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Erhebungen über das Kastaniensterben im Kanton Tessin

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Erhebungen über das Kastaniensterben im Kanton Tessin

Von H. Schüepp

Eidgenössische Anstalt für das forstliche Versuchswesen

INHALT Einführung

1. Vorgehen bei den Erhebungen 2. Ausbreitung des Pilzes am Baum 3. Ausbreitung des Pilzes im Bestand

Zusammenfassung, Riassunto, Resume, Summary Literatur

HERAUSGEBER

PROF. DR. A. KURTH, DIREKTOR DER EIDGENÖSSISCHEN ANSTALT FÜR DAS FORSTLICHE VERSUCHSWESEN

Bd./Vol. 37 Heft/Fase. 2 1961

11 Bd. 37, Heft 2, 1961 ]59

(2)

Einführung

Seit die ersten Anfänge des Kastaniensterbens, hervorgerufen durch den Kastanien- rindenkrebs [Endothia parasitica (Murr.) And.], im Jahre 1948 im Tessin festgestellt wurden, hat sich die Epidemie auf zahlreiche Kastanienbestände ausgedehnt. Wie an- hand der Erfahrungen über das pandemische Umsichgreifen der Endothia-Seuche in Amerika und Italien vorausgesagt wurde (Gäumann, 1951), haben die durch den Kasta- nienrindenkrebs verursachten Schäden verheerende Ausmaße angenommen. Nicht nur der Fachmann, sondern auch jer Laie erkennt heute, mit welcher Wucht die Krankheit auf die Kastanienbestände einbricht.

Da das Kastaniensterben allmählich das ganze südschweizerische Kastaniengebiet von etwa 15 000 ha erfassen wird, ohne daß es durch chemische oder biologische Maß- nahmen zurückgehalten werden kann (vgl. Gäumann, 1951; Kurth, Fischer, Bazzigher und Ritter, 195 7), sind in relativ kurzer Zeit große Anstrengungen erforderlich, die be- stehenden Kastanienwälder umzuwandeln oder neu aufzubauen. Die Epidemie hat nicht in allen Beständen dasselbe Ausmaß erreicht und somit ist auch die Dringlichkeit der Umwandlung verschieden. Neben noch völlig gesunden Beständen gibt es andere, die praktisch schon völlig zusammengebrochen sind, und deren Umwandlung deshalb äußerst dringend ist. Die Epidemie breitet sich nicht bloß kreisförmig um einen Herd herum immer weiter aus, sondern es entstehen in unregelmäßigen Abständen, oft in Ent- fernungen von vielen Kilometern, neue Krankheitsherde, von welchen aus der Rinden- krebs dann wieder um sich greift. Eine Zustandserfassung ist somit erschwert, da ge- sunde, erkrankte und stark in Mitleidenschaft gezogene Gebiete unregelmäßig auf das Kastanienareal verteilt sind. Solche großen Unterschiede im Befallsgrad innerhalb eines mehr oder weniger geschlossenen Kastaniengebietes erwähnen auch die amerikanischen Autoren Gravatt und Marshall (1926); in einem Gebiet mit durchschnittlichem Befalls- grad von 50

%

konnten von den Autoren Bestände mit weniger als 5

%

erkrankten Bäu- men und andere mit 95

%

befallenen Individuen festgestellt werden.

Besonderes Gewicht wurde bei den Erhebungen auf die für den Kanton Tessin cha- rakteristischen Niederwaldbestände gelegt. Beim bloßen Durchwandern der Bestände ist keine Prognose über den Verlauf der Epidemie in den nächsten Jahren möglich, und es läßt sich nicht beurteilen, wie rasch die drohende Waldbrand- und Erosionsgefahr an- steigt. Auch die in Amerika gemachten Erfahrungen und Erhebungen können nicht a priori auf die Verhältnisse in der Südschweiz übertragen werden. Neben den geo- morphologischen und klimatischen unterschiedlichen Bedingungen ist auch die Zusam- mensetzung der Bestände verschieden, und während in Amerika die Castanea dentata dem Pilz als Wirtspflanze zur Verfügung stand, fällt in unsern Gebieten die Castanea sativa der Pandemie zum Opfer. Bei den südschweizerischen Beständen der Castanea sativa handelt es sich weitgehend um Monokulturen eines vom Menschen hergebrachten

«Fremdländers»; im Gegensatz dazu stellt Castanea dentata in Nordamerika auf ihrem natürlichen Verbreitungsgebiete eine beachtliche Komponente der Bestände dar.

160

(3)

In der vorliegenden Arbeit sollen auf Grund konkreter Erhebungen, die während der vergangenen drei Jahre (1958 bis 1960) in verschiedenen Beobachtungsgebieten gemacht wurden, Angaben über die Ausbreitung der Endothia dargelegt werden. Die durchgeführten Erhebungen sind als Grundlage einer epidemiologischen Zustandserfas- sung der gesamten Kastanienzone der Südschweiz gedacht, wodurch diese in Gebiete verschiedener Dringlichkeitsstufen der Umwandlung unterteilt wird.

Ich möchte auch an dieser Stelle Herrn Dr. F. Fischer, Herrn Dr. G. Bazzigher und Herrn Dr. Th. Keller danken für manch guten Ratschlag und bereitwillige Mithilfe, sowie den übrigen Mitarbeitern der Eidgenössischen Anstalt für das forstliche Ver- suchswesen für verschiedene wertvolle Anregungen. Ein besonderes Wort des Dankes gilt auch Herrn G. Cossa und Herrn M. Montemari für die zuverlässige und genaue Arbeit bei den Erhebungen.

1. Vorgehen bei den Erhebungen

Für die Erhebungen wurden Gebiete mit reiner oder überwiegender Kastanienbestok- kung ausgesucht. Eine erste Probefläche beginnt etwa 700 m östlich Quartino bei Punkt 112.000/713.330 und erstreckt sich als 40 m breites, nordexponiertes Band von der Magadinoebene, 210 m ü. M., der Fallinie entlang den Hang des Monte Ceneri hinauf bis 400 m ü. M. Der Wald ist auf der ganzen Fläche einheitlich, es handelt sich um einen geschlossenen Kastanienplenterwald mit 10- bis 30jährigen Stockausschlägen.

Andere Holzarten sind nur spärlich vertreten. Bei den Aufnahmen in Quartino wurden 14 76 Bäume erfaßt.

Eine zweite Erhebungsfläche liegt in einem mehr oder weniger geschlossenen Kasta- nienniederwald mit 5- bis 30jährigen Stockausschlägen bei Rivera. Sie beginnt oberhalb dem Rehberg beim Südausgang des Ceneri-Tunnels, etwa 520 m ü. M., und zieht sich als 40 m breites Band, dem Bach entlang, den westexponierten Hang hinauf bis gegen 1000 m ü. M. Neben der Kastanie ist besonders im oberen Teil auch die Flaumeiche ver- treten. Die Erhebung bei Rivera erfaßt 1456 Kastanienbäume. Die Flaumeichen wurden ebenfalls auf Endothia-Befall untersucht.

Ein weiterer Probestreifen zieht sich den südexponierten Hang bei Monte Carasso von den Weingärten, etwa 250 m ü. M., hinauf bis Pie Moretti, 1000 m ü. M. 56 Qua- drate von 20 m Seitenlänge sind paarweise der Fallinie entlang angeordnet. Zwischen jedem Quadratpaar und dem nächst höheren ist ein Zwischenraum von 20 m eingescho- ben. Die 44 800 m2 große Probefläche liegt in einem geschlossenen Kastaniennieder- wald, bestehend aus Stockausschlägen und sogenanntem Kopfholz verschiedenen Alters.

Nur selten sind Überreste einstiger Selven zu erkennen. Andere Baumarten sind bloß unbedeutend vorhanden. 3302 Bäume wurden auf Endothia-Befall untersucht.

Als Beispiel eines Selvenbestandes wurde eine Probefläche oberhalb Soresina ausge- wählt. Die Bäume waren meist 60 bis 100 Jahre alt. In die Erhebungen wurden 63 Bäume einbezogen.

161

(4)

Jedes Individuum bekam eine fortlaufende Nummer und wurde auf alle im Formular enthaltenen Fragen untersucht. Als Individuum galt: 1. Kernwuchs über 130 cm hoch, 2. einzelner Stockausschlag über 5 cm Durchmesser in Brusthöhe und 3. Stockaus- schlaggruppe als Ganzes, wenn kein Stockausschlag 5 cm Durchmesser erreichte. Waren mehrere Stockausschläge aus einem Stock vorhanden, wurden deren Nummern mit Aus- nahme der ersten unterstrichen, um festzuhalten, was zu einem genetisch einheitlichen Ganzen gehört. Die Stockausschläge der gleichen Gruppe, die 5 cm Durchmesser nicht erreichten, wurden gezählt und unter der Nummer des zuletzt aufgeführten Stockaus- schlages eingetragen, wobei auch die Zahl der erkrankten angegeben wurde: Erreichte von einer Gruppe kein Stockausschlag 5 cm Durchmesser, erhielt der stärkste die Num- mer und wurde im Formular eingetragen. In derselben Kolonne wurden wiederum die Zahl aller und die Zahl der befallenen Stockausschläge angegeben.

Das erste Drittel des Aufnahmeformulars befaßt sich mit der Bestandescharakterisie- rung. Alter und Höhe des Baumes wurden geschätzt und der Umfang gemessen. Im zwei- ten Teil wurde der von Endothia parasitica verursachte Schaden eingetragen, indem der Durchmesser des größten abgestorbenen Astes oder das Absterben des ganzen Baumes angegeben wurde. Der dritte Teil des Formulars befaßt sich mit der Charakterisierung des Krankheitsbildes. Ort und Länge der Läsion und deren Ausbreitung, bezogen auf den Stamm- oder Astumfang, wurden bestimmt und das Total der Stockausschläge sowie die Anzahl der befallenen Stockausschläge wurde festgehalten. Die beiden Enden der Läsion wurden mit Farbe markiert, um den jährlichen Zuwachs zu ermitteln. Die Erhe- bungen wurden 1958, 1959 und 1960 in derselben Jahreszeit und von den gleichen Per- sonen durchgeführt.

2. Ausbreitung des Pilzes am Baum

Bei den jungen, etwa bis 30- oder 40jährigen, den Kastanienniederwald bildenden Bäumen mit glatter Spiegelrinde zeigt sich das Schadbild meist in Form von Läsionen an den Stämmen ( vgl. Abbildungen 2 und 3). Die Läsionen breiten sich besonders am Anfang rasch aus und erreichen oft schon im ersten Jahr eine Länge von 10 bis 40 cm;

sie führen je nach der Reaktionslage der Bäume zu Hypertrophie oder Atrophie der erkrankten Stellen. Die durchschnittlichen jährlichen Läsionszunahmen, ermittelt in den beiden Jahren und in den verschiedenen Gebieten, sind in Tabelle 1 dargestellt; sie schwanken zwischen etwa 10 und 20 cm. Bei etwa 10

%

der Läsionen konnte festgestellt werden, daß sie sich ein Jahr lang nicht weiter ausdehnten, während sich im folgenden Jahr wieder die normalen Zunahmen zeigten. Bei der Ermittlung der jährlichen Ver- größerungen der Läsionen konnte keine Abhängigkeit von der Höhe über Meer, der Exposition oder andern Umweltfaktoren festgestellt werden.

Für das Absterben des Baumes ist die Ausbreitung der Läsion auf dem Stamm- umfang ausschlaggebend (vgl. Bazzigher, 1953). Der Baum vermag jedoch, nachdem

die Läsion sich rings um den Stamm herum ausgebreitet hat, je nach den ökologischen Verhältnissen meist noch ein, zwei oder mehrere Jahre zu leben. Von den im Jahre 162

(5)

Abbildung 1

Verwilderte Selve mit stark vom Kastanienrindenkrebs befallenen Bäumen im Ceneri-Gebiet.

(6)

Abbildung 2

Von Endothia parasitica hervorgeru- fene krebsartige Läsion (Hypertro- phie) auf einem Ast von Castanea sativa. Bildung von Wasserreisern unterhalb der befallenen Stelle.

Abbildung 3

Befallsbild der Endothia parasitica um eine Astschnittwunde herum. Die Sporenlager des Pilzes sind als helle

Pünktlein zu erkennen.

(7)

Tabelle 1

Läsionsmessungen 1958/59 Läsionsmessungen 1959/60

Probefläche Total Durchschnitt!. Total Durchschnitt!.

gemessene Läsions- gemessene Läsion•·

Läsionen zunahme in cm Läsionen zunahme in cm

Rivera 1. Hälfte 97 12,3 133 12,1

2. Hälfte 123 13,3 120 11,1

Quartino 1. Drittel 75 19,5 134 14,8

2. Drittel 91 16,5 152 12,0

3. Drittel 106 15,4 144 15,9

Monte Carasso 1. Hälfte 67 15,1

2. Hälfte 69 16,9

1958/59 in den Probeflächen bei Rivera und bei Quartino neu aufgetretenen 163 bzw.

89 Läsionen hatten zum Beispiel bereits 37

%

bzw. 32

%

den ganzen Stammumfang erfaßt, während davon nach zwei Jahren 82

%

bzw. 71

%

sich rund um den Stamm aus- gedehnt hatten.

Bei den alten Bäumen, die besonders in den heute meist verwilderten Selven anzu- treffen sind, zeigt sich das Schadbild in erster Linie außen in den Baumkronen. Der Pilz befällt einzelne Äste und bringt nach und nach die ganze Baumkrone zum Absterben.

Das Zurücksterben der Äste ist nicht auf eine bestimmte Jahreszeit beschränkt. Entweder treiben befallene Kronenpartien im Frühjahr nicht mehr aus, oder die Äste welken in einem beliebigen Stadium während der Vegetationsperiode. Das Absterben während der Vegetationszeit bewirkt zunächst eine schüttere, gelblich verfärbte Belaubung und er- folgt dann in der Endphase meist sehr rasch. Es bildet sich kein Trennungsgewebe an der Blattbasis, so daß dürre Blätter, auch Blüten- oder Fruchtstände längere Zeit, oft über Jahre, an den Ästen haften bleiben. Die darauf einsetzende Bildung von Wasserreisern an dickeren Ästen und am Stamm führt zu dem bekannten Befallsbild des Kastanien- rindenkrebses. Die Endothia parasitica vermag in 5 bis 15 Jahren kräftige Selvenbäume zur totalen Gipfeldürre zu bringen. Der Erreger setzt sich sehr häufig auch am Stamm fest und bildet seine Fruktifikationsorgane in großer Zahl in der zerklüfteten Borke ver- steckt. Der Pilzbefall an den Stämmen der Selvenbäume führt jedoch nicht zur Ausbil- dung einer äußerlich sichtbaren Läsion; oft entwickelt er unter der Borke ockerfarbige, fächerförmige, feinverzweigte Mycelmatten ähnlich den weißen Mycelrasen bei Halli- maschbefall [ Armillaria mellea (Vahl.) Quel.] .

163

(8)

3. Ausbreitung des Pilzes im Bestand

In den Vereinigten Staaten wurden Erhebungen durchgeführt, um das jährliche Fort- schreiten der Krankheit im Bestand festzustellen (Gravatt und Gill, 1930). In Figur 1 ist die prozentuale jährliche Zunahme der befallenen und der abgestorbenen Bäume in den Beständen von Castanea dentata in den Staaten Maryland und Virginia dargestellt.

Als Erlebenswahrscheinlichkeit der Bestände, nachdem 1

%

der Individuen erkrankt waren, konnte eine Zeitspanne von 14 Jahren ermittelt werden. Nach 7 Jahren waren 90

%

der Bäume erkrankt, und bereits nach 14 Jahren waren 95

%

aller Kastanien abgestorben. Entsprechend diesen Erhebungen sind die Kastanien in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet in Nordamerika, einem über 2000 km langen und etwa 800 km breiten Areal, durch die Endothia parasitica tatsächlich innerhalb 40 Jahren vernichtet worden (vgl. Gravatt, 1949).

Trotz der relativ kurzen Zeitspanne von drei Jahren, innerhalb welcher die Erhebun- gen im Tessin durchgeführt wurden, sollen die Resultate mit den Erfahrungen aus den amerikanischen Beständen verglichen werden.

Figur 1

08~

1. JAHR 2. JAHR 3.JAHR

6.JAHR 7.JAHR 8.JAHR

11.JAHR 12.JAHR 13.JAHR

9.JAHR

14.JAHR

5.JAHR

10.JAHR

0

gesund

0

infiziert

gestorben

Die Erlebenswahrscheinlichkeit der Kastanienbestände in Maryland und Virginia, nachdem 1 % der Bäume erkrankt waren (nach Gravatt und Gill, 1930).

Die Resultate der Erhebungen in den Probeflächen bei Quartino, Rivera und Monte Carasso sind in den Figuren 2, 3 und 4 veranschaulicht. Die Aufnahmebestände wurden in Rechtecke unterteilt. Die einzelnen Rechtecke sind in den Darstellungen einzeln be- rücksichtigt, um eine Übersicht über die Krankheitsherde und die verschiedenen Befalls- stufen auch innerhalb der Probeflächen zu vermitteln. Da einheitliche Bestände ausge- sucht wurden, waren in allen Rechtecken vergleichbare Anzahlen Bäume vorhanden.

164

(9)

80 70

60 ~

.s

50

..

E

:, 40

:t, lXl

30 20 10

TOTAL

r::, ERHEBUNG lli;J JULI 1958

1. 2. 3.

Figur 2

p;i ERHEBUNG LJ JULI 1959

4. 5. 6.

1.-12. Rechteck

ERHEBUNG JULI 1960

7. 8. 9. 10. 11. 12.

Prozentualer Anteil der von Endothia parasitica befallenen Kastanienbäume in den 20 x 40 m großen Recktecken eines Beobachtungsstreifens durch den Kastanienniederwald von Quartino

gegen Monte Ceneri hinauf, aufgenommen in den Jahren 1958, 1959 und 1960.

70

60 ~

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50

,!

lXl 40

j

30 -2 ~

20 10

TOTAL

~ ERHEBUNG l;i;.;J JULI 1958

1. 2. 3.

Figur 3

r,n ERHEBUNG LJ JULI 1959

4. 5. 6.

1.-12. Rechteck

7.

ERHEBUNG JULI 1960

8. 9. 10. 11. 12.

Prozentualer Anteil der von Endothia parasitica befallenen Kastanienbäume in den 20 x 40 m großen Rechtecken eines Beobachtungsstreifens durch den Kastanienniederwald bei Rivera

(Südausgang des Ceneri-Tunnels), aufgenommen in den Jahren 1958, 1959 und 1960.

Aus Figur 2 (Probebestand Quartino) erkennt man einen Befallsanstieg in Richtung größerer Meereshöhe. Dies zeigt, daß der Krankheitserreger von dem wenige Kilometer südlicher liegenden, seit 13 Jahren bekannten Seuchenherd bei Soresina am Monte Ceneri her eingedrungen sein muß. Die Darstellungen über die Bestände bei Rivera und Monte Carasso (Figuren 3, 4) lassen den unterschiedlichen Krankheitsbefall innerhalb

165

(10)

40

~ . .;

5

, 5

IXl 30 ~

~ 5

.g

&i

20

5

10

5

0

5

40

5

30

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,6;

5

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20

t

~ d!

5

10

5

0

30

Figur 4

ITJ

ERHEBUNG

1959

10 15

1. -28. Rechteck

r,;:mERHEBUNG l2il 1959

35 40

029. - 56. Rechteck

□ ERHEBUNG 1960

20

□ ERHEBUNG 1960

45

25

50 55

Prozentualer Anteil der von Endothia parasitica befallenen Kastanienbäume in den 20 x 40 m großen Rechtecken eines Beobachtungsstreifens oberhalb Monte Carasso gegen Pie Moretti hinauf,

aufgenommen in den Jahren 1959 und 1960.

166

(11)

eines Bestandes erkennen. Neben noch gesunden oder sehr wenig infizierten Bestandes- partien liegen solche mit recht hohen Befallsraten.

In den südschweizerischen Kastanienniederwäldern konnte gegenüber der jährlichen prozentualen Zunahme von erkrankten Bäumen in Maryland und Virginia ein vermin- derter durchschnittlicher Anstieg der Befallskurve festgestellt werden. Nach den Erhe- bungen während der relativ kurzen Zeit von drei Jahren braucht die Endothia-Seuche also ein paar Jahre länger, bis sie unter südschweizerischen Bedingungen alle Bäume eines Bestandes zur Erkrankung bzw. den ganzen Bestand zum Absterben gebracht hat.

Es wird sich jedoch bloß um eine Verschiebung von 5 bis 10 Jahren im V er gleich zu den Erfahrungen über den Krankheitsverlauf in Amerika handeln.

Von den Stockausschlägen mit weniger als 5 cm Stammdurchmesser waren in den Probebeständen 3 bis 7

%

befallen. Es konnte keine gesetzmäßige jährliche Zunahme von befallenen Stockausschlägen festgestellt werden. Da absterbende Bäume mit ver- mehrter Bildung von Stockausschlägen reagieren und andererseits die befallenen Stock- ausschläge in kurzer Zeit absterben, bleibt der Prozentsatz erfaßbarer befallener Triebe relativ klein.

Abgestorbene Äste oder ganze Bäume sind in den untersuchten Beständen noch rela- tiv selten. Im Probebestand Quartino waren im ersten Erhebungsjahr 1 Promille der Individuen durch Endothia parasitica zum Absterben gebracht worden; im zweiten Jahr waren 1,5

%,

im dritten 3

%

der Bäume tot. In der Probefläche bei Rivera zeigten im dritten Erhebungsjahr 2

%

der Bäume Gipfeldürre infolge Endothia-Befalls. Nach den ältesten vorhandenen Läsionen muß das erste Eindringen des Krankheitserregers in die beiden genannten Probebestände vor 7 bis 9 Jahren stattgefunden haben.

Im Selvenbestand bei Soresina liegen die Verhältnisse anders. Der Prozentsatz der erkrankten Bäume stieg vom Jahr 1958 auf 1959 von 14

%

auf 30

%,

während 1960 bereits 65

%

der Bäume erkrankt waren.

Zusammenfassung

Das Vorgehen, um die Ausbreitung der durch Endothia parasitica (Murr.) And.

hervorgerufenen Erkrankung der Kastanie in der Südschweiz am einzelnen Baum und im Bestand zu erfassen, wird dargelegt.

Die Läsionen nehmen jährlich durchschnittlich 10 bis 20 cm an Größe zu.

Die jährliche Ausbreitung in den Probebeständen wird graphisch dargestellt. Die Endothia-Epidemie breitet sich in der Südschweiz zwar etwas langsamer aus als einige Jahrzehnte vorher in Nordamerika, doch beträgt die Verzögerung nur wenige Jahre.

167

(12)

Resume

L'auteur decrit le procede utilise pour conna~tre le developpement pris soit sur les arbres isoles, soit dans les peuplements, par la maladie causee au chataignier par En- dothia parasitica ( Murr.) And. dans le Sud de la Suisse.

Les lesions provoquees par le cryptogame augmentent en moyenne de 10

a

20 cm par annee.

L' extension de la maladie constatee chaque annee sur les arbres-temoins est represen- tee graphiquement. L' epidemie se propage dans le Sud de la Suisse plus lentement que ce fut le cas il y a quelques dizaines d'annees en Amerique du Nord, cependant le retard ne comporte que quelques annees.

Riassunto

V iene descritto il procedimento per rilevare l' estenzione dell' Endothia parasitica (Murr.) And. nella Svizzera meridionale, sia per quanto riguarda la singola pianta, ehe per un aggregato intero.

Le lesioni s'ingrandiscono annualmente di circa 10 a 20 cm.

Il progresso annuale delta malattia nelle arie rilevate viene dimostrato mediante un diagramma. L' epidemia dovuta all' Endothia si sviluppa in modo piu lente nella Svizzera meridionale ehe non negli ultimi decenni negli Stati Uniti d' America. Si tratta tuttavia d'un rallentamento di solo pochi anni.

Summary

The process is described of determining, on the single tree and in the stand, the extension of the disease of the chestnut-tree in Southern Switzerland caused by Endothia parasitica (Murr.) And.

The size of the lesions, on the average, increases 4-8 inches yearly.

The yearly extension in the experimental areas is graphically demonstrated. lt is true that the extension of the epidemic disease Endothia is advancing somewhat more slowly in Southern Switzerland than it did in the United States, some decades ago, but the delay will be only a few years.

168

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Literatur

B a z z i g h er, G., 1953: Beiträge zur Kenntnis der Endothia paras1t1ca (Murr.) And., dem Er- reger des Kastaniensterbens. Phytopath. Z. 21, 105-132.

Gäu man n, E., 1951: Ober das Kastaniensterben im Tessin. Schweiz. Ztschr. Forstwesen, Nr. 1, 1-20.

G r a v a t t, G. F., 1949: Chestnut Blight in Asia and North America. Unasylva, 3, 1-7.

G r a v a t t , G. F., and G i 11 , L. S., 1930: Chestnut Blight. U. S. Dept. Agric. Farmers' Bull.

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G r a v a t t , G. F., and Mars h a 11 , R. P., 1926: Chestnut Blight in the Southern Appalachians.

U. S. Dept. Agric. Department, Circular 370, 1-11.

Kurt h , A., Fisch er, F., B a z z i g her , G., e Ritter , F., 1957: II cancro corticale de!

castagno nel Cantone Ticino. Mitt. Schweiz. Anst. forstl. Versuchsw. 33, 33-69.

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