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Neues zur Bau- und Ausstattungsgeschichte von St. Wolfgang in Schneeberg/Erzgebirge im 16. Jahrhundert

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Thomas Popper

Neues zur Bau- und Ausstattungsgeschichte von St. Wolfgang in Schneeberg/Erzgebirge

im 16. Jahrhundert

Man wird nicht erwarten wollen, dass jedes vom Stadtmarketing gerne und viel benutzte Denkmalepitheton immer auch im strengen Sinne korrekt ist. Gerade aber deshalb erübrigt sich ein Hinterfragen nicht; besonders dann, wenn die Kunst- und Architekturgeschichte solches vollmundig übernimmt. Hier wie dort wird nämlich die 1516 begonnene, seit ihrer Fertigstellung evangelisch-lutherische Stadt- und Pfarrkirche St. Wolfgang gerne als »Bergmannsdom« angesprochen (Abb. 1, 2) - eine Bezeichnung, die gleich in doppelter Hinsicht in die Irre führt.1 Zum einen war die Kir­

che niemals Bischofssitz. Die umgangssprachliche >Standeserhebung< zur Kathedrale verleiht wohl vor allem der schieren Größe, sicher aber auch der eminenten Bedeutung des Wahrzeichens als identitätsstiftendes Denk ­ mal aus der Blütezeit des erzgebirgischen Silberbergbaus Ausdruck. Zum anderen hat die Montanindustrie, besser: die (besonders in der Anfangs­

zeit >privat<, unkoordiniert und handwerklich betriebene) Erzsuche den Kirchenbau zwar - indirekt - ermöglicht. Funde gediegenen Silbers sind ja der eigentliche Grund des (zweiten) »Großen Bergkgeschreys«, mithin des sich erst seit den 1470er Jahren herausbildenden städtischen Gemein ­ wesens in Schneeberg (Stadtprivileg 1481). Doch war die Aufführung der Kirche keine exklusive (Finanzierungs- oder Bau-) Aufgabe der Bergleute und ihrer Korporationen. Diese war nicht erst seit Errichtung eines evan ­ gelischen Kirchwesens >auf dem< Schneeberg (1534) eine kursächsische bzw. kommunale, später eine gemeindliche.

1 So auch in der offiziellen Internetprä- senz der Bergstadt, siehe <http://www.

schneeberg.de/html/geschichtliches_und_

ruckblicke.html> (07.03.2011). Weitere

Auch deshalb wären andere werbewirksame - und sogar superlativi ­ sche - Beiworte für die Kirche vielleicht passender: Das Verdikt, demzu­

folge St. Wolfgang den End- und Höhepunkt der Entwicklung der spätgo ­ tischen Hallen in Deutschland markiere, darf als zutreffend gelten und ist

Abb. 2 Schneeberg/Erz­

gebirge, Stadt-und Pfarrkirche St. Wolf­

gang. Blick von der

• Orgelempore nach Westen(Kirchenschiff

ohneden alten Taufstein [18. Jahrhun­

dert] und noch ohne dieneueKanzel [2005 errichtet])

Beispiele aus der Führer- und Lokalliteratur, aber auch aus der Fachliteratur ließen sich zahlreich anführen.

Originalveröffentlichung in: Horsch, Nadja ; Pataki, Zita Á. ; Pöpper, Thomas (Hrsgg.):

Kunst und Architektur in Mitteldeutschland : Thomas Topfstedt zum 65. Geburtstag,

Leipzig 2012, S. 54-63

(3)

Abb. 1 Schneeberg/Erz-

gebirge. Ansicht von Süden mit St.Wolfgangskirche

und Rathausturm

in der Architekturgeschichte - soweit wir sehen - unstrittig.2 So oder so, die St. Wolfgangskirche wird vor Ort als der eigentliche, wahrhaftige Hort der Schneebergischen Bergbautradition angesehen. Davon zeugt nicht zu­

letzt alljährlich der große Festgottesdienst zum »Bergstreittag« (der üb ­ rigens 2011 zum 515. [1] Mal begangen wurde) — bis zu 3.500 Menschen füllen dann den Saal, viele in Berghabit.

2 Vgl. hierzu zuletzt: Magirius, Heinrich:

Die St. Wolfgangskirche und ihr Cranach- Altar. Die Wiederherstellung seit 1945. In:

Pöpper, Thomas/Wegmann, Susanne: Das Bild des neuen Glaubens. Das Cranach-Reta- bel in der Schneeberger St. Wolfgangskirche.

