03/20 21
SICHERHEIT FÜR DAS FAHRPERSONAL IM BUS
Schutzscheiben
für Fahrerarbeitsplätze
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ÖPNV M A G A Z I N F Ü R A R B E I T S S I C H E R H E I T U N D G E S U N D H E I T S S C H U T Z | BAHNEN
das warnkreuz VBG-Spezial
Der neue Online-Auftritt von VBG-Spezial ist fertig! Wir freuen uns, Ihnen künftig auf der Seite www.oepnv-bahnen.de unsere Beiträge auch in digitaler Form präsen- tieren zu können. Schauen Sie doch mal rein und lesen Sie alle Artikel bequem an Ihrem PC, Tablet oder Smartphone.
Unsere gedruckten Hefte werden weiterhin in gewohnter Form viermal pro Jahr erschei- nen. Zudem profitieren Sie schon ab dieser Ausgabe von den Vorteilen unseres neuen Online-Auftritts. Hier werden wir Ihnen künftig unter anderem zusätzliche oder ausführlichere Inhalte bieten. So können
Sie das Experteninterview unserer Titelge- schichte zum Thema Sicherheitsscheiben in Omnibussen online in voller Länge lesen.
Außerdem finden Sie hier weiteres Bild- und Infomaterial, das unser Autor bei seinen Recherchen in insgesamt elf Verkehrs- unternehmen zusammengetragen hat.
Auf www.oepnv-bahnen.de können Sie sich au- ßerdem bequem für unseren Branchen-News- letter registrieren. Von nun an bietet auch dieser mehr Möglichkeiten, denn jetzt können Sie relevante Beiträge ganz gezielt anwählen – ohne dafür das komplette PDF-Dokument der jeweiligen Ausgabe herunterladen zu müssen.
Haben Sie Fragen, Kritik, Lob oder Anre- gungen zu unserem Heft oder unseren Online-Angeboten? Dann schreiben Sie uns unter oepnv-bahnen@vbg.de gern eine Mail. Wir freuen uns auf Ihre Nachricht!
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Begleitinformation
• DGUV Information 214-089
„Verhaltensregeln für
Mitarbeiter im Eisenbahnbetrieb“
• DGUV Information 214-090 „Tätigkeiten im Eisenbahnbetrieb – Regelungen für Unternehmerinnen und Unterneh- mer sowie andere Vorgesetzte“
Beide Publikationen sind abrufbar unter:
› www.vbg.de | Suchwort: 214-089
› Neue DGUV Informationen für den Eisenbahnbetrieb NEUE SCHRIFTEN FÜR DEN EISENBAHNBETRIEB
DGUV Informa- tionen sind jetzt veröffentlicht
Die ursprünglich für Ende 2020 angekündigten Schriften DGUV Informa tion 214-089
„Verhaltensregeln für Mitarbeiter im Eisenbahnbetrieb“ und DGUV Information 214-090
„ Tätigkeiten im Eisenbahnbetrieb – Regelungen für Unternehmerinnen und Unternehmer sowie andere Vor- gesetzte“ sind im Internet veröffent- licht und können als Druck stücke im VBG-Mediencenter bestellt werden. Werden mehr als neun Ex- emplare benötigt, senden Sie bitte eine formlose Bestellung per E-Mail an oepnv-bahnen@vbg.de.
Weitere Informationen finden Sie in der dazugehörigen Begleit- information. Sie enthält Hinweise und Erläuterungen zur Entstehung und Anwendung der Schriften sowie eine Zusammenstellung der Änderungen gegenüber dem bisherigen Regelwerk. Gleichzeitig werden insgesamt acht Schriften zurückgezogen. Diese sind zusam- mengestellt im Internet sowie in den Begleitinformationen zu finden.
