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;•Jahresbericht
'r>V^
•^;7-
••r.-*-.
über das
Königliche WiHielnis-Gfiniiasinni
zu
Königskrg i. Pr.
von Michaelis 1878 bis Michaelis 1879
.T^-iC---.-
-»*—.
und
Einladung
zu
derFreitag den
3. Octol)erstattfindenden
öffentlichenPrüMg»....
-»'^.
*e.'
Inhalt: l)'
Die
Wiederauffindungvon
Ciceros Briefen durch Petrarca. Eine philologisch-"^
kritische
Untersuchunar Vom
Oberlehrer Dr.Anton
Viertel.2) Schulnachrichten.
Vom^irector
ProfessorUrban.
-f^s^SSSS^Sc
v::t.
Königsberg
1879.Hartungsche Zeituogs- und VerlagsdruckereL
1879. Progr. Nr. 9.
4
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•S^:r;»"»^ •r
W Ordnung der öffentlichen Prüfung,
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r.^ Freitag den
3.Oetober
1879. ;;^' V'-.- .'.-,
:i.V
Vormittags
8'/,Uhr
Choralgesang."r^
Ober-Tertia. Lateinisch:
Herr
Oberlehrer Dr.Erdinann.
iDer
Ober-TertianerBernhard Weiss
trägt vor: „Die wiedergefundenenSöhne" von
Herder. . ^Unter-Tertia. Mathematik:
Herr
Oberlehrervon Morstein.
Der
Unter-TertianerAdolf Riebensahm
trägt vor: ^.Die Theilung derErde" von
Schiller.•?-
;
Vormittags
10Uhr.
'-
,
Quarta.
Lateinisch:Herr
Dr.Hassenstein.
>
,-
Der
Quartaner Paul Bartenwerfier trägt vor:„Die
deutschenStröme" von
Buchner.Quinta. Französisch:
Herr Arnold.
Der
Quintaner PaulNegenbom
trägt vor: „SiegfriedsSchwert" von
Uhland..,
Vormittags
iiUhr.
Sexta. Geographie:
Herr
Peters.-
Der
SextanerHermann
Lautenschlager trägt vor:„Der
Storch"von
Hebel.'V
'Vorschule. Rechnen und
Singen:Herr Schön.
l Gesang:
„Du
bist's,dem Ruhm und Ehr
gebührt"von Haydn.
1^- ^
•
Nachmittags 2V2 Uhr.
'f.^'
'
Secunda.
Lateinisch:Herr
Oberlehrer Dr. Viertel.Die Secundaner
Meyer, Korallusund
Block tragen eine Scene aus Schillers Wallenstein vor.5.>-
Nachmittags
3Uhr.
V-
Prima.
PiatosMeno. Der
Director.^.
Gesang: „Selig sind, die GottesWort
hören".^' .' Entlassung der Abiturienten durch
den
Director.*:v> Gesang:
„Nun
zu guter Letzt".yj^u"
Sonnabend den
4.Oetober,
7Uhr:
Censur, Versetzungund
Schluss des Schuljahrs.%:--
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Die Wiederauffindung von Cieeros Briefen
durch Petrarca.
Eine
philologisch-kritischeUntersuchung
von
Dr. Anton Viertel.
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w»rtr/ '-r, •^4Ueber
den Antheil Petrarcas an der Wiederauffindung der Briefe Ciceros hat sich nach seinemTode
eine Tradition gebildet, welche mitden Thatsachen zum
Theilim Widerspruch
steht. Diese Tradition hatte zur Grundlage die eigenen
Aeusserungen
Petrarcas; durch sie wussteman
sowohl, dass er Briefe Ciceros gefunden, als auch dass er sie abgeschrieben;da
er indess die Briefsammlungen, die er gefunden, nicht ausdrücklich bezeichnete, sondern nurim
allgemeinenvon
Briefen sprach, sokam man
zu der Meinung, erhabe
sie alle gefundenund
alle abge- schrieben; es fanden sichauch
zwei Abschriftenvon
Ciceros Briefen, indenen man
PetrarcasHand
zuerkennen
glaubte. Als obendrein eine Prüfung der Schrift dieMeinung
bestätigte, dieman von
diesen Handschriften hatte,wurde
an ihremUrsprung
nichtmehr
gezweifelt,und
in Bandinis Katalog der Laurentiaua sind sieaufgenommen
unter der Bezeichnung^M.
T. Ciceronis epistolae familiäres, resp. ad Atticummanu
Franc. Petrarcae exaratae.Die
Tradition, welche Petrarca sämmtliche Briefe Ciceros finden lässt, hatdenn auch
alle beherrscht, welche es bisher versucht haben,
den Thatsachen
aufden Grund
zukommen.