Regensburg 2011, S. 205-219, hier S. 205.

3 Gerstenberg, Kurt: Deutsche Sondergo­

tik. Eine Untersuchung über das Wesen der deutschen Baukunst im späten Mittelalter.

München 1913, passim; Löffler, Fritz:

Die Stadtkirchen in Sachsen. Mit einer

Seit Anbeginn ihrer Erforschung erfuhr die solcherart in mehrfacher Hinsicht bedeutungsvolle Kirche, die eine der größten in Obersachsen ist, verschiedene Charakterisierungen. Einmal galt sie als »empirehaft«, ja

»erkältend« bzw. »rational nüchtern« (Gerstenberg 1913), ein andermal schätze man sie als »kühl und klar« und »folgerichtig« bzw. »formal regu­

liert« (Löffler 1974), und wieder ein andermal lobte man die Architektur als »ausgezeichnet proportioniert«, »übersichtlich« bzw. »stereotypisch einfach« (Dehio 1998 [Magirius]). 3 Thomas Topfstedt (2011) rühmte die Kirche jüngst wie folgt: »In der Vereinheitlichung der Raumteile und der rationalen Durchbildung der Details übertrifft der lichterfüllte, saalartig weit anmutende Innenraum mit seiner allseitig umlaufenden Empore und dem in einem flachen 4/16-Polygon ausklingenden Chorbereich den An- naberger Konkurrenzbau [gemeint ist die 1499 begonnene St. Annenkir- che]«; »St. Wolfgang in Schneeberg [ist] eine der baukünstlerisch reifsten Leistungen des obersächsischen spätgotischen Hallenkirchenbaus.« Und er schließt seine kurze Beschreibung mit einem treffenden Zitat: »St.

Wolfgang ist das typische Endglied der Entwicklung der erzgebirgischen

geschichtlichen Einführung von Karlheinz Blaschke (...). 2. Aufl. Berlin 1974, passim, und Dehio, Georg: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler (...). Neubearb., besorgt durch die Dehio-Vereinigung (...), teilw.

fortgef. von Ernst Gall. Band: Sachsen II (Regierungsbezirke Leipzig und Chemnitz), bearb. von Barbara Bechter, Wiebke Fastenrath, Heinrich Magirius u.a.

München/Berlin 1998, S. 891-899 (Schneeberg), hier S. 891-895 (St. Wolf­

gang), passim (Bearb.: Heinrich Magirius).

(4)

Hallen (...). In Schneeberg verbinden sich die differenzierten Trends zu einer einmalig gebliebenen Synthese (...) hier liegt der reinste Hallensaal der obersächsisch-erzgebirgischen Schule vor.« 4

4 Topfstedt, Thomas: Zur Stadt- und Baugeschichte von Schneeberg/Erzgebirge.

In: Pöpper/Wegmann 2011 (wie Anm. 2), S. 57-68, S. 59f., S. 60 mit dem Zitat nach Lemper, Ernst-Heinz: Architektur. Ober­

sachsen. In: Ullmann, Ernst: Geschichte der

Man bemerkt es bereits bei diesem — freilich unzulässig verkürzten - kursorischen Blick auf die fortuna critica eines knappen Jahrhunderts:

Die Bewertung des Bauwerks wurde im Laufe der Jahrzehnte tendenzi ­ ell positiver. Zwar setzen die genannten Adjektive unterschiedlich nuan­

cierende Akzente. Doch entstammen sie alle dem semantischen Feld des

»Einfachen:, »Strengem und »Puristischen: (zugleich putative Kennungen des sogenannten »Protestantischen:). Sie bezeichnen gestalterische Phäno ­ mene, die seit Längerem (wieder) gerne und vor allem in Opposition zu tendenziell eher negativ konnotierten Eigenschaften wie »reich:, »virtuos:

oder »opulent: (und Dergleichen mehr) gebraucht werden. Letztere dürf­

ten ihrerseits Beiwörter sein, wie sie (so oder ähnlich) nicht selten bei der Beschreibung zumeist barocker (und vermeintlich »typisch katholischer:) Architekturorganismen gang und gäbe sind.

