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Ein amtswegig eingeholter "Abgleichsbericht zur VIS-Abfrage" bestätigte die niederländische Visaerteilung an die BF.

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(1)

Gericht BVwG

Entscheidungsdatum 14.11.2016

Geschäftszahl W144 2131559-1

Spruch

W144 2131559-1/8E W144 2131556-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Huber als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) XXXX, geb. XXXX, und 2.) XXXX geb., beide StA. von Georgien, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl jeweils vom 14.07.2016, Zl. XXXX (ad 1.) und XXXX (ad 2.), zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerden werden gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Der 1.-Beschwerdeführer (1.-BF) ist der Ehegatte der 2.-Beschwerdeführerin (2.-BF), beide sind Staatsangehörige von Georgien. Die BF haben ihr Heimatland auf dem Luftweg verlassen und sich mittels niederländischer Schengenvisa, ausgestellt von der Botschaft der Niederlande in Tiflis und gültig vom 12.03.2016 bis 26.04.2016, über die Türkei ins Bundesgebiet begeben, wo sie am 19.03.2016 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz stellten.

Den Beschwerden liegen folgende Verwaltungsverfahren zugrunde:

Im Verlauf ihrer Erstbefragung durch die Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 19.03.2016 gaben beide BF übereinstimmend neben ihren Angaben zum Reiseweg lediglich an, dass sie ihr Heimatland verlassen hätten, weil der 1.-BF krank sei und eine Dialysebehandlung benötige.

Ein amtswegig eingeholter "Abgleichsbericht zur VIS-Abfrage" bestätigte die niederländische Visaerteilung an die BF.

Das BFA richtete am 31.03.2016 bezüglich beider BF auf Art. 12 Abs. 2 oder 3 der Verordnung (EU) Nr.

604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) gestützte Aufnahmeersuchen an die Niederlande, die mit gesonderten Schreiben jeweils vom 24.05.2016 diesen Aufnahmeersuchen ausdrücklich gem. Art 12 Abs. 4 Dublin III-VO zustimmte.

Im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 14.07.2016 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gab der 1.-BF im Wesentlichen an, dass er seit dem Jahr 2009 eine Dialyse benötige und er auch ebenfalls

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seit dem Jahr 2009 an Diabetes, Typ zwei, leide, weshalb er jeden Abend Insulin nehme. Zur Dialyse müsse er dreimal pro Woche gehen. Im Bereich der EU oder konkret in Österreich habe er abgesehen von seiner Ehegattin keine Verwandten. Er lebe auch mit keiner sonstigen Person in einer Lebensgemeinschaft. Freunde hätten ihm empfohlen, ins Ausland zu gehen, um sich medizinisch behandeln zu lassen. Es sei der einfachste Weg gewesen, ein holländisches Visum zu erlangen. Auf die Frage, warum sich der 1.-BF dann nicht in den Niederlanden habe behandeln lassen, gab dieser zu Protokoll, dass er selber Arzt sei, so wie auch seine Freunde und er daher wisse, dass in Österreich die beste medizinische Versorgung gegeben sei. Nach Vorhalt, dass die Niederlande zur Führung seines Asylverfahrens zuständig seien, entgegnete der 1.-BF, dass er hier schon mit der Therapie begonnen habe und diese nun nicht unterbrechen wolle. Auf die Frage, warum er sich nicht um ein österreichisches Visum bemüht habe, erklärte er, dass es keine österreichische Botschaft in Georgien gebe und er krank gewesen sei. Seine Freunde hätten ihm eben das holländische Visum besorgt. Zu Holland könne er nichts Konkretes sagen, da er nicht dort gewesen sei. Aber er sei Österreich sehr dankbar, er sei in einem sehr schlechten Zustand gewesen als er hierhergekommen sei, nun möchte er seine Therapie beenden. Es stimme, dass der einzige Grund, warum er hierhergekommen sei, jener sei, um sich ärztlich behandeln zu lassen.

Umstände, die einer Überstellung seiner Person in die Niederlande entgegenstehen würden, könne er nicht angeben. Er wolle nicht unhöflich sein, aber Holland interessiere ihn nicht; es sei lediglich einzige Möglichkeit gewesen, ein Visum zu bekommen.

Unter einem legte der 1.-BF ein Konvolut von medizinischen Unterlagen zu den von ihm ins Treffen geführten Krankheiten vor:

* Aktuelle Medikamentenverordnung der Univ. Klinik XXXX vom 30.06.2016

* Dialyse-Begleitbrief des LKH Univ. Klinik für Innere Medizin, XXXX vom 05.07.2016

* Vorläufiger Arztbrief vom 20.06.2016 des KH der Barmherzigen Brüder XXXX

* Ärztlicher Entlassungsbrief der Univ. Klinik XXXX vom 21.06.2016

* Sonographiebefund beider Nieren von "XXXX" vom 11.04.2016

* Internistischer Befund - Notaufnahme der Univ. Klinik XXXX, ambulant vom 13.06.2016

* Radiologischer Befund der Univ. Klink XXXX vom 13.06.2016

* Laborbefund der Univ. Klinik XXXX vom 13.06.2016

* Laborbefund "Interne Abteilung" vom 20.06.2016

* Arztbrief der Univ. Klinik XXXX (XXXX) an XXXX vom 07.06.2016

* Arztbrief der Univ. Klinik XXXX (XXXX) an den BF vom 07.06.2016

* Weitere Laborbefunde vom 07.06.2016 und vom 24.03.2016

* Ambulanzkarte des Landesklinikums XXXX vom 21.03.2016

* Nephrologischer Fachbefund der Univ. Klinik XXXX vom 31.05.2016

* Arztbrief der Univ. Klinik XXXX (XXXX) an XXXX vom 31.05.2016

* Ambulanzkarte Gefäßchirurgie der Univ. Klinik XXXX vom 19.05.2016

* Merkblatt zur Shuntpflege

* Merkblatt zur Shuntpflege - Venentraining

* Ärztlicher Entlassungsbrief der Univ. Klinik XXXX stationär vom 28.04. bis 06.05.2016

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* Aufenthaltsbestätigung der Univ. Klinik XXXX über den zeitraum 17.05.2016 bis 31.05.2016

* Weitere Laborbefunde vom 18.04.2016

* Ärztlicher Entlassungsbrief des Landesklinikums XXXX vom 18.04.2016

* EKG undatiert

* Internistischer Befund - Notaufnahme, samt Laborwerten der Univ. Klinik XXXX, ambulant vom 06.06.2016 Die 2.-BF erstattete praktisch deckungsgleiche Angaben und ergänzte, dass sie sehr viele Bekannte hätten, die sich alle in Österreich hätten behandeln lassen - und alle seien sehr zufrieden gewesen.

Das BFA wies sodann die Anträge auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten mit Bescheiden jeweils vom 14.07.2016 gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurück und sprach aus, dass die Niederlande gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO zur Prüfung der Anträge zuständig seien. Gleichzeitig wurde die Außerlandesbringung der BF gemäß § 61 Abs. 1 FPG idgF angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG ihre Abschiebung in die Niederlande zulässig sei.

Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die Sachverhaltsfeststellungen sowie die Beweiswürdigung zur Lage im Mitgliedstaat wurden im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen folgendermaßen zusammengefasst (unkorrigiert):

"Zu Niederlande werden folgende Feststellungen getroffen:

(Anmerkung: Die Feststellungen sind durch die Staatendokumentation des Bundesamtes zusammengestellt und entsprechen dem Stand vom Jänner 2016)

1. Allgemeines zum Asylverfahren

Antragsteller 2014

Niederlande 26.220

Die Daten werden auf die Endziffern 5 oder 0 auf- bzw. abgerundet.

(Eurostat 19.3.2015)

Erstinstanzliche Entscheidungen

2014 Gesamt Flüchtlings-

status

Subsidiärer Schutz

Humanitäre

Gründe NEGATIV

20.190 2.550 9.265 2.410 5.965

Die Daten werden auf die Endziffern 5 oder 0 auf- bzw. abgerundet.

(Eurostat 19.3.2015)

Antragsteller 1.Qu. 2015 Antragsteller 2.Qu. 2015 Antragsteller 3.Qu. 2015

Niederlande 3.010 6.735 8.660

Die Daten werden auf die Endziffern 5 oder 0 auf- bzw. abgerundet.

(Eurostat 26.11.2015)

(4)

Erstinstanzliche

Entscheidungen Gesamt Flüchtlings-

status

Subsidiärer Schutz

Humanitäre

Gründe NEGATIV

1. Qu. 2015 6.400 2.615 1.740 185 1.855

2. Qu. 2015 3.055 805 1.155 90 1.005

Die Daten werden auf die Endziffern 5 oder 0 auf- bzw. abgerundet.

(Eurostat 18.9.2015b; Eurostat 18.9.2015c)

Zuständig für das Asylverfahren ist der Immigration and Naturalisation Service (IND). Um einen Asylantrag einbringen zu können, muss sich der Asylwerber bei der Fremdenpolizei melden und wird in das Zentrale Auffanglager in Ter Apel gebracht, wo er erkennungsdienstlich behandelt und seine Identität festgestellt wird.

Das dauert normalerweise nicht länger als zwei Tage. Danach kommt der Antragsteller für die anschließende Ruhe- und Vorbereitungszeit von mindestens 6 Tagen in ein Verfahrenszentrum (Proces Opvanglocatie, POL).

Dort wird er über das Asylverfahren informiert, von einem Rechtsanwalt beraten und medizinisch untersucht (IND o.D.; vgl. AIDA 11.2015).

Allgemeines / erweitertes Verfahren

Es gibt ein allgemeines und ein erweitertes Asylverfahren. Jeder Asylantrag wird zunächst im allgemeinen Verfahren behandelt, bei dem innerhalb von 8 Tagen (verlängerbar um 6 Tage) eine Entscheidung gefällt werden soll. Kristallisiert sich heraus, dass das nicht möglich ist, wir das Verfahren in das erweiterte Verfahren übergeführt, das in 6 Monaten (verlängerbar auf 1 Jahr) entschieden werden soll. Im allgemeinen Verfahren werden in der Regel weniger komplexe Fälle entschieden (z.B. Folgeanträge). Sowohl im Asyl- als auch im Beschwerdeverfahren ist kostenfreie Rechtsvertretung verfügbar (AIDA 11.2015).

Grenzverfahren

Im Juli 2015 wurde in den Niederlanden offiziell ein Grenzverfahren eingeführt. Bei Antragstellung an der Grenze wird die Entscheidung zur Verweigerung der Einreise ausgesetzt und der Antragsteller kommt in Haft (geschlossenes Antragszentrum in Schiphol). Während dieser Zeit muss IND feststellen, ob Gründe zur Verweigerung der Einreise vorliegen. Ist dies nicht möglich, muss die Einreise erlaubt und ein ordentliches Asylverfahren geführt werden. Rechtsbeistand ist auch im Grenzverfahren gegeben. Das Grenzverfahren darf max. 4 Wochen dauern (AIDA 11.2015).

Beschwerde

Gegen einen negativen Bescheid des IND im allgemeinen Verfahren kann innerhalb einer Woche Beschwerde vor dem zuständigen Regionalgericht eingelegt werden. Diese Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung, wenn die Ablehnung aus folgenden Gründen erfolgte: Dublin, Unzulässigkeit, offensichtliche Unbegründetheit, Folgeantrag usw. In diesen Fällen kann aufschiebende Wirkung bei der Beschwerdeerhebung mitbeantragt werden. In den meisten Fällen lehnt der Richter den Antrag auf aufschiebende Wirkung ab und entscheidet gleich über die Beschwerde. Braucht der Richter hingegen mehr Zeit für die Entscheidung, wird die aufschiebende Wirkung gewährt. Gegen einen negativen Bescheid im erweiterten Verfahren kann innerhalb von vier Wochen Beschwerde vor dem zuständigen Regionalgericht eingelegt werden (IND o.D.; vgl AIDA 11.2015). Diese hat aufschiebende Wirkung. Gegen die Entscheidung des Regionalgerichts ist (sowohl bei allgemeinem wie auch bei erweitertem Verfahren) eine weitere Beschwerde vor dem Council of State möglich.

Diese hat aber keine aufschiebende Wirkung und ist rein kassatorisch. Aufschiebende Wirkung kann im Einzelfall gewährt werden, das ist aber meist nicht der Fall. Sowohl im Asyl- als auch im Beschwerdeverfahren ist kostenfreie Rechtsvertretung verfügbar (AIDA 11.2015).

Quellen:

- AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles, Forum Refugiés-Cosi, the Hungarian Helsinki Committee and the Irish Refugee Council (11.2015): National Country Report Netherlands,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_nl_update.iv_.pdf, Zugriff 27.1.2016

(5)

- Eurostat (26.11.2015): Asylbewerber und erstmalige Asylbewerber - monatliche Daten,

http://ec.europa.eu/eurostat/tgm/web/_download/Eurostat_Table_tps00189PDFDesc_0d6d51e1-d1ea-46b3- bc6b-92f94becdd36.pdf, Zugriff 27.1.2016

- Eurostat (19.3.2015): Data in focus 3/2015,

http://ec.europa.eu/eurostat/documents/4168041/6742650/KS-QA-15-003-EN-N.pdf/b7786ec9-1ad6- 4720-8a1d-430fcfc55018, Zugriff 27.1.2016

- Eurostat (18.9.2015b): Statistics explained, File:First instance decisions by outcome and recognition rates, 1st quarter 2015.png, http://ec.europa.eu/eurostat/statistics- explained/index.php/File:First_instance_decisions_by_outcome_and_recognition_rates,_1st_quarter_20 15.png, Zugriff 30.11.2015

- Eurostat (18.9.2015c): Statistics explained, File:First instance decisions by outcome and recognition rates, 2nd quarter 2015.png, http://ec.europa.eu/eurostat/statistics- explained/index.php/File:First_instance_decisions_by_outcome_and_recognition_rates,_2nd_quarter_2 015.png, Zugriff 30.11.2015

- IND - Immigration and Naturalisation Service (o.D.): Asylum, https://ind.nl/EN/individuals/residence- wizard/asylum/#, Zugriff 27.1.2016

2. Dublin-Rückkehrer

Ein Asylwerber, der im Rahmen der Dublin-Bestimmungen in die Niederlande zurückkehrt, hat Zugang zum Asylverfahren (allgemeines und erweitertes Verfahren) vor dem IND. Im Falle eines "take back"-Verfahrens kann der Asylwerber einen Folgeantrag stellen, der neue Elemente enthalten muss. Es gibt aber bis zum Beginn des Verfahrens keine Ruhe- und Vorbereitungsphase und keine Unterbringung. Oft nehmen die Behörden in solchen Konstellationen eine Fluchtgefahr an und es besteht die Möglichkeit, dass solche Rückkehrer in Haft genommen werden. In "take charge"-Fällen kann der Rückkehrer einen Erstantrag stellen (AIDA 11.2015).

