
Übersicht
Werner VB-Theorie LF- Theorie
MO- Theorie
Bindung
Neben-
valenzen Kovalente
Bindung Elektrostatische WW
Struktur Aufge-
zwungen Automatisch Beruht auf Annahme Magnetismus
? Richtig
erklärt, aber nicht vorhersagbar
Ja Farbigkeit
? ? Ja
Stabilität von Komplexen
Versuch 4: Hydratisomerie bei Chromkomplexen
H2O Cr
OH2
OH2 H2O
OH2
OH2
3+
(aq)
H2O Cr
Cl
OH2 H2O
Cl
OH2
+
(aq)
+ 2 Cl-(aq) + 2 H2O
grün blau
Der Chelateffekt
Versuch 6: Nickelkomplexe
HH N 2N-CH2-CH2-NH2
H H
[Ni(H2O)6]2+(aq) + 6 NH3(aq) [Ni(NH3)6]2+(aq) + 6 H2O KB = 109
[Ni(NH3)6]2+(aq) + 3 en [Ni(en)3]2+(aq) + 6 NH3(aq) KB = 1018
Der Chelateffekt
H3N Ni
NH3
NH3 H3N
NH3
NH3
2+
H2O Ni
OH2
OH2 H2O
OH2
OH2
+
Ni
en
en en
2+
Der Chelateffekt
Thermodynamische Ursachen:
Zahl der Reaktanden auf Edukt- und Produktseite nimmt bei der Chelatbildungsreaktion zu
[Ni(NH3)6]2+(aq) + 3 en [Ni(en)3]2+(aq) + 6 NH3(aq)
Entropiegewinn des Systems:
S T H
G
RT
exp G KB
Der Chelateffekt
Kinetische Ursachen:
Ni NH2 en en
2+
CH2 CH2 NH2
Die MO-Theorie
3d
4s 4p Energie
xb yb zb
xb yb zb
bx²-y² bz²
xy xz yz *x²-y² *z²
sb
s*
Anwendung
Versuch 6: Färben mit Berliner Blau
+2 +3 +2
3 [Fe(CN)6]4-(aq) + 4 Fe3+(aq) Fe4[Fe(CN)6]3nH2O(s)
blau
4 K+(aq) + [Fe(CN)+2 6]4-(aq) + Fe3+(aq) KFe[Fe(CN)+3 +2 6]H2O(aq) + 3 K+(aq)
blau
Struktur von Berliner Blau
unlösliches Berliner Blau
lösliches Berliner Blau
Zur Geschichte des Berliner Blau
• Verbindung schon lange bekannt (1704)
• Es gibt noch eine „ähnliche“ Verbindung:
Turnbulls Blau
• Es wurde lange versucht, mit chemischen Methoden die Natur der beiden Verbindungen aufzuklären
• 1904: Fe4[Fe(CN)6]3
Zur Geschichte des Berliner Blau
• Mitte 20. Jhd.: Identität von Berliner Blau und Turnbulls Blau
Oxidation: Fe2+(aq) Fe3+(aq) + e- E0 = 0,77 V
+3 +2
Reduktion: [Fe(CN)6]3-(aq) + e- [Fe(CN)6]4-(aq) E0 = 0,36 V
• Erklärung:
Fe2+(aq) + [Fe(CN)6]3-(aq) Fe3+(aq) + [Fe(CN)6]4-(aq)
Verwendung von Berliner Blau
• Druckfarben, Tinten, Lacke
• Buntpapiere (Blaupausen)
• Wäscheblau
• Mischungen mit Chromgelb und Zinkgelb (Chromgrün und Zinkgrün) für Lacke und Druckfarben
Übersicht
Werner VB-Theorie LF- Theorie
MO- Theorie Bindung
Neben-
valenzen Kovalente
Bindung Elektrostatische
WW Kovalente
Bindungen
Struktur Aufge-
zwungen Automatisch Beruht auf
Annahme Ja
Magnetismus
? Richtig erklärt, aber nicht
vorhersagbar Ja Ja
Farbigkeit
? ? Ja Ja