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2. Die historische Entwicklung der Planung in den USA

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Möglichkeiten und Grenzen der Planung des technischen Fortschritts

Gerhard ROSEGGER, Dr.jur., MBA, Professor of&onomics an der Case Western Reserve University, Cleveland, Ohio, USA.

zahlreiche wirtschaftswissenshaftliche Publikationen.

Man übertreibt kaum, wenn man sagt, daß sich die Wirtschaftstheorie - mit einigen be- merkenswerten Ausnahmen, wie z.O. Joseph Schumpeter - erst seit etwa drei Jahrzehnten mit dem technischen Wandel als einem endogenen Faktor des ökonomischen Prozesses be- faßt. Interessanterweise fiel diese Entwicklung in eine Phase, in der die breite Öffentlich- keit zunehmend Zweifel an den Segnungen des Fortschritts erhob. Dadurch erhielten so- wohl die Anstrengungen der Techniker und Wissenschafter als auch die Aufgaben der Ma- nager Impulse in neue Richtungen - und förderten so wieder das sozial-wissenschaftliche Interesse an den vielfältigen Problemen des technischen Wandels.

1. Einleitung

Ohne mich in einem taxonomischen Ge- strüpp zu verirren, will ich die »Planung«

als zentrale, wirtschaftsweite Zielsetzung und Durchführung von technologischen Unternehmen definieren. Natürlich plant jede Wirtschaftseinheit, ob Privat firma oder familie, in irgendeiner Form, aber die- se Tätigkeit und ihre Auswirkungen unter- liegen anderen Gesetzmäßigkeiten als die zentrale Planung. Dazu muß noch gesagt werden, daß die Einflußnahme zentraler Organe nicht nur positive Formen anneh- men kann, sondern daß sie sich auch durch den Erlaß von die private Entwicklung von Technologien beeinflussenden Verboten und Auflagen auswirken kann.

Rein abstrakt werden die Möglichkeiten und Grenzen einer zentralen Planung - in erster Linie durch den Staat, aber auch durch andere kollektive Willensträger - durch zwei Kraftfelder bestimmt. Einer- seits sind das die »objektiven« Gegeben- heiten von Naturwissenschaft und Technik (und ich setze das Wort »objektiv« bewußt in Anführungszeichen) und andererseits sind es die Bereitschaft und die Fähigkeit ei- ner Gesellschaft, Pläne zu konzipieren, ihre Auswirkungen abzusehen und sie entspre- chend zum Ziel zu führen. Befaßt man sich mit einer spezifischen Gesellschaft, wie der amerikanischen, sind diese Bereitschaft und Fähigkeit wohl zuerst einmal aus ge- schichtlichen Tendenzen zu erklären.

2. Die historische Entwicklung der Planung in den USA

In seinem »Staat« klassifiziert Platon die menschliche Tätigkeit nach ihrem ethi- schen Gehalt:

Da sind zuerst einmal harmlose Unterhal- tungen, die man nur um ihrer selbst willen 36 DER WIRTSCHAFTSINGE IEUR 19 (1987) 2

verfolgt und die einen - ohne weitere Fol- gen - kurzweilig erfreuen.

Die zweite Kategorie besteht aus Tätigkei- ten, die sowohl gut an sich sind als auch in allen ihren Konsequenzen als erstrebens- wert zu gelten haben.

Und drittens gibt es Beschäftigungen, die man zwar nicht als gut an sich betrachtet, die man aber wegen ihrer nützlichen Resul- tate verfolgt.

In historischer Perspektive kann man si- cher sagen, daß die amerikanische Gesell- schaft lange Zeit ohne jede Zweifel, ja sozu- sagen intuitiv, das Machen des technischen Fortschritts Platons zweiter Kategorie zu- schrieb - jenen Tätigkeiten, die sowohl an sich als auch in ihren Auswirkungen ein Po- sitivum darstellen.