Dublin-Rückkehrer haben dieselben Rechte wie andere Asylwerber und können einen Folgeantrag einbringen, wenn sie wollen. Dieser wird wie der Folgeantrag eines Nicht-Dublin-Rückkehrers behandelt. Das heißt, wenn der Folgeantrag keine neuen Elemente enthält, wird der Antrag unter Verweis auf die Entscheidung im ersten Verfahren abgewiesen. Werden neue Elemente vorgebracht, wird der Antrag vollständig geprüft (IND 11.1.2012).

Quellen:

- AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles, Forum Refugiés-Cosi, the Hungarian Helsinki Committee and the Irish Refugee Council (11.2015): National Country Report Netherlands,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_nl_update.iv_.pdf, Zugriff 27.1.2016 - IND - Immigration and Naturalisation Service (11.1.2012):

Anfragebeantwortung, per Email

3. Unbegleitete minderjährige Asylwerber (UMA) / Vulnerable

Asylwerber werden vor dem persönlichen Interview von einem Mediziner untersucht, um festzustellen, ob der AW überhaupt physisch und psychisch in der Lage ist, an der Befragung teilzunehmen. Dieser Mediziner gehört der unabhängigen Agentur FMMU an, welche von IND beauftragt wird. Dieses Verfahren dient nicht dazu eine Vulnerabilität festzustellen. Es geht darum, IND darauf aufmerksam zu machen, auf welche Art und Weise bestimmte Personen befragt werden sollen (z.B. Verschiebung des Interviews, mehr Pausen, Geschlecht des Interviewers etc.) Aufgrund der Neufassung der Asylverfahrensrichtlinie wurde jedoch eine medizinische Untersuchung für Asylwerber zur Feststellung von Vulnerabilität eingeführt. Das niederländische Recht sieht vor, dass diese Untersuchung durchgeführt werden muss, wenn das IND es für notwendig hält. Mit der Untersuchung wird die NGO iMMO vom IND auf dessen Kosten beauftragt. Ist ein Asylwerber der Meinung, dass dieses Verfahren auch bei ihm notwendig sei, aber IND ist nicht einverstanden, kann der Asylwerber die Untersuchung auf eigene Kosten vornehmen lassen (AIDA 11.2015).

(6)

Asylwerber unter 18 Jahren werden als unbegleitete Minderjährige eingestuft. Bestehen Zweifel über das Alter, wird eine medizinische Altersfeststellung mittels Röntgenuntersuchung durchgeführt. Dies wird von einer medizinisch-ethischen Kommission überwacht, trotzdem gibt es Kritik am Fehlen eines multidisziplinären Ansatzes. Alle UMA erhalten einen Vormund. UMA können grundsätzlich selbst einen Asylantrag stellen, sind sie jedoch unter 12 Jahren, muss der Vormund oder der Rechtsvertreter den Asylantrag stellen. Der Vormund wird von der unabhängigen Vormundschaftsagentur NIDOS bereitgestellt und er betreut den UMA während des gesamten Aufenthalts und kümmert sich um alle wichtigen Themen, wie Unterbringung, Bildung, medizinische Betreuung usw. Zwischen Anfang Jänner und Ende September 2015 hat NIDOS 1.802 UM betreut (AIDA 11.2015).

Familien werden gemeinsam untergebracht. UMA werden gesondert untergebracht, zuerst in Kinderwohngruppen. Dann entscheidet der Vormund welche Unterbringung für den jeweiligen UMA am geeignetsten ist: verbleiben in der Kinderwohngruppe (unter 15-jährige); kleine Wohneinheiten (15-18-jährige);

Campus-Unterbringung; oder eine geschützte Unterbringungsstätte (für UM mit erhöhter Gefährdung, etwa Opfer von Menschenhandel). Sie alle werden von COA betrieben. UMA unter 12 Jahren werden sofort bei Familien untergebracht (AIDA 11.2015; vgl. COA o.D.). Alle unter 18-jährigen haben ein Recht auf Unterbringung, unabhängig vom Ergebnis des Asylverfahrens (COA o. D.).

Die Mitarbeiter der COA-Unterbringungszentren sind verantwortlich für das Wohlergehen der Asylwerber. COA berücksichtigt die speziellen Bedürfnisse der Schutzsuchenden. Es gibt keine eigenen Einrichtungen für behinderte AW, diese können aber wie niederländische Staatsbürger die vorhandenen Heimbetreuungseinrichtungen nützen. Es gibt jedoch eigene Unterbringungseinrichtungen für AW mit psychischen Problemen und für Kinder (AIDA 11.2015).

Quellen:

- AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles, Forum Refugiés-Cosi, the Hungarian Helsinki Committee and the Irish Refugee Council (11.2015): National Country Report Netherlands,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_nl_update.iv_.pdf, Zugriff 27.1.2016 - COA - Central Organisation Shelter Asylum Seekers (o.D.):

Locations for young people,

https://www.coa.nl/en/about-us/reception-centres/locations-for-unaccompanied-minor-asylum-seekers, Zugriff 28.1.2016

4. Non-Refoulement

Entscheidungen über Außerlandesbringungen in Länder oder Gebiete, in denen laut Einschätzung von Spezialisten ein Schutz vor Verfolgung nicht gesichert ist, werden nur in enger Zusammenarbeit mit dem niederländischen Außenministerium und internationalen Menschenrechtsorganisationen durchgeführt. Auch versicherten die Behörden, dass keine Rückführungen stattfinden, wenn der Asylwerber bei der Rückkehr inhaftiert werden würde (USDOS 25.6.2015).

Quellen:

- USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Netherlands, https://www.ecoi.net/local_link/306396/443671_de.html, Zugriff 15.1.2016

5. Versorgung

Gemäß Gesetz haben alle mittellosen Asylwerber ein Recht auf Unterbringung und materielle Versorgung ab Antragstellung (AIDA 11.2015). Die Central Agency for the Reception of Asylum Seekers (COA) ist für die Unterbringung und die Versorgung der grundlegenden Bedürfnisse von Asylwerbern während ihres Asylverfahrens verantwortlich (COA o.D.a; vgl. AIDA 11.2015).

Die Versorgung deckt die folgenden Leistungen und Kosten:

Unterkunft; wöchentlicher Zuschuss für Nahrung, Kleidung und persönliche Ausgaben (€ 12,95/Person); Tickets für öffentliche Verkehrsmittel zum Besuch des Anwalts; Freizeitangebot und Bildungsaktivitäten (z.B.

Vorbereitung für die Integrationsprüfung); Krankenversicherung; Haftpflichtversicherung; Sonderkosten (AIDA 11.2015).