Ungeachtet dieser - hier behaupteten, nicht bewiesenen - ästhetischen Aktualität, und ungeachtet der jedenfalls von heutigen touristischen Besu ­ chern der Kirche wieder vermehrt wahrgenommenen und bei Führungen immer wieder staunend artikulierten Modernität der Architektursprache von St. Wolfgang, fehlt eine Monografie zur Baugeschichte. Der Grund hierfür liegt auf der Hand. Bauarchäologischen Untersuchungen ist jeder Boden, sprich: jedes Mauerwerk entzogen. Seit dem Beschuss der Kirche mit Brandbomben am 19. April 1945, seit ihrem wenig später erfolgten vollständigen Kollaps (im Sommer 1945) und mehr noch seit ihrem weit ­ gehend historisierenden Wiederaufbau (seit 1945/1958 bis in die 90er Jah­

re und teilweise noch bis ins 21. Jahrhundert hinein), ist St. Wolfgang als das größte der im Krieg zerstörten kirchlichen Bauwerke in Sachsen nun­

mehr eine »Architekturkopie« seiner selbst,5 wenn auch glücklicherweise eine »»Architekturkopie (...), die den großen Atem ihrer Entstehungszeit durchaus wieder spüren lässt.«6 Dies nicht zuletzt auch deshalb, weil nach Möglichkeit altes Baumaterial bei der Wiedererrichtung Verwendung fand und größtes Augenmerk auf die Reproduktion eines weitestgehend au­

thentischen Hallensaals gelegt wurde. Dennoch sind sowohl das eiserne Skelett, das die schlanken, dünnwandigen Pfeiler umhüllen, als auch die unverputzt belassene Außenhaut, die zurückhaltende Fassung der Wän ­ de im Inneren und vor allem der ein wenig karg (ein fixes Gestühl fehlt

deutschen Kunst 1470-1550. 1. Halbband:

Architektur und Plastik. Leipzig 1984, S. 133-161, S. 157.

5 Dehio (Magirius) 1998 (wie Anm. 3), S.891.

6 Magirius 2011 (wie Anm. 2), S. 219.

57

(5)

bis heute), jedenfalls reichlich kühl und aufgeräumt wirkende Raumkör­

per eher >reformatorische< Konstruktionen des 20. Jahrhunderts denn restauratorische Re-Konstruktionen der Spätgotik; mit anderen Worten:

denkmalpflegerische Projektionen, denen, wenn auch in der Tat glücklich camoufliert, die zeitgeistlichen Gebote nach puristischer »Materialehr- lichkeit< und Ökonomik eingeschrieben scheinen. Augenfällig wird dies beispielsweise im Blick auf die steinsichtigen, verfugten Pfeiler-Furniere und vor allem auf die heutige Scheitelhöhe der Gewölbe; letztere ist be ­ trächtlich niedriger als die ursprüngliche. 7 Scheint der Bau - auch - des ­ halb heute so ansprechend >zeitgemäß< und trotz seines riesigen Volumens

> fassliche, wie man bei Führungen immer wieder von Besuchern hört? Die Frage muss hier - buchstäblich - im Raum stehen bleiben.

7 Nußbaum, Norbert/Lepsky, Sabine: Das gotische Gewölbe. Eine Geschichte seiner Form und Konstruktion. München/Berlin 1999, S. 372, Anm. 929.

Die Hoffnung jedenfalls, neue markante Erkenntnisse, gewissermaßen archäologische >Meilensteine< zum originalen Befund des 1540 vollende­

ten Baus zu Tage fördern zu können, ist vor dem geschilderten Hinter ­ grund schlechterdings unbegründet. Dennoch ist das Unterfangen, neue, mindestens interessante >Puzzlesteine< für eine Geschichte von St. Wolf­

gang sammeln zu wollen, nicht schon im Ansatz zum Scheitern verurteilt.

Denn die für ein solches Tableau zur Verfügung stehenden Dokumente sind bis heute nicht erschöpfend ausgewertet worden.