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Neuer Online- Auftritt von VBG-Spezial
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KOMPAKT
SICHERHEIT FÜR DAS FAHRPERSONAL IM BUS
Schutzscheiben
für Fahrerarbeitsplätze
Fahrerinnen und Fahrer von Omnibussen sind tagtäglich dem direkten Kontakt mit den Fahrgästen ausgesetzt. Die meisten Omnibusse waren lange Zeit ohne Schutzscheiben unterwegs. Das änderte sich mit der SARS-CoV-2-Pandemie.
D
ie Verkehrsunternehmen haben mit Be- ginn der Pandemie fast flächendeckend die Tür 1 geschlossen gehalten und den Fahrgastraum hinter der ersten Sitzreihe ab- getrennt. Damit wurde das Fahrpersonal vor einer Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus besser geschützt. Der Betrieb konnte aufrecht- erhalten werden.Demgegenüber standen jedoch der fehlende Kontakt zu den Fahrgästen, erschwerte Ser- vicemöglichkeiten sowie die Einstellung von Fahrscheinverkauf und -kontrolle durch das Fahrpersonal.
ANPASSUNG DER
GEFÄHRDUNGSBEURTEILUNG
Die bestehende Beurteilung der Gefährdun- gen wurde in den Unternehmen angepasst.
Dabei zeigte sich, dass die in vielen Unterneh- men zum Schutz der Fahrerinnen und Fahrer vor Übergriffen vorhandenen Halbscheiben in Pandemiezeiten als Schutzmaßnahme nicht ausreichen. Der Einstieg der Fahrgäste durch die Tür 1 kann nur dann erfolgen, wenn das
Fahrpersonal durch ausreichend dimensionier- te Scheiben wirkungsvoll vor einer Infektion geschützt ist. Deshalb wird auch von der VBG in der „Corona-Handlungshilfe“ für die Branche auf diese Maßnahme hingewiesen.
So wurden in den Verkehrsbetrieben ganze Busflotten umgerüstet. Dabei gingen die Unter- nehmen mit Busherstellern und Drittanbietern verschiedene Wege. Einige stimmten sich mit Kooperationspartnern ab, andere entwickelten eigene Lösungen. Wo es möglich war, wurden noch nicht ausgelieferte Neufahrzeuge im Werk mit passenden Schutzscheiben ausgestattet.
Andere Fahrzeuge wurden vom Hersteller oder von Drittanbietern nachgerüstet.
VORGEHEN DER UNTERNEHMEN
Ein wichtiger Punkt war in vielen Betrieben, die Fahrerinnen und Fahrer einzubeziehen.
Schließlich gab es gerade im Busbereich schon seit Jahren Widerstand des Personals gegen den Einbau von Scheiben. Erschwerte Kommu- nikation, Einengung des Fahrerarbeitsplatzes, Blendungen und der gestörte Blick in den Fahr-
gastraum wurden meist als Gründe gegen die Scheiben angeführt. Durch das SARS-CoV-2-Vi- rus rücken diese Bedenken in den Hintergrund, da der Infektionsschutz höher bewertet wird und daher die Scheiben akzeptiert werden.
Aber auch technische Hürden waren zu über- winden. So durften die Scheiben nicht zu Blen- dungen für die Fahrer führen, das ungehinderte Verlassen des Fahrerarbeitsplatzes musste weiterhin möglich, Kontrolle und Verkauf der Fahrscheine sichergestellt sein. Zudem mussten die verschiedenen Bauweisen der Türanschlä- ge, Kassen und Wechslerhalterungen berück- sichtigt werden. Die Scheiben durften keine Sprechöffnungen haben, Öffnungen für den Fahrscheinverkauf waren zu minimieren und für die Fahrgäste kenntlich zu machen. Die Aus- und Nachrüstung von Fahrzeugen verschiedener Her- steller und Baureihen erforderten für fast alle Un- ternehmen mehrere spezifische Lösungen.
Einige davon werden wir auf den folgenden Sei- ten vorstellen. Weitere Lösungen finden Sie in der Online-Ausgabe unter oepnv-bahnen.de. Die Scheiben bieten Schutz vor dem SARS-CoV-2-Virus,
dürfen aber die Sicherheit beim Fahren nicht beeinträchtigen.
