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Archiv "Tumor-Chemotherapie und Zellzyklus" (24.04.1975)

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Tumor-Chemotherapie und Zellzyklus

Ein Beitrag zu den Grundlagen

der sogenannten Synchronisationstherapie*)

Dietmar Gericke

Für die Chemotherapie hat sich die zunehmende Kenntnis über Zy- klus- und Phasenspezifität verschiedener Tumoren bei Mensch und Tier günstig ausgewirkt. Die besondere Affinität einzelner Substan- zen in bestimmten Abschnitten des Zellzyklus ist . bekannt. Damit kann eine nutzlose Anwendung von Zytostatika genauso vermieden werden wie eine Anwendung zum falschen Zeitpunkt. Auch· die Zahl der allgemeinen Schäden, mit denen alle Zytostatika belastet sind, kann verringert werden.

Die starke Wandlung der Anschau- ungen über eine medikamentöse oder physikalische Behandlung bösartiger Geschwülste beruht auf den Vorstellungen über den Zell- zyklus, die wiederum erst durch die Einführung der Autoradiographie (Lokalisation radioaktiver Substan- zen in der Zelle unter bestimmten Stoffwechselbedingungen) möglich wurden. An einer Pflanze, der Vicia faba, hatte man festgestellt, daß eine Verdoppelung der Desoxyribo- nukleinsäure (DNS) nicht irgend- wann während des Zellzyklus, son- dern nur in einer ganz bestimmten Zeit, der sogenannten S-(Synthese-) Phase, einem Teil der lnterphase, abläuft.

Die Zellen höherer Tiere ließen sich nach ihrem Zyklus von Mitose zu Mitose in drei unterschiedliche Populationen einteilen:

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Zellen, die sich ständig teilen (wie Tumorzellen im Frühstadium oder regenerierende Leberzellen).

Sie durchlaufen nach der Mitose sofort den gesamten Zellzyklus,

der mit G1 (Gap-Schritt), der post- mitotischen oder präsynthetischen Phase beginnt. Ihr schließen sich die S = DNS-Synthese-Phase und die G2-postsynthetische oder prä- mitotische Phase an. Den Schluß des Zyklus bildet die Mitose.

f) Einen anderen Zelltyp stellen Erythrozyten oder beispielsweise verhornende Epithelzellen dar, die so weit differenziert sind, daß sie sich nicht mehr teilen können.

8 Schließlich gibt es Zellen (wie normale Leberzellen oder Lympho- zyten), die in einer als Go bezeich- neten Phase verharren können, in der kein Stoffwechsel stattfindet.

Die Zellen ruhen, deshalb nennt man sie auch "dormant cells".

Weshalb und wann derartige Zellen von Go nach G1 und damit in den Zellzyklus eintreten, weiß man noch nicht (Darstellung 1).

Die Frage nach den Zeiträumen, den die einzelnen Phasen in An- spruch nehmen, kann nicht allge- meingültig beantwortet werden;

Verwendete Abkürzungen

Ara-C

BCNU

1-ß-D-Arabino- fu ranosyl cytosi n 1 ,3-bis-(2-Chlor- äthyi-1-Nitroso- urea)

5-BUDR = 5-Brom- desoxyuridin CCNU

DNS

5-FU 5-FUDR

6-MP MTX

1 (2-Chloräthyl) 3-Cycloasyi- 1-Nitrosa-urea Desoxyribo- nukleinsäure 5-Fiuorouracil 5-Fiuor- desoxyuridin 6-Mercaptopu ri n Methotrexat RNS Ribonukleinsäure

sie variieren nicht nur von Zellinie zu Zellinie, sondern auch innerhalb einer Linie. Dabei ist G1 die Phase mit der größten Streuung. Bei der Maus wurden beispielsweise GI- Zeiten zwischen drei (beim wach- senden Haarfollikel) und 45 Stun- den (Alveolen der Brustdrüse), und bei der Ratte zwischen zwei (Kryp- ten des Jejunums) und 102 Stun- den (Periost) bestimmt. Im Gegen- satz dazu haben die Krypten des Kolons· beim Menschen eine GI- Zeit von 20, die normale Magen- schleimhaut eine von zehn Stun- den.