(7)

Das wöchentliche Taschengeld variiert je nach Art der Unterbringung:

Verpflegung durch COA

Unterbringungszentrum Selbstverpflegung

Eine Person oder zwei Personen im

gemeinsamen Haushalt € 27,72 €44,66

Ein Elternteil mit einem Minderjährigen € 19,11 € 34,86

Drei-Personen-Haushalt: - Erwachsene - Kinder € 23,01 € 15,86 € 37,07 € 28,93 Vier-Personen-Haushalt oder mehr: -

Erwachsene - Kinder € 20,51 € 14,14 € 33,05 € 25,08

(AIDA 11.2015)

Nach Ablauf der ersten sechs Monate des Asylverfahrens, darf der Asylwerber für 24 Wochen im Jahr arbeiten (IND o.D.). Asylwerbern ist es möglich, verschiedene Arbeiten in ihrem Unterbringungszentrum (z.B.

Wartungs- und Reinigungsarbeiten) gegen wöchentliche Bezahlung in der Höhe von € 13,80 zu verrichten (AIDA 11.2015).

Es gibt in den Niederlanden insgesamt 84 Unterbringungszentren, mit 24.850 Plätzen. Es handelt sich dabei um:

* Antragszentrum in Schipol (Aanmeldcentrum, AC, geschlossenes Zentrum im Grenzverfahren)

* Zentrales Auffanglager Ter Apel (Centraal Opvanglocatie, COL, wo Asylanträge zu stellen sind. Aufenthalt max. 3 Tage)

* 4 Verfahrenszentren (Proces Opvanglocatie, POL, dient der Ruhe- und Vorbereitungsphase. Bei allgemeinem Verfahren bleibt AW im POL. Ein POL ist speziell für Kinder ausgebaut, da es außer den GL keine speziellen Familienunterkünfte gibt)

* Asylwerberzentren (Asielzoekerscentrum, AZC, hier werden erweiterte Verfahren geführt. AZC machen das Gros der Zentren aus und werden laufend neu eröffnet. 3 AZC sind speziell für Kinder ausgebaut)

* Rückkehrzentrum (Terugkeerlocatie, TL, max. 4 Wochen Aufenthaltsrecht nach neg. Entscheidung)

* Freiheitsbeschränkende Unterbringung (Vrijheidsbeperkende locatie, VBL, bis 12 Wochen Unterbringung möglich, wenn der Fremde bei Organisation der Heimreise kooperiert; keine geschlossene Unterbringung, aber Gebietsbeschränkung)

* 6 Familienzentren (Gezinslocatie, GL, für Familien, die Unterbringungsrecht verloren haben, da Kinder immer unterzubringen sind. Fokus liegt auf Rückkehr. keine geschlossene Unterbringung, aber Gebietsbeschränkung) (AIDA 11.2015)

Eine Unterbringung in Privatunterkünften ist normalerweise nicht möglich. Im Jahr 2014 wurden 13.680 Personen und von Januar bis Oktober 2015 wurden 46.834 Personen untergebracht (AIDA 11.2015; vgl. COA o.D.b).

Die Mitarbeiter der COA-Unterbringungszentren sind verantwortlich für das Wohlergehen der Asylwerber. COA berücksichtigt die speziellen Bedürfnisse der Schutzsuchenden. Es gibt keine eigenen Einrichtungen für behinderte AW; diese können aber wie niederländische Staatsbürger die vorhandenen Heimbetreuungseinrichtungen nützen. Es gibt jedoch eigene Unterbringungseinrichtungen für AW mit psychischen Problemen und für Kinder (AIDA 11.2015).

(8)

Nach negativer Entscheidung im allgemeinen Verfahren hat der AW noch für 4 Wochen das Recht auf Unterbringung, egal ob er Beschwerde einlegt oder nicht und egal ob die Beschwerde aufschiebende Wirkung zugesprochen bekommt hat oder nicht. Danach endet dieses Recht. Bei Beschwerde gegen negative Entscheidung im erweiterten Verfahren, hat der AW das Recht auf Unterbringung auf Dauer des Rechtsmittelverfahrens (und für weitere 4 Wochen nach dem Urteil des Gerichts). Bei weiterer Beschwerde vor dem Council of State gibt es nur dann ein Recht auf Unterbringung, wenn das Council eine aufschiebende Wirkung zuerkennt. Das ist aber angeblich meist nicht der Fall (AIDA 11.2015). Wenn es nötig ist, ist ein zusätzlicher Aufenthalt in einer sogenannten Freedom Restricting Location für weitere maximal 12 Wochen möglich. Die Voraussetzung für den Aufenthalt dort ist die Rückkehr in die Heimat. Eine weitere Form der Unterbringung sind die Familienzentren. Hier dürfen nur Eltern mit ihren minderjährigen Kindern wohnen, deren Asylanträge abgelehnt wurden und die das Land verlassen müssen. Familien werden in diesen Einrichtungen auf die Rückkehr in die Heimat vorbereitet (COA o. D.b).

Das European Committee of Social Rights des Europarats kritisierte Ende 2014, dass die Niederlande die Rechte irregulärer Migranten verletzten, indem sie ihnen nach abgelehntem Asylverfahren keine staatliche Versorgung mehr hatten zukommen lassen. Der aktuelle Stand der Dinge ist, dass die Versorgung abgelehnter Asylwerber von den Gemeinden zur Verfügung gestellt und von der Regierung finanziert werden muss (AIDA 11.2015).

Quellen:

- AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles, Forum Refugiés-Cosi, the Hungarian Helsinki Committee and the Irish Refugee Council (11.2015): National Country Report Netherlands,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_nl_update.iv_.pdf, Zugriff 26.1.2016 - COA - Central Organisation Shelter Asylum Seekers (o.D.a): Asylum Seekers,

http://www.coa.nl/en/asylum-seekers, Zugriff 27.1.2016

- COA - Central Organisation Shelter Asylum Seekers (o.D.b): Types of reception locations, https://www.coa.nl/en/about-coa/reception-centres/types-of-reception-locations, Zugriff 27.1.2016

- IND - Immigration and Naturalisation Service (o.D.): Asylum, https://ind.nl/EN/individuals/residence- wizard/asylum/#, Zugriff 27.1.2016

5.1. Medizinische Versorgung

Wenn ein Asylwerber zum ersten Mal in ein Asylzentrum kommt, wird eine medizinische Eingangsuntersuchung angeboten, um Behandlungserfordernisse frühzeitig zu erfassen (IND o.D.). Eine Tuberkulosekontrolle ist jedoch für alle Asylwerber obligatorisch (COA o.D.c). Die allgemeine medizinische Behandlung ist, soweit möglich, dieselbe wie für niederländische Bürger, erweitert um besonderes Augenmerk auf sprachliche und kulturelle Unterschiede, die Lebenssituation von Asylwerbern, das Asylverfahren und deren besondere Bedürfnisse (GCA o.D.a).

