Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und seine Folgen
2. Juli 2007, Westerwald
Rechtsanwältin Valerie Naumann
AGG vom 18. August 2006 setzt europäische Richtlinien um:
• Antirassismusrichtlinie - 2000/43/EG
• Rahmenrichtlinie Beschäftigung - 2000/78/EG
• Gleichbehandlungsrichtlinie - 2002/73/EG
• Vierte Gleichstellungsrichtlinie - 2004/113/EG
Vorgaben aus Europa
• Rasse / Ethnische Herkunft
• Religion / Weltanschauung
• Behinderung
• Alter
• Sexuelle Identität
• Geschlecht
Diskriminierungsmerkmale
• Unmittelbare Benachteiligung, § 3 Abs. 1 AGG
• Mittelbare Benachteiligung, § 3 Abs. 2 AGG
• Belästigung, § 3 Abs. 3 AGG
• Sexuelle Belästigung, § 3 Abs. 4 AGG
• Anweisung zur Benachteiligung, § 3 Abs. 5 AGG
Benachteiligungsverbote
Sondervorschriften für Beschäftigte, §§ 6 – 18 AGG
• Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
• Auszubildende, Praktikanten etc.
• Bewerberinnen und Bewerber
• Personen nach beendetem Beschäftigungsverhältnis
• Überlassene Arbeitnehmer
Wer ist geschützt ?
• Arbeitnehmerähnliche Personen
Zugang zur Erwerbstätigkeit und beruflicher Aufstieg sind auch für folgende Personen „AGG-geschützt“
(§ 6 Abs. 3 AGG):
• Selbständige
• Geschäftsführer
• Vorstände
• Sonstige Organmitglieder (z.B. Aufsichtsräte)
Erweiterter Personenkreis
• Sog. „Positive Maßnahmen“ zur Verhinderung und Behebung von Benachteiligungen, § 5 AGG
• Aufgrund von Religion und Weltanschauung bei sog.
Tendenzträgern, § 9 AGG
• Wenn Merkmal wegen Art der auszuübenden Tätigkeit oder Bedingung der Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt,
§ 8 AGG
Erlaubte Ungleichbehandlungen:
Beispielhafte Aufzählung des Gesetzgebers in § 10 AGG:
• Zugangs- und Beschäftigungsbedingungen zur Beschäftigungsförderung
• Mindestalter oder Mindestberufserfahrung
• Höchstalter
• Soziale Sicherheitssysteme
• Befristung bis zum Renteneintritt
• Leistungen in Sozialplänen
Sonderrechtfertigung für Merkmal „Alter“
• Leistungsverweigerungsrecht bei Belästigung und sexueller Belästigung, § 14 AGG
Haftungsrisiko und drohende Sanktionen
• Klage durch Betriebsrat oder durch im Betrieb vertretene Gewerkschaft auf Ordnungs- und Zwangsgeld,
§ 17 Abs. 2 AGG i.V.m. § 23 Abs. 3 BetrVG
• Entschädigung und Schadensersatz, § 15 AGG
Mitarbeiter/Bewerber muss Indizien für seine Benachteiligung beweisen.
Dann trägt Arbeitgeber Beweislast, dass keine Benach- teiligung aufgrund eines Diskriminierungsmerkmals vorliegt.
Hinweis:
Schon Text in Stellenausschreibung oder Smalltalk- situation kann als „Indiz“ in diesem Sinne genügen!
Beweislastverteilung
Wie oft könnten Sie für diese Anzeige verklagt werden ?
„Wir sind ein konservatives, traditionsbewusstes bayerisches Mittelstandsunternehmen im Raum Miesbach. Für unser
junges, dynamisches Team suchen wir zum 1. September 2007 eine
Vertriebsassistentin
Ihre Aufgaben: Sie sind im Verkauf tätig und beraten unsere Kunden.
Wir erwarten: Eine abgeschlossene Ausbildung, ein gepflegtes,
freundliches Auftreten, Deutsch als Muttersprache sowie hohe körperliche Belastbarkeit.
Ihre vollständigen Bewerbungsunterlagen (mit Bild) richten Sie bitte an
• Möglichst keine Fragen zu Benachteiligungs-
merkmalen wie beispielsweise Geburtsort, Religion, etc – auch nicht indirekt, z.B.:
„Wo kommt denn Ihr interessanter Nachname her ?“
Tipps zum Bewerbungsverfahren
• Keine Angabe von Gründen bei der Ablehnung
(Ausnahme: Schwerbehinderte)
• Versetzung (fachlich oder räumlich)
• Beförderung
• Beurteilungswesen/Jahresgespräche
• Gehalt und sonstige Leistungen
• Fortbildung und Weiterbildung
• Ausübung des Weisungsrechts
AGG-relevante Situationen im laufenden
Arbeitsverhältnis
Arbeitgeber hat die Pflicht, Maßnahmen zu ergreifen, wenn Beschäftigte gegen Benachteiligungsverbot
verstoßen, § 12 Abs. 3 AGG
Beispiele des Gesetzgebers für solche Maßnahmen:
• Abmahnung
• Umsetzung
• Versetzung
• Kündigung
Benachteiligungen durch Kollegen
• Arbeitgeber muss auch bei Benachteiligung durch Dritte gegenüber seinen Mitarbeitern schützend tätig werden, § 12 Abs. 4 AGG
• Handlungspflicht besteht nur für Benachteiligungen, die bei Ausübung der Tätigkeit verübt werden
Benachteiligungen durch Dritte
• Vermeiden Sie „verdächtige“ Stellenausschreibungen und Gesprächssituationen
• Geben Sie keine Auskunft über Ablehnungsgründe (Ausnahme: Schwerbehinderte)
• Informieren Sie Ihre Mitarbeiter z.B. per Hinweisschreiben
• Nehmen Sie Mitarbeiterbeschwerden ernst
• Sanktionieren Sie Benachteiligungen/Belästigungen
• Überprüfen Sie innerbetriebliche Richtlinien und Abläufe