Auch die Dauer der Synthesephase ist nicht konstant. Seide Schritte werden offensichtlich unter ande- rem vom Alter eines Organismus und seinen Hormonverhältnissen

beeinflußt. !>

*) Herrn Professor Dr. phil., Dres. med.

h. c. Herrmann E. Schultze in Vereh- rung zum 75. Geburtstag gewidmet.

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Tochterzellen

Go =sogenannte ruhende Zellen

RNS- und Protein- synthese während

der ganzen Interphase

Gia

\ \

Gib Glc = postmitotischer / i / Gap

Desoxyribosidmangel

DNS- und Histon- Synthese nur in S

Darstellung: Der Zellzyklus Aktuelle Medizin

Tumor-Chemotherapie

Die G2- und die M-Phase scheinen mit zwei bis fünf beziehungsweise ein bis zwei Stunden jedoch ziem- lich fixiert zu sein. Die biochemi- schen Prozesse in den einzelnen Phasen unterliegen bestimmten Gleichmäßigkeiten. Nur in der Mi- tose sinkt die Ribonukleinsäure- (RNS-)Syntheserate stark ab; sonst ist sie über den gesamten Zyklus ziemlich konstant, auch während der S-Phase. Da RNS und DNS aber nicht gleichzeitig am selben Ort gebildet werden können, muß die DNS-Synthese in S asynchron an verschiedenen Orten ablaufen.

Auch die Protein-Syntheserate ist in S am höchsten. In der Mitose sinkt sie ebenfalls praktisch auf Null ab.

Die G,-Phase dient der Vorberei- tung auf S mit Ausnahme der Hor- monsynthese, die als spezifischer Stoffwechselvorgang an Gi gebun- den ist. Ist der Übergang von Gi nach S einmal vollzogen, also die DNS-Synthese eingeleitet, dann laufen alle folgenden Stoffwechsel- vorgänge bis zur vollendeten Mi- tose automatisch ab und können nur noch artefiziell gestoppt wer- den.

Während G2 und Mitose wird das Chromatin gebildet und auf die Chromosomenpaare ebenso ver- teilt wie auf die entstehenden Tochterzellen. Voraussetzung für

den Übertritt aus S nach G2 ist die Vollendung der DNS- und der vor- hergegangenen RNS- beziehungs- weise folgenden Protein-Synthese.

All diese Stoffwechselschritte kön- nen nur durch die spezifischen En- zyme vermittelt werden, wie Thymi- dinkinase, Dihydrofolatreduktase, Deoxycytidylatdeaminase und Thy- midylat-Synthetase.

Zytostatika

Alkaloide

Aufgabe der Zytostatika ist es, die Zellvermehrung zu hemmen. Sie können in verschiedenen Abschnit- ten eingreifen.

Alkaloide aus der Immergrünpflan- ze Vinca rosea, wie Vincristin und Vinblastin, stoppen die G,-Phase und ermöglichen damit eine Syn- chronisierung; nach Absetzen der Medikation treten alle beeinflußten Zellen gleichzeitig nach S über und können hier mit alkylierenden Sub- stanzen erfaßt werden. Zu diesen Alkylantien gehören nicht nur eines der ältesten klinisch erprobten Zy- tostatika, der Stickstofflost, sondern auch viele Nachfolger, wie Chlor- ambuzil, Zyklophosphamid, Thio- Tepa, Melphalan und die neuen Ni- trosoharnstoffe.

Stickstoff-(N-)Lost alkyliert mit ei- nem Alkylradikal die DNS an dem N-Atom, das sich in bestimmter Stellung des Purins Guanin befin- det (7-Stellung des Imidazolringes).

Dadurch wird der DNS-Strang ver- netzt, was man auch als Cross-lin- king bezeichnet. Alle biologischen Effekte der alkylierenden Substan- zen glaubt man heute auf diese ur- sprüngliche chemische Reaktion zurückführen zu können. In vitro konnte gezeigt werden, daß Stick- stoff-Lost den Übergang von S nach G2 und damit auch in die Mi- tose verhindert.

Folsäure, ein lebensnotwendiger Baustein, ist in geringfügig verän- derter Form als Folsäureantagonist (Aminopterin) bei kindlichen Leuk- ämien sehr wirksam. Wesentlich wirksamer aber ist das heute noch breit angewendete Amethopterin oder Methotrexat (MTX). Die Stoff- wechselwirkung besteht in einer Hemmung der Dihydrofolatredukta- se. Damit wird die Reduzierung der Fol- zur Tetrahydrofolsäure verhin- dert, die Deoxyuridylsäure kann nicht zu Thymidylsäure umgewan- delt werden. Sie aber ist notwendig für die DNS-Synthese. Setzt man Thymidin dem Nährmedium zu, dann läßt sich der Methotrexat-Ef- fekt aufheben und die spezifische Wirkung beweisen. Einige phasen- spezifische Zytostatika sind in Ta- belle 1 aufgeführt.