AW sind grundsätzlich krankenversichert. Medizinische Versorgung ist in den Unterbringungszentren zu gewährleisten. Das Gesundheitszentrum für Asylwerber (Gezondheids-centrum Asielzoekers) ist die erste Anlaufstelle für AW in Gesundheitsangelegenheiten (AIDA 11.2015). Das Gesundheitszentrum für Asylwerber (Gezondheidscentrum asielzoekers) verfügt über 85 Standorte in oder in der Nähe jedes Asylwerbezentrums. Ein Allgemeinmediziner, eine Krankenschwester und ein psychologischer Berater oder medizinischer Assistent stehen dort zur Verfügung. In den Gesundheitszentren werden fixe Ordinationszeiten angeboten, die für jeden Asylwerber zugänglich sind. Es ist aber auch möglich, sich einen Termin auszumachen. Außerdem steht zu jeder Zeit (24 Stunden/7 Tage die Woche) eine Telefon-Hotline zur Verfügung, wo Fragen gestellt, Termine ausgemacht und Taxifahrten organisiert werden können. Seit 2010 bietet GC A primäre psychologische Versorgung durch die psychologischen Berater, die ebenfalls zu Ordinationszeiten anwesend sind (GCA o.D.b).

AW haben Zugang zu medizinischer Basisversorgung, darunter Zugang zu Allgemeinmedizin, Spitälern, Psychologen und Zahnmedizin (in extremen Fällen). AW haben auf Tagesbasis Zugang zu psychiatrischen Kliniken. Es gibt eine Reihe spezialisierter Institutionen zur Behandlung von AW mit psychischen Problemen.

Zugang zu medizinischer Versorgung wie für AW besteht faktisch auch für Personen in VBL, obwohl gesetzlich nicht vorgeschrieben. In GL besteht medizinische Versorgung für Erwachsene nur im Notfall. Alle Personen, die kein Aufenthaltsrecht (mehr) in den Niederlanden haben, haben Zugang zu medizinischer Notversorgung.

Gesundheitsdienstleister bekommen Leistungen für irreguläre Migranten bei einer speziellen Stiftung ersetzt (AIDA 11.2015).

(9)

Quellen:

- AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles, Forum Refugiés-Cosi, the Hungarian Helsinki Committee and the Irish Refugee Council (11.2015): National Country Report Netherlands,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_nl_update.iv_.pdf, Zugriff 26.1.2016 - COA - Central Organisation Shelter Asylum Seekers (o.D.c): Health Care,

https://www.coa.nl/en/asylum-seekers/living-at-a-reception-centre/medical-care, Zugriff 28.1.2016

- GCA - Gezondheidscentrum asielzoekers (o.D.a): About GC A, http://www.gcasielzoekers.nl/en/about- gca/about-the-gca.html, Zugriff 15.1.2016

- GCA - Gezondheidscentrum asielzoekers (o.D.b): How does the GC A work, http://www.gcasielzoekers.nl/en/about-gca/how-does-gca-work.html, Zugriff 14.1.2016

- IND - Immigration and Naturalisation Service (o.D.): Asylum, https://ind.nl/EN/individuals/residence- wizard/asylum/#, Zugriff 28.1.2016

6. Schutzberechtigte

Bei Schutzgewährung stellt der IND eine vorübergehende Aufenthaltsgenehmigung für 5 Jahre aus. Bei Ausstellung einer Asylaufenthaltsberechtigung ist der Besuch eines Integrationskurses verpflichtend. Weiters muss man einer bezahlten Arbeit nachgehen und man hat das Recht auf eine Wohnung vermittelt durch COA, das Recht auf Bildung usw. Wenn der Schutzberechtigte nach 5 Jahren noch immer keine Möglichkeit hat in sein Herkunftsland zurückzukehren, kann er eine Daueraufenthaltserlaubnis beantragen. Die Integrationsvoraussetzungen müssen dazu erfüllt sein (IND o.D.; ).

Nach Auskunft des IND (Immigration and Naturalisation Service), haben anerkannte Flüchtlinge und Begünstigte bezüglich eines internationalen Schutzes vollen Zugang zum niederländischen Wohlfahrtssystem (medizinische, soziale und finanzielle Zuwendungen) (IND 12.8.2014).

Zwischen Flüchtlingsstatus und subsidiärem Schutz gibt es in den Niederlanden betreffend sozialer Rechte keine Unterschiede (AIDA 11.2015).

Wer eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten hat, wird in Unterkünften untergebracht, die von den jeweiligen Gemeinden zur Verfügung gestellt werden. Innerhalb von 14 Wochen müssen die Aufenthaltsberechtigten das Aufnahmezentrum verlassen und in die neue Unterkunft umziehen. COA unterstützt und berät dabei in persönlichen Beratungsgesprächen hinsichtlich Informationen über die holländische Gesellschaft und bietet Sprachkurse an (COA o.D.d).

Bei Erhalt einer Aufenthaltserlaubnis dürfen die Betroffenen im Unterbringungszentrum bleiben, bis COA eine Unterkunft in einer Gemeinde organisiert hat. Liegt ein entsprechendes Angebot des COA vor, muss der Betreffende dieses annehmen, weil damit das Recht auf Unterbringung im Zentrum endet. Aufgrund der hohen Anzahl an Asylwerbern ist es derzeit ausnahmsweise erlaubt, dass Personen mit Aufenthaltserlaubnis während der Wartezeit auf eine Gemeinde-Unterkunft, außerhalb des Zentrums bei Freunden oder Verwandten wohnen.

Denn die Plätze in den Zentren werden für Asylwerber benötigt, die noch im Asylverfahren sind. Die Wohnbeihilfe für Personen mit einem positiven Bescheid variiert monatlich zwischen €100 für Alleinstehende und bis zu €650 für Familien (AIDA 11.2015).

Um sich für eine permanente Aufenthaltserlaubnis oder eine Staatsbürgerschaft zu qualifizieren, muss eine sogenannte Integrationsprüfung positiv abgelegt werden. Weitere Voraussetzungen sind u.a.: Besitz einer vorübergehenden Aufenthaltserlaubnis seit 5 ununterbrochenen Jahren, ausreichende Mittel für den Lebensunterhalt und ausreichende Integration in die holländischen Gesellschaft (IND o. D.b).

Quellen:

- AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles, Forum Refugiés-Cosi, the Hungarian Helsinki Committee and the Irish Refugee Council (11.2015): National Country Report Netherlands,

(10)

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_nl_update.iv_.pdf, Zugriff 29.1.2016 - COA - Central Organisation Shelter Asylum Seekers (o.D.d):

Accomodation for residence permit holders, https://www.coa.nl/en/asylum-seekers/accommodation-for- residence-permit-holders, Zugriff 29.1.2016

- IND - Immigration and Naturalisation Service (o.D.): Asylum, https://ind.nl/EN/individuals/residence- wizard/asylum/#, Zugriff 29.1.2016

- IND - Immigration and Naturalisation Service (o.D.b): Other information,

https://ind.nl/EN/individuals/residence-wizard/other-information/permanent-residence/Pages/default.aspx, Zugriff 29.1.2016

- IND - Immigration and Naturalisation Service (12.8.2014): Auskunft des IND, per Email D) Beweiswürdigung

Die von der Behörde getroffenen Feststellungen beruhen auf folgenden Erwägungen:

[ ... ]

- betreffend die Lage im Mitgliedsstaat:

Die in den Feststellungen zu Niederlanden angeführten Inhalte stammen aus einer Vielzahl von unbedenklichen und aktuellen Quellen von angesehenen staatlichen und nichtstaatlichen Organisationen, welche durch die Staatendokumentation des Bundesamtes zusammengestellt wurden. In diesem Zusammenhang sei auf den Inhalt des § 5 BFA-G betreffend die Ausführungen zur Staatendokumentation verwiesen, insbesondere auf den Passus, wonach die gesammelten Tatsachen länderspezifisch zusammenzufassen, nach objektiven Kriterien wissenschaftlich aufzuarbeiten und in allgemeiner Form zu dokumentieren sind, einschließlich den vorgegebenen Aktualisierungsverpflichtungen.

Hinweise darauf, dass die vorstehend angeführten Vorgaben des § 5 BFA-G bei den dem gegenständlichen Verfahren zugrunde gelegten Feststellungen zu Niederlande nicht beachtet worden wären, haben sich im Verfahren nicht ergeben.

Soweit sich das Bundesamt im gegenständlichen Bescheid auf Quellen älteren Datums bezieht, wird angeführt, dass diese -aufgrund der sich nicht geänderten Verhältnisse in Niederlande- nach wie vor als aktuell bezeichnet werden können.

[ .. ]

Der Vollständigkeit halber wird zudem auf folgendes hingewiesen:

Neben der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des europäischen Parlaments und des Rates sind für Niederlande folgende Richtlinien beachtlich:

- Statusrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU des europäischen Parlaments und des Rates) im Hinblick auf die Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen.

- Verfahrensrichtlinie (Richtlinie 2013/32/EU des europäischen Parlaments und des Rates) hinsichtlich der Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft.

- Aufnahmerichtlinie (Richtlinie 2013/33/EU des europäischen Parlaments und des Rates) zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylwerbern in den Mitgliedstaaten, einschließlich der Verpflichtung des Partnerstaates für ausreichende medizinische Versorgung und die Gewährung von ausreichenden materiellen Leistungen an Asylwerbern, welche die Gesundheit und den Lebensunterhalt der Asylsuchenden gewährleisten. Insbesondere gewährleisten die Mitgliedstaaten in jedem Fall Zugang zur medizinischen Notversorgung.

(11)

Gegen Niederlande hat die Europäische Kommission kein Vertragsverletzungsverfahren gemäß Art. 226 des EG- Vertrages wegen Missachtung der Status-, Verfahrens- oder Aufnahmerichtlinie eingeleitet.

Insofern ergibt sich aus diesem Umstand -ebenso wie aus dem sonstigen Amtswissen- kein Hinweis, dass Niederlande die vorstehend angeführten Richtlinien nicht in ausreichendem Maß umgesetzt hätte oder deren Anwendung nicht in ausreichendem Umfang gewährleisten würde. Unter diesen Gesichtspunkten und unter Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen ergibt sich in Ihrem Fall kein Hinweis auf eine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende Verletzung Ihrer durch die vorstehend angeführten Richtlinien gewährleisteten Rechte in Niederlande im Falle Ihrer Überstellung in dieses Land.

[ ... ]

... ist festzuhalten, dass sich im Verfahren keine

Anhaltspunkte für eine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigende notorische Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Niederlande ergeben haben. Weiters ist festzuhalten, dass Sie im Verfahren keine konkreten auf Sie persönlich bezogenen Umstände glaubhaft gemacht haben, die gerade in Ihrem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall Ihrer Abschiebung nach Niederlande als wahrscheinlich erscheinen lassen. Aus diesem Grund kann nicht davon ausgegangen werden, dass Sie tatsächlich konkret Gefahr liefen, in Niederlande Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden oder dass Ihnen eine Verletzung Ihrer durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte dadurch drohen könnte.

Unter Beachtung des Aspektes, dass sich die Mitgliedstaaten der Europäischen Union untereinander im Sinne einer normativen Vergewisserung (VfGH 17.06.2005, B 336/05) als sichere Staaten für AsylwerberInnen ansehen, was jedenfalls insbesondere auch beinhaltet, dass Art. 3 EMRK gewährleistete Rechte eines Antragstellers in einem Mitgliedsstaat nicht verletzt werden und mangels sonstigem Hinweis darauf, dass dies speziell in Ihrem Fall in Niederlande nicht gegeben sein könnte, haben sich im Verfahren weder Anhaltspunkte für die Notwendigkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts, noch für die Notwendigkeit weiterer Ermittlungen durch das Bundesamt zur allgemeinen und zu Ihrer besonderen Lage in Niederlande ergeben.

Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass sich Niederlande mit Schreiben vom 24.05.2016 ausdrücklich bereit erklärt hat, Sie im Rahmen der Verpflichtungen aus der Dublin Verordnung zur Prüfung Ihres Asylantrages zu übernehmen und es kann daher nicht erkannt werden, dass Ihnen der Zugang zum Asylverfahren in Niederlande verweigert werde. Eine Schutzverweigerung in Niederlande kann daher auch nicht erwartet werden."

Es folgte in den angefochtenen Bescheiden die rechtliche Beurteilung zu den beiden Spruchpunkten. Die Anträge auf internationalen Schutz seien zurückzuweisen, weil Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO formell erfüllt (und gemeint: sohin die Niederlande für die Prüfung der Anträge zuständig sei). Die Niederlande sei bereit, die BF einreisen zu lassen und Ihre Anträge auf internationalen Schutz zu prüfen und sonstige Verpflichtungen aus der Dublin III-VO ihnen gegenüber zu erfüllen. Es sei festzuhalten, dass in den Niederlanden mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Verletzung der EMRK in den gegenständlichen Fällen nicht eintreten werde. Auch aus der Rechtsprechung des EGMR lasse sich keine systematische, notorische Verletzung fundamentaler Menschenrechte in den Niederlanden erkennen. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG sei nicht erschüttert worden und es habe sich kein Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben. Humanitäre Aspekte gem. Art. 16 oder Art 17 Abs. 2 leg.cit. lägen ebenfalls nicht vor und stelle ihre Ausweisung (sinngemäß) keinen ungerechtfertigten Eingriff in ihr Grundrecht nach Art. 8 EMRK dar, zumal der Aufenthalt der BF in Österreich als kurz zu bezeichnen sei und sie - abgesehen von ihrer Beziehung miteinander, in die aber bei inhaltlich gleichlautenden Entscheidungen nicht eingegriffen werde - keine sonstigen familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet hätten.

Gegen diese Bescheide richten sich die fristgerecht erhobenen Beschwerden, in welchen die BF im Wesentlichen rügten, dass das Ermittlungsverfahren hinsichtlich des Gesundheitszustandes des 1.-BF mangelhaft geblieben sei. Dieser sei schwer krank und zudem psychisch sehr labil. Ohne Abklärung, unter welcher Erkrankung der BF genau leide, hätte nicht abschließend festgestellt werden können, ob die Überstellung des 1.-BF in die Niederlande zu einer möglicherweise lebensbedrohlichen Verschlechterung seines Gesundheitszustandes führen würde. Beantragt werde die Einholung eines fachärztlichen Gutachtens zum Gesundheitszustand des 1.-BF.