Diese Intuition wurde natürlich im 19. und frühen 20. Jahrhundert durch besondere Umstände gefördert: Den Reichtum an Land und Ressourcen; die Möglichkeit, im- mer wieder auch technische Ideen fremden Ursprungs in großzügige wirtschaftliche Realität umzusetzen; und dies hauptsäch- lich durch ein stetiges Anwachsen einer hochmobilen Bevölkerung, das zwar einer- seits langsam genug war, um einen An- sporn zu arbeitssparenden Innovationen zu geben, andererseits jedoch das Potential zur Ausschöpfung des bisher (in jedem Sin- ne) größten einheitliches Marktes der Welt bot.

Dazu kamen aber noch zwei besondere Faktoren:

Erstens waren selbst in Bereichen, die man in Europa traditionell dem staatlichen Ent- scheidungsbereich zuschrieb, dezentrali- sierte technische Entscheidungen die Regel - und damit auch dezentralisierte Fehlin- vestitionen, die sich gesamtwirtschaftlich meist nur dort auswirkten, wo indirekt mit der ökonomischen Substanz gespielt wurde

- auf dem ebenfalls dezentralisierten und manchmal scheinbar chaotischen Kapital- markt.

Zweitens aber war man bereit, in einem an Ressourcen reichen und schnell wachsen- den Wirtschaftssystem diese »Ausrut- scher« - selbst wenn größere technische Fehlspekulationen der Grund waren - als einen Preis zu betrachten, den man für die inhärente Dynamik dieses Systems und für die positiven Seiten des technischen Fort- schritts bezahlen mußte. Man bezahlte ihn umso lieber, als ja selbst bei einem finan- ziellen Versagen von Proje'kten deren physi- sche Substanz meist erhalten blieb und sie auf jeden Fall das Inventarium der techni- schen Ideen bereicherten. So wurden die Erfinder-Unternehmer - Thomas Edison soll hier für alle erwähnt werden - zu allge- mein bewunderten Helden des Fortschritts.

Damit sei natürlich nicht gesagt, daß es kei- ne Stimmen gab, die Zweifel an den Seg- nungen dieses Fortschritts erhoben und die oft auch staatliche Interventionen forder- ten - , sondern nur, daß es niemanden ein- gefallen wäre, diese Interventionen sollten die Form einer Planung der innovatori- schen Tätigkeit annehmen.

Der Widerstand gegen spezielle Formen neuer Technik wurzelte oft in jener rustika- len Romantik, die wir auch mit dem Cha- rakter der amerikanischen Gesellschaft verbinden. So wetterte in der zweiten Hälf- te des 19. Jahrhunderts ein Autor gegen das Vordringen der Eisenbahnen in den Mittel- westen, weil sie »die Manufaktur in das Herz des Landes einführen, den Fleiß der Menschen von der einfachen, gesunden und moralischen Beschäftigung in der Landwirtschaft ablenken und die Sünden und Miseren industrieller und kommerziel- ler Stätten mit sich bringen«.

Dabei entbehrt es nicht einer gewissen Iro-

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nie, das gerade der einfache und unabhän- gige Farmer schon seit dem Bürgerkrieg utznießer des sicber ältesten, größten und auch erfolgreichsten Innovationspro- gramms der Regierung war. Dieser Faden der Entwicklung soll hier nicht weiter ver- folgt werden, sondern nur als Hinweis auf ein bis heute andauerndes Charakteristi- kum der Wirtschaftsdynamik dienen - die erstaunliche Fähigkeit der Amerikaner, den Mythos des laisser faire mit der Reali- tät ständiger Anlehnversuche an den Staat zu verbinden.

In diesem Sinne ist auch eine weitere, scheinbar nie versiegende Quelle der Forde- rung nach staatlichem Einschreiten gegen gewisse Innovationen zu verstehen. Sie ent- sprang dem Wettbewerb unter den Propo- nenten verschiedener, funktionell äquiva- lenter Technologien. So schrieb im Jahr 1896ein Ingenieur im hochrespektierlichen Journal of tbe FrankJin Institute über die Nachteile des Automobils: »AIle uns be- kannten Benzinmotoren stoßen einen stän- digen Strom von teilweise unverwerteten Kohlewasserstoffen in Form eines dichten Rauchs mit hochgi ftigem Aroma aus. Man stelle sich tausende solcher Vehikel auf den Straßen vor, jedes von seiner eigenen Ge- stankwolke begleitet!« Der prophetische Charakter dieser Beobachtung wird nur dadurch geschmälert, daß der Autor, ein Mitglied der elektrotechnischen Gesell- schaft, eine generelle gesetzliche Regelung zugunsten des Elektro-Kraftwagens als

»optimale technische Lösung« forderte.