Antimetaboliten

Unter dem Begriff Antimetaboliten faßt man mehr oder weniger abge- wandelte Derivate der Grundbau- steine Purine, Pyrimidine oder Nu- kleoside zusammen. Diese Verbin- dungen spielen unter den Zytostati- ka eine besondere Rolle. Um die Nukleinsäure-Synthese möglichst spezifisch beeinflussen zu können, müssen die Antimetaboliten aber meist erst in ihre entsprechenden Nukleotide oder in höhere Phos- phate umgewandelt werden; erst sie können im Organismus als Hemmsubstanz wirksam werden.

Direkt zugeführte Nukleotide und

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Mitose Antibiotikum Enzym

Gi Antibiotikum

Steroid

G2 Mustard

Antibiotikum

Antifolsäure (Antimetabolit)

Antifolsäure Methotrexat (Antimetabolit)

Nitrosourea 1,3-bis-(2-Choroäthyl)- Alkylierung 1-nitrosourea

Methotrexat Hemmung der DNS-Synthese durch Blockierung der Deoxyurydilat-Me- thylierung

Mitomycin C Alkylierung

L-Asparaginase Hemmung der RNS-Synthese Puromycin Hemmung der Proteinsynthese Hydrocortison Hemmung der DNS-Synthese Zyklophosphamid Alkylierung

Daunomycin Komplexbildung mit DNS, Hem- mung der DNS-Synthese und der Reverse-Transc ri ptase

Hemmung der DNS-Synthese Tabelle 1: Wirkung einiger Zytostatika auf den Zellzyklus

Phase des Art des in in

Zellzyklus Zytostati kums Präparat Wirkungsmechanismus vivo vitro

höhere Phosphate sind für die Zell- membran der Säugetiere praktisch undurchlässig; Purine und Pyrimi- dine beziehungsweise ihre Basen und entsprechende Nukleoside können aber penetrieren. Deshalb werden nicht phosphorylierte Ver- bindungen appliziert, die intrazellu- lär in wirksame Nukleotide umge- wandelt werden sollen.

Die Dosierung dieser Substanzen muß sehr hoch sein, um echte in- trazelluläre Hemmkonzentrationen zu erzielen. In Tabelle 2 sind eine Reihe solcher Verbindungen aufge- führt und ihre Wirkung auf Säuger- zellen beschrieben.

Interpretation der Effekte

Drei verschiedene Effekte einer zytostatischen Therapie bieten sich an:

• Kommen die Substanzen norma- lerweise vor (wie Adenin, Deoxy- adenosin oder Thymidin), handeltes sich um ein sogenanntes Feed- back, also einen Rückkoppelungs- vorgang. Ein Pseudofeedback er- folgt dann, wenn Analoga oder allosterische Inhibitoren während

der Nukleinsäure-Synthese einge- führt werden.

• Die Analoga konkurrieren mit den Nukleotiden um Enzyme, die normale Stoffwechselschritte kata- lysieren oder Nukleotide umwan- deln.

• Die Antimetaboliten werden in Nukleosidtriphosphate umgewan- delt und anschließend in die Nu- kleinsäure eingebaut.

Wirken die Substanzen auf einem der beiden erstgenannten Wege, mangelt es relativ früh an Baustei- nen für die Nukleinsäure-Synthese;

diese Mangelsituation führt zu ei- ner schnellen Beeinträchtigung der Zellen. Gleiches gilt, wenn die Sub- stanzen in die DNS oder RNS ein- gebaut werden und damit unmittel- bar auf das Kettenwachstum ein- wirken.

Wird das Kettenwachstum nicht behindert, sondern treten die Feh- ler bei Basenpaarung, Kodierung der Replikation, Transskription oder Translokation auf, werden die Schäden erst relativ spät offenkun- dig. Spezifische DNS-Synthese-In- hibitoren greifen dann in die S-

Phase ein, die Zellen kommen nicht mehr nach G2 und M. Laufen RNS- und Proteinsynthese trotz- dem weiter, entsteht ein unausge- glichenes Wachstum mit anomal großen Zellen, die schließlich ab- sterben.