Der
ersteund
eingehendsteVersuch
istvon Laurentius Mehus
gemacht; er hat dieseFrage im Zusammenhang
mitden
übrigen literarischenEntdeckungen
der Renaissancezeitim Leben
desAmbrosius
Traversari behandelt, welches er dessen Briefen vorausgeschickt hat.Auf Grund
eines ziemlich umfangreichen Materials, welches seitdem nicht wesentlich vermehrt
worden
ist,kommt
er zudem
Schluss, dass Petrarca unzweifelhaft die Briefe ad familiäres,und zwar
inVerona, nicht in Vercelli zu einer Zeit gefunden habe, die sich nicht
mehr
ermitteln lasse; aberauch
die Auffindung der Briefean
Atticus durch Petrarca hält er für sicher, obgleich er sichweder
über Zeitnoch
Ort diesesFundes
äussert; wahrscheinlich hat er gemeint, dass Petrarca beideBriefsammlungen zusammen
inVerona
gefunden.Auch
über die angeblich Petrarcaschen Abschriften der Briefe, sowieden
Originalcodex der Briefead
familiäres, ausdem
die bezügliche Abschrift stammt, hatMehus
dasihm
bekanntgewordene
Material mitgetheilt. SeineAus-
führungen sind wörtlich in die bezüglichen Abschnittevon Bandinis
Katalogübergegangen und haben
durch diesesWerk
eine grössere Publicität erlangt-Neues
findetmam
bei Bandini nicht.Nach ihm
ist erst Orelli wieder auf dieseFrage
in der Historia critica Epistolarum Ciceroniszurückgekommen, ohne
indess ausdem
Material, welches er beigebracht, der Unter-suchung neue Momente
zuzuführen; er reproducirt nur,was
er bei Bandini gefunden.Aus
Bandini hatte auch
Haupt
seine Kenntnissvon dem
Stande dieserFrage
geschöpft, als erden
Brief des Coluccio publicirte; untersucht hat er sie selbst nicht; er acceptirte die Voraussetzungen, die er bei Bandini fand,und kam
in Folge dessenzu
falschen Schlüssen.Haupts
Irrthümer hatHofmann
stillschweigend berichtigt indem
ersten Abschnitt seiner\i^r
r'->'-
M*. -'
tT
**''•
.V
1 -».
Schrift:
Der
kritischeApparat zu
Ciceros Briefenan
Atticus. Berlin, 1863.Durch
dieseSchrift hat die
Frage
bisher die meisteFörderung
erfahren.Hofmann
hat nämlich durch eine genauere Prüfung desvon
Orelli vorgelegten Materials festgestellt, dass Petrarcaim
Jahre1345
in
Verona
nur die Briefean
Brutus, Quintus Ciceround
Atticus, die bekanntlich in einerHand-
schrift vereinigt sind, gefunden hat; die Briefe
ad
familiäres lässt er ihn später in Vercelli finden.Die
Petrarcakenner, wie G.Voigt,
L.Geiger,
G.Körting, welche
sich beiläufig über dieseFrage
äussern, folgenmehr
oder weniger der Tradition.Die
bisherigenUntersuchungen haben
das gemein, dass sie diejenige Quelle, dieam
besten
Auskimft geben
konnteund am
ehesten befragtwerden
musste, nicht ausreichend benutzt haben, nämlich Petrarcas eigene Schriften; sie bietengenügendes
Material,um
uns ein sicheresUrtheil in dieser
Frage gewinnen
zu lassen.Eine Prüfung dieses
gesammten
Materials erweist zur Evidenz, dass Petrarcaim
Jahre1345
inVerona
überhaupt nur die Briefe anM.
Brutus, Quintus Cicero, Octaviauund
Atticus gefunden, dass erdagegen von
der Existenz der Briefe ad familiäres überhaupt gar nichts ge- wusst hat.Demgemäss kann auch
die Abschrift dieser Briefe, welche als einAutographon
Pe-trarcas gilt, nicht
von
seinerHand
herrühren.Diese Erkenntniss
zwang, auch
die andere angeblich Petrarcasche Abschrift, welche die Briefean
Atticus enthält, auf ihrenUrsprung
hin zu prüfen; die Prüfung ergab dcis gleiche Resultat, dassauch
diese Abschrift fälschlich auf Petrarca zurückgeführt wird.Wenn
nicht alle Zeichen trügen, sind beide Abschriften diejenigen, welche der niciilän-dische Kanzler Pasquino für
den
florentinischen Staatskanzler Coluccio hat anfertigen lassen.In der nachfolgenden
Abhandlung
lege ich dieActen
vor.£"<•>. -. •^ '
•. <A
I.
Die Zeugnisse aus Petrarcas Schriften.
1.