Für meine Zwecke sind aber zwei andere hi- storische Tendenzen von größerem Inter- esse, weil sie direkt den andauernden Kon- flikt zwischen objektiven technischen Ge- gebenheiten und gesellschaftlichen Institu- tionen in der Bewertung der Möglichkeit und Grenzen der Planung illustrieren. Die eine ist die Ungeduld der Technologen mit dem irrationalen Verhalten der Menschen und chaotischen politischen und sozialen Prozessen, durch die eine demokratische Gesellschaft au f die so offensichtlichen Po- tentiale des technischen Fortschritts rea- giert. Und die andere ist die wachsende Ten- denz dieser Gesellschaft, innovatorische Tätigkeit nicht als gut an sich, sondern als Platons dritter Kategorie zugehörig - also als Mittel zum Zweck - zu betrachten. Da- mit erheben sich natürlich sofort jene Fra- gen über den Zweck und über die Zweck- mäßigkeit der Mittel, die einer Nutzen-Ko- sten- Rechnung zugrundeliegen.

Einer der ersten Beobachter, der den Kon- flikt zwischen »rationalen« technischen Möglichkeiten und einer scheinbar inadä- quaten Organisation der Wirtschaft in ra- dikaler Weise zu lösen vorschlug, war der Sozio-Ökonom Tborstein Veblen. Er schrieb in seinem Buch, »The Engineers and the Price System« (1919): »Die Inge- nieure bilden den Generalstab des Indu- striesystems, wie immer auch unser forma- les Recht und unsere Gewohnheiten dage- gen protestieren mögen. Daher reduziert sich die Frage einer sozialen Revolution -

in Amerika oder auch in den anderen fort- schrittlichen Industrieländern - auf die Frage, was die Zunft der Techniker tun will.«

Veblen war reiner Theoretiker. Aber ein sonderbarer politischer Auswuchs seiner Ideen war das sogenannte »Technocracy Movement«, das in den späten zwanziger Jahren und dann besonders während der großen Depression florierte und sogar Wahl kandidaten aufstellte. Ich zitiere aus dem technokratischen Programm: »Die Mißwirtschaft und das Chaos einer von ex- ternen Interessen diktierten, willkürlichen Regelung unseres Industriesystems haben einen Stand erreicht, zu dem viele Techni- ker von der dringenden Notwendigkeit überzeugt sind, ihre Kräfte in einem Pro- gramm der industriellen Koordination zu sammeln - einem Programm, das nicht auf Ideologien, sondern auf exaktem Wis- sen beruht ... Unser Problem ist vorwie- gend ein ingenieur-technisches; daher ist es notwendig, technisches Wissen in den Dienst des Volkes zu stellen.«

Die »wissenschaftliche Basis« für die tech- nokratische Steuerung des Wirtschaftssy- stems bildete die Anwendung von mehr oder weniger spitzfindigen mathemati- schen Modellen, die auf aus der Newton- schen Mechanik und der Thermodynamik stammenden Ansätzen beruhten. Wie den meisten weltretterischen Bewegungen mangelte es den Technokraten an jeglichem Sinn für politische Pragmatik und sie zer- fleischten sich in internen, intellektuell- ideologischen Konflikten. Der zweite Welt- krieg fegte sie hinweg.

Die Anforderungen der Kriegstechnik stellten aber auch Wissenschafter und In- genieure vor ganz neue Aufgaben und brachten ihnen neues Ansehen. Noch wich- tiger aber war, daß unter dem Druck der Notwendigkeit neue organisatorische Me- thoden zur Konzeption, Lenkung und Durchführung von Projekten entwickelt wurden, die sodann als Modelle für die zen- trale Planung von technischen Großunter- nehmen in den Nachkriegsjahrzehnten dienten - und gleichzeitig zu einer weiten Überschätzung der Möglichkeiten einer derartigen Planung führten.