Weiters sei keine Einzelfallprüfung vorgenommen worden im Hinblick auf das Risiko einer Kettenabschiebung von den Niederlanden ins Heimatland. Es seien auch Feststellungsmängel und Aktenwidrigkeiten im bekämpften Bescheid zu verzeichnen. So sei wiederholt davon gesprochen worden, dass ein Konsultationsverfahrens mit Frankreich eingeleitet worden sei. Eine weitere Aktenwidrigkeit sei, dass im angefochtenen Bescheid ausgeführt werde, dass dem 1.-BF eine medizinische Behandlung in den Niederlanden gewährt worden sei. Dies sei nachweislich aktenwidrig, dass sich die BF nie in den Niederlanden aufgehalten hätten. Aufgrund der

(12)

Aktenwidrigkeiten, Feststellung- und Verfahrensmängel liege gesamtheitlich betrachtet ein willkürliches Verhalten der belangten Behörde vor. Bei richtiger Würdigung hätte Österreich jedenfalls das Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ausüben müssen. Weiters sei die Beweiswürdigung mangelhaft, liege eine unrichtige rechtliche Beurteilung vor, und werde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Unter einem wurde der Beschwerde ein Konvolut von medizinischen Unterlagenbetreffend den 1.-BF beigelegt:

* Dialysebegleitbrief der univ. Klinik XXXX

* Vorläufiger Arztbrief des KH der barmherzigen Brüder XXXX vom 20.06.2016Ärztlicher Entlassungsbrief vom 21.06.2016 der Univ. Klinik XXXX

* Laborwerte

Mit Schriftsatz vom 02.09.2016 legte der 1.-BF Bestätigungen des Landesklinikums XXXX darüber vor, dass er 3x wöchentlich 4 Stunden zur Dialyse kommt, sowie dass er vom 18.08. bis 22.082016 wegen einer Shuntthrombose ebendort in stationärer Behandlung gewesen sei. Weiters wurden Deutschkursbesuchsbestätigungen betreffend beide BF übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Festgestellt werden zunächst der dargelegte Verfahrensgang sowie der ebenfalls oben dargestellte Reiseweg der BF samt dem Vorliegen der niederländischen Schengenvisa, gültig vom 12.03.2016 bis 26.04.2016, unter deren Verwendung die BF am 19.03.2016 in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten eingereist sind.

Besondere, in der Person der Antragsteller gelegene Gründe, welche für eine reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in den Niederlanden sprechen, liegen nicht vor.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Lage im Mitgliedstaat an.

Der 1.-BF leidet im Wesentlichen an chronischer Niereninsuffizienz, Diabetes, art. Hypertonie (Bluthochdruck), Beinödemen, Kurzatmigkeit, Eisenmangelanämie (Verminderung des roten Blutfarbstoffs), Nephropathie (Nierenschädigung), Nierenzyste, Shuntthrombose und benötigt eine regelmäßige Dialyse. Er war im Bundesgebiet wiederholt stationär in Spitalsbehandlung, zuletzt vom 18.08. bis 22.08.2016 im Landesklinikum XXXX (Diagnose: Shuntthrombose).

Die 2.-BF leidet an Psoriasis (Schuppenflechte).

Die BF haben im Bundesgebiet keine weiteren verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Reiseweg der BF sowie zu ihren niederländischen Visa ergeben sich aus den Akten des BFA, insbesondere "Abgleichsbericht zur VIS-Abfrage samt einem Austzug aus der Datei "CVIS" des BMI, den positiven Antwortschreiben der niederländischen Behörden vom 24.05.2016, in dem diese erklären, die BF rückzuübernehmen, und letztlich aus dem ausdrücklichen eigenen Vorbringen im Rahmen ihrer Einvernahmen.

Ebenfalls aus ihrem Vorbringen ergibt sich ihre familiäre Situation in Österreich.

Die gesundheitliche Situation der BF ergibt sich ebenfalls aus ihrem Vorbringen, im Falle des 1.-BF in Zusammenhalt mit den vorgelegten umfassenden medizinischen Unterlagen.

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen.

(13)

Das Bundesamt hat im angefochtenen Bescheid neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in den Niederlanden auch Feststellungen zur niederländischen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf "Dublin-Rückkehrer") samt dem dortigen jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelwege getroffen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Erwägungen zur Beweiswürdigung an.

3. Rechtliche Beurteilung:

Das Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ist im vorliegenden Fall in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr.

144/2013 anzuwenden. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:

"§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin- Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird, 2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

...

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG idF BGBl. I Nr. 144/2013 lautet:

"§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, 3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

(14)

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist."

§ 61 FPG 2005 idF BGBl. I Nr. 87/2012 lautet:

"§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn 1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. ...

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird."

In den vorliegenden Fällen ist gemäß ihres Art. 49 (Inkrafttreten und Anwendbarkeit) die Verordnung (EU) Nr.

604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates ("Dublin III-VO") anzuwenden:

"Art. 49

Inkrafttreten und Anwendbarkeit

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Die Verordnung ist auf Anträge auf internationalen Schutz anwendbar, die ab dem ersten Tag des sechsten Monats nach ihrem Inkrafttreten gestellt werden und gilt ab diesem Zeitpunkt - ungeachtet des Zeitpunkts der Antragstellung - für alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern. Für einen Antrag auf internationalen Schutz, der vor diesem Datum eingereicht wird, erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats nach den Kriterien der Verordnung (EG) Nr. 343/2003.

Die in dieser Verordnung enthaltenen Verweise auf die Verordnung (EU) Nr. 603/2013, Richtlinie 2013/32/EU und Richtlinie 2013/33/EU gelten, bis zu ihrer jeweiligen Anwendbarkeit, als Verweise auf die Verordnung (EG) Nr. 2725/2000, Richtlinie 2003/9/EG bzw. Richtlinie 2005/85/EG."

Die Dublin III-VO wurde am 29.6.2013 im Amtsblatt der EU veröffentlicht und trat am 19.7.2013 (am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung) in Kraft. Sie gilt im vorliegenden Fall aufgrund des Umstandes, dass das Gesuch um Aufnahme des Antragstellers seitens der erstinstanzlichen Behörde erst am 11.3.2014 und somit nach dem 1.1.2014 (dem ersten Tag des sechsten Monats nach dem Inkrafttreten) gestellt wurde.

Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO zur Ermittlung des zuständigen Mitgliedstaates lauten:

(15)

"KAPITEL II

ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE UND SCHUTZGARANTIEN Art. 3

Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt.

Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU- Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.

Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

KAPITEL III

KRITERIEN ZUR BESTIMMUNG DES ZUSTÄNDIGEN MITGLIEDSTAATS Art. 7

Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.

Art. 8

Minderjährige

(1) Handelt es sich bei dem Antragsteller um einen unbegleiteten Minderjährigen, so ist der Mitgliedstaat zuständiger Mitgliedstaat, in dem sich ein Familienangehöriger oder eines der Geschwister des unbegleiteten

(16)

Minderjährigen rechtmäßig aufhält, sofern es dem Wohl des Minderjährigen dient. Ist der Antragsteller ein verheirateter Minderjähriger, dessen Ehepartner sich nicht rechtmäßig im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten aufhält, so ist der Mitgliedstaat zuständiger Mitgliedstaat, in dem sich der Vater, die Mutter, oder ein anderer Erwachsener - der entweder nach dem Recht oder nach den Gepflogenheiten des Mitgliedstaats für den Minderjährigen zuständig ist - oder sich eines seiner Geschwister aufhält.