Den Ausgangspunkt
unsererUntersuchung
bildet PetrarcasVorrede
zuden
Freundes-briefen. Sie hat die
Form
eines Dedicationsschreibensan
Socratesund
fixirt unterAnderem
die (jcsichtspunkte, die Petrarca bei der Beurtheilung seiner Briefevon dem
Leser insAuge
gefasst liaben will. In dieserVorrede
heisst es p. i8:*) Epicurus philosophus vulgo infamis, sed inaiorumiudicio
magnus,
epistolas suasduobus
aut tribus inscripsit,Idomeneo, Polyaeno
et Metrodoro.**)Totidem paene suas Cicero: Bruto, Attico
etCiceronibus
suis, fratri scilicetac
filio.Scneca
perpaucas praeterquamLucilio
suo scribit. „Leicht ist es, fahrt er daraufKort,Einen kennen
zu lernen, sichan Eines
Natur zugewöhnen,
zu wissen,was
ihn zu hören freut,was
Dirzu
, reden ziemt. Mir ist ein ganz anderesLoos geworden; denn
bis aufden
heutigenTag
ist mirfast
mein
ganzesLeben
auf derWanderung
verstrichen."Nachdem
erdann
ausgeführt, wie ihn "sein Schicksal
von Jugend
auf xmter den mannigfaltigsten Gefahren bald hierhin, bald dorthin verschlagen, schliesst er diese Gedankenreihe mit derBemerkung:
In solchenStürmen
desLe-
benshabe
er inkeinem Hafen
seinenAnker
auf lange hinaus werfenkönnen und wahre Freunde
nur sehr wenige.Bekannte
imzählige gefunden,und
so sei erdenn
auch in derLage
gewesen, seine Briefean
viele durchGemüth
wie Lebensstellung sehr verschiedene Adressaten richtenzu
müssen.Er
will also ins Licht setzen, wie sehr er selbst durch die grosse Zahl seiner Corre- spondentenim
Nachtheil sei gegenüber jenen Epistolographen des Alterthums, wie Epictir, Ciceround
Seneca,denen
die geringe Zahl der Personen, mitwelchen
sie correspondirten, einegenaue
Keiintniss
von
ihrer Eigenthümlichkeit ermöglichteund demgemäss
die Correspondenz erleichterte.Wenn
hier als die vier Adressaten Ciceros Brutus, Atticus, Quintus, der Binder,und
Marcus, derSohn
Ciceros, in diesemZusammenhang
aufgeführt werden, so ist damit unwiderleglich der Be- weis geliefert, dass Petrarca zu der Zeit,wo
er dieseVorrede
schrieb, d. h. 1359,***)von
der Ejkislenz der epistolaead
familiäres, einer Briefsammlung, welche Briefean mehr
als80
ver- schiedenePersonen
enthält, überhaupt gar nichts gewusst hat.*) Die Briefe de rebus familiaribus, die ich mit Körting Freundesbriefe nenne, citire ich nach der schönen Aur^^abe von Fracassetti, Florenz 1859
—
1863; für die übrigen Schriften sind wir ja leider immer noch auf die klag- lichca Baseler Ausgaben angewiesen; ich habe die von 1554 benutzt, doch habe ich für die Schrift de remediis utriusijue fortunae den sehr viel correcteren Druck von le Preux, Genf 1613, vergleichen können.Wo
nur die römi-cUe Ziffer citirt ist, sind damit immer die Briefe de rebus fam. gemeint.**) Dies hat Petrarca dem Seneca entnommen, cf. ep. 21, 3 und 18, 9.
Ob
Metrodorus als Adressat fürEpiain Briefe anzusehen sei, ist Petrarca zweifelhaft, er schliesst es nur, ausdrücklich bezeictmet ihn Seneca als sol.iici nicht.
***) Vergl. hierüber Körting: Petrarca, Leipzig 1878. pag. 22 ff.
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;^.''."'.St-,;'-i.^'-'.
Diese Unkenntniss über die Existenz eines so grossen
Werkes
des gelesenstenAutors
findet durch die Thatsache ihre Erklärung, dass die Briete dieser
Sammlung
inden
Schriftendes Alterthums, aus
denen
Petrarca seine Kenntniss geschöpft, überhaupt nur seltenund dann
nie als eine geschlossene
Sammlung erwähnt werden und
ein Brief daraus nienach
der Zahldes Buches, in
dem
er steht,und dem
Platz,den
er innerhalb des betreffendenBuches
einnimmt, sondern in derRegel
nurnach dem Namen
des resp. Adressaten citirt wird.Es
istalso sehr
wohl
möglich, dass Petrarca ein Citat, wie das bei Quintilian VIII, 3, 35:Nam
et inepistola ad Brutum: Eum,
inquit,amorem
. . . . etad Appium Pulchrum: Te hominem
non solum
sapientem etc. gelesenund
auch beachtet hat-,ob
der Brief aber zu einer grösserenSammlung
gehörte oder nur ein vereinzelter war, wie deran
Octavian,den
Petrarca indem
Veroneser Codex
fandund
für Ciceronisch hielt, konnte er darnach nicht beurtheilen.Was
Petrarcavon
der Existenzund dem
Bestände der Ciceronischen Briefsammlungen vordem Veroneser Funde
gewusst, darüber sind einigeVermuthungen
gestattetEr
spricht einmal ineinem
Briefe, dernach dem Funde
geschrieben ist (eine ganz bestimmte Datirung lässt sich nicht geben, es ist der 18. des III. Buches)von
seiner Leidenschaft fürBücher und erwähnt
unterden
Freuden,welche Bücher
bereiten,auch
die, dassman
durch einBuch
Kenntnissvon
anderenbekomme;
sohabe
er Liebe zuTerenz
aus Ciceros Tusculanengewonnen, von
Catos Originesund Xenophons Oeconomicus habe
er durch Ciceros Schrift de senectute erfahren,und
in diesem
Zusammenhang
heisst esdann
weiter: etde Ciceronis
epistolisSenecae prius quam
oculiscredidimeis,
d. h.von
Ciceros Briefen wusste ich durch Seneca, bevor ich sie mit eigenenAugen
sah.Seneca
erwähnt Briefe Ciceros vierMal, aberimmer
nur die ad Atticum.*)Ob
es richtig ist, darausden
Schluss zu ziehen, Petrarcahabe
vordem Funde
nurvon
derSammlung
der Briefe
an
Atticus gewusst,möchte
ich sehr bezweifeln; eine solche Restriction liegt gar nicht inden Worten;
es heisst nichts weiter, als erhabe
zuerst durchSeneca
erfahren, dass esvon
Cicero Briefe gäbe.Dass
es eineSeimmlung von
Briefenan Marcus
gegeben,konnte
Petrarca durch Quintilian wissen, der ihrer I, 7,34 Erwähnung
thut;**) indem Veroneser Codex, den
Petrarca fand,war
sie nicht enthalten;von den
Briefenan
Quintus wusste Petrarca höchst- wahrscheinlich schon vordem Funde
durchSueton
August, c. 3,den
er sehrgenau
kannte.Ob
ervon den
Briefenam
Brutus durch Citate des Quintilian gewusst, darüberwage
ich keineVermuthung; denn
Quintilianwar ihm
nur theilweise bekannt.Die Sammlung
der Briefean Marcus
hat Petrarca jedenfcills für eine ganz unbedeutende gehalten; indem
Verzeichniss der- jenigen verlorenen Schriften Ciceros,quoruminsignior
iacturaest,erwähnt
er sie so wenig, wie irgend eine andere Briefsammlung,***) erkommt
überhaupt nie wieder auf sie zurück, obgleich er aufMarcus
öfters zu sprechenkommt.
Als Petrarcanun
in der Veronesischen Handschrift die Briefean
Brutus, Quintusund
Atticus fand,war
er der Meinung, dass er damit die Haupt-masse
der Ciceronischen Briefsammlimgen gefunden; das beweisen die Anfangsworte des Briefes,*) Die Stellen »ind: ep. 97, 4,
wo
er ad Att. I, l6, 5 citirt; li8, l und 2; de brevit. vitae 5, 2,wo
eineStelle citirt wird, die sich in unserm Text nicht findet, und ep. 21, 3-
**) Ich nehme Quintilian als Quelle seiner Kenntniss an, weil die andere Petrarca recht wohl bekannte Quelle, welche die Briefe an Marcus erwähnt, nämlich Lactanz, an der betreffendenStelle III, 14 nur von praecept«
nicht von epistolae spricht.
i.- ***) S. ep. XXIV, 4.
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in
dem
ervon
seinemFunde
spricht: Epistolas tuas diumultumque
perquisitas avidissime perlegi, d.h.„Deine
Briefe", die ich lange gesucht, nicht„Briefevon
Dir."Neben
diesenBriefenkam
eine sounbedeutende Sammlung,
wie diejenige derBriefean
Marcus, überhaupt gar nichtmehr
inBetracht.^j-l'^viiri 2.
Eine
weitereConsequenz
jeneroben
aus derVorrede
zuden
Fretmiiesbriefen mit- getbeilten Stelle ist die, dass alleErwähnungen
Ciceronischer Briefe, welche sich inden von
Petrarca bis1359
verfassten Schriften finden, nur dieeine
Beziehung auf die in derVeronea-
sehen Handschrift vereinigtgewesenen
Briefsammlungen Ciceros gestatten.Ausser den
wörtlichen Citaten aus Ciceros Briefen, die ich nachherim Zusammenhang
erörtern werde,
kommen
hier zwei Stellen in Betracht.Die
erste findet sich indem
dritten Briefe desXXIV. Buches
der Freundesbriefe.Es
ist dies jenerberühmte
Briefan
Cicero, indem
Petrarca seinesFundes Erwähnung
thut. Ich lasse denselben in seinerganzen Ausddinui^
folgen. ••-•' ' -
.'.-....>.
...-/ .i-.l;-wt.,^..;l-»i^:;
.. Franciacufl Petrarca M. Tullio Oiceroni S. F. D.
E4>istoIas tuas diu
multumque
perquisitas atque ubiminime
rebar inventas, avidissime perlegi: audivi multa te dicentem, multa deplorantem, multa variantem,M.
Tulli, et quiiam
pridem qualispraec^tor
aliis faissesnoveram, nunc tandem
quis tu tibi esses agnovi.Unum
hoc
vicissim a vera caritate profectumnon iam
consilium, sedlamentum
audi, ubicunque es,quod unus
posterorum tui nominis amantissimusnon
sine lacrimis fundit.O
inquietesemper
etanxie, vel ut verba tua recognoscas, o praeceps et calamitose senex, quid tibi tot contentionibus et
prorsum
nihil profuturis simultatibus voluisti?Ubi
et aetati et professioni et fortunae tuae conveniens otium reliquisti? Quis te falsus gloriae splendorsenem
adolescentium bellisimplicuit, et per
omnes
iactatum casus ad indignam philosophomortem
rapuit?Heu!
et fratemi consiliiimmemor,
ettuorum
tot salubrium praeceptorum, ceunoctumus
viatorlumen
in tenebris gestans, ostendisti secuturis callem, inquo
ipse satis miserabiliter lapsus es. Omitto Dionysium, omitto fratremtuum
ac nepotem, omitto, si placet,.ipsum
etiam Dolabellam, quosnunc
laudibusad caelum
effers,nunc
repentinis maledictis laceras. Fuerint haec tolerabilia fortassis. Juliumquoque Caesarem
praetervehor, cuius spectatadementia ipsum
lacessentibus portus erat.Magnum
prae- tereaPompeium
sileo,cum quo
iurequodam
familiaritatis quidlibet posse videbare.Sed
quis te fiiror inAntonium
impegit?Amor
credo Rei p.,quam
funditusiam
comiisse fatebaris.Quod
si pura fides, si libertas te trahebat (quod
quidem
de tanto viro licet opinari), quid tibitam
familiäre
cum Augusto? Quid enim
Bruto tuo responsurus es? Siquidem
(inquit) Octaviustibi placet,
non Dominum
fugisse sed amicioremdominum
quaesisse videberis.Hoc
restabat infelix, ethoc
eratextremum
Cicero, ut huic ipsitam
laudato malediceres,quod
tibinon dicam
malefaceret, sed maleficientibus
non
obstaret.Doleo vicem tuam
amice, eterrorum
pudet ac miseret tantorum:iamque cum eodem
Bruto iis artibus nihil tribuo quibus te instructissimum fuisse scio.Nimirum
quid iuvat alios docere, quid omatissimis verbissemper
de virtutibus loqui prodest, si te interim ipsenon
audias?Ah!
quanto satius fuerat philosopho praesertim in tran- quillo rure senuisse, de perpetua illa, ut ipsequodam
loco ais,non
de haciam
exigua vita cogitantem, nullos habuisse fasces, nullis triumphis inhiasse, nullos inflasse tibianimum
Catilinas.Sed
dehoc quidem
frustra.Aetemum
vale,mi
Cicero.Apud
superos,ad dexteram
Athesis ripam, in civitateTranspadanae
Italiae Verona.XVI.
Kalendas Quintiles,anno
ab ortu Deiillius,
quem
tunon
noveras 1345.?^»->*f»'V
-i-nv-^ Av^-/»••
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'
Man
sieht, der Eindruck,den
Petrarca durch die Leetüre derneu
entdeckten Briefevon dem
Charakter Cicerosgewonnen,
ist der der Enttäuschung.Er
hat ihn viel redenund
vielklagen gehört, viel
schwanken
gesehenund
dieWahrnehmung
gemacht, dass er nicht die Kraft besessen, die Lehren, die erAnderen
gab, zur Richtschnur für sein eignesLeben zu nehmen.
Der vordem
sobewunderte Maim
gleichtihm nunmehr einem Wanderer,
der in dunkler Nacht mit der FackelAnderen den Weg
erheilen will, selbst aber aufdemselben
elendiglich straucheltAber
Petrarca freut sich dieserSchwächen
nicht; dazu hat er,um
ein treffendesWort von
Jacob Burckhardt zu gebrauchen, zu viel Respect vor ihm, sondern erbekl^t
es, dass ihn seineLeidenschaftlichkeit
um
alleRuhe
desLebens
gebrachtund
schliesslich in einenTod
gerissen,der eines Philosophen
unwürdig
ist.Ach,
wie viel besserwäre
es gewesen,wenn Du
lieber in-der
Ruhe und
Stille desLandlebens
gealtert wärest, über jenes ewige, nicht dieses kurzeLeben nachdenkend, wenn Du
keine Fasces geführt, keineTriumphe
begehrt hättest,wenn
keinCatilina Dir die Brust geschweift!
Zur
Beurtheilungvon
Veranlassung,Form und Tendenz
dieses Schreibens dienen zwei andereAeusserungen
Petrarcas; die eine steht in derVorrede
zuden
Freundesbriefen p. 24.Da
heisst es ungefähr so: Inden
Widerwärtigkeiten desLebens benimmt
sich Cicero soun-
männlich (molliter), dass ich bei allerFreude
andem
Stil oft durch seineGedanken
verletzt werd?.Dazu nehme man noch
seine litigiosas epistolas, seineSchmähungen und Vorwürfe gegen
die hervorragendsten Männer, die er kurz vorhernoch
so sehr gelobt:von
ihrer Leetüre gleichmässig bezaubert wie verletzt,habe
ichmich
nicht enthalten können,ihm
bei der Ver- traulichkeit unseres gegenseitigen Verhältnisses unterdem
Eindruck des Zornes wieeinem
zeit- genössischen Freunde, der Zeiten gleichsam vergessend, zu schreibenund ihm
vorzuhalten,was mich
verletzt";und
dieswar
mir der Anfang, dass ich später ähnliche Briefe auch an Seneca,Varro
u. A. richtete.Die
andereAeusserung
steht indem
zweiten Brief desXXIV.