Der Prototyp war natürlich das berühmte

»Manhattan Project« zur Entwicklung der Atombombe. Gerade der Erfolg dieses und vieler anderer Projekte erweckte den Glau- ben, daß die wohlorganisierte und auf höchster Ebene koordinierte Zusammen- arbeit von Wissenschaft, Technik und Pro- duktion alle Probleme lösen kann - in be- ondere, wenn Geld kein Hindernis ist. In den fünziger Jahren bestärkten weitere, zu- mindest technisch erfolgreiche Projekte diesen simplen Glauben, trotz häufiger Fehlplanungen, zwei- bis dreihundertpro- zentigen Kostenüberschreitungen und oft- maligem Nichterreichen der ursprünglich projizierten Leistungen. Der wohl - zu- mindest aus heutiger Sicht - absurdeste Auswuchs dieses Optimismus war das Pro- jekt zur Entwicklung eines durch Atom-

kraft getriebenen Verkehrsflugzeugs, ein Projekt, das sich über Jahre hinzog und hunderte Millionen Dollar verschlang, be- vor es aufgegeben wurde.

Es gab aber auch harmlosere Beweise der technologischen Euphorie. So rieten im Jahr 1945 die Experten der Stadtverwal- tung New Yorks, keine weiteren Brücken und Tunnels nach Manhattan zu projektie- ren, da sich in Kürze aller ahverkehr mit- tels Kleinflugzeugen abspielen werde. Man solle also Dutzende von Flugplätzen rund um die Insel bauen. Zum Glück ignorierte man diesen Rat!

Die technische Prognose und das soge- nannte »wissenschaftliche Management der Technologie« erreichten aber ihren Hö- hepunkt unter dem Verteidigungsminister McNamara in den sechziger Jahren. Es wurde nicht nur trotz aller gegenteiligen hi- storischen Beweise die Vorhersage von neu- en Technologien zum Kernstück der Pla- nung erklärt, sondern es wurden auch gro- ße System-Modelle entwickelt, deren An- wendung in zivilen Technikbereichen (wie etwa Umweltschutz und Energieversor- gung) die Lösung aller bisherigen Proble- me bedeuten sollte.

Der Glaube an die Möglichkeiten der zen- tral geplanten Technik ging aber noch wei- ter. Während in einem früheren Stadium der Entwicklung die Unvernunft der Men- schen und die daraus erwachsenden gesell- schaftlichen Schwierigkeiten von vielen Technologen als Hindernisse für den tech- nischen Fortschritt betrachtet wurden, sah man jetzt das Potential der Technik zur Überwindung des aus der Unvernunft re- sultierenden Chaos. So entstand die Idee, daß es auch für alle sozialen Übel einen

»technologischen Fix« gibt. Ich zitiere aus dem Werk eines Wissenschafters vom Jah- re 1966:

»Die Menschen verhalten sich irrational.

Es ist eine langwierige und mühsame Auf- gabe, Individuen zu überzeugen, sie sollten persönliche Vorteile und Vergnügen im In- teresse langfristiger sozialer Ziele aufge- ben.... Im Vergleich (zum »social engineer- ing«) ist das technische Engineering sehr einfach!« Der Autor erwähnt dann insbe- sondere die Pille und die Spirale als leuch- tende Beispiele dafür, wie einfach es ist, das was er die »soziale Komponente des Bevöl- kerungsproblems« nennt, durch technische Innovationen zu überwinden. Seither wis- sen wir, daß diese Techniken zwar sehr nützlich sind, wenn Frauen eine Schwan- ger chaft verhüten wollen, daß sie aber ge- gen den »irrationalen« Wunsch nach Kin- dern nichts ausrichten können!

Unser Wissenschafter stellte auch fest, daß das Ausbrechen von Rassenunruhen in Amerikas Großstädten in statistisch signi- fikantem Ausmaß mit heiß-feuchtem Wet- ter zusammenhängt. Er chlug daher als Lösung vor, Klima-Anlagen und freien elektrischen Strom zum Betreiben dersel- ben für jeden Haushalt in den schwarzen Ghettos einzuführen. Der technologische Paternalismus drohte, dort weiterzuma-

DER WIRTSCHAFTSI GE IE R 19 (1987) 2 37

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ehen, wo die technokratische Bewegung versagt hatte!