Wir hoffen, mit der Mitteilung weniger Funde aus den im Schneeber ­ ger Stadtarchiv erhaltenen Rechnungsbüchern des Gemeinen Kastens (also des evangelisch-lutherischen Kirchwesens) und der Kämmerei (also der kommunalen Verwaltung der Bergstadt) zum einen eine Hommage an den regelmäßig Materialreichtum bietenden, positivistischen Wissen ­ schaftsansatz von Thomas Topfstedt zu geben. Zum anderen würde unsere Miszelle ihr bescheidenes Ziel mehr als erreichen, sollte sie später - viel­

leicht — als Impuls und Vorarbeit für eine umfassendere Bearbeitung nicht nur der mittelalterlichen Baugeschichte von St. Wolfgang dienen können.

Eine solche erforderte nämlich auch zwingend die architekturhistorische Würdigung des Wiederaufbaus und eine (womöglich komparatistisch ar­

gumentierende) kulturhistorische Kritik der Nachkriegs- bzw. DDR- und

>Nachwende<- Denkmalpflege. Jedenfalls lässt sich schon heute sagen, dass, wie (fast) immer in den Geschichtswissenschaften, der Überlieferungs­

fluss auch dieses architektur- und damit zutiefst mentalitäts- und geistes­

geschichtlichen Gegenstandes an seiner archivarischen Quelle am klarsten sprudelt - und sei es zuweilen auch nur in amüsant-anekdotischer Hinsicht (siehe beispielsweise weiter unten die Einträge unter den Jahren 1537 und 1555/1570). 8

8 Die im Folgenden zusammengestellren Nachweise entstammen dem Archiv der Bergstadt Schneeberg, das ich zusammen mit meiner Kollegin Frau Dr. Susanne Wegmann

(6)

Im Folgenden erscheinen die bekannte und allgemein akzeptierte Daten->Leiter< der Baugeschichte kursiv und die hier neu eingezogenen

>Sprossen< durch Sperrsatz hervorgehoben.9 Auf eine quellen- oder sachbezogene Beurteilung und Interpretation muss hier (bis auf wenige Anmerkungen) aus Platzgründen verzichtet werden; sie bleibt einer Bau ­ monografie vorbehalten.

(Universität Halle-Wittenberg) anläss­

lich der Vorbereitungen zu der von uns organisierten Konferenz >Cranach in neuem Licht< (Juni 2010) mehrfach konsultieren konnte; zur Tagung siehe die Rezension von Nadja Horsch (in: Das Münster 64, 2011, 2, S. 167f.). Die Tagungsakten sind erschie­

nen unter dem Titel >Das Bild des neuen Glaubens. Das Cranach-Retabel in der Schneeberger Sc. Wolfgangskirche<

(Regensburg 2011). Es ist hier der Ort, Thomas Topfstedt nochmals für seine kurz­

fristige und ebenso herzliche wie verlässli­

che Bereitschaft zu danken, die genannte Publikation um einen stadtgeschichtlichen Überblick zu Schneeberg wesentlich bereichert zu haben (>Zur Stadt- und Baugeschichte von Schneeberg/Erzgebirge<, wie Anm. 4). Zur besseren Kontextuali- sierung der folgenden >alten< und >neuen<

Daten sollte man sie vor der Folie dieses Topfstedtschen Aufsatzes sehen. - Bei der Auswertung der Archivalien konnte ich ein umfangreiches Typoskript von Klaus Koitzsch (>Abschrift meiner genealogischen Kartei Schneeberg betreffend]. 13.000 Auszüge aus den Schneeberger Kämme­

rei- und Kastenrechnungen. Ein Beitrag zur Genealogie Schneeberger Familien sowie zur Stadt- und Kulturgeschichten Unveröffentlichtes Masch.-Skript 1968) als Findbuch benutzen (nachfolgend abgekürzt K, gefolgt von der laufenden Nummer des Nachweises; mithilfe der Jahresangabe lassen sich die betreffenden Rechnungsbücher zweifelsfrei auffinden). Den Hinweis auf die Költzsch'schen, für die Belange der Famili­

enforschung aufbereiteten (d.h. alphabetisch nach Nachnamen gelisteten) Regesten ver­

danke ich Herrn Stefan Oppitz (Chemnitz).

Für vielfältigste Hilfen bei der Akteneinsicht und Lektüre möchte ich vor allem der Archivarin Frau Ute Espig (Schneeberg), aber auch meiner oben genannten Kollegin danken.

9 Die bekannten Daten stellen selbstver­

ständlich nur eine kleine Auswahl dar; sie beziehen sich ausnahmslos auf die zweite St. Wolfgangskirche (also nicht auf den 1474, ebenfalls noch unter >katholisch alt­

gläubigen Vorzeichen< begonnenen Vorgän­

gerbau) und entstammen im Wesentlichen den Untersuchungen von Heinrich Magirius und Rudolf Zießler: Magirius, Heinrich:

Schneeberg. St. Wolfgangskirche. 2., erw.

Aufl. Passau 1996 (Weick-Kunstführer);

Magirius, Heinrich: Zum Wiederaufbau der St. Wolfgangskirche in Schneeberg seit 1945. In: Landesamt für Denkmal­

pflege Sachsen (Hg.): Denkmalpflege in Sachsen 1894-1994. Bd. 1. Weimar 1997, S. 343-351; Magirius, Heinrich: Schnee­

berg. St. Wolfgang. Landshut 2005 (Hoff­

mann-Kunstführer); Magirius, Heinrich:

Imitationen der Architektur. Auf der Suche nach Grenzwerken. In: Gesellschaft Berliner Schloss/Hintcrkeuser, Guido (Hg.): Wege für das Berliner Schloss, Humboldt-Forum.

Wiederaufbau und Rekonstruktion zerstör­

ter Residenzschlösser in Deutschland und Europa. 1945-2007. Regensburg 2008, S.

39-66, und Zießler, Rudolf: Die Wolfgangs­

kirche zu Schneeberg. Berlin 1971. 2., über- arb. Aufl. 1977, 3., überarb. Aufl. 1984 (Das christliche Denkmal, 81) sowie Magirius, Heinrich/Zießler, Rudolf: Untersuchungen zu St. Wolfgang zu Schneeberg. September 1958. Unveröffentlichtes Masch.-Skript im Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, Dresden (Aktenbestand zu Schneeberg/St.

Wolfgang). - Für die ältere Literatur sowie für die Quellen (insbes. die Schneeberger Stadtchroniken von Ambrosius Franz [annalistisch ab 1472], Peter Weiß [auch:

Petrus Albinus; abgeschlossen 1574], Christian Mel[t]zer [erschienen 1684 und 1718] und Karl Lehmann [erschie­

nen 1837-1840] sowie eine Predigt von Christoph Schindler [gehalten und gedruckt 1650]) und vielfältigen Archivalien (u.a. des Rats- und Kirchenarchivs) siehe vorerst ebd.

und die folgenden Titel (in alphabetischer Reihung): Asche, Ernst Sigfried: Schneeberg

(7)

(...) 1515/16

Bauplanungen; Baumeister Meister Hans Meltwitz (auch: von Torgau;

gest. 1520/26 [?]); 10 Grundsteinlegung (1. Juni 1516).

ab 1520/26 (?) oder ab 1535/36

Baumeister Fabian Lo(b)wasser (wahrscheinlicher nach den Költzsch’schen Regesten scheint das spätere Datum für die Über ­ nahme der Baustelle). 11

1521

Mauerbau vollendet; Beginn des Aufbaus der Pfeiler.

1524

Herzog Georg verweigert die weitere Unterstützung des Baus; Ver­

dachung fertiggestellt; Einwölbung; Kirche bereits in Benutzung (?).

1526

Gewölbe geschlossen.

1534

Eine (hölzerne?) »Barriere« vor der Sakristei wird errichtet.12 1535

Inventar des Kastens (Auszüge): 1 kleine beschlagene Lade, darin die Abschriften liegen; 1 Lade, darin die Register; die »lyberey«

in Sachsen. Dresden 1933; Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunst­

denkmäler des Königreichs Sachsen. Heft 8.

Amtshauptmannschaft Schwarzenberg.

Bearb. von Richard Steche. Dresden 1887;

Dost, Alfred: Die St. Wolfgangskirche zu Schneeberg. [Schneeberg] 1899; 2. Aufl.

Schneeberg 1910; 3., vermehrte Aufl.

Schneeberg 1918; Festschrift zum 450.

Jahrestag der Weihe der St. Wolfgangskirche zu Schneeberg im Erzgebirge. Schneeberg 1990; Höhne, Johannes: Ephorie Schnee­

berg. Leipzig 1902 (Neue sächsische Kirchengalerie, hg. von Georg Buchwald, Bd. 4); Jacobi, Heinrich: Schneeberg. Ein Gedenkblatt zur 400-jährigen Jubelfeier.

Teil 1. Schneeberg 1881; Teil 2. Schneeberg 1882 (Reprint, hg. von Woidtke, Sieg­

fried/Woidtke, Leif. Aue 2004); Kratzsch, Klaus: Hallenkirchen. München 1997 (Die Silberstraße in Sachsen, 3); St. Wolfgang.

Evangelisch-Lutherische Kirchgemeinde St. Wolfgang Schneeberg. Hg. vom Kirchen­

vorstand. Mit Beitr. von Heinrich Magirius und Frank Meinel. Schneeberg 2008 und Titze, Mario: Das barocke Schneeberg.

Kunst und Kultur des 17. und 18. Jahrhun­

derts in Sachsen. Dresden 2002. - Sofern der Altar der Kirche berührt ist, bieten die tabellarische Synopse (Pöpper, Thomas: »...

was wir eigentlich und nothwendig von dem Altären wissen und halten sollen«. Synopse und Agenda der Forschung, S. 21-55, bes.

S. 22-47) und die - nach bestem Wissen und Gewissen: vollständige - Bibliografie (bearb. von Susanne Wegmann;

S. 223-227) in dem oben genannten Band

>Das Bild des neuen Glaubens (...)< (wie Anm. 2) nützliche Apparate für weite­

res Nachforschen. - Im Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, Dresden befindet sich ein sehr umfangreicher Aktenbestand (mehr als sieben prall gefüllte Ordner) zum Wiederaufbau der Kirche nach 1945; hierzu siehe auch Magirius 2011 (wie Anm. 2).

10 Zur Frage nach dem bzw. den Schneeberger Baumeistern siehe jetzt auch Günther, Wolfram: Paul Speck. Werkmeis­

ter, Bauunternehmer und Bildhauer im Dienste von Bürgern, Städten, Adel und Landesherrn. In: Neugebauer, Anke/Jäger, Franz: jAuA welsche Manier gehauen. Zur Architektur der mitteldeutschen Früh­

renaissance. Beiträge des gleichnamigen wissenschaftlichen Kolloquiums 17./18.Juli 2009 in Halle/Saale. Leipzig 2010 (Hal­

lesche Beiträge zur Kunstgeschichte, 10), S. 253-275, S. 267f. - Den Hinweis auf diese Publikation verdanke ich Wolfram Günther.

7

(8)

[= Bibliothek] mit 137 Büchern »große und kleine«; 3 große und klei­

ne Leuchter; 2 eiserne Kasten in der Kirche; 2 eiserne Kasten in der Sakristei; 1 beschlagene Lade, da die Zinsbriefe liegen.15

1535/1536 und

1557/1587

11 Vgl. hierzu Günther 2010 (wie Anm. 10), S. 267f.

12 Vgl. K 11143.

13 Vgl. K 4833. - Anmerkung: Von besonderem Interesse ist das leider nur numerische Inventar der Kirchenbücher;

137 Bücher sind eine stattliche Anzahl.

14 Vgl. K 4834,4836 und 4840-4847, 4851. - Anmerkung: Die sicher nicht vollständige und nur exemplarisch zu verstehende Übersicht über die allgemeine Einnahmen-/ Ausgabensituation des Kas­

tens gibt das Bild einer recht wohlhabenden Kirchgemeinde ab. Der allein im Jahr 1535 erwirtschaftete Überschuss von nahezu 600 fl ist beträchtlich und hilft zu verstehen, dass der Kirchenbau und seine Ausstattung

Allgemeine Kaste nein nah men (jährlich): der 3. Teil von allen Zechen, 1 Kux Ausbeute, das Läutegeld von allen Glocken (z.B. 1557:

13 gr; davon 1 gr an den »Pulsenten«, also den Glöckner), Einnahmen aus den Ständen und Kirchstühlen (1557 zählte die Kirche 122 Stühle und 18 Stände; Einnahme daraus in demselben Jahr: 46 fl 10 gr), Leichentucheinnahme (z.B. 1587: 14 Tote je 6 gr); spezielle Kasten ­ einnahmen (überwiegend per 1535): aus verschiedenen »Büchsen«

(z.B. der Schmelzer und der Knappschaft, insgesamt 572 fl 13 gr 9 pf), Zinsen vom Kurfürsten auf 3000 fl Kapital (155 fl) sowie »Pittgeld«

(29 fl 5 gr); ferner spezielle Zuschüsse des Kurfürsten (z.B. 1541: 110 fl) und geliehenes Kapital (z.B. 1553 von den Gerichten: knapp 320 fl); Summe aller Einnahmen und Ausgaben (1535): 2072 fl 6 gr 9 pf 1 Heller; abzüglich (1535): 1491 fl 13 gr 9 pf; Überschuss (1535): 580 fl 10 gr 1 pf. 11 12 13 14

1535-1540

und

1541-1544

Ausbeute-Einnahmen des Kastens 1535: 537 fl 12 gr; 1536: 800 6;

1537: 638 2; 1538: 539 6; 1539: 620 5; 1540: 392 18; (1541: 287 fl 4 gr 3 pf; 1542: 161 18; 1543: 102 18; 1544: 65 3) - Testsilber-Einnahme des Kastens 1535: 552 fl 13 gr 9 pf; 1536: 527 fl 1 gr 3 pf 1 Heller;

1537: 517 11; 1538: 532 4 9 (1541: 515 fl 9 gr 10 pf; 1542: 184 fl 16 gr lOpfl Heller; 1543: 310 5 6).15

1535-1540/45

Zahlungen für die Spedition und Bearbeitung von großen Mengen Werksteinen (z.B. 722 und 1728 Stück pro Lieferung); Ausgaben auf den (kircheigenen) Zwickauer Steinbruch und mehrere Lohn-

(insbesondere der Cranach-Altar) besonders ambitioniert angegangen wurden. Allerdings scheint das Jahr 1535 auch ein besonders positives Ausnahmejahr gewesen zu sein.

Die Einnahmen aus »Büchsen« brachen jedenfalls 1536 deutlich ein (insgesamt nur

146 fl 26 gr 16 pf; vgl. K 4838).

15 Vgl. K 104 und 4839. - Anmerkung:

Diese Erträgnisaufstellung zeigt eindrucks­

voll, dass die Klimax der Ausbeute bereits zur Mitte der 30er Jahre des 16. Jahrhun­

derts erreicht war. Den Rückgang in den 40er Jahren muss man dramatisch nennen.

Vor diesem Hintergrund wird man urteilen können, dass die Realisierung des Baus von St. Wolfgang bis 1540 ein glücklicher Umstand war.

61

(9)

Zahlungen an den Baumeister Fabian Lobwasser (so in den Jahren 1535-1540; Wochenlohn: 8-10 gr). 16

16 Vgl. K 53,50,6267 und 6268-6277 sowie 12105-12111,12232 und 12789. - Anmerkung: Im Blick auf diese Zahlungen ist bemerkenswert, dass das Baumaterial aus dem Kasten, die Lohnkosten indes gelegentlich aus der Kämmerei bestritten werden; letzteres ein Faktum, das Günther 2010 (wie Anm. 10), S. 267f. nicht kennt, das aber seine spekulative Argumentation stützen könnte.

17 Vgl. K4831f.

18 Vgl. K 6274.

1535/1544

Aufstellung des Immobilienbesitzes des Kastens: die Pfarre, verschiedene Häuser (insges. 5 Stück), die Schule, ein »Wag-Haus«

an der Sehlem sowie ein Haus im Steinbruch in Zwickau (per 1544);

Aufstellung der »liegenden Gründe«: Steinbruch in Zwickau, »Kup- ferwag« in der Sehlem, verschiedene Häuser (4 Stück) (per 1535).17 1536/37

Arbeiten an den Emporen (Brüstungen?); Baumeister Wolf Riediger.

1537

Die Kämmerei spendiert für den Baumeister »1 Tonne Bier« (1 fl);18 Abriss und Neubau der Emporen (in den Akten stets als »Borkirchen«

bezeichnet); Neubau der Treppenanlagen.

1537/1538 und 1543/1553

Es werden in der Kirche 223 Scheiben »geflickt« (je 3 pf/Stück);

ein Fenster wird erneuert (?) (1 fl 19 gr); weitere sehr umfangreiche Fensterflickungen und Ausbesserungen (an 625 bzw. 425 Scheiben) in 1543 und 1553.19

1539

Zahlungen (ohne Nennung der Höhe) an »Wolf Raidinger, Steinmetz«

(auch: Riediger, s.o.) für den Alt ar bau (wahrscheinlich Substruktion, Block, Mensa usw.) und Bau der Türmerstube.20

1539

Lieferung und Errichtung des Retabels.2' 1540

Errichtung der Kanzel, (damit) Vollendung und Indienststellung der Kir­

che (Bau und Ausstattung). Eine offizielle Weihe findet nach Auskunft der Quellen nicht statt.

1541

Säuberung der Kirche »bis auf die Sohle« (u.a. Abräumung der Altäre der Alt-Gläubigen und des Sakramentshäuschens); Zahlungen an

»Berggesellen« für das Löschen eines Feuers, in diesem Zusammen-

19 Vgl. K 12027E, 12031 und 12036.

20 Vgl. K 9085-9087 und 4872. - An­

merkung: Der genannte Steinmetz scheint in Schneeberg gut beleumundet, aber auch knapp bei Kasse gewesen zu sein; der Kasten leiht ihm 1539 zinslos eine Summe von 32 fl 10 gr 6 pf (vgl. ebd.).

21 Alle bekannten und zahlreiche neue Nachrichten zum Retabel werden in Pöpper/Wegmann 2011 (wie Anm. 2) ausführlich diskutiert.

(10)

hang werden auch lederne Wassereimer »in Feuersnöten« von der Gemeinde angeschafft.22

22 Vgl. K 467 und 3732. - Anmerkung: Ob und inwieweit der Brand im Jahr 1541 die Kirche oder ihre Ausstattungen in Mitlei­

denschaft zog, ist unbekannt. Offenkundig aber mussten in seiner Folge einige Wege neu belegt werden (mit Schindeln; vgl. K 9138).

23 Vgl. K 6277. - Anmerkung: Die Angabe bei Löffler 1974 (wie Anm. 3), S. 235, Nr. 117, wonach Lobwasser bis 1546 Baumeister von St. Wolfgang gewesen sei, ist zu korrigieren.

24 Vgl. K 4649,4887 und 6396.

1545

Baumeister Fabian Lobwasser wird zu Grabe getragen (Datum:

»6. post Barthol.« [= Ende August]).23 1545/1548

Ein gewisser Meister Lorenz von Freiberg ist »wegen der Glocken«

in Schneeberg (Besichtigung: 1545, erneuter Aufenthalt: 1548); er hängt die (erneuerte?) große Glocke auf (1548). 24

1546

Ausgaben für »14 Pfeiler um die Kirche zu decken« (mit Schiefer) und für »den Turm zu decken, nachdem man das Saigerglöcklein [= Steiger- oder Bergmannsglocke] hinauf getan«.25

1547

Man benötigt 3000 kleine und 300 große »Oblaten« (zum Vergleich:

1644 kauft man 8000 »Hostien« [sic! Wie schon im Fall des Begriffs

»Dom« ist hier eine umgangssprachlich-gedankenlose Kontamination durch die traditionell römisch-katholische Terminologie zu beobach ­ ten]). 26

1554

Fenster der Sakristei werden verbleit.27

1555/1570

Großreinemachen 1555: Mit Fuchsschwänzen werden der Altar und die Empore zu Weihnachten entstaubt, die Kirchengeräte werden

»geflickt« (hier: 29 Stück Kleider); Großreinemachen 1570: Es werden die Kirchengeräte »gewaschen« (Priesterstuhl, Taufkittel, Altartuch usw.), in diesem Zusammenhang werden auch neue Besen angeschafft.

Nach getaner Arbeit werden die »Kehrer« zum Baden geschickt (hier­

für: 5 gr »Badegeld«). (Es scheint, als wäre die Kirche regelmäßig fünf Mal im Jahr gekehrt worden). 28

1595

Errichtung eines neuen Taufbeckens.

(■■■)

25 Vgl. K 4883,4885. - Anmerkung:

Offenkundig handelt es sich hierbei um die 14 Strebepfeiler der Kirche, die mit Schin­

deln belegt wurden. - Zum bergmännischen Geläut siehe jetzt: Meinel, Frank/Wenzel, Klaus: Hinab, die Glocke ruft. Bergmanns­

frömmigkeit im Erzgebirge. Marienberg 2010.

26 Vgl. K 4886 und 4957.

27 Vgl. K 6252.

28 Vgl. K 4905 und 10630 bzw.

4928-4931.

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