DNS- und RNS-Synthese werden vor allem durch Substanzen ge- hemmt, die mit der de-Novo-Syn- these von Ribonukleotiden interfe- rieren. Damit kann ein Durchlauf durch S verhindert werden. Wird die RNS-Synthese allein gehemmt, werden weder G2 noch Mitose be- hindert. Die so beeinflußten Zellen werden erst in einem frühen Ab- schnitt von Gi des darauffolgenden Zyklus stehenbleiben. Werden Prä- parate mit einem solchen Wir- kungsmechanismus in der Gewe- bekultur eingesetzt, sind sie unfä- hig, eine Kultur zu synchronisieren;

auch die Bildung von Riesenzellen bleibt aus. Die Zellen sind wesent- lich lebensfähiger als bei der Ein- wirkung von Substanzen des erst- genannten Typs.

Ein gemischtes Bild mit vielen Rie- senzellen entsteht, wenn Verbin- dungen über mehrere Mechanis- men einwirken. Das gilt zum Bei-

(4)

Aktuelle Medizin Tumor-Chemotherapie

spiel bei vorwiegender DNS-Syn- thesehemmung und einem Ablau- fen in G, bei RNS-Synthesehem- mung.

Ein wesentlicher Grund für die niedrige Wachstumsgeschwindig- keit vieler solider Tumoren beruht darin, daß seine Zellen ,keines- wegs alle gleichzeitig und immer proliferieren. Eine nicht oder nur langsam proliferierende Zelle nimmt wesentlich weniger am Stoffwechsel teil und ist weniger empfindlich gegenüber bestimmten Präparaten als Zellen, die den Zellzyklus gleichmäßig durchlau- fen. Ob Tumorzellen von allen Anti- metaboliten direkt geschädigt wer- den, ist noch nicht erwiesen.

6-Mercaptopurin (6-MP) greift in die Purin- beziehungsweise Pyrimi- din ribonukleotid-de-Novo-Synthese ein und hemmt die DNS- und RNS- Synthese. Im ersten Fall ergibt sich für S eine Phasenspezifität, die für die RNS-Synthese nicht besteht. Es kommt auch nicht zu einem unglei- chen Wachstum; es entstehen kei- ne Riesenzellen.

Alle Zytostatika können nur an pro- liferierenden Zellpopulationen wirk- sam sein. Mit zunehmender Masse und sinkender Wachstumsrate wer- den Tumoren aus drei möglichen Gründen gegenüber diesen Präpa- raten unempfindlicher:

• Verlängerung der Zykluszeit

• Abnahme des proliferierenden Anteils der Zellpopulation

• Zunahme der abgestorbenen Zellen.

Diese bei Aszitestumoren relativ leicht erfaßbaren Verhältnisse sind bei soliden Tumoren komplizierter.

Während sich bei manchen der Zellzyklus mit zunehmender Größe nicht verlängert, wechselt der An- teil der Wachstumsfraktion in den verschiedenen Wachstumsphasen.

Heute ist es unumgänglich, die Länge des Zellzyklus und den An- teil der proliferierenden Zellen mit in ein Behandlungsschema einzu-

bauen. Ändern sich beide Größen, sollte auch die Therapie geändert werden.

Möglichkeiten der Applikation Mit einer Einzeldosis eines wirksa- men Präparats wird ein Teil einer Zellpopulation, unabhängig von ih- rer Größe, getötet. Am Modell ei- ner lymphatischen Mäuseleukämie (L-1210) konnte nachgewiesen wer- den, daß eine Einzeldosis zwei Tage nach Transplantation (10 5 Zellen) gegeben, 90 Prozent der Zellen tötet; diese Zahl stimmt gut mit der zu diesem Zeitpunkt sich in S befindlichen Zellen (also mit dem DNS-synthetisierenden Anteil) überein. Werden Einzeldosen aber über 24 Stunden so verteilt, daß Zellen aller Zyklusphasen bis nach S kommen können, und wird ein solches Schema mehrfach wieder- holt, ist es möglich, 10 6 Zellen zu vernichten.

Man kann also allein durch Verän- derung der Applikation, ohne Erhö- hung der Toxizität, die durch- schnittliche Überlebenszeit um 450 Prozent erhöhen, verglichen mit 200 Prozent bei einmaliger Applika- tion. Dieses Schema wurde an die Kinetik der akuten menschlichen myeloischen Leukämie adaptiert;

fünf Tage lang wird Ara-C infun- diert; diese Infusionen werden alle zwei Wochen wiederholt. Konse- quenz: Wird während der Länge ei- ne! Zellzyklus ununterbrochen be- handelt und wird dieses Vorgehen in mehrfachen Abständen wieder- holt, sind die Ergebnisse besser als nach täglicher fortlaufender Therapie. Ähnliche Ergebnisse konnten auch mit 6-MP erzielt wer- den.

Kombinationstherapie

Eine Kombination von Antimetabo- liten, also Purinen, Pyrimidinen und deren Analoga, scheint keine be- sonderen Vorteile zu bringen, wohl dagegen eine solche von Antimeta- böliten mit Alkylantien, Bestrah- lung oder Operation. Tumoren mit

niedriger Wachstumskomponente reagieren schlecht auf zellzyklus- oder phasenspezifische Präparate;

erstaunlicherweise werden sie aber empfindlicher. Es scheint, als kön- ne eine bestimmte Chemotherapie zur Proliferation anregen und da- mit die Sensibilität der Zellen stei- gern. Das ließ sich bei der Leuk- ämie L 1210 mit einer Startdosis Zyklophosphamid und anschlie- ßender Methotrexatbehandlung zeigen.

Ähnliches gilt für Mitomycin in Kombination mit 6-Thioguanin oder 5-Fluorouracil beziehungsweise Zy- klophosphamid und 6-MP. Auch mehrere Dosen Ara-C gefolgt von BCNU oder Zyklosphosphamid wa- ren wirksamer als eine Substanz allein. Umgekehrt kann Zyklophos- phamid als Starter für Ara-C die- nen.

Ein überraschender Befund konnte an leicht mit Halothan oder Stick- oxydul anästhesierten AKR-Mäusen erhoben werden; die Toxizität von Ara-C auf normale Mäusestamm- zellen wurde wesentlich verringert, die Lymphomazellen aber im glei- chen Umfang wie bei den Kontrol- len abgetötet.

Obwohl ein solcher Synergismus beim Menschen wesentlich schwie- riger nachzuweisen ist, hat sich heute eine zyklische Therapie mit vier und mehr Präparaten einge- bürgert. Das gilt sowohl für die Leukämiebehandlung als auch für solide Tumoren.

Die Kombination von Purinen, Pyri- midinen, deren Analoga und Be- strahlung hat die Ergebnisse we- sentlich verbessert. Baut man 5- BUDR in die Therapie ein, wird die Sensibilität gegenüber Röntgen- strahlen gesteigert. Nach diesem

Prinzip geht man mit gutem Erfolg bei menschlichen Hirntumoren vor.

Aufgrund experimenteller Arbeiten an verschiedenen Tiertumoren ist es denkbar, mit einer vorausgehen- den Operation ihre Ansprechbar- keit auf Chemotherapie zu erhö- hen. Nach operativer Entfernung eines Plasmozytoms nahm die Rate

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6-Mercaptopurin

2'-Deoxyadenosin

3',5'-Cycloadenosin- monophosphat

5-Fluorouracil

H.Ep.No. 2/Hamster blockiert durch Colcemid

Lymphoma und normale hä- matopoetische Zellen in vivo Menschliche Leukozyten

Menschliche Nierenzellen in vivo, synchronisiert durch doppelten Thd Block

Ehrlich Aszites/Maus in vivo

Tabelle 2: Wirkung von Antimetaboliten auf Zellen unter verschiedenen Bedingungen

Antimetabolit Biologisches System Wirkung auf Zellen

H.Ep.No. 2/Hamster

GI und S werden blockiert oder verzögert ohne Akkumulation, S wird verzögert, G2 und M sind nicht tangiert, vielleicht werden Gi-Zellen getötet Nur geringer Überlebenseffekt bei beiden, es kann zyklus- oder phasenspezifisch sein

Chromosomenbrüche in G2, keine Effekte in Gi und S

Hemmung der Mitose

Abnahme der DNS, Zunahme der RNS und des Proteingehalts pro Zelle, unausgeglichenes Wachstum, Chromosomenschädigung

Hemmung der S-Phase, teilweise Synchronisation bei Gi zu S, keine Verzögerung von G2 nach M, in höheren Dosen exponentielle Zelltötung

Blockiert alle Phasen, wird Thd entfernt normale Vermehrung, keine Synchronisation

Die Zellen in S werden gestoppt, andere Zellen gehen bis S, wo es nicht zur DNS-Synthese kommt, unausgeglichenes Wachstum. Wird die Blockade aufgehoben, ist die S-Phase im näch- sten Zyklus kürzer

Die höchste Zelltodesrate während der maximalen DNS-Synthese; 24 Stunden später, DNS ist im fol- genden Zyklus gehemmt, RNS und Protein sind nur wenig reduziert

S-Phase ist am empfindlichsten; etwa 50 Prozent der Zellen können keine DNS-Synthese durchfüh- ren

Verzögerung von S und G2, Abnahme der DNS- Synthese

Chromosomenbrüche in G2, kein Effekt in GI oder

Spezifischer Zelltod von S-Phasen-Zellen und Rie- senzellenbildung, Akkumulation von Gi-Zellen und geringe Akkumulation in G2

S-Phase-Zellen werden getötet, Gi/S blockiert S-Phase-Zellen sind empfindlich mit Ausnahme derer, die unmittelbar vor dem Ende der DNS- Synthese stehen; 3 H-Thd Aufnahme ist innerhalb 15 Minuten blockiert, partielle Synchronisation, S- Phase des folgenden Zyklus ist verkürzt, die Ge- samtdauer des folgenden Zyklus verlängert Thymidin Polyoma-Virus transformierte

Zellen

5-Fluorodeoxyuridin Asynchrone L Zellen

5-Bromdeoxyuridin HeLa Zellen, mitotisch syn- chronisiert

5-Jododeoxyuridin Asynchrone P 815 Y murine Mäusemastozytomzellen

Rattenileumzellen und Milz- lymphozyten in vivo

1-ß-D-Arabino- Menschliche Leukozyten furanosylcytosin

L-Zellen/Maus

1-ß-D-Arabino- Asynchrone L-Zellen/Maus furanosylcytosin

B-16 Melanom, Ehrlich Aszi- tes in vivo/Maus

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Aktuelle Medizin

FÜR SIE GELESEN

Posttraumatische Lungenhämatome und Pneumatozelen

Mit der ständig steigenden Zahl schwerer Arbeits- und Verkehrsun- fälle nehmen auch die posttrauma- tischen herdförmigen intrapulmo- nalen Hämatome zu, ebenso auch die relativ seltenen Pneumatozelen.

Bei einem 25jährigen wurde zwölf Tage nach einem Ver- kehrsunfall eine acht mal vier Zen- timeter große ovaläre Pseudozyste im apikalen rechten Unterlappen mit etwa acht Millimeter dicker zot- tiger Wand röntgenologisch nach- gewiesen. Sie enthielt geronnenes Blut, ihre Wand bestand aus einem mehrere Millimeter dicken Schwie- lengewebe. Bei einem anderen Pa- tienten fanden sich nach einem schweren Arbeitsunfall mit Arteria- subclavia-Abriß und komplettem Ausriß des Plexus brachialis aus dem Halsmark vier Stunden nach dem Unfall im Röntgenbild flächen- hafte Verschattungen im rechten Ober- und Mittelgeschoß, von de- nen eine nach 40 Tagen von Auf- hellungszonen durchsetzt war und sich nach einem Jahr entspre- chend den anderen zurückgebildet hatte.

Kleine Parenchymblutungen bei Lungenkontusion sind im Röntgen- bild als konfluierende Fleckschat- ten mit rascher Rückbildungsten- denz zu erkennen. Von pulmona- len Hämatomen und Pneumatoze- len sind überwiegend Jugendliche betroffen wegen der größeren Ela- stizität ihres Brustkorbs. Aus den wie bei Explosionsverletzungen entstehenden Parenchymeinrissen entwickeln sich erst nach einigen Tagen glatt begrenzte Rundherde, meist dorsal und peripher, die sich auffallend langsam resorbieren.

Die Pneumatozelen, die röntgeno- logisch einzelne oder mehrere dünnwandige zystenartige, manch- mal gekammerte Aufhellunasbezir- ke mit oder ohne Flüssigkeitsspie- gel aufweisen, sind im Gegensatz zu den Hämatomen meist unmittel- bar nach dem Unfall zu erkennen.

Ist der Lungenparenchymriß durch

einen Bronchus drainiert — kli- nisch tritt Hämoptoe auf — kann eine Pneumatozele entstehen.

Fehlt diese Bronchusverbindung, sammelt sich das Blut innerhalb der Parenchymverletzung und im- poniert als Rundherd. Pz

Gullotta, U., Wenzl, H.:

Posttraumatische Lungenhämatome und Pneumatozelen

Fortschr. Röntgenstr. 121 (1974) 35-42 OA Dr. U. Gullotta, Institut für Röntgendia- gnostik, Klinikum rechts der !sei' der TUM, 8 München 80, Ismaninger Str. 22

Bariumembolie im Anschluß an eine Magen-Darm-Passage

Bei einem 66jährigen Patienten mit M. Hodgkin kam es nach einer we- gen akuter Gastrointestinalblutung vorgenommenen Magen-Darm-Pas- sage zu Bariumembolien der Lun- ge. Sie zeigten sich wenige Tage später im Thoraxröntgenbild als dezente, metalldichte intrapulmo- nale Schatten. Der Kranke starb ei- nige Tage später an Hämatemesis.

Bei der Autopsie ergaben sich massive intestinale Hämmorhagien mit Schleimhautulzerationen, Lym- phome der Lungen, retroperitoneal und periportal, sowie Morbus- Hodgkin-Veränderungen in Leber und Milz. Viele kleine Lungengefä- ße enthielten Bariumemboli. In ei- nem fand sich eine Gemüsefaser zusammen mit einem Bariumembo- lus. Die außerdem nachgdwiesenen Embolien im Knochenmark waren wahrscheinlich iatrogen nach Re- animation entstanden. Man nimmt an, daß der Bariumbrei über aus- gedehnte Schleimhautulzerationen im Duodenum und Dünndarm ins Portalvenensystem gelangte. Dafür spricht auch die Gemüsefaser zu- sammen mit dem Barium in einem Lungengefäß. Pz

Mahboubi, S., Gohel, V. K., Dalinka, M. K., und Yon Cho, S.:

Barium Embolization Following Upper Gastrointestinal Examination

Radiology 111 (1974) 301-302

Vijay, K., Gohel, M. D., Department of Ra- diology. Thomas Jefferson University Hosp., 11th and Walnut Sts., Philadelphia, Pa.

19107

Tumor-Chemotherapie

der markierten Zellen deutlich zu (70 bis 90 Prozent). Beim Lewis- Lung-Karzinom ergab eine der Operation folgende Therapie mit CCNU einen signifikanten An- stieg der tumorfreien überleben- den Tiere.

Entscheidend bei der Behandlung experimenteller Tumoren ist die Anpassung der Präparatekombina- tion an Tumor und Wirt. Die ausge- zeichneten Ergebnisse der Che- motherapie beim Choriokarzinom des Menschen mit Methotrexat oder des Burkittlymphom mit Zy- klophosphamid sind auf die beson- dere Empfindlichkeit und die hohe Fraktion proliferierender Zellen dieser Tumoren zurückzuführen.

Langsam wachsende menschliche Tumoren sind viel problematischer.

Ihre Chemotherapie erfordert eine Kombination vieler Präparate mit entsprechender Adaptation an Tu- morkinetik und Wirt.

Literatur

Baserga, R.: The Cell Cycle and Cancer, Marcel Dekker Inc., New York (1971) — Farber, S., Diamond, L. K., Mercer, R. D., Sylvester, R. F. and Wolff, J. A.: Temporary remission in acute leukemia in children by folic antagonist, 4-aminopteryl glutamic acid (aminopterin), New Engl. J. Med. 238 (1948) 789 — Howard, A., and Pelc, S. R.:

Synthesis of desoxyribonuoleic acid in nor- mal and irradiated cells and its ralation to chromosome breakage, Heredity 6; Suppl.

(1953) 261-273 — Skipper, H. E.: Kinetics of Mammary Tumor Cell, Growth and Implica- tions for Therapy, Cancer 28 (1971) 1479 — Zimmermann, A. M., Padilla, G. M., Came- ron, S. L.: Drugs and the Cell Cycle, Acad.

Press, New York and London (1973)

Anschrift des Verfassers:

Privatdozent Dr. med. D. Gericke Krebsforschungslabor

Hoechst AG

623 Frankfurt am Main 80

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