Buches.Wir werden
in eine Gesellschaft zu Vicenza geführt, in der sich die Notabilitäten der Stadt
um
Petrarcazusammengefunden. Das
Gesprächkommt
auf Cicero. Allewaren
seinesLobes
voll.„Aber
da esnun
einmal nichtsVollkommenes
aufErden
giebt,und
keinMensch
ist, andem
nicht selbst bescheidenerTadel
mitRecht
etwas auszusetzen fände, so erwähnte ich bei aller Liebe,Verehrung und Bewunderung,
die ich für sein Talent wie seine Beredtsamkeit empfinde, denMangel an
Charakter(morum
levitas)und
seinen vielfachvon
mirwahrgenommenen Wankel-
muth. Als ich alle
Anwesenden,
insbesondere einenwürdigen
Greis,von dem Ueberraschenden
dieses Urtheils höchlichst betroffen sah, schien es mir nothwendig, die
Sammlung
meinerBriefe aus
ihrem
Kästchen vorzuholen.Es
befinden sich nämlich unterden
vielen Briefen, die ichan meine
Zeitgenossen gerichtet, auch einigewenige an berühmte Männer
der Vorzeit, die ich derAbwechslung wegen und
zurErholung von
anstrengenden Arbeiten geschrieben, darunter zwei an Cicero; der eine tadelt seinen Charakter, der andere lobt sein Talent. Diese Briefewurden nunmehr
verlesen;an
ihnen entzündete sich eine heisse Debatte, in der besonders jener Greis mit jugendlichemFeuer
für Cicero eintrat."Das
Resultatwar
das gewöhnliche solcher Debatten: Jeder blieb bei seinerMeinung;
Petrarca freute sich, injenem
Greis einenMann
gefunden zu haben, der Cicero
noch mehr
liebte als er selbst.Gegen den
Schluss des Briefeserwähnt
erdann noch
seinen Briefan Seneca und
sagt: „Ichhabe
mit diesen grossen Geisternmeine Kurzweil
gehabt (lusi); vielleichtwar
dies verwegen, aber ich that es mit Liebeund
.J- u
;^c:^.:-f^-^^-f^::ri|:.*^
-t. r^*,>-,•;- -
",
'J^';'; C^','-, r^-ii:-- \"'~i.,.9 '-'.'"
schmerzlicher
Theihiahme
für ihr Schicksal. Vieles erfreute mich an ihnen,Weniges
störte mich;über dieses
Wenige
fühlte ichden
Drang,mich
zu äussern,den
ich heute vielleicht nichtmehr haben
würde.Denn
es ist lange her, dass ich jenen Brief geschrieben.Auch
heutenoch
beklage ich das Schicksal dieserMänner,
abermeine Vorwürfe
bleiben dieselben. Ichkenne
Cicero alsemen wachsamen,
trefflichenund dem
Staat erspriesslichen Consulund
als einen unter allenUmständen
höchst patriotischen Bürger.Aber
nicht lobenkann
ich seinenWankel-
muth,und
dass er aus nichtigenGründen
sich schwere,ihm
selbst verderblicheund Niemand
nützliche Feindschaften zugezogen, dass er,
wenn
es galt, seine persönlicheSache von
der des Staates zu imterscheiden, nicht die sonstige Schärfe seines Urtheils bewiesen,und
schliesslich, dass ein Philosoph in seinen Jahren diese jugendliche Streitsucht gehabt; über alles dieseskann
billig nur der urtheilen, der alle Briefe Ciceros,
von denen
dieser Streit seinenAusgang
nimmt, nichtim
Fluge durchgelesen hat."Nimmt man
diese drei Stellenzusammen,
sokann mem
darüber gar nichtim
Zweifel sein, dass unser Brief an Cicero unterdem
frischen Eindruck der ersten Leetüre geschrieben ist.Petrarca hatdieBriefe gelesen, als er sie
gefunden (epistolas tuas
inventas avidissime
perlegi),und von
der Leetüre gleichmässig bezaubert wie verletzt, hat er sich nicht enthalten können, imterdem
Eindruck des Zornes diesen Brief an Cicero zu schreibenund ihm
vorzuhalten,was
ihn verletzt
(quibus legendis delenitus
pariter etoffensus temperare mihi non potui, quominus
iradictante
. .scriberem
etquibus
ineo
dictisoffenderer admonerem). Es
istdahereine ganzselbstverständlicheFolgerung, dass wir in
dem
unterzeichnetenDatum
des 16.Juni1345
diejenige Zeit zu sehen haben, zu der die Leetüre beendigt war.
Nun
wissen wir, dass Petrarca seitdem December 1343
inParma war und im
folgenden Jahre die Einschliessung der Stadt durch ein mailändischesHeer
erlebte.Um
sichden Beschwerden und
Gefahren der Einschliessung zu ent- ziehen, erspähte er eine Gelegenheit, aus der Stadt zuentkommen und nach Avignon
zurück- zukehren.Es
gelangihm am
23. Februar 1345, aus der Stadt zu entweichen; unter mannig- fachen Gefahrenkam
erüber^Scandianum und Modena am
25. Februar nach Bologna,von wo
aus er seine Erlebnisse
an
Barbatusvon Sulmo
ineinem
unsnoch
erhaltenen Briefe meldete.*)Wann
Petrarcavon da
nachVerona gekommen,
wissen wir nicht; überhaupthaben
wir biszum
16. Juni
1345
keine nachweisbarenDaten
in Petrarcas Schriften; nur so vielkann man
«dso mit Sicherheit behaupten, dass derFund nach dem
25.Februar und
vordem
16. Juni1345
gethcm sein muss.Doch
ichmuss
hierbei einer ThatsacheErwähnung
thun, welchegegen
die Richtigkeit des obigen Schlusses, dass diejenem
Brief an Cicero beigeschriebene Jahreszahl als dasDatum
der Auffindung
anzusehen
ist, zunächstBedenken
erregen könnte.Es
finden sich nämlich in einigen Briefen, deren Abfassungszeitvon
Fracassetti vor1345
angesetzt ist, Citate ausden
Briefen an Quintusund
Atticus. .Es
sind zunächst I, 1. 4.V,
2.Davon
erledigt sich I,4
dadurch, dass das darin enthalteneCitat:
scribequidquid
inbuccam venerit
gar nicht directden
Briefenan
Atticusentnommen zu
sein braucht, sondern aus Senecastammen
kann, der esep. 118, 1 anführt,
um
daran dieBemerkung
zu knüpfen, dass er seine Briefe nie mit solchen Lappalien füllen würde, wie dies Cicero gethan. Petrarca hat diese Stelleohne
Zweifel gekamit;er wusste ja, wie wir
oben
aus seinen eigenenWorten
ersehen,von
der Existenz der Briefean
*) V, 10, Ihm sind die obigen Notizen entnommen.