FOKUS
MAN A21 NL 263 mit Scheibe
Bei der Nachrüstung der Scheiben in den Bussen der BOGESTRA wurde sehr auf Funktionalität zum Beispiel der Kasse und Sicherheit für die Fahrerinnen und Fahrer geachtet, die aktuellen Lösungen haben sich im Betrieb bewährt und werden akzeptiert.
Christoph Kollmann, Pressesprecher: „Wichtig war für die BOGESTRA, dass es eine in der KöR (Kooperation östliches Ruhrgebiet) abgestimmte Vorgehensweise gab – sie reichte von der gleichzeitigen Schließung der Tür 1 und Sperrung hinter Sitzreihe 1 bis zur gemeinsamen Beschaffung von Schutzscheiben. Auch zur Öffnung der Tür und Wiederaufnahme von Service und Verkauf wurde sich ausgetauscht.“
Sebastian Maul, Teamleiter Karosseriewerkstatt, Material- wirtschaft: „Die Nachrüstung von 269 Bussen bei sechs Vari- anten war eine Herausforderung, die nur durch die Zusammen- arbeit von Werkstatt, Fahrpersonal, Betriebsrat, Fachkraft für Arbeitssicherheit und Betriebsarzt bewältigt werden konnte.“
Bochum-Gelsenkirchener
Straßenbahnen AG (BOGESTRA)
E-Bus: BYD K 9 UB, Baujahr 2020 Solaris New Urbino,
Baujahr 2020
Magdeburger Verkehrsbetriebe GmbH & Co. KG (MVB)
Die MVB setzte bei vielen Fahrzeugen auf das eigene Know-how und rüstete viele Busse selbst mit Schutzscheiben aus.
Heino Roloff, Fahrer: „Während des Fahrens fühle ich mich sicherer, die Scheibe bietet Schutz und ich kann die Tür verriegeln. Blendungen lassen sich nicht ganz ausschließen, besonders am Tag sieht man den Gegenverkehr beim Blick nach rechts in der Schutzscheibe.“
Frank Rathsack, Abteilungsleiter Fahrzeugtechnik: „Planung, Organisation und Umbau der Fahrzeuge erfolgten durch die Werkstatt der MVB. Die Scheiben wurden zugeschnitten und angepasst und dann zum Härten und Entspiegeln an eine Firma gegeben. Der Einbau erfolgte in der Werkstatt der MVB.“
Solaris Urbino 12 mit nachgerüsteter Scheibe
ÜSTRA Hannoversche Verkehrs- betriebe Aktiengesellschaft
Die Nachrüstung der Fahrerschutzscheiben erfolgte bei der ÜSTRA in enger Abstimmung von Unternehmens- leitung, Werkstatt, Fahrpersonal, Betriebsrat, Fachkraft für Arbeitssicherheit und Betriebsarzt.
Lars Eckstein, Technischer Werkstattleiter Stadtbus: „Bei Neufahrzeugen setzt die ÜSTRA auf Schutzscheiben, die ab Werk eingebaut sind. Die Nachrüstungen der Schutzscheiben in die Bestandsfahrzeuge erfolgt durch die Firma Cleff aus Wuppertal.“
Mercedes-Benz eCITARO mit Scheibe ab Werk MAN A37 mit nach-
gerüsteter Scheibe
FOKUS
Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB)
Bei der SSB wurden insgesamt 272 Busse mit Fahrerschutzscheiben nachgerüstet, davon 100 Citaro C1 mit einer Nachrüstlösung und 140 Citaro C2 sowie 32 Volvo 7900 EA mit einer Werkslösung, alle Schutzscheiben aus ESG doppelt entspiegelt.
Citaro C2
Vestische Straßenbahnen GmbH
Betriebliches Know-how, Eigeninitiative und großer Einsatz der Werkstatt waren bei der Vestischen Garant für das schnelle Nachrüsten der Busse mit Fahrerschutzscheiben.