Ihr Geist lebte aber weiter, zumindest in je- nen staatlichen Bürokraten, die es weiter- hin einfacher fanden, soziale und wirt- schaftliche Probleme durch den technolo- gischen Fix zu lösen, als diese Probleme - die meist mit der Motivierung der Men- schen zu tun haben - direkt in Angriff zu nehmen. So sahen wir über mehr als zwei Jahrzehnte ein ständiges Anwachsen der technologie-orientierten Gesetzgebung und der mit der Durchführung der daraus resultierenden Programme betrauten Bü- ros, Stäbe und Agenturen. Nirgendwo führte dies zu größeren Auswüschsen als in der Energie-Politik nach der OPEC-Krise von 197317.4, die Milliarden an mehr oder weniger esoterischen Großprojekten zur Entwicklung »alternativer Energiequel- len« verschwendete. Dabei stellte sichim- mer wieder heraus, daß von den diversen Experten »wissenschaftliche« Prognosen so erstellt wurden, daß sie sowohl technisch als auch wirtschaftlich genau zu den legis- lativen Vorschlägen paßten, die der jeweili- ge Präsident durch den Kongreß drücken wollte. Um sich gegen derartige Beweisfüh- rung seitens der technischen Bürokratie ab- zusichern, erstellte das Parlament sein eige- nes, unabhängiges »Office of Technology Assessment« (Büro für Technologie-Be- wertung), dessen Leistungen aber nach ei- nigen vielversprechenden Anläufen heute bereits wieder die Frage erwecken - quis- qws custodet ipsos custodes? Wer bewacht die Wächter?

Während jedoch diese Scharmützel an der technologischen Front ausgefochten wur- den, gewann langsam aber sicher die zweite Tendenz das Übergewicht - jene Tendenz der öffentlichen Meinung, über den Zweck und die Mittel der zentral konzipierten und geförderten technischen Planung mehr und mehr Zweifel zu äußern. Man kann über die Gründe dieses Wandels von einer nahezu kritiklosen Einstellung zu Groß- projekten zu einer zunehmend skeptischen Haltung nur spekulieren. Es wirkten sich bestimmt die Desillusion mit dem angeb- lich aus einer Position überwältigender technischer Überlegenheit geführten Viet- nam-Krieg, ein wachsendes öffentliches Desinteresse an der Raumfahrt-Technolo- gie und ein ebenso schnell steigendes Inter- esse am Umweltschutz aus. Gleich wichtig aber war wohl die Erkenntnis, daß Projekte an der technologischen Vorderfront zwar einerseits wertvolle sogenannte »spin- offs« auf den Gebieten der Elektronik, der Computerentwicklung und in anderen Be- reichen produzierten, daß sie aber anderer- eits auch wertvolle menschliche und mate- rielle Ressourene gerade aus jenen traditio- nellen Industrien abzogen, die unter einem scheinbar stetigen Abfall der internationa- len Konkurrenzfähigkeit litten. Dazu kam schließlich auch noch eine Desillusion über die Erfolge jener staatlichen Projekte, die sich - wie zum Beispiel die Planung und Finanzierung von städtischen Massen-

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transport-Systemen - sicher innerhalb der Frontlinien der Technik abspielten.

In der Wirtschaftsgeschichte und in der Geschichte der Technik gibt es selten klare Zäsuren - verlorene Schlachten oder ge- brochene Verträge. Ich möchte für den Zweck meines Berichts aber trotzdem eine solche Zäsur vorschlagen, die eine Wende vom vorbehaltlosen Glauben an den abso- luten Wert der Ausschöpfung jeder techno- logischen Möglichkeit durch eine Massie- rung der staatlichen Ressourcen markierte:

Im März 1971 beschloß der U.S.-Senat mit großer Mehrheit, jede weitere Stützung des Überschall-Ziviltlugzeug-Projekts (SST) zu stoppen, und dies zu einem Zeitpunkt, da der Bund bereits über 900 Millionen Dollar und die Privatindustrie etwa 300 Millionen Dollar in das Projekt investiert hatten. Dazu kamen dann noch Auslaufko- sten von mehr als 130 Millionen Dollar.

