Gemeinsame Fachtagung der Sektionen III und IV (DGGG) Symposium: Alte und neue Herausforderungen der kommunalen Seniorenarbeit und
Altenhilfe: Lehren aus der Corona-Pandemie, 16. September 2021 (online)
„Angebote die ankommen: Bürgerfreundliche Gestaltung von Beratung,
Unterstützung und Hilfe im Alter“
Forschungs- und Entwicklungsprojekt
Förderung:
Laufzeit: 01.01.2020 – 31.12.2022
Projektziele
Gewinnung von weiterführenden Erkenntnissen, wie Angebote der Seniorenarbeit und Altenhilfe genutzt werden und welche Barrieren es dabei gibt
Aufzeigen von konkreten Ansatzpunkten und Maßnahmen, wie Angebotsstrukturen für (ältere) Menschen auf der kommunalen Ebene bedarfsgerecht weiterentwickelt werden können (konzeptionell und praktisch)
Angebote im Bereich der Seniorenarbeit und Altenhilfe für mehr Menschen zugänglich machen und
ihre Wirkungen verbessern
Vorgehen und Methoden
Das Projekt umfasst folgende Arbeitspakete
1. Literaturanalyse zu fördernden und hemmenden Faktoren der Inanspruchnahme von Beratung, Unterstützung und Hilfe im Alter
2. Exemplarische Analyse zu Strukturen der Seniorenarbeit und Altenhilfe in ausgewählten Regionen in NRW 3. Durchführung qualitativer Befragungen zu Beratungs-, Unterstützungs- und Hilfestrukturen und -prozessen
3.1 Interviews mit älteren Menschen, die Angebote nicht kennen bzw. nicht nutzen 3.2 Fallanalysen von älteren Menschen, die Angebote angenommen haben
4. Erarbeitung von Schlussfolgerungen gemeinsam mit Vertreter*innen aus der Praxis der Seniorenarbeit und Altenhilfe
5. Transfer in die Praxis
6. Projektbegleitende Maßnahmen (u.a. Begleitgremium)
Literaturanalyse zu fördernden und hemmenden Faktoren der Inanspruchnahme von Beratung, Unterstützung und Hilfe im Alter
Ausgewählte Ergebnisse
Theoretisches Rahmenmodell (Diwan & Moriarty 1995; Schönemann-Gieck 2012)
• subjektiv wahrgenommener Unterstützungsbedarf
• Akzeptanz / persönliche Einstellung
• Kenntnisse der passenden Unterstützungsangebote
• Zugänglichkeit
• Verfügbarkeit geeigneter Angebote
• Finanzierbarkeit
personen- und kontextbezogene Faktoren
im Alter (I)
subjektiv
wahrgenommener Unterstützungsbedarf
aus Sicht von Nicht- Nutzer*innen:
kein Bedarf vorhanden
Alltagsunterstützung
soziale Integration Hilfe bei Anpassung der
Wohnungssituation
aus Sicht pflegender Angehöriger:
Unterstützungsbedarf in Bezug auf die
Pflegesituation
aus Sicht pflegender Angehöriger:
Unterstützungsbedarf in Bezug auf die eigene Gesundheit und
Lebensqualität
Fördernde und hemmende Faktoren der Inanspruchnahme von Beratung, Unterstützung und Hilfe im Alter (II)
förderliche Faktoren:
Transparenz, Information, Aufklärung
zielgruppenspezifische / kultursensible
Ansprache und Gestaltung (Lebenslagemerkmale)
Angebote nicht „seniorenbezogen“ bzw. „seniorenspezifisch“ adressieren
Akzeptanz / persönliche Einstellung eigene Einschränkungen werden
nicht akzeptiert
eigener Hilfebedarf wird nicht gesehen
Nutzung von Hilfe wird als
„eigenes Versagen“
bewertet
schlechte Erfahrungen, Angst vor Stigmatisierung
Nicht-Passung zwischen ratsuchender und professioneller Person
hohe Bedeutung familiärer Unterstützungsstrukturen eingeschränkte
Gesundheitskompetenz
im Alter (III)
Kenntnisse der passenden Unterstützungs-
angebote fehlende Kenntnisse über
Versorgungsstrukturen / Angebote
Orientierungsschwierigkeiten
• unübersichtliche Versorgungslandschaft
• Komplexität