Jan Große-Geldermann, stell vertretender Pressesprecher:
„Wir haben unsere Fahrgäste über unsere Social-Media-Kanäle sowie die Homepage mehrmals über den Stand der Einbau arbeiten und die schrittweise Rückkehr zum Vordereinstieg informiert.
Die Reaktionen zeigen, dass vielen der direkte Kontakt zum Fahr personal ausgesprochen wichtig ist.“
Torsten Kastner, Abteilungsleiter Technik: „Unsere Geschäftsfüh- rung hat sehr früh und entschlossen entschieden, alle Fahrzeuge mit Hygieneschutzscheiben auszustatten. Wichtig war uns eine einheitliche und nachhaltige Lösung, die wir dank eines Kraftakts unseres Werkstattteams umsetzen konnten: 16 Mitarbeiter haben in mehr als 3.000 Arbeitsstunden sowohl alle 242 eigenen Busse als auch rund 130 Fahrzeuge der Fremdunternehmer ausgestattet.
Der Umbau war zum Teil sehr aufwendig. Bei einigen Fahrzeugen mussten wir beispielsweise das Armaturenbrett demontieren, die Drucker versetzen und acht Meter neues Kabel verlegen.“
Bremer Straßenbahn AG (BSAG)
Die BSAG setzt beim Schutz des Fahrpersonals neben nachgerüsteten Scheiben auch auf persönlichen Infektionsschutz und stellt Reinigungsmittel, Tücher, Masken und Handschuhe zur Verfügung.
Jürgen Unger, Fachbereichsleiter Kraftfahrzeuge: „Vom Fahrdienst wurden die Scheiben gewünscht, man war aber auch skeptisch. Die gefundene Lösung für die Nachrüstung wurde dann jedoch gut angenommen, auch weil die AG Fahrerarbeitsplatz so- fort auf Hinweise von den Fahrerinnen und Fahrern reagiert hat.“
Christian Windels, Fachbereichsleiter Betriebsstätte Neustadt:
„Für den Fahrdienst hat die BSAG mehrere Maßnahmen kombiniert: Neben den Schutzscheiben erhielten die Beschäf- tigten Touchscreen-Handschuhe, Reinigungsmittel und Tücher.
Masken wurden ausgegeben und durch zehn zusätzliche Personale die Reinigungsintervalle der Fahrzeuge erhöht.“
MAN Lion’s City A37
Carsten Bunse, Fahrer: „Als Fahrer fühlen wir uns sicherer und freier, da wir zum einen geschützt sind, zum anderen keine Maske tragen müssen.
Allerdings fragen Fahrgäste des Öfteren, warum wir keine Maske tragen. Die Antwort stößt in der Regel auf Verständnis.“
Volvo 7900 EA
Elektronische Ticketkontrolle Citaro II, Baujahr 2014,
mit nachgerüsteter Scheibe
Gut erkennbarer Schließmechanismus zum Öffnen der Tür von innen und außen
MAN A21 Lion’s City mit nachgerüsteter Scheibe
FOKUS
MAN Lion’s City A23, Baujahr 2007, nachgerüstet mit Makrolon®-Schutzscheibe
Gelenkzug MAN Serie 58 – Typ C18
Solofahrzeug MAN Serie 43 – Typ A37
VAG Verkehrs-Aktiengesellschaft Nürnberg
Die Fertigung von Vorserien, Tests, einschließlich Nachtsimulation, sind in die endgültigen Lösungen der VAG-eigenen Umrüstungen eingeflossen.