(2) Ist der Antragsteller ein unbegleiteter Minderjähriger, der einen Verwandten hat, der sich rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat aufhält, und wurde anhand einer Einzelfallprüfung festgestellt, dass der Verwandte für den Antragsteller sorgen kann, so führt dieser Mitgliedstaat den Minderjährigen und seine Verwandten zusammen und ist der zuständige Mitgliedstaat, sofern es dem Wohl des Minderjährigen dient.

(3) Halten sich Familienangehörige, Geschwister oder Verwandte im Sinne der Absätze 1 und 2 in mehr als einem Mitgliedstaat auf, wird der zuständige Mitgliedstaat danach bestimmt,

was dem Wohl des unbegleiteten Minderjährigen dient.

(4) Bei Abwesenheit eines Familienangehörigen eines seiner Geschwisters oder eines Verwandten im Sinne der Absätze 1 und 2, ist der Mitgliedstaat zuständiger Mitgliedstaat, in dem der unbegleitete Minderjährige seinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, sofern es dem Wohl des Minderjährigen dient.

(5) Der Kommission wird die Befugnis übertragen gemäß Artikel 45 in Bezug auf die Ermittlung von Familienangehörigen, Geschwistern oder Verwandten eines unbegleiteten Minderjährigen; die Kriterien für die Feststellung des Bestehens einer nachgewiesenen familiären Bindung; die Kriterien zur Beurteilung der Fähigkeit eines Verwandten, für den unbegleiteten Minderjährigen zu sorgen, einschließlich der Fälle, in denen sich die Familienangehörigen, Geschwister oder Verwandten des unbegleiteten Minderjährigen in mehr als einem Mitgliedstaat aufhalten, delegierte Rechtsakte zu erlassen. Bei der Ausübung ihrer Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte geht die Kommission nicht über den in Artikel 6 Absatz 3 vorgesehenen Umfang des Wohls des Kindes hinaus.

(6) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fest. Diese

Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

Art. 9

Familienangehörige, die Begünstigte internationalen Schutzes sind

Hat der Antragsteller einen Familienangehörigen - ungeachtet der Frage, ob die Familie bereits im Herkunftsland bestanden hat -, der in seiner Eigenschaft als Begünstigter internationalen Schutzes in einem Mitgliedstaat aufenthaltsberechtigt ist, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, sofern die betreffenden Personen diesen Wunsch schriftlich kundtun.

Art. 10

Familienangehörige, die internationalen Schutz beantragt haben

Hat ein Antragsteller in einem Mitgliedstaat einen Familienangehörigen, über dessen Antrag auf internationalen Schutz noch

keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, sofern die betreffenden Personen diesen Wunsch schriftlich kundtun.

(17)

Artikel 11 Familienverfahren

Stellen mehrere Familienangehörige und/oder unverheiratete minderjährige Geschwister in demselben Mitgliedstaat gleichzeitig oder in so großer zeitlicher Nähe einen Antrag auf internationalen Schutz, dass die Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats gemeinsam durchgeführt werden können, und könnte die Anwendung der in dieser Verordnung genannten Kriterien ihre Trennung zur Folge haben, so gilt für die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats Folgendes:

a) zuständig für die Prüfung der Anträge auf internationalen Schutz sämtlicher Familienangehöriger und/oder unverheirateter minderjähriger Geschwister ist der Mitgliedstaat, der nach den Kriterien für die Aufnahme des größten Teils von ihnen zuständig ist;

b) andernfalls ist für die Prüfung der Mitgliedstaat zuständig, der nach den Kriterien für die Prüfung des von dem ältesten von ihnen gestellten Antrags zuständig ist.

Art. 12

Ausstellung von Aufenthaltstiteln oder Visa

(1) Besitzt der Antragsteller einen gültigen Aufenthaltstitel, so ist der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel ausgestellt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

(2) Besitzt der Antragsteller ein gültiges Visum, so ist der Mitgliedstaat, der das Visum erteilt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, es sei denn, dass das Visum im Auftrag eines anderen Mitgliedstaats im Rahmen einer Vertretungsvereinbarung gemäß Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft ( 1 ) erteilt wurde. In diesem Fall ist der vertretene Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

(3) Besitzt der Antragsteller mehrere gültige Aufenthaltstitel oder Visa verschiedener Mitgliedstaaten, so sind die Mitgliedstaaten für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz in folgender Reihenfolge zuständig:

a) der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der den zuletzt ablaufenden Aufenthaltstitel erteilt hat;

b) der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat, wenn es sich um gleichartige Visa handelt;

c) bei nicht gleichartigen Visa der Mitgliedstaat, der das Visum mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat.

(4) Besitzt der Antragsteller nur einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die weniger als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit weniger als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, so sind die Absätze 1, 2 und 3 anwendbar, solange der Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen hat.

Besitzt der Antragsteller einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die mehr als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit mehr als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, und hat er die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten nicht verlassen, so ist der Mitgliedstaat zuständig, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird.

(5) Der Umstand, dass der Aufenthaltstitel oder das Visum aufgrund einer falschen oder missbräuchlich verwendeten Identität oder nach Vorlage von gefälschten, falschen oder ungültigen Dokumenten erteilt wurde, hindert nicht daran, dem Mitgliedstaat, der den Titel oder das Visum erteilt hat, die Zuständigkeit zuzuweisen.

Der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel oder das Visum ausgestellt hat, ist nicht zuständig, wenn nachgewiesen werden kann, dass nach Ausstellung des Titels oder des Visums eine betrügerische Handlung vorgenommen wurde.

Art. 13

(18)

Einreise und/oder Aufenthalt

(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.

(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller - der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können - sich vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

KAPITEL IV

ABHÄNGIGE PERSONEN UND ERMESSENSKLAUSELN Artikel 16

Abhängige Personen

(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des

Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.

(2) Hält sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil im Sinne des Absatzes 1 rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat als der Antragsteller auf, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil rechtmäßig aufhält, zuständiger Mitgliedstaat, sofern der Gesundheitszustand des Antragstellers diesen nicht längerfristig daran hindert, in diesen Mitgliedstaat zu reisen. In diesem Fall, ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aufhält, zuständiger Mitgliedstaat. Dieser Mitgliedstaat kann nicht zum Gegenstand der Verpflichtung gemacht werden, d s Kind, eines

seiner Geschwister oder ein Elternteil in sein Hoheitsgebiet zu verbringen.

(3) Der Kommission wird die Befugnis übertragen gemäß Artikel 45 in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung des Abhängigkeitsverhältnisses zu berücksichtigen sind, in Bezug auf die Kriterien zur Feststellung des Bestehens einer nachgewiesenen familiären Bindung, in Bezug auf die Kriterien zur Beurteilung der Fähigkeit der betreffenden Person zur Sorge für die abhängige Person und in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung einer längerfristigen Reiseunfähigkeit zu berücksichtigen sind, delegierte Rechtsakte zu erlassen.

(4) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fest. Diese

Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

(19)

Art. 17

Ermessensklauseln

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.

Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.

Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.

(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen.

Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen.

Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen.

Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.

KAPITEL V

PFLICHTEN DES ZUSTÄNDIGEN MITGLIEDSTAATS Artikel 18

Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats

(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:

a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;

b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

Referenzen

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