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Stellungnahme zum Tod des Holocaust-Überlebenden, Friedensnobelpreisträgers und Schriftstellers Elie Wiesel am 2. Juli 2016.

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Zum Tod von Elie Wiesel

5. Juli 2016

Holocaust-Überlebender, Friedensnobelpreisträger, Schriftsteller… Wo war Gott in jenen Ta- gen und warum hat er zu all den furchtbaren Geschehnissen geschwiegen? Elie Wiesel stellt die Gottesrede radikal in die Leidensgeschichte der Menschen, zugespitzt in die Shoah. – Meine erste literarische Begegnung mit ihm war der „Prozess von Schamgorod“. In ihm tritt eine Purimspielgruppe in dem von einem Pogrom verheerten Dorf namens Schamgorod auf.

Nur zwei Juden hatten das Massaker überlebt, der Wirt und seine Tochter. Die Spielgruppe beschließt, anstatt die Heilsgeschichte nachzuspielen, die von der Rettung der Juden durch die Königin Ester vor dem geplanten Pogrom des bösen Haman berichtet, an Purim Gott den Prozess zu machen. – Wo war Gott in jenen Tagen? Hat Gott sich vielleicht selber entmachtet und an den Galgen gehängt, wie dies Elie Wiesel in seinem berühmten Roman „La Nuit“ (Die Nacht) zu verstehen gibt: Drei gefesselte Todeskandidaten, darunter der kleine Pipel, der En- gel mit den traurigen Augen. Das Kind schwieg. „Wo ist Gott, wo ist er?“ fragte jemand hinter mir. Auf ein Zeichen des Lagerchefs kippten die Stühle um ... Und ich hörte eine Stimme in mir antworten: „Wo er ist? Dort – dort hängt er, am Galgen ...“

Elie Wiesel war einer der wichtigsten Zeugen für den Holocaust, er war ein Zeuge der Wahr- heit. Er hat eine Tradition des Erinnerns geprägt. „Nie werde ich diese Nacht vergessen. Nie werde ich die Flammen vergessen, die meinen Glauben für immer verzehrten. Nie werde ich das vergessen, und wenn ich dazu verurteilt wäre, so lange wie Gott zu leben. Nie.“ – „Das Leben zu feiern ist wichtiger als die Toten zu beweinen.“ Das hat überraschenderweise auch Elie Wiesel geschrieben, der selbst durch die Hölle von Auschwitz gegangen ist. In seinem Mund ist es keine Anweisung zum seligen Vergessen. Es ist Appell einer Hoffnung, die das Geheimnis des Menschen verteidigt, dass er mit Gott eins sei und eins sein wird. Wer vom Geheimnis dieses Wesentliche erahnt hat, den drängt es zur Dankbarkeit – trotz allem.

Der Friedensnobelpreisträger hat das Gedächtnis vergangener Leiden wach gehalten, und zwar nicht bloß funktional in dem Sinn, dass die Schreckensbilder der Vergangenheit davor abzuhalten sollen, in der Gegenwart die Hölle von Auschwitz. Das sicher auch: Die Erinne- rung müsste genügen: ... Nie wieder! In der „memoria passionis“ geht es um die Verweige- rung, sich damit abzufinden, dass die Toten in alle Ewigkeit tot bleiben, die Besiegten be- siegt und die Durchgekommenen und Erfolgreichen in alle Ewigkeit oben bleiben. In der Erin- nerung von Leid, Schmerz und Trauer geht es um ein solidarisches Antiwissen, das aus der Hoffnung auf den solidarischen Gott kommt, der den Besiegten, Verlorenen und Toten, Friede, Heil, Versöhnung und Gerechtigkeit schenken kann.

+ Manfred Scheuer Bischof von Linz

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