Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 236. Juni 2008 A1287
B R I E F E
WARTEZEITEN
Privatversicherte er- halten früher einen Termin beim Arzt – eine ältere Studie sorgt für neuen Rummel (DÄ 15/2008: „Die Wis- senschaft hat festgestellt . . .“ von Tho- mas Gerst).
Einfach strukturiert
Die „Studie“ des Kölner Instituts für Gesundheitsökonomie zum Thema Wartezeiten bei der Terminvergabe beim Facharzt hat zu einem be- trächtlichen Medieninteresse ge- führt. Wenn man diese aber einmal näher betrachtet, so stellt man fest, dass es sich bei der knapp achtseiti- gen Arbeit um eine sehr einfach strukturierte Telefonumfrage mit fingierten Anrufern handelt, die in
189 Facharztpraxen nach einem Ter- min nachfragten. In keinem Fall handelte es sich um einen dringen- den Fall, in keinem Fall wurde der Anrufer vom Praxispersonal nach seinem Versichertenstatus gefragt, er stellte sich jeweils selbst fingiert als Privatpatient oder gesetzlich versi- cherter Patient vor. Die Region, in der die Telefonaktion stattfand (Köln-Bonn-Leverkusen) ist in kei- ner Weise repräsentativ für das ge- samte Bundesgebiet. In den neuen Bundesländern und in ländlichen Regionen sieht es mit Sicherheit an- ders aus. Es ist schon erstaunlich, wie eine primitive Telefonaktion zu einer wissenschaftlichen Studie hochstilisiert wird. Das wissen- schaftliche Niveau der durchschnitt- lichen Facharbeit eines Abiturienten liegt deutlich über dem Niveau die- ser Umfrage. Nicht zum ersten Mal versucht Prof. Lauterbach den am-
bulanten Sektor unseres Gesund- heitswesens, vor allem im fachärztli- chen Bereich, in einem möglichst schlechten Licht darzustellen. Soll- ten dabei vielleicht auch andere In- teressen eine Rolle spielen? Schließ- lich ist Prof. Lauterbach im Auf- sichtsrat und Beirat der Rhön-Klinik AG. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Es wäre wünschenswert, wenn Lauterbach sich mit wichtige- ren Aspekten unseres Gesundheits- systems beschäftigen würde, bei- spielsweise mit der chronischen Un- terfinanzierung, den Auswirkungen der Budgetierung, der ausufernden Bürokratie oder den zunehmenden Ausgaben der Krankenkassen für sehr fragwürdige Projekte, wie z. B.
der Etablierung von Callcentern, die Millionenbeträge aus Beitragsgeldern verschlingen.
Dr. med. Dietrich Schreyer, Reichenbergerstraße 20, 92224 Amberg