Informationsprobleme
• fehlende (mehrsprachige) Informationen
• fehlender Zugang zu Informationen
förderliche Faktoren:
Koordination, Vernetzung und Bündelung von Angeboten
Regionalität bzw. lokale Bezüge von Angeboten
ein hoher Bekanntheitsgrad des Angebots
Fördernde und hemmende Faktoren der Inanspruchnahme von Beratung, Unterstützung und Hilfe im Alter (IV)
Zugänglichkeit mobilitätseinschränkende
Aspekte
• ungünstige Lage
• mangelnde Ortsnähe
bürokratische Anforderungen
(z.B. bei der Beantragung von Leistungen)
fehlende Begleitung
förderliche Faktoren:
Schlüsselpersonen, Multiplikatoren
„Lotsenfunktion“
wohnortnahe / barrierefreie Angebote
Kombination aus Zugeh- und Kommstruktur
zielgruppenspezifische Zugangswege
fehlende
zielgruppenspezifische
Ansprache
im Alter (V)
Verfügbarkeit geeigneter Angebote
passgenaue Angebote
Mangel an Anbietern und Angeboten
förderliche Faktoren:
Angebote an Unterstützungsbedarfe anpassen
flächendeckende Angebote, Angebote „vor Ort“ (ländlicher Raum)
Vernetzung
Fördernde und hemmende Faktoren der Inanspruchnahme von Beratung, Unterstützung und Hilfe im Alter (VI)
förderliche Faktoren:
finanzielle Zuschüsse (Transparenz)
kostengünstige / kostenfreie Angebote
Finanzierbarkeit
geringe finanzielle Ressourcen
zu hohe Kosten
geringe Zahlungsbereitschaft
Forschungsfragen
Warum gelingt es in bestehenden Strukturen der Seniorenarbeit und Altenhilfe häufig nicht, bestimmte Gruppen älterer Menschen zu erreichen, obwohl sie in besonderem Maße Unterstützung benötigen bzw. davon profitieren könnten?
Was sind von den älteren Menschen selbst geäußerte Bedarfe (subjektiv wahrgenommener Unterstützungsbedarf)?
Warum kennen oder nutzen ältere Menschen bestimmte Beratungs-, Unterstützungs- und Hilfeangebote nicht? Was sind Zugangsbarrieren aus der Sicht der älteren Zielgruppe?
Welche Anforderungen stellen ältere Menschen selbst an Beratungs-, Unterstützungs- und Hilfeangebote?
Welche Rolle spielen informelle Informations-, Beratungs- und Unterstützungswege und wie können diese in die Weiterentwicklung von Strukturen der Seniorenarbeit und Altenhilfe einbezogen werden?
Berücksichtigung unterschiedlicher Lebenslagen älterer Menschen und ihrer Angehörigen
Exemplarische Analyse zu Strukturen der Seniorenarbeit und Altenhilfe in ausgewählten Regionen in NRW
Spektrum an Organisationsformen bzw. Praxismodellen der Beratung, Unterstützung und Hilfe für ältere Menschen in NRW erfassen
„typische“ Strukturen und Angebotsformen identifizieren und exemplarisch beschreiben
ausgewählte Beratungs-, Unterstützungs- und
Hilfestrukturen für ältere Menschen in NRW systematisch darstellen und erste Hinweise zu möglichen Defiziten
gewinnen
Regionale Verteilung der untersuchten
30 Kommunen
Methodisches Vorgehen
(Name der Gemeinde) Gemeindetyp:
(Einwohnerzahl)
Kreis:
Regierungsbezirk:
Ebene Verwaltung -
Ebene Vernetzung -
Ausgewähltes Angebotsportfolio Beratung
-
Unterstützung & Hilfe -
Information -
Begegnung -
1. Einzelfallanalysen 2. Kategorien Einzelfallvergleich
Verankerung in der Verwaltung
Vernetzung
Angebotsspektrum
Trägervielfalt
Kleinräumigkeit
Stellenwert Ehrenamt / Bürgerbeteiligung
Schwerpunktsetzung
Ausgewählte Ergebnisse der vergleichenden Strukturanalyse (I)
deutliche interkommunale Unterschiede
zwischen Gemeindetypen, bspw. je kleiner die Kommune, desto geringer die Angebotsvielfalt und desto stärker die Rolle des Kreises