Thomas Feder, Fahrer und Sicherheitsbeauftragter: „Als Fahrer fühlt man sich von der VAG nicht alleingelassen. Durch die nachgerüsteten Scheiben fühle ich mich geschützt und sicher. Die VAG hat hier eine gute Lösung gefunden. Persönlich habe ich keine Probleme mit den Blendungen, weiß aber, dass andere Kollegen damit Schwierigkeiten haben.“
Andreas Kraus, leitende Fachkraft für Arbeitssicherheit: „Wir planen seit Langem den Einbau der Scheiben zum Schutz der Fahrerinnen und Fahrer vor Übergriffen. Die Pandemie hat uns jetzt die Umsetzung erleichtert.“
MAN Lion’s City A23, Baujahr 2015, nachgerüstet mit Einscheiben-Sicherheitsglas
DSW21 Dortmunder Stadtwerke AG
Die Lösungen in den Fahrzeugen der DSW21 sind das Ergebnis vieler Tests mit verschiedenen Glas- und Kunststoffscheiben.
Gabriele Dieckmann, Fahrerin: „Anfangs war es okay, dass es keinen kontrollierten Einstieg und keinen Fahrscheinverkauf gab.
Aber dann wurde es Zeit, dass Fahrscheinverkauf und üblicher Kundenkontakt wieder losgehen. Als Fahrer sind wir ja nicht umsonst auf dem Bus. Die Scheibe ist allerdings gewöhnungs- bedürftig, man fühlt sich aber nicht eingeengt.“
Karsten Werner, Leiter Omnibusflotte, Technik Fuhrpark, Fahr- zeugbeschaffung, Werkstätten: „Wir haben unterschiedliche Scheibenprototypen für unsere Fahrzeuge gebaut und Testfahrten durchgeführt. Die neuen Scheiben sollten im Einsatz die Fahrerinnen und Fahrer möglichst wenig beeinträchtigen, eigentlich sollte es wie vorher sein. Fünf Vorserienscheiben wurden gefertigt, mit dem Ziel, für alle Fahrzeuge unserer Busflotte (Evo Bus, MAN und Solaris) Scheiben eines Scheibenherstellers einsetzen zu können. Alle Fahr- zeuge wurden mit sechs Millimeter dickem, doppelt entspiegeltem Einscheiben-Sicherheitsglas ausgestattet. Tests mit Kunststoffschei- ben ergaben, dass diese im täglichen Einsatz zu schnell verkratzen.“
Citaro C2
Solaris Urbino 12
Münchner Verkehrs- gesellschaft mbH (MVG)
Alle Fahrzeuge der MVG mussten mit Fahrerschutz- scheiben nachgerüstet werden, die fehlenden Kassen und Drucker reduzierten dabei den Aufwand.
Peter Hagl, Fahrer: „Es ist wieder ein sicheres Fahren. Vorteil ist, dass keine Maske getragen werden muss. Gewöhnungs- bedürftig ist das Fahren schon, weil Restspiegelungen vorhanden sind, insbesondere in der Nacht.“
Alexander Romm, Fachkraft für Arbeitssicherheit: „Nach europaweiter Ausschreibung wurden von September bis Dezember 2020 alle Busse der MVG durch die Firmen Cleff aus Wuppertal und simplyPARTS aus Kernen mit Schutzscheiben aus doppelt entspiegeltem ESG nachgerüstet.“
FOKUS
Kölner Verkehrs-Betriebe AG (KVB)
Bei der KVB wurden fast 100 Fahrzeuge mit identischen Scheiben nachgerüstet, während der Rest der 330 Fahrzeuge umfassenden Flotte werksseitig mit Schutzscheiben geliefert wurde.
Jörg Haude, Werkstattmeister: „Bei der Planung und Umsetzung haben wir mit dem TÜV zusammengearbeitet. Alle Scheiben sind beidseitig doppelt entspiegelt. Der Bereich oberhalb der Tür musste laut Vorgabe des TÜV entsprechend offen bleiben, damit die Fahrgäste vor der Tür gesehen werden können. Fast 100 Fahrzeuge wurden mit identischen Scheiben nachgerüstet und alle einzeln vom TÜV abgenommen.“
MAN Lion’s City A21
Duisburger Verkehrsgesellschaft AG (DVG)
Die DVG hatte bereits den Großteil der Fahrzeuge mit Scheiben ab Werk bestellt und musste lediglich 18 ältere Fahrzeuge mit Scheiben nachrüsten.
