Wundbeurteilung Dokumentation
Johannes Timmer Intensivfachpfleger Praxisanleiter
zert. Wundmanager März 2020
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Wundassessment (Wundanalyse)
Beschreibung der lokalen Wundsituation anhand vorgegebener Parameter
Wundanamnese
Erfasst alle systemischen Aspekte, die für die Wundheilung aus medizinischer und pflegerischer Sicht relevant sind
Wunddokumentation
Die Wunddokumentation umfasst die schriftlich dokumentierten Ergebnisse des Wundassessments und der Wundanamnese
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Wundbeschaffenheit / wundspezifisches Assessment
Wundart
genaue Spezifizierung der Wunde z.B. Ulcus cruris venosum oder sekundär – heilende OP – Wunde (WHS)
Abgrenzung zu anderen Wundarten z.B. Dekubitus – IAD – Skin tears
Lokalisation der Wunde
die Angabe erfolgt durch eine fachlich korrekte verbale und
grafische Dokumentation z.B. am rechten medialen Unterschenkel lateral lokalisiert
Wunddauer
definiert als die Zeit vom Auftreten der Wunde bis zur aktuellen Einschätzung
Rezidive
die Häufigkeit des Wiederauftretens einer Wunde nach einer erfolgten Abheilung
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Wundgröße/ Ausmaß der Wunde
Für die verschiedenen Wundarten liegen unterschiedliche Gradeinteilungen und Klassifikationen vor:
für den Dekubitus wird die Verwendung der Gradeinteilung des European Pressure Ulcer Advisory Panel empfohlen,
Gradeinteilung I – IV nach EPUAP bzw. Kategorien nach ES der DNQP
für die chronisch venöse Insuffizienz wird die Einschätzung nach der Klassifikation von Widmer empfohlen
für das Ulcus cruris arteriosum die Stadieneinteilung nach Fontaine
der Schweregrad des diabetischen Fußsyndroms wird durch die Wagner – Armstrong Klassifikation erfasst
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Wundgröße/ Ausmaß der Wunde
Länge und Breite der Wunde mit Orientierung nach Körperachse, Angabe in cm mittels Maßband
die Tiefe der Wunde wird mittels steriler Materialien ermittelt
z.B. Knopfsonde oder Pinzette; es wird stets an der tiefsten Stelle gemessen; Angabe in cm
Wundtaschen, Fisteln, Unterminierungen werden mittels Kurzkatheter, Pinzette oder Knopfsonde ermittelt; angegeben wird in cm, die Lokalisation erfolgt analog zur Anordnung
der Uhrzeiten
z.B. Fistelgang bei 3 Uhr, ca. 3 cm lang
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Wundgröße/ Ausmaß der Wunde
digitale Planimetrie d.h. Flächenbestimmung mittels spezieller Software
Volumetrie
d.h. Befüllen der Wunde mit angewärmter, steriler Kochsalzlösung
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Wundgrund
hier werden die Gewebearten beschrieben, die in der Wunde dominieren ( Epithelgewebe, Granulation, Nekrose, Fibrin, Muskel, Knochen, Knorpel, Sehnen )
z.B. Dekubitus Grad IV (EPUAP), rechter Trochanter, Wundgrund fibrinös belegt, Knorpelanteile freiliegend
Wundexsudat
Qualität des Exsudats z.B. Farbe, Konsistenz, Viskosität, Geruch
Quantität des Exsudats z.B. Häufigkeit der Verbandwechsel sowie Menge der durchnässten Wundprodukte
als freie Formulierung z.B. starke Exsudation, Exsudat serös-blutig
für die Erfassung des Geruchs liegen keine akzeptablen Instrumente vor; hier sollte mit eigenen Formulierungen die entsprechende
Situation beschrieben werden
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Wundrand
Der Wundrand ist definiert als Übergang von der Wunde zur intakten Haut.
mögliche Beschreibungen: nekrotisch, unterminiert, gerötet, mazeriert, rosig, glattrandig, unregelmäßig, wulstig...
Wundumgebung
Die Wundumgebung ist definiert als die unmittelbare Umgebung des Wundrandes.
mögliche Beschreibungen: Rötung, Schwellung, induriert, mazeriert, trocken, ekzematös...
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Infektzeichen
Hinweise auf Infektionen werden auf Basis der klassischen Entzündungszeichen abgeleitet.
(Rötung, Erwärmung, Schwellung, Schmerz, Funktionsstörung)
ebenso kann die Beschaffenheit/ Menge des Exsudats und der Geruch Hinweise auf eine Wundinfektion geben
vorhandene Verhärtungen oder Verweichungen im Bereich der Wundumgebung können ebenfalls Indikatoren sein
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Wundanamnese
Die in der pflegerischen Anamnese erfassten Fakten bilden die Grundlage für eine adäquate Wunddokumentation. Sie beinhaltet u.a. Informationen über das psycho-soziale Umfeld, wund- und therapiebedingte Einschränkungen sowie Möglichkeiten des gesundheitsbezogenen Selbstmanagements.
Inhalte der Wundanamnese:
• Lebensalter des Patienten
• Alter der Wunde
• Entstehungsursache
• bisherige Maßnahmen
• bereits vorhandene Hilfsmittel
• Patienten-/Angehörigenwissen bzgl. der Wundsituation
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• Soziales Umfeld
wie und mit wem lebt der Patient ?
(Erdgeschoss, Treppenhaus ohne Fahrstuhl, Angehörige, etc.)
wer versorgte den Patienten bisher (ärztlich, häuslich, pflegerisch)?
• Psychosoziale Situation und Grundstimmung,
Einstellung gegenüber der Erkrankung
Erwartungen des Patienten
• Lebensgewohnheiten: Rauchen, Alkohol, Bewegung
• Ernährungs- und Flüssigkeitszustand, Allgemeinzustand
• Begleit- und Stoffwechselerkrankungen, Operationen
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• Immunstatus, Kontinenzsituation, Durchblutung, Allergie/n
• Wund- und therapiebedingte Einschränkungen
Mobilität
Schlafqualität
persönliche Hygiene
soziales Umfeld
psychische Störungen z.B. Depressionen oder Angststörungen
Frustration, Aggression
Bewältigung der Dinge des täglichen Lebens
Abhängigkeit von anderen
• Medikamente
• Schmerzen
Stärke, Schmerzqualität; Schmerzort
Dauer und Häufigkeit
in welchen Situationen verändert sich der Schmerz
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Fotodokumentation
Ein digitales Foto kann die schriftliche Dokumentation sinnvoll unterstützen bzw. ergänzen.
Eine fotografische Dokumentation kann den aktuellen Wundzustand sowie die genaue Lokalisation visualisieren und verdeutlicht den Heilungsverlauf.
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Einverständnis des Patienten
• Aufklärung und Information des Patienten über die Erstellung der Fotos und deren Verbleib
• Einholen der Zustimmung vom Patienten oder gesetzlichem Betreuer (StGB § 201a Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen) und schriftliche Fixierung in der Akte.
Die Zustimmung kann jederzeit widerrufen werden.
• In Ausnahmefällen (z.B. zur Beweiserhebung) werden Fotos
vor Einverständniseinholung erstellt. ( mutmaßliche Einwilligung )
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Anforderungen
• Es ist sicherzustellen, dass das Foto dem Patienten eindeutig zuzuordnen ist: Vor- und Nachname sowie Geburtsdatum oder
Patientencode und Erstellungsdatum sind auf dem Foto zu vermerken.
• Übersichtsbild zur genauen Lokalisation der Wunde
• Wundgröße kenntlich machen mit Einmalmaßband;
ggf. auch Körperregion, Körperseite auf dem Messband notieren
• Erstellung des Fotos erst nach der Wundreinigung
• Zoomfunktion sollte wenn möglich nicht aktiviert werden
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• auf gleiche Lichtverhältnisse, gleichen Abstand (z.B. 30cm), Winkel (z.B. 90°) und gleiche Position des Patienten achten;
auf realistische Farbwiedergabe der Wunde achten
• einheitliche Lichtverhältnisse bei jedem Patienten
• Entscheidung ob mit oder ohne Blitzfunktion?
Zunächst sollten die natürlichen Lichtverhältnisse ausgenutzt werden, bevor die Blitzfunktion eingeschaltet wird.
Ungünstige Lichtverhältnisse oder Blitzfunktion können durch Reflektion
zur Schattenbildung führen und zu Fehlinterpretationen bzgl. des Wundbelags
• die Wunde sollte mindestens 1/3 des Fotos einnehmen
• Kontrollmöglichkeit von nachträglichen Veränderungen muss in elektronischen Systemen integriert sein – Nachvollziehbarkeit des Dokumentenverlaufs
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Technische Vorausetzungen
• eine Digitalkamera mit Blitz- und Makrofunktion
• ein Computer mit Archivierungssoftware mit Suchfunktion, Kameraanschlussmöglichkeit (z.B. über USB)
• ein Farbdrucker und Papier
Frequenz der Fotoerstellung
• bei Erstkontakt danach
• alle 1-2 Wochen sowie bei therapeutisch relevanten
Wundveränderungen (z.B. nach Debridement, Operation)
• unmittelbar vor Überführung in eine andere Abteilung oder Einrichtung
• Abschlussbild
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Aufbewahrungspflicht
• 30 Jahre (BGB §199)
Anwenderhinweise
• Mitarbeiter der Einrichtung sind mit der Handhabung der Kamera vertraut zu machen
• es ist sicher zu stellen, dass Patientenfotos nicht in die Hände Unbefugter gelangen können
• die Intimsphäre des Patienten ist so weit als möglich zu schützen
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Häufigkeit der Dokumentation
Grundsätzlich ist jeder Verbandwechsel dokumentarisch festzuhalten.
Laut dem Expertenstandard „Pflege von Menschen mit Wunden“
sollte die Pflegefachkraft bei jedem Verbandwechsel den Zustand der Wunde, der umgebenden Haut und den Heilungsverlauf
dokumentieren.
Das vollständige Wundassessment erfolgt alle 1-2 Wochen und
nach wundbezogenen Interventionen sowie bei Verschlechterungen.
Spätestens alle vier Wochen findet, unter Einbindung eines pflegerischen Fachexperten, eine Evaluation der Wirksamkeit der gesamten Maßnahmen statt.
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Quellennachweis
1. Kerstin Protz
Moderne Wundversorgung
URBAN & FISCHER, 1. Auflage 2004 ISBN 3-437-27208-X
2. Expertenstandard Pflege von Menschen mit chronischen Wunden Deutsches Netzwerk für Qualitätssicherung in der Pflege 2008 ISBN 978-3-00-023708-9
3. Wundtherapie
Wunden professionell beurteilen und erfolgreich behandeln Gregor Voggenreiter, Chiara Dold
Thieme Verlag 2004, ISBN 3-13-136141-7
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Quellennachweis
4. Internetseite der Initiative Chronische Wunden
Wissenspool/ Wundassessment/ Fotodokumentation