Wohl zum ersten Mal in der amerikani- schen Geschichte hatte die Volksvertre- tung, in diesem Fall sehr wohl die Volks- meinung vertretend, zu einem Unterneh- men »nein« gesagt, das technisch sozusa- gen in Griffweite lag. Wie das kommerziel- le Versagen der englisch-französischen

»Concorde( zeigt, war dies im speziellen Fall - zumindest über einen absehbaren Planungshorizont - eine auch substantiell richtige Entscheidung. Aber ihre symboli- sche Bedeutung ist sicher wichtiger. Sie sig- nalisierte eine Abkehr vom dem Credo, das jede Form des technischen Fortschritts, oh- ne Rücksicht auf die Kosten, erstrebens- wert ist.

Aus der Sicht ökonomischer Erwägungen, die zugegebenerweise bei der Projektie- rung öffentlicher technischer Unterneh- men häufig eine untergeordnete Rolle spie- len, zeigt die Geschichte aber noch ein Pro- blem auf: Bis heute ist es nicht gelungen, durch technische und organisatorische In- novationen die offenbar im Bereich der zentralen Planung liegenden, wirklichen, aber nicht so spektakulären, technischen und organisatorischen Probleme des Lang- streckenfliegens zu lösen.

Die Frage ist also meiner Ansicht nach nicht, welche technischen Unternehmen der Staat unter ideal-theoretischen Bedin- gungen durchführen sollte - jene Unter- nehmen, die in der ökonomischen Litera- tur oft mit deF These- vom »Marktversa- gen« gerechtfertigt werden - , sondern wel- che Projekte er in der realen Welt der demo- kratischen Politik auch effizient durchfüh- ren kann. Und ich würde sagen, daß auch unter Anwendung dieses Maßstabes dem Staat noch immer ein beachtlicher Spiel- raum bleiht, wobei man diesen Spielraum allerdings nicht in abstracto, sondern im geschichtlichen und institutionellen Rah- men eines gegebenen Wirtschaftssystems beurteilen muß.

3. Schlußfolgerungen

Für den Ökonomen erheben diese histori- schen Erfahrungen die Frage, ob es irgend-

welche allgemeinen Prinzipien gibt, nach denen sich die Möglichkeiten und Grenzen der zentralen Einflußnahme auf den tech- nischen Fortschritt bewerten ließen.

Dazu muß ich zuerst bemerken, daß meine empirischen Beobachtungen über die Vor- und Nachteile der zentralen (staatlichen) Planung nicht durch wohlfahrts-theoreti- sche Argumente gestützt werden können.

Mit anderen Worten, es besteht apriori kein ökonomisches Prinzip, das uns in Ent- scheidungen über die Rollenverteilung hel- fen würde. Wenn ich hier die Möglichkeiten des Staates erwähne muß ich mich auf Er- wägungen stützen, die außerhalb des Kerns der Wirtschaftstheorie liegen.

Erstens - und das klingt, wenn man es nur so kurz feststellt, trivial - sagt uns die Wahrscheinlichkeitstheorie, daß sich die Erfolgschancen bei der Suche nach neuen technischen Ideen dann erhöhen, wenn die- se Suche so breit gestreut (dezentral) als möglich gestaltet wird. In ihrem Werk, »An Evolutionary Theory of Economic Chan- ge«, das ich gerade in diesem Zusammen- hang als bahnbrechend betrachte, verwen- den elson und Winter die treffende Ana- logie des Bohrens nach Öl. Je mehr Löcher man bohrt, desto größer die Chancen, Öl zu finden - desto höher allerdings auch die direkten Kosten des Suchens.