innerhalb von Gemeindetypen, bspw. im Grad der Professionalisierung und Vernetzung sowie in der Schwerpunktsetzung
Variationsbreite lässt keine eindeutigen Aussagen zu → Gemeindegröße nicht
ausschlaggebender Faktor für vorhandene Strukturen
Ausgewählte Ergebnisse der vergleichenden Strukturanalyse (II)
Angebots- und Trägerlandschaft insgesamt vielfältig → zugleich erschwerte Überschaubarkeit, teilweise Doppelstrukturen und unklare Zuständigkeiten
eine die Ganzheitlichkeit der Lebenssituation erfassende Versorgung „aus einer Hand“
findet nicht ausreichend und regelhaft statt („Fragmentierung“ von Angeboten)
verschiedene Zugangsformen, Vermittlungswege und Informationskanäle, „Komm- Strukturen“ oftmals noch im Vordergrund
pandemiebedingt starke Nachfrage nach digitalen Angeboten (pflegende Angehörige,
sich einsam fühlende ältere Menschen)
Ausgewählte Ergebnisse der vergleichenden Strukturanalyse (III)
Ansätze zur Förderung der Zugänglichkeit und Inanspruchnahme:
Tendenz zur sozialräumlichen Orientierung erkennbar
aufsuchende Angebote, Schlüsselpersonen bzw. Ehrenamtliche als Lots*innen und
„Brückenbauer*innen“
partizipative Quartiersgestaltung in Form des Zusammenwirkens vielfältiger Akteur*innen einschließlich Bürgerschaft
Verknüpfung von Beratung und Begegnung (Prävention)
initiierende, moderierende, koordinierende und steuernde Funktion der Kommune
gemeinsame Arbeitsgrundlagen und -hilfen
Arbeitspaket 3:
Durchführung qualitativer Befragungen zu Strukturen und Prozessen der Beratung, Unterstützung und Hilfe
Fallanalysen aus unterschiedlichen
Perspektiven
-
Ältere, die Angebote in Anspruch nehmen
- Angehörige
- haupt- und ehrenamtlich Unterstützende
Berücksichtigung unterschiedlicher Lebenslagen (z.B.
Migration, Demenz, Bildung/Einkommen, soziale Beziehungen
)Einzelinterviews
Ältere Menschen, die Angebote nicht kennen
und/oder nicht nutzen
Herausforderung:
Zugang bekommen
DGGG – Fachtagung (online) | 16.09.2021
Akquise von Interviewpersonen
Zugang
- Kontaktaufnahme zu vermittelnden Personen: E-Mail, Telefon, persönlich (z.B.
Gemeinwesen-/Seniorenarbeit, Kirchengemeinde, Selbsthilfe, Wohlfahrtsverbände, Seniorenbeirat, Einzelhandel, Studierende (Enkel*in))
- Poster, Handzettel
- Bewerbung des Vorhabens auf digitalen Veranstaltungen
- geplant: weitere niedrigschwellige Aktivitäten (ehrenamtl. Telefonhotline gegen Einsamkeit, Plauderbänke, Ansprache in öffentlichen Räumen)
Resonanz
hohes Interesse + Unterstützungsbereitschaft der Mittler*innen
Bestätigung Bedeutsamkeit + Aktualität des Forschungsvorhabens
Durchführung erster Interviews
Fragen?
Hinweise?
Anregungen?
Literatur (I)
Aner, K. (2020). Generationenbeziehungen in der Sozialen Beratung älterer Menschen. In K. Aner & U. Karl (Hrsg.). Handbuch Soziale Arbeit und Alter (S. 217 – 226). Wiesbaden: Springer VS.
Bertermann, B., Lechtenfeld, S. & Kuhlmann, A. (2020): Ehrenamtliche Gesundheitsbegleitung - Entwicklung und Erprobung eines Engagementprofils -Band 3 der Handbuchreihe zum Projekt „Gesundheitszentrum Spork: Aufbau und Verstetigung eines
wirtschaftliche tragfähigen, interdisziplinären und zivilgesellschaftlichen Wertschöpfungsnetzwerkes im Quartier“. Online verfügbar unter: www.gz-ludgerushof.de
Bohnet-Joschko, S. (Hrsg.) (2020). Zielgruppenspezifische Unterstützungsangebote für pflegende Angehörige. Transferbericht.
Witten.