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Atticus durch Seneca.
— Bnet
1, i, der einlängeres Citat aus
einem
Briefe an Quintus enthält, istvon
Fracassetti vor 1326,von
Körting in das Jahr1325
gesetzt;V,
2 endlich,wo
sich ein Citat ausden
Briefenan
Atticus findet, ist datirtRom,
7. October 1343.Angenommen,
dieseDatirungen seien richtig, so
bemerke
ich, dass die Briefe Petrarcas bei der1359
be-gonnenen und 1365
endgiltig geschlossenen Redaction durchaus nichtmehr
diejenigeFassung
hatten oder behielten, die sie bei ihrer
Absendung
anden
Adressaten gehabt hatten.Man
vergesse nicht, dass Petrarcas Briefe nicht Briefe sindim
Stile Ciceros, sondernim
Stile Senecas; es sind nicht vertrauliche Mittheilungen des
Freundes
anden Freund,
wie._ sie der
Augenblick
eingiebt; es sindzum
grössten Theil sehr feinund
sauber aus-'
gearbeitete Studien; in ihnen legte er
Gedanken und
Einfälle, die iHn beschäftigten, in einerebenso
populären wiebequemen Form
nieder. Die Briefform ist nur das Gefäss, in das Petrarca seineGedanken
giesst; der Adressat ist oft aller individuellenBeziehungen
entkleidet; er ist nur Publicum, zudem
der Briefsteller spricht.*)Durch
diesen Charakter seiner Briefe, nicht bloss- durch die Absicht einer dereinstigen Herausgabe, die Petrarca selbst übrigens in
Abrede
stelltr
(s. praef. p. 20), erklärt es sich, dass Petrarca sich Abschriften seiner Briefe behielt; er wollte übersehen können,was und
wie er geschrieben.Es
ist dahermehr
als wahrscheinlich, dass eran
seinen Briefenauch
nach derAbsendung immer
weiter gefeilthaben
wird, bis erden
treffendsten
Ausdruck
für seineGedanken
gefunden. Ausser Zweifel aber steht es, dass er bei. der Redaction
manche Aenderungen vorgenommen
hat.„Da
es mir, so heisst es in derVorrede
p. 20, nie in
den
Sinngekommen
war, diese Briefe zueiner Scmimiung
zu vereinigen, sonahm
ich keinen Anstand, das,
was
ich ineinem
Briefe schongesagt, in
einem
andern zu wiederholen 'und
somein
Eigenthumsrecht zu gebrauchen. Als ichdann
aber alle Briefezusammen
sah,- fand sich, dass ein
Wort, was
ineinem
Briefe sich gutausnahm und dem
Leser gefiel, bei der öfteren "Wiederholung durch das ganzeWerk
sich übelausnahm und
missfallen musste.So konnte
ich esdenn
nur ineinem
Briefe belassen, ausden
anderen musste ich es beseitigen.Indess
auch von den
vertraulichen Mittheilungen persönlicher Art (de familiaribus curis), die zur''
Zeit,
wo
sie geschriebenwurden,
Interesse hatten, habe ich vielesgestrichen, weil es selbst für einen sehr eifrigen Leser langweilig sein musste."
Es
liegt auf derHand,
dass es bei solchenVeränderungen
des Textes nichtimmer
mitdem
einfachen Ausstreichen gethan ist; der durch die Entfernungvon ganzen
Stellen gestörteZusammenhang
musste hergestellt werden,und
so istdenn
gewiss oftgenug
eineUmarbeitung
erfolgt, welche
von dem
früherenText
nicht viel übrig gelassenhaben
wird.Auch ohne
diese beiden Veranlassungen wird er gewissmanche
Stelle, weil sie seinem späteren Urtheil nichtmehr
gefiel, durch eine gelungenere ersetzt haben. Bei solchen Gelegenheiten
haben denn
auch die*) Ein grosser Theil der Briefe Petrarcas hat lediglich den Charakter von Abhandlungen und ihre Adressen muss man in vielen Fällen aus dem Gesichtspunkte einer Zueignung ansehen. Petrarca fatd auf diese Weise Gelegen-
heit, einer Menge von Personen Aufmerksamkeiten zu erweisen; denn es wurde als eine hohe Ehre angesehen, einen Platz in seinen Briefen zu erhalten. Charakteristisch hierfür ist namentlich der Brief an Guido von Genua (XIX, 8).
Die Situationen sind in solchen Fällen fingirt und der grösseren Anschaulichkeit wegen von Petrarca mit einigem localen Beiwerk versehen worden. Auch die am Schlüsse vorkommenden Orts- und Zeitangaben sind nach meiner Ansicht oft nur erfunden, wie sich dies z. B. an dem ersten, an Thomas von Messina gerichteten Briefe (I, 1) klar nachweisen lässt. Jedenfalls müssen die Briefe von diesem Gesichtspunkte aus einer genaueren Prüfung unterworfen werden, welche ich mir für eine spätere Gelegenheit vorbehalte.
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11
Citate aus Ciceros Briefen ihren Platz gefunden; als die klassischen Muster einer Literaturgattung, die Petrarca selbst sehr cultivirte,
waren ihm
diese BriefeGegenstand
eifrigen Studiums,und
die Reminiscenzen boten sichihm
leicht dar.Es
finden sich auchnoch
Citate ausden
Briefen an Atticus in vier anderen Briefen, dievon
Fracassetti nicht datirt sind: III, 18. 20. IV, 14 u. 15.Nach
der Stellung, die sie inPetrarcas Briefsammlungeinnehmen —
sie stehen vor Briefen, die insJahr
1343
zu setzen sind—
müssteman
glauben, dass sie vor1343
verfasst sind.Denn
Petrarca hatim
Grossenund Ganzen
die Briefenach
der Zeitfolge der Abfassung geordnet.*) Indess ist der Platz, der ihnen aii-gewiesen,
noch
kein untrüglicher Massstab [für die Abfassungszeit.Denn
da Petrarca fast nie ein Jahresdatum seinen Briefen beigeschrieben, sowar
es für ihn selbst in vielen Fällen, ins- besondere bei Briefen aus sehr viel früherer Zeit, gar nichtmehr
möglich, dasDatum
mit Sicher- heit zu bestimmen.Wie
sollte er, als er1359
die Briefe zurHerausgabe
ordneteund
sichtete,sich
genau
erinnern,ob
dieser oder jener Briet vor 10, 15 oder20
Jahren geschrieben war,wenn
er nicht gerade auf EreignisseBezug nahm,
derenDatum
sichihm
fest eingeprägt hatte?Wenn
also Briefe Petrarcas aus früherer Zeit keine besonderenMerkmale
der Abfassungszeit haben, undGründe
vorliegen, ein anderesDatum anzunehmen
als dasjenige, welches ihr Platz in der Reihenfolge der übrigen datirbaren ihnen anweist, somuss man
unbedenklich jenen anderenGründen den Vorzug
einräumen. Ichwürde
also,wenn
nicht andereGründe
dcigegen sprechen,was
ich nichtgenau
ermitteln kann, weil mir nicht das nöthige Material zuGebote
steht, unsere Briefe geradewegen
dieser Citate nach 1345 datiren; sollte dies indess nicht erlaubt sein, so hindert uns nichts,auch
diese Citate auf eine nachträglicheAenderung
zurückzuführen.**)Somit
kann
das aus diesen Citaten hergeleiteteArgument
unsern wohlbegründeten Schluss, dass diedem
Briefe an Cicero beigeschriebene Jahreszahl als dasDatum
der Auffindung anzu«sehen ist, in keiner
Weise
erschüttern.Nicht mit der gleichen Sicherheit wie auf die Zeit des
Fundes
liesse sich aus der Unter-schrift auf
den Ort
desFundes
schliessen,denn
Petrarca könnte ja seine Eindrücke ineinem
andern Orte niedergeschrieben haben, baldnachdem
erden
Fundort verlassen. Indessen hier erhalten wir eine Bestätigungvon
andrer Seite durchden
florentinischen Staatskanzler Coluccio, der ineinem
weiter unten angeführten Briefeden
mailändischen Kanzler Pasquino bittet,von dem
der Kirche zuVerona
gehörigenCodex
Ciceronischer Briefe, auswelchem
er Excerptevon
PetrarcasHand
schon besitze, für ihn eine Abschrift anfertigen zu lassen.Ueber
die Stelle,wo
Petrarca die Handschrift fand, erfahren wir nichts Näheres; nur so viel lässt sich aus Petrarcas
Worten
(ubiminime
rebar inventas) entnehmen, dass er sie nicht da gefunden,wo man Bücher
vermuthet, also nicht in der Bibhothek, sondernirgendwo
anders.Die Handschrift enthielt das erste
Buch
der Briefe an Brutus, die Briefe an Quintus,den
Brief
an
Octavianund
die Briefe an Atticus.Wir
ersehen dies theils indirect aus der obigenStelle
von
PetrarcasVorrede und den
Citaten Ciceronischer Briefe, die sich in Petrarcas Schriften finden, theils direct durch die uns erhaltene Abschrift des Veroneser Codex.*) Er sagt ep. XXIV, 13 von der Anordnung: non rerum, sed temporum rationem habui. praeter has enim ultimas veteribus inscriptas illustribus viris .... ac praeter primam, quae .... locum praefationis obtinuit, caetera
paene
omnia quo inciderant scripta sunt ordine.**) Fracassetti nimmt fürIII, l8auch einspäteresDatum anals dasjenige, wasdurch denPlatz angedeutetwiid.