Marc Schwarzer, Abteilungsleiter Werkstätten: „Unsere Busse sind seit 2012 ab Werk mit Schutz- scheiben ausgestattet. Für die 18 älteren Fahrzeuge ohne Scheibe haben wir in unserer Werkstatt eine Spuckschutzscheibe aus Polycarbonat gefertigt und in Abstimmung mit einem unabhängi- gen Gutachter eingebaut. Eine Glasscheibe wäre für die Fahrerkabinentür zu schwer gewesen.“
Citaro C2, Baujahr 2019, mit Scheibe ab Werk, die Sprechöffnungen wurden verschlossen.
Citaro C1, Baujahr 2008, mit Makrolon®-Scheibe
Wo sehen Sie die Gründe dafür, dass Sie Ihre Fahrzeugflotte so schnell und erfolgreich mit Schutzscheiben nachrüsten konnten?
Statt nur auf fertig angebotene Ge- samtlösungen zu setzen, haben wir uns auch Gedanken über eigene tech- nische Lösungen gemacht und uns über geeignete Beschaffungswege für zugelassenes Material informiert.
Welche Lösungen haben Sie in Ihrem Fuhrpark umgesetzt?
Zum einen haben wir sechs Millime- ter starke Scheiben aus Makrolon®
und leichte Aluminiumprofilträger für die älteren Busse mit vorne ange- schlagener Fahrerkabinentür verbaut.
Zum anderen acht Millimeter starkes Einscheiben-Sicherheitsglas für die neueren Busse mit hinten ange- schlagener Tür. Diese zwei Lösungen resultierten aus den unterschied- lichen Ausführungen und Trag- fähigkeiten der Fahrerkabinentüren.
Welche Kriterien mussten beim Einbau berücksichtigt werden?
Vor allem mussten die Scheiben sicher befestigt, die Fahrerplatztür weiterhin gut bedienbar und der Fahrerplatz zudem frei zugängig sein. Außerdem musste uneingeschränkte Sicht auf die Frontscheibe sowie in alle Spiegel möglich sein. Wichtig waren auch möglichst geringe Blendwirkungen oder Spiegelungen. Hierzu haben wir
uns frühzeitig mit einem externen Kfz-
Prüfi ngenieur sowie mit allen internen Verantwortlichen
und Betroffenen abgestimmt.
DREI FRAGEN AN DEN EXPERTEN
MICHAEL SIEVERS
Geschäftsbereichsleiter Werkstatt Bus, VAG Verkehrs-Aktiengesellschaft Nürnberg Das ausführliche Interview finden Sie als ungekürzte Fassung in der neuen Online-Version von „VBG-Spezial“ unter
› oepnv-bahnen.de
Die im Unternehmen entwickelten Lösungen wurden von den Werkstattmitarbeitern umgesetzt.
FOKUS
dabei allerdings für den vorgesehenen Anwen- dungsfall geeignet sein und sachgerecht einge- setzt werden. Grundsätzlich gilt hierbei:
• Verschiedene Hölzer haben eine unterschiedliche Druckfestigkeit.
Diese steigt mit zunehmender Dichte, zum Beispiel hat Eichenholz eine höhere Druckfestigkeit als Fichte.
• In Faserrichtung ist die Druckfestigkeit größer als quer zur Faser.
Vor dem Hintergrund des geschilderten Unfall- hergangs ist bei der Verwendung von Kanthöl- zern in ähnlichen Anwendungsfällen Folgendes zu beachten:
1. Die Holzart muss für die geplante Belastung geeignet sein.
2. Die Last ist in Faserrichtung einzuleiten.
3. Die unkontrollierte Bewegung des Kantholzes muss bei Einsetzen der Belastung sicher vermieden werden, zum Beispiel durch Formschluss.
4. Es sollte geprüft werden, ob andere Materialien als Holz eingesetzt werden können.
I
n der Werkstatt eines Verkehrsbetriebs kam es zu einem Unfall, als zwei Beschäftigte die Motoraufhängungen an einem Bus austau- schen wollten. Einer der beiden Kollegen hatte dafür bereits das Fahrzeug auf der Hebeanlage nach oben gefahren. Das war nötig, denn um die Motoraufhängungen wechseln zu können, musste zunächst die Querstrebe unter dem Motor entfernt werden. Anschließend sollte dieser dann im vorderen Bereich von den Mo- toraufhängungen gelöst werden. Hierbei ist es erforderlich, den vorderen Motorbereich ab- zustützen. Dies erfolgt üblicherweise vor der Demontage der Verschraubungen mittels Drei- beinstütze und aufgelegter Kanthölzer.DAS UNFALLEREIGNIS
Der Unfall ereignete sich beim Absenken des Fahrzeugs auf die Abstützungen. Einer der bei- den Kollegen befand sich zu diesem Zeitpunkt unter dem Fahrzeug und versuchte, das Kant- holz in Position zu halten. Als der Motor des Busses das Kantholz berührte, wurde dieses plötzlich zur Seite geschoben. Dabei wurde bei dem Beschäftigten der Mittelfinger der rechten Hand zwischen Kantholz und Dreibeinstütze eingeklemmt. Sein Kollege beendete daraufhin sofort das Absenken des Fahrzeugs. Die durch die Quetschung des Mittelfingers hervorgerufe-
ne blutende Wunde wurde vor Ort durch einen Ersthelfer versorgt. Im Anschluss daran stellte der Beschäftigte sich beim Durchgangsarzt vor, der die Weiterbehandlung durchführte. Der Ver- letzte war eine Woche arbeitsunfähig.
DIE UNFALLURSACHE
Bei der Ermittlung der Unfallursache stellte sich heraus, dass das verwendete Kantholz nicht formschlüssig mit der Dreibeinstütze verbun- den war und somit beim Absenken eine Seit- wärtsbewegung ausführen konnte.
GRUNDSÄTZLICHES UND HINTERGRUND Ähnlich wie in dem Unfallbeispiel beschrieben werden Kanthölzer häufig als Zwischen- oder Ausgleichsmaterial verwendet. Das Holz muss
WEBLINKS• DIN EN 338:2016-07
„Bauholz für tragende Zwecke – Festigkeitsklassen“
› www.beuth.de | Suchwort: DIN EN 338
• DGUV Regel 109-009
„Fahrzeug-Instandhaltung“
› www.dguv.de | Webcode: p109009
Bei vorbereitenden Arbeiten unter einem angehobenen Bus erlitt ein Beschäftigter eine schmerzhafte Handverletzung.
Fingerquetschung bei Arbeiten am Busmotor
LASTEN ABSTÜTZEN MIT KANTHÖLZERN
IMPRESSUM
Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) Massaquoipassage 1, 22305 Hamburg www.vbg.de, Verantwortlich für den Inhalt (i. S. d. P.): Dr. Andreas Weber Kontakt zur Redaktion
oepnv-bahnen@vbg.de www.oepnv-bahnen.de Fotos/Illustrationen
VBG, contenova, DGUV, Jack Kulcke, Franz Bischof, Patrick Junker, Sebastian Arlt, Sebastian Lock, VAG/Claus Felix Layout und Produktion
Creative DuMont Rheinland/contenova UG Amsterdamer Straße 192, 50735 Köln www.contenova.de
Druck
MedienSchiff Bruno, Print- und Medienproduktion Hamburg GmbH
www.msbruno.de
Der Formschluss kann zum Beispiel mittels Bolzen oder einer das Kantholz umschließenden, mit der Dreibeinstütze verbundenen Tasche realisiert werden.