Diwan, S., & Moriarty, D. (1995). A Conceptual Framework For Identifying Unmet Health Care Needs of Community Dwelling Elderly.
The Journal of Applied Gerontology, 14(1), 47-63.
Hackmann, T., Huschik, G., Maetzel, J., Schmutz, S., Sulzer, L., Vollmer, J. (2018). Pflege- und Unterstützungsbedarf sogenannter vulnerabler Gruppen. Schlussbericht. Studie der Prognos AG im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit. Bonn.
Heinecker, P., Leopold, C. & Pohlmann, S. (2013). Zielgruppen der Alter(n)sberatung. In: Pohlmann, S. (Hg.). Gut beraten.
Forschungsbeiträge für eine alternde Gesellschaft. Wiesbaden: 123-145.
Herzog, K., Kunhenn, J., May, M., Oelerich, G., Schaarschuch, A. & Streck, R. (2018). BeSchränkungen des Nutzens Sozialer Arbeit.
In J. Stehr, R. Anhorn & K. Rathgeb (Hrsg.), Konflikt als Verhältnis – Konflikt als Verhalten – Konflikt als Widerstand. Widersprüche der Gestaltung Sozialer Arbeit zwischen Alltag und Institution (S. 83 – 103). Wiesbaden: Springer VS.
Horn, A. & Schaeffer, D. (2013). Evaluation der Patienteninformation und -beratung für türkisch und russischsprachige Migrantinnen und Migranten. Universität Bielefeld. Bielefeld: Institut für Pflegewissenschaft.
Joo, B. (2018). Politik der altersgerechten Wohnungsanpassung und Wohnberatung für einen möglichst langen Verbleib in vertrauter Häuslichkeit. Dissertation. Dortmund: TU Dortmund.
Literatur (II)
Kricheldorff, C. (2018). Aktuelle Herausforderungen für die Profession Soziale Arbeit in der Altenhilfe und im Sozialraum. In C. Bleck, A. van Rießen & R. Knopp (Hrsg.). Alter und Pflege im Sozialraum. Theoretische Erwartungen und empirische Bewertungen (S. 113 – 125). Wiesbaden: Springer VS.
Lechtenfeld, S., Kuhlmann, A. & Bertermann, B. (2019). Gesundheitskompetenz im Alter – Ergebnisse einer Bedarfsanalyse.
Zeitschrift für Sozialmanagement, 17 (2), 143-156.
Lutherdt, S., Lienert, K., Stiller, C., Wagner, S., Federspiel, M., Renhak, K., Oswald, M. & Roß, F. (2012). Entwicklung und Erprobung einer Informationsplattform für Senioren zur individualisierten Informationsgewinnung und Wahrnehmung spezifischer
Dienstleistungsangebote. In M. Gersch & J. Liesenfeld (Hrsg.). AAL- und E-Health-Geschäftsmodelle. Technologie und Dienst- leistungen im demografischen Wandel und in sich verändernden Wertschöpfungsarchitekturen (S. 213 – 238). Wiesbaden: Gabler Verlag.
Olbermann, E., Kühnel, M., Luschei, F. & Rahn, E. (2019). Evaluation der Organisationsformen und Leistungsbereiche der Seniorenbüros in Nordrhein-Westfalen. Forschungsgesellschaft für Gerontologie e.V./ Institut für Gerontologie an der TU Dortmund und 4k Projekte, Dortmund und Berlin.
Olbermann, E. (2013). Gesundheitsförderung und Primärprävention bei älteren Menschen mit Migrationshintergrund: Ansatzpunkte zur Erschließung differenzierter Zugangswege. In BZgA (Hrsg.). Lebensphase Alter gestalten – Gesund und aktiv älter werden (S.
62 – 70). Köln: BZgA.
Patzelt, C., Deitermann, B., Heim, S., Krauth, C., Theile, G., Hummers-Pradier, E. & Walter, U. (2013). Zielgruppengerechte Ansprache und Zugangswege im Alter – das Projekt „Ältere gezielt erreichen“. In BZgA (Hrsg.). Lebensphase Alter gestalten – Gesund und aktiv älter werden (S. 54 – 61). Köln: BZgA.
Schönemann-Gieck, P. (2012). Vermittlung und Inanspruchnahme häuslicher Hilfe- und Unterstützungsangebote bei Menschen mit Demenz. Dissertation. Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg: Heidelberg.