Zweitens sagt uns die Informationstheorie, daß die Übersendung von in gestreuten La- gern verfügbaren Daten zu einem Verarbei- tungszentrum und dann wieder zurück zu den gestreuten Lagern nicht nur Zeit braucht und zu einer »information over- load« im Zentrum führen kann, sondern daß auch die Qualität der Information da- bei leidet. Um das für unsere Zwecke so simpel als möglich auszudrücken: Selbst wenn man annimmt, daß kein inhärenter EffIzienzunterschied zwischen dezentralen und zentralen Entscheidungsorganen be- steht, kann das Problem der Datentrans- mission und -verarbeitung dazu führen, daß das zentrale Organ beim Erkennen und Ausnützen technischer Möglichkeiten meist hinter dem dezentralen herhinkt.

Schließlich würde uns noch die Organisa- tionstheorie und besonders deren jüngster Sprößling, die »public choice«-Theorie, sa- gen, daß es sehr wohl Gründe für EffIzienz- unterschiede gibt. ..., daß bürokratische Strukturen weder von der Motivation noch von der Flexibilität her gut dazu geeignet sind, Chancen zu erkennen und Innovatio- nen durchzusetzen.

Ich möchte mein Plädoyer für ein System der weitgehend dezentralisierten Innova- tionsentscheidungen aber doch mit einem weiteren caveat beschließen. Im Beispiel von der Ölsuche erwähnte ich, daß das weit gestreute Bohren offenbar höhere Kosten bedeutet. Wenn wir diese Analogie auf den technischen Fortschritt in einer Marktwirt- schaft beziehen, dürfen wir uns allerdings nicht auf die direkten Kosten beschränken, sondern müssen auch die sozialen Kosten des Wettbewerbs bedenken.

»Erkauft« sich eine Gesellschaft ihren

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technischen Fortschritt durch ein System der ökonomischen Organisation, in dem private Unternehmen gegeneinander um Wettbewerbsvorteile ringen, dann erstehen solche Kosten aus etlichen Gründen. Er- stens sind da die aus der Monopoltheorie bekannten, aus dem sogenannten »welfare triang!e« erwachsenden Kosten. Dies sagt nicht mehr, als daß ein Unternehmen, wel- ches einen auf technischen Vorteilen beru- henden Wettbewerbsvorsprung hat, weni- ger Output zu höheren Preisen verkauft, als wenn seine Konkurrenten über die gleiche Technologie verfügen.

Zweitens besteht die weniger oft bespro- chene Möglichkeit, daß die »beste« Tech- nologie von einem Unternehmen monopo- lisiert wird, das in seinem Markt nicht groß genug ist, um das Preisverhalten seiner

Konkurrenten überhaupt zu beeinflussen.

Das heißt also, wir zahlen nicht die Preise, welcheimnormalen Wettbewerb die effi- zienteste Firma rechnen würde, sondern je- ne, die eine marktstärkere zur Deckung ih- rer (höheren) Grenzkosten rechnet.

Und drittens ergeben sich jene sozialen Nachteile, die mit dem Patentsystem selbst oder mit der Geheimhaltung von techni- scher Information verbunden sind. Das sind einerseits die höheren Durchschnitts- Produktionskosten einer Industrie, die aus der Breite des Unterschieds zwischen dem Unternehmen mit der besten und dem mit der marginalen Technologie entstehen.

Und es sind andererseits Kosten, die da- durch erwachsen, daß Unternehmen ihre Forschung und Entwicklung darauf kon- zentrieren, um Patente ihrer Konkurrenten

»herumzuerfinden.« In solchen Situatio- nen, die man z.B. oft in der chemischen und pharmazeutischen Industrie findet, führt sich also das Argument über die Vorteile der Streuung der dezentralisierten Innova- tionen ad absurdum.

Inwieweit solche Umstände für eine staatli- che Intervention sprechen, d.h. also für ei- ne Zentralisierung der Planung des techni- schen Fortschritts, ist schließlich und end- lich eine empirische und eine politische Frage. Aufgrund meiner eigenen, prakti- schen und theoretischen Erfahrung gibt es beim heutigen Stand unseres Verständnis- ses der mit dem technischen Wandel ver- bundenen Phänomene viel, was für eine Politik spricht, die man im Englischen

»muddling tbrougb« nennt - also für das vielgeschmähte Weiterwursteln.

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