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NEWSLETTER DER

DRK-SCHWESTERNSCHAFT BERLIN E.V.

AUSGABE II/2011

Meilenstein in Backstein Jubiläum: 20 Jahre DRK Kliniken Berlin | Westend Seite 14

Yes, we can

Erfolg: Die Kliniken und ihre vierte JCI-Zertifi zierung Seite 06

Schwester vom Fach

Porträt: Diane Bedbur, Vorstandsmitglied Seite 25

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Liebe Leserinnen, liebe Leser,

„was wäre, wenn...“:

Solche Gedankenspiele über verän- derte geschichtliche Abläufe sind beliebt – ich mag sie nicht. Was wäre denn gewesen, hätten wir das Westend nicht bekommen? Wäre dann die Schwesternschaft eine ganz andere geworden? Ja, vielleicht, die Entwick- lung der Schwesternschaft und ihrer Einrichtungen hätte durchaus einen anderen Verlauf genommen. Das Endergebnis – unverzichtbarer Gesundheitsversorger für die Region zu sein, wie wir es heute sind – wäre das gleiche, trotz der damals drohenden Konstellation, Träger von nur noch zwei Klinikstandorten zu sein. Und gerade deshalb:

Wir können stolz sein auf unser Westend, es ist Teil unserer Identität und Geschichte – so wie Köpenick und Mitte, das Park-Sanatorium, die Wiegmann Klinik und natürlich Mariendorf. Genau zwanzig Jahre ist der Umzug vom Krankenhaus Jungfernheide ins Westend nun schon her, so schnell vergeht die Zeit.

Und auch das Jahr 2011 ist fast vorbei: Ich wünsche Ihnen und Ihren Lieben besinnliche Weihnachts- feiertage und uns allen einen guten Start in das neue Jahr.

Ihre

Oberin Heidi Schäfer-Frischmann Vorsitzende der DRK-Schwesternschaft Berlin e.V.

editorial

Und es wurde Sommer

Seit 1993 hat es in Deutschland keinen so kühlen Sommer gegeben wie diesen.

Als die Schwesternschaft Anfang des Jahres mit der Planung ihres Sommerfestes begann, konnte niemand ahnen, dass der Sommer 2011 zu kühl und zu nass werden würde.

Die Schwesternschaft hatte Glück, denn pünktlich zur Veranstaltung am 25. August kündigten die Meteorologen eine Wetterberuhigung an. Noch in der Nacht zuvor war über Berlin eine Gewitterfront mit Starkregen gezogen. Ein paar Stunden später hörte man nur noch ent- ferntes Donnergrollen – das „Schwesternschaftssommerfest 2011“ wurde auch eines.

Alle zwei Jahre lädt die Schwesternschaft in die Mozartstraße ein, 2008 fand die letzte Veranstaltung statt, die turnusmäßige im Jahr 2010 musste wegen der Krise ausfallen.

Um so mehr freute sich Heidi Schäfer-Frisch- mann, endlich wieder zum Sommerfest ihre Gäste begrüßen zu dürfen – persönlich, mit Handschlag; gut dreihundert kamen in die Zentrale der DRK-Schwesternschaft.

Veranstaltungsort war der Garten hinter dem Apartmenthaus, der Weg vom Eingangstor zu den Büros wurde zur „kulinarischen Meile“, hier hatte der Caterer das Büfett aufgebaut.

„Ein Sommerfest mit Gästen, mit Freunden der Schwesternschaft, mit treuen Weggefährten und natürlich Mitarbeitern: das ist ein wichtiges Ereignis für uns“, so eröffnete die Gast- geberin das Fest. Sie nutzte die Gelegenheit zum Dank, denn „in der schweren Zeit haben wir erlebt, dass uns Viele ihr Vertrauen ausgesprochen haben und unterstützten“. Ihren Gästen wünschte Oberin Heidi Schäfer-Frischmann einen entspannten und unterhaltsamen Nachmittag. Den bekamen sie auch geboten: Der „King of Swing“ spielte auf, Andrej Hermlin.

Er kam mit einigen seiner Musikerkollegen vom Swing Dance Orchestra und spielte Klassiker aus den dreißiger Jahren – Summerswing im Sommergarten.

inhalt

schwerpunktthema:

Geschlossene Gesellschaft

270 Rot-Kreuz-Schwestern kamen zur 38. Mitglieder- versammlung

04 04

Willkommen auf der Enterprise

In den DRK Kliniken Berlin | Mitte befindet sich Berlins modernster OP-Saal

Yes, we can

Zum vierten Mal bestehen die DRK Kliniken Berlin die JCI-Prüfung

Mit Balgenkamera und Melone

Eine Postkarte erzählt die Geschichte von Otto Krüger und dem Augusta-Hospital

05 05 06 06

Aufbau Ost um 1900

Clementine von Wallmenich gründete die Schwestern- schaft Weißensee – im Auftrag der Kaiserin

10 10 08 08

Das Westend- Krankenhaus

107 Jahre Westend:

Vom Städtischen Kranken- haus Charlottenburg zur Berliner DRK Klinik

„Mehr als gelungen“

Ein Gespräch mit Oberin Heidi Schäfer-Frischmann über das Westend

„Das macht einen stolz“

1991 bis 2011:

Drei Rot-Kreuz-Schwestern erinnern sich

Meilenstein in Backstein

20 Jahre DRK Kliniken Berlin Westend: die Geschichte einer Übernahme

14 14 16 16 18 18 20 20

Auf die Breite kommt es an

Adolf Muschg über den Sinn des Lebens und die Rolle der Kunst

Schwester vom Fach

Diane Bedbur, Mitglied im Vorstand der DRK- Schwesternschaft Berlin

25 25 24 24

© HOLGER GROSS

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»Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, dass er tun kann, was er will, sondern das er nicht tun muss, was er nicht will.« JEAN-JACQUES ROUSSEAU

hedwig

eine Investition, die sich nicht nur für die Schwesternschaft gelohnt hat. „Ich bin überzeugt, dass auch Sie mit dem Ergebnis zufrieden sein werden“, meint Oberin Heidi Schäfer-Frischmann in Richtung Politik. Und die ist es, Christian Hanke bedankt sich bei der DRK-Schwesternschaft Berlin „für diese mutige Investitions- entscheidung“. Was einige der Gäste erst später, beim Rundgang durch den Neubau erfahren: operiert wird hier bereits seit drei Wochen, den Umzug vom alten in den neuen OP organisierten die Mit- arbeiter über Ostern. Am 26. April wurde im „Saal 3“der erste Patient operiert, ein 17-Jähriger mit Hauttumor. Eine „Vorfuß- Wundrevision“ ließ sich der erste Patient des OP-Saal 2 behandeln. Den Hybrid-Saal nutzten Chefarzt Peter Dollinger und Kollegen erstmals am 11. Mai, für eine Gefäßoperation.

Willkommen auf der Enterprise

Einen Tag später dann eine etwas größere OP mit allererstem Aorta Sten:

beschichtete Gefäßstützen wurden in die Leistenschlagader des Patienten eingesetzt.

Bei beiden OPs kam die neue Hybrid- Technologie zum Einsatz – diagnostische Untersuchungen und chirurgische Eingriffe können die Gefäßspezialisten nun parallel vornehmen. Und die müssen nicht nur Experten ihres medizinischen Fachgebietes sein, auch Fingerspitzen- gefühl und Computerkenntnisse sind für die Arbeit unerlässlich. Der Röntgentisch im Hybrid-OP, auf dem die Patienten liegen, ist drei Meter lang, er kann gekippt und verschoben werden. Dazu kommt das Durchleuchtungsgerät – hochauflösend und flexibel steuerbar – „Hightech pur“, sagt Heidi Schäfer-Frischmann. Und von der – so die Oberin – „werden alle Bürgerinnen und Bürger profitieren“.

Aber in Mitte sind dafür die DRK Kliniken Berlin, zur Drontheimer Straße hat die DRK-Schwesternschaft Berlin eine über hundert Jahre andauernde Beziehung, erklärt Oberin Heidi Schäfer-Frischmann, denn „wo sich heute die DRK Kliniken Berlin | Mitte befinden, war damals eines der ersten Einsatzgebiete der Rot-Kreuz- Schwestern: die Heimstätte der Wöch- nerinnen“. Und hier steht nun auch der modernste OP-Saal der Stadt, der an diesem 14. Mai mit einer Festveranstaltung eröffnet wird. Dass es hätte anders kom- men können, auch daran erinnert die Oberin, „vor nicht einmal zwanzig Jahren haben wir noch gegen die Schließung dieses Krankenhauses gekämpft“ – mit Erfolg. „Mitte“ – oder „Dronte“, wie viele Mitarbeiter ihre Einrichtung nennen – ist nicht nur ein Kiezkrankenhaus geblieben:

in seinen Schwerpunktzentren werden Patienten aus allen Ecken der Bundes- republik betreut, „hier gibt es Regional- versorgung und überregionale Versor- gung“, ergänzt Bürgermeister Hanke und spricht von vielen guten Erfahrungen, die er mit den freien Trägern seines Bezirkes gemacht habe. Hanke ist nicht der einzige Politiker, Berlins Gesundheits- senatorin Katrin Lompscher will ebenfalls unbedingt bei der Eröffnungsfeier dabei sein wie auch die frühere Bundesgesund- heitsministerin Andrea Fischer. Denn die Spitzen aus Landes- und Bezirkspolitik wissen um die Bedeutung dieses neu eröffneten Gebäudeteils. Zehn Millionen Euro hat der gesamte OP-Bereich gekostet;

Der Zusammenhalt der Schwesternschaft ist spürbarer denn je, trotz oder gerade wegen der turbulenten Zeiten, die hinter Verein und Kliniken liegen. „Wir dachten damals, dass könne alles nur

ein Missverständnis sein, das sich noch am gleichen Tag aufklären würde“, erinnerte sich Oberin Heidi Schäfer- Frischmann auf der Mit- gliederversammlung im Mai.

270 Mitglieder waren gekom- men, wie jedes Jahr begrüßte sie die Schwestern am Ein- gang zum Konferenzraum im Hotel Steglitz International.

Die Vorfälle vom Juni und Oktober 2010 waren das

Thema dieser 38. Mitgliederversammlung.

Für die Vorsitzende der Schwesternschaft bot die Veranstaltung die Gelegenheit, sich zu bedanken: bei allen Mitgliedern, dem Vorstand und der Kliniken-Geschäftsfüh-

rung – für Jennifer Kirchner und Ralf Stähler war es übrigens eine Premiere, sie nahmen das erste Mal an einer Mitglieder- versammlung teil. „Ich weiß, dass unsere

Situation Sie alle sehr belastet hat und manche noch immer belastet, trotzdem haben Sie sich weiter wie bisher um unsere Patienten geküm- mert, immer Rede und Antwort gestanden“.

Oberin Schäfer-Frisch- mann lobte die großartige Leistung ihrer Kollegen:

„Sie haben sich äußerst professionell verhalten“, trotz negativer Berichter- stattung in den Medien habe es keinen Rückgang der Patientenzahlen gegeben.

Dem Rechenschaftsbericht fügt die Oberin auch immer einen Fachvortrag an, diesmal zum Thema „Fachkräfte“.

Der Trend ist eindeutig, Pflegefachkräfte sind gefragt und viele Gesundheits- versorger spüren den Mangel. Nicht so die DRK-Schwesternschaft Berlin: Zwar sieht die Oberin durchaus einen wachsen- den Bedarf an gut qualifizierten Pflege- personal, aber „wir steuern dagegen“:

mit dem schwesternschaftseigenen Bildungszentrum zum Beispiel – „ich habe immer an der Ausbildungseinrichtung festgehalten“ – und der Abteilung Fort- und Weiterbildung. Neue Kurse bieten

„BiZ“ und „F &W“ an, „damit verschaffen wir uns einen Wettbewerbsvorteil“.

Und auf die Frage, wie die qualifizierten Pflegekräfte im Unternehmen gehalten werden können, verweist die Oberin auf die Satzung: „Wir binden sie ein durch „mitgestalten – mitbestimmen – mitverantworten“.

In Mitte baute die Schwesternschaft Berlins modernsten OP-Saal

An ein Raumschiff muss der Bürgermeister denken, wenn er ein Foto vom neuen Hybrid-OP sieht, „der erinnert mich sehr an die Enterprise 4“. Christian Hanke ist Bezirksbürgermeister von Mitte, „dem einzigen Stadtbezirk, der kein Vivantes-Krankenhaus hat“.

Geschlossene Gesellschaft

© DANIEL FLASCHAR

© DANIEL FLASCHAR

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»Wir sind verantwortlich für das, was wir tun, aber auch für das, was wir nicht tun.« VOLTAIRE

hedwig

Yes, we can

Vier Mitarbeiter hatte die US-amerika- nische „Joint Commission International“

Ende Oktober nach Deutschland geschickt – die DRK Kliniken Berlin sollten sie prüfen.

Nach zwei Wochen stand ihr Ergebnis fest:

„Sie können relaxen“, die „Surveyer“ hatten der JCI-Zentrale in Übersee empfohlen, den Kliniken das Prüfungszertifikat auszustellen. Die mussten dann nur noch die gesammelten Daten auswerten – ihr Ergebnis: Prüfung bestanden, die Kliniken der DRK-Schwesternschaft haben die Zertifizierung geschafft. Es ist damit die mittlerweile vierte: 2002 erhielten die DRK Kliniken Berlin als erster deutscher Krankenhausverbund die Akkreditierung der Joint Commission; die Einrichtungen der DRK-Schwesternschaft Berlin hatten nachgewiesen, dass sie auch internationale Standards erfüllen. 2005 wurde dieser Erfolg wiederholt, vor drei Jahren gelang den Kliniken die bislang letzte Zertifi- zierung durch die Amerikaner. Die Zerti- fizierung gilt in der Branche als überaus anspruchsvolles Verfahren. Besonders genau prüfen die Surveyer die Sicherheit der Patienten und wie diese in ihre Behand- lung einbezogen werden. In den Kliniken der Schwesternschaft kontrollierten die JCI-Mitarbeiter sechs, von der Commission

die Joint Commission dort mit:

Die Einrichtungen der Schwesternschaft sind reakkreditiert. Die DRK Kliniken Berlin bleiben damit deutschlandweit der einzige Klinikenverbund,

der mit dem JCI-Zertifikat werben darf.

Im Januar bringen die JCI-Verant- wortlichen den Kliniken ihre Zertifi- zierungsurkunde persönlich vorbei.

DRK Kliniken Berlin

erneuern das Zertifikat

// FOTOS VON WOLFGANG BORRS

definierte Patientenziele: die korrekte Identifizierung des Patienten, eine verbesserte Kommunikation mit ihm, die Sicherheit im Umgang mit potenziell gefährlichen Medikamenten, die Ver- meidung von Eingriffsverwechslungen, die Verringerung der Sturzgefahr und schließlich die Minderung des Risikos, sich im Krankenhaus zu infizieren.

In den zwei Wochen bei den DRK Kliniken Berlin haben die JCI- Prüfer hier „viele exzellente Beispiele für die gute medi- zinische und pflegerische Ver- sorgung erlebt“. Oberin Heidi Schäfer-Frischmann ist mit dem Ergebnis mehr als zufrieden, die Joint Commission ist für sie

„der Rolls-Royce unter den vielen Qualitätsmerkmalen, die wir haben“. Ein Kompliment, das die Prüfer gern zurückgaben:

„Wenn wir krank geworden wären, wäre es mehr als okay gewesen, in eines Ihrer Kranken- häuser eingeliefert zu werden“.

Gut drei Wochen brauchten die Kollegen der JCI-Zentrale für ihre Datenanalyse, dann bekam die Kliniken-Geschäfts- führung Post aus Illinois, in dreifacher Ausführung teilte

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Otto und die drei Damen vom Hospital

Otto Krüger war Fotograf, in Alt-Moabit 131 befand sich vor hundert Jahren sein Atelier; das Wohn- und Geschäftshaus wurde im Krieg schwer beschädigt, heute ist hier eine Fachhand- lung für „Arbeitsschutz und Gummiwaren“. Bis zum Kaiserin- Augusta-Hospital hatte es der Fotograf nicht weit, es waren nur zehn Minuten Fußweg. Krüger fotografierte das Krankenhaus einige Male. Die Aufnahme, die in der Ausstellung gezeigt wird, entstand zwischen 1898 und 1901. Drei Krankenschwestern sind auf dem Foto zu sehen – und ein Mann, der sich mit einer der Frauen unterhält: Es ist Otto Krüger, der Fotograf selbst.

Die Voreinstellungen an seiner „Balgenkamera“ hat er persönlich übernommen: mit der Zahnstange verschob er punktgenau Objektiv- und Filmstandarte gegeneinander, alles musste präzise aufeinander abgestimmt werden. Die Kamera wird dann der Gehilfe ausgelöst haben, alle Anderen hatten sich für Sekunden nicht zu bewegen, nur Schwester Adelheid von Kall schien von einer „Fotosession“ nichts gewusst zu haben – rechts sieht man sie aus der Tür kommend. Die beiden anderen Schwestern waren Jenny von der Knesebeck – sie sitzt auf der Bank links am Eingang – und Helene von Massenbach, die sich mit dem Fotografen

unterhält – eine gestellte Szene. Die Namen der fotografierten

Personen wurden auf einer Postkarte notiert; von wem, ist nicht überliefert. Diese Karte diente als Vorlage für das über zehn Mal größere Ausstellungsexponat aus Canvas, einem mit Leinen bespannten Keilrahmen.

„Herz“ der Schwesternschaft

Zum Kaiserin-Augusta-Hospital hat die Berliner DRK-Schwes- ternschaft eine besondere Beziehung. Das Krankenhaus wurde zwischen 1869 und 1870 für den „Berliner-Frauen-Lazareth- Verein“ gebaut. Die Schirmherrschaft übernahm dessen Namens-

geberin, Kaiserin Augusta. Der zweigeschossige Backsteinbau stand auf einem vom Kriegsministerium überlassenen Grund-

stück an der Scharnhorststraße, im Norden des Invalidenparks.

Kurz nach der Fertigstellung erhielt Hedwig von Rittberg von der Kaiserin das Angebot, Oberin des Krankenhauses zu werden;

sie zögerte – „ich würde es für ein Unrecht halten, bei meiner Unkenntnis das Amt zu überneh- men, weil ich dem Hospital mehr Schaden als Nutzen bringen könnte“ –, willigte dann aber doch ein. Nach drei Jahren trat die Gräfin zurück, Probleme mit den Mitarbeitern waren wohl der Grund. Der 2. Februar 1891 war für vier Schwestern vom „Märkischen Haus“ der erste Tag am Augusta-Hospital:

Die Einrichtung sollte später die wichtigste Ausbildungsstätte der Rot-Kreuz-Schwesternschaft sein – und ihr Mutterhaus beherbergen. Nach dem Ersten Weltkrieg übernahm das Mär- kische Haus komplett die Klinikleitung, alle Augusta-Schwestern – so wohl auch Adelheid von Kall, Jenny von der Knesebeck

und Helene von Massenbach – bekamen ein neues Mutterhaus, ihre Tracht und die Bezeichnung „Augusta-Schwester“ durften sie behalten. In der Nachkriegszeit und vor allem während der Inflation hatte die Schwesternschaft vom Märkischen Haus mit schweren wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen, die durch ständige Reform der Vereins- und Krankenhausstrukturen

gelöst werden konnten. Im November 1943 wurde das Augusta-Hospital von Bomben schwer getroffen.

Wie durch ein Wunder wurde keine Schwester verletzt, der Sachschaden jedoch war enorm.

In der Nacht zum 30. April 1945 besetzen Rot- armisten das Krankenhaus, die Märkischen Schwe- stern arbeiteten auch dann noch unver-drossen weiter und versorgten die vielen Verwundeten und Kranken.

Wenige Wochen nach dem Krieg waren die größten Kriegs- spuren beseitigt und der Krankenhausbetrieb konnte halbwegs normal weiter gehen. Die Märkischen Schwestern waren optimistisch – bis die Sowjetische Militäradministration das Deutsche Rote Kreuz verbot und damit den Schwestern ihre Arbeitsgrundlage entzog; sie mussten das Gebäude räumen.

Die Charité erhielt nun als Ersatz für ihre von der Militär- kommandantur beschlagnahmte Strahlenklinik das Augusta- Hospital, 1948 zog die Orthopädie ein. Der komplette Wieder- aufbau sollte sich bis weit in die sechziger Jahre hinziehen, historisch restauriert wurde das Klinikgebäude nie. 1982 wurde das Augusta-Krankenhaus in einen Bürokomplex umgewandelt, seit 1995 steht er leer. Im Jahr 2007 wollte ein Investor das Areal sanieren und in ein Hotel umwandeln, aber es blieb nur ein Plan.

Vor einem Jahr kaufte ein Medizintechnik-Unternehmen aus Süddeutschland das ehemalige Kaiserin-Augusta-Hospital.

Wenige Tage nach dem Auszug der Märkischen Schwestern schrieb Marie-Luise Laspeyres als Erinnerung an diesen schweren Schlag:

„Und wenn das Schicksal dann auch so hart mit ihm umging, dass es aufgehört hat zu existieren, so doch niemals in den Herzen von uns Märkischen Schwestern. Es wird in uns fortleben als eine unvergess- liche Heimat, die in unser Leben unendlich viel begleitende Arbeit, Liebe, Fürsorge und Segen gebracht hat.“

»Lache und die Welt lacht mit dir, weine und du weinst allein« ELLA WHEELER WILCOX

hedwig

in den DRK Kliniken Berlin | Westend, Haus S, Eingang Nord, Zugang über Spandauer Damm 130 oder Fürstenbrunner Weg.

Weitere Informationen zur Ausstellung finden Sie im Internet unter www.drk-schwesternschaft-berlin.de

Schwesternschaftsjahre 1875 bis heute. Die Ausstellung der DRK-Schwesternschaft Berlin

S chwe st er ns ch afts jahr e

BIS HEUTE

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BIS HEUTE

In zwei Ausstellungsräumen wird die Geschichte der DRK -Schwesternschaft Berlin erzählt, dabei trennt das Jahr „1945“ beide nicht nur inhaltlich, auch räumlich markiert es eine Grenze – das Ende und einen Neuanfang.

Das Zimmer links behandelt die Epoche von 1875 bis zum 8. Mai 1945. An seinem hinteren Ende hängt ein Bild, mitten im Raum: Richtung linker Wand zeigt es eine Gruppenaufnahme von Waldemar Titzenthaler,

auf der anderen Seite sieht man ein Gebäude: das Kaiserin-Augusta-Hospital.

ist nicht überliefert. Diese Karte diente als Vorlage für das über zehn Mal größere Ausstellungsexponat aus Canvas, einem mit Leinen bespannten Keilrahmen.

mitten im Raum: Richtung linker Wand zeigt es eine Gruppenaufnahme von Waldemar Titzenthaler,

Mit Balgenkamera und Melone

© CHRISTIAN SCHULZE (1) / ARCHIV DRK-SCHWESTERNSCHAFT BERLIN (3)

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»Leben lässt sich nur rückwärts verstehen, muss aber vorwärts gelebt werden.« SÖREN AABYE KIERKEGAARD

hedwig

Quer durch das Königreich Bayern Clementine von Wallmenich wurde am 14. Juni 1849 in München geboren. Sie war das erste Kind von Karl und Regine von Wallmenich, später kamen noch vier Geschwister hinzu. Der Vater war Jurist, stammte aus Augsburg, die Mutter kam aus Nürnberg. Ihre Ehe war eine „öku- menische“: Offiziell nahm Vater Karl

lung stagnierte, von der neuen Oberin versprach sich die königliche Hoheit als Protektorin mehr Schwung. Die setze erstmal den Rotstift an, prüfte jede Aus- gabe: „Ich ließ einmal, als ich vor Tisch auf meinem Zimmer war, das Licht brennen.

Sie (Oberin von Wallmenich – d.Red.) kam nach Hause, sah es von draußen, und zwei Tage musste ich auf dem Erker allein essen“, erinnerte sich eine Schwester an den bisweilen pedantischen Sparwillen ihrer Oberin. Deren Änderungen gingen tatsächlich noch viel weiter, sie refor- mierte die Schwesternschaft von Grund auf und verpasste ihr professionelle,

moderne Strukturen. Auf Mitbestimmung legte sie dabei großen Wert wie auch auf die materielle Absicherung ihrer Mit- schwestern: Sie richtete eine Pensionskasse ein und ließ ein Erholungsheim bauen.

Und sie merkte, wie sehr die Persönlich- keit einer Oberin die Entwicklung der Schwesternschaft bestimmt: Eine Oberin muss fachlich geschult sein, nur dann habe ihre Arbeit Erfolg. Clementine von Wallmenich initiierte daher die Gründung einer Oberinnenschule, der ersten

in Europa überhaupt.

Spreeathen statt Alpenglühen

Selbst im fernen Preußen sprach sich dieses Engagement herum, die Kaiserin holte die erfolgreiche Oberin nach Berlin, hier sollte sie mit zwei Münchner Kolleginnen das Mutterhaus Weißensee aufbauen und ein Krankenhaus einrichten, „ein vortreff- liches Gemeinde- und Kreiskrankenhaus“

den evangelischen Glauben seiner Frau an, der Katholizismus sollte dennoch weiter- hin eine große Rolle spielen. Diese religiöse Toleranz bestimmte so auch die Erziehung der fünf Kinder. Ein Jahr nach Clementines Geburt zog die Familie um, es sollte nicht der einzige Ortswechsel bleiben: In nicht einmal zehn Jahren änderten von Wallme- nichs sechs Mal ihre Wohnanschrift –

lobten vier Monate später Honoratioren aus Weißensee. Die Oberin musste aber zugeben, dass die Herausforderung ihr alles abverlangt hatte, trotzdem erledigte sie auch diesen Job mit gewohnt großer Begeisterung: „Mir ist das Schönste im Leben, dass es mir vergönnt ist, das, was ich im Süden des Reiches erprobt habe, hier im Norden lehren zu dürfen! Daheim in meinem lieben, schönen teuern Mutterhaus schauen die Alpen in die Fenster, die Zugspitze winkt herüber, und doch stehe ich als in vollkommener geistiger Heimat hier in der Hauptstadt des Reiches. Ist das nicht herrlich, macht das nicht starkgemut auch in Schwierig- keit und Mühe und Arbeitslast!“ Ein Jahr blieb Clementine von Wallmenich in Berlin-Weißensee. Kurz nach ihrer Rück- kehr erwartete sie eine böse Überraschung:

Das Pflegekomitee kündigte ihren Vertrag, die Oberin reagierte geschockt – sie wurde Opfer einer Rufmordkampagne und alten Zwistes verfeindeter Adelsfamilien.

Aber sie fand neue Herausforderungen, wurde dann Oberin im Zentralkomitee der Deutschen Vereine vom Roten Kreuz, dazu Ausschussmitglied im Verband Deutscher Krankenpflegeanstalten – und zur offiziellen Beraterin der Mutterhäuser ernannt. 1905 versuchte sie sich als Designerin und entwarf das „hygienisch- richtige Kleid für die Krankenpflege“, das – als Reichspatent angemeldet – zur Tracht aller Rot-Kreuz-Schwestern wurde.

Drei Jahre später nahm sie den „sehr ehrenvollen Auftrag einer Inspektions- und Informationsreise an, zunächst nach den Kolonien Togo und Kamerun“, dort sollte sie nicht nur die Arbeitsbedingun- gen von Rot-Kreuz-Schwestern untersu- chen, sie selbst wollte sich auch über die Lage der Frauen in anderen Ländern informieren. 59 Jahre alt war Oberin von Wallmenich, als sie sich via Hamburg nach Westafrika einschiffte. Auf der Fahrt zurück in die Heimat erkrankte sie an Typhus, am 14. Juli 1908 verstarb Clementine von Wallmenich.

München, Erding, Landshut, Deggendorf, Bamberg, Augsburg; der Vater fand immer wieder eine neue Anstellung, in Augsburg wurde er zum Oberstaatsanwalt berufen.

18 Jahre alt war da seine älteste Tochter, und hier in der Fuggerstadt kam es zu ihrer ersten Begegnung mit dem Roten Kreuz, mit 20 trat sie dem „Bayerischen Frauenverein vom Roten Kreuz“ bei.

In Augsburg sollte die Familie nicht lange bleiben, wieder zogen sie um, zurück nach Bamberg. Tochter Clementine blieb im Haushalt der Eltern, hier konnte sie sorgenfrei leben und sich ihren Interessen widmen. Und dazu gehörte vor allem ihre Arbeit für den Frauenverein, 1881 wählte man sie in den Kreisausschuss Oberfran- ken, kurze Zeit später absolvierte sie eine Ausbildung zur freiwilligen Schwestern- helferin. Sie fand großen Gefallen an ihrer Arbeit, ihr Einsatz sprach sich herum.

Clementine von Wallmenich wurde

„Vorsitzende von 64 Damen“, für ihre

„Beaufsichtigung der städtischen Kost- kinder“ ehrten sie später Magistrat und Frauenverein. Jede ihrer Tätigkeiten war ehrenamtlich, für Damen ihres gesell- schaftlichen Standes war das vollkommen normal. Sie hatte viel Zeit, sie lernte Sprachen, reiste viel. Als erste Deutsche bestieg sie 1893 Europas höchsten Berg, den Mont Blanc.

Sparfuchs und Systemreformerin 1893 bekam die „Pflegerinnenanstalt des Bayerischen Frauenvereins vom Roten

Kreuz“ in München erstmals eine Oberin, Prinzessin Ludwig von Bayern betraute Clemen- tine von Wallme- nich mit dieser Aufgabe. Der Verein steckte in Schwierigkeiten: Viele Außenstationen wurde von München aus betreut, in der Isarmetropole selbst arbeiteten die Pflegerinnen in der Uni-Klinik und im eigenen Krankenhaus. Aber die Entwick-

Im Jahr 1953 beschlossen die Mitglieder der „Schwesternschaft Niederbayern- Oberpfalz vom Bayerischen Roten Kreuz“ sich umzubennen in „Schwes- ternschaft Wallmenich-Haus vom Bayerischen Roten Kreuz e.V.“

(Zitate entnommen aus:

Sigrid Schmidt-Meinecke „Clementine von Wallmenich – Leben und Ver- mächtnis einer bedeutenden Frau“, München 1991)

In der Reihe „Oberinnen im Porträt“

sind bereits erschienen:

Elsbeth von Keudell (hedwig I/2007) Anna Maria Luise Scheld (hedwig II/2007) Rose Zirngibl (hedwig I/2008) Hedwig von Rittberg (hedwig II/2008) Hertha Janke (hedwig I/2009) Cläre Port (hedwig II/2009) Gerda von Freyhold (hedwig I/2010)

Alexandrine von Üxküll-Gyllenband (hedwig II/2010) Ehrengard von Graevenitz (hedwig I/2011)

Clementine von Wallmenich (1849 bis 1908), Oberin der Schwesternschaft Weißensee

„Den starken, freudigen Arbeitsgeist neben der echten Atmosphäre des Schwesternberufs anwurzeln zu lassen“, im typisch verqueren Tenor des 19. Jahrhunderts ließ Kaiserin Auguste Viktoria diese Anweisung formulieren: die Kaiserin wünschte sich für Weißensee eine Rot-Kreuz- Klinik inklusive Schwesternschaft; Clementine von Wallmenich schien für sie die einzig Geeignete, die ein solches Projekt umsetzen konnte.

Aufbau Ost um 1900

Das Städtische Krankenhaus Weißensee (1985)

© ARCHIV DRK-SCHWESTERNSCHAFT BERLIN © ARCHIV SCHWESTERNSCHAFT MÜNCHEN (2)

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»Wer immer tut, was er schon kann, bleibt immer das, was er schon ist.« HENRY FORD

hedwig

Zum vierten Mal haben die Surveyer unsere Kliniken geprüft:

reine Routine, da kann uns nichts mehr überraschen – könnte man meinen. Aber das war es überhaupt nicht, die Zertifi- zierung war alles andere als „normal“: Die Anspannung war ungleich größer als bei dem Besuch der Joint Commission vor drei Jahren. Die Frage, die wir uns alle gestellt haben: Welche Auswirkungen hatte die Krise von 2010 tatsächlich? Der JCI-Survey war ein Lack- mustest. Die DRK Kliniken hatten sich wieder einem durch und durch unabhängigen Kontrollgremium zu stellen; nun sollte sich zeigen, wie es mit unseren Kliniken weiter geht. Sie können sich bestimmt vorstellen, wie groß unsere Erleichterung war, als die Surveyer uns schon an den letzten Prüfungstagen „leise“ zu ver- stehen gaben: „Sie können entspannt sein, es sieht ganz gut aus“. Und als dann Mitte November endlich die offizielle Bestätigung kam, da war die Freude natürlich riesig. Was heißt diese Zertifizierung nun übertragen auf die komplexe Situation im Unternehmen? Eigentlich nichts anderes, als dass die Versorgung unserer Patienten von der Krise unbeeinflusst blieb, dass sie – im Gegenteil – sogar eine weitere Steigerung erfahren hat. Dies ist für mich ein großartiger Erfolg: Für Ihren Beitrag daran bedanke ich mich, dies auch im Namen der Geschäftsführung der DRK Kliniken Berlin. Der aktuelle Survey ist damit auch als Aufarbeitung zu verstehen, die längst noch nicht abgeschlossen ist; sie wird uns wohl noch einige Monate beschäftigen, vielleicht sogar Jahre. Wir als Ver- antwortliche von Schwesternschaft und Kliniken sind selbstverständlich sehr daran interessiert, wir unterstützen und kooperieren vollumfänglich – die zuständigen Behörden haben sich mehrmals lobend über unseren Einsatz geäußert. In diesem Zusammenhang freut es mich Ihnen mitteilen zu dürfen, dass Staatsanwaltschaft und Polizei sämtliche Ermittlungen gegen mich eingestellt haben: Ich sehe damit nicht nur meine Person, sondern vor allem das Amt einer Oberin als rehabilitiert an. In den genau fünfzehn Jahren, in denen ich die DRK-Schwesternschaft Berlin als Vorsitzende führe, waren diese vergangenen achtzehn Monate mit Abstand am entbehrungsreichsten; und ich weiß, nicht nur für mich. Im nächsten Jahr stehen eine Reihe von Veränderungen an, neue und bekannte Gesichter in verantwortungsvollen Positionen wird es geben – und das sind dann tatsächlich „normale“, weil von uns gewünschte Veränderungen.

// Oberin Heidi Schäfer-Frischmann

In eigener Sache Zu wa chs chs

Ordentliche Mitglieder der DRK-Schwesternschaft seit dem 1. Juli 2011:

DRK Kliniken Berlin

Köpenick

Diesner, Constanze (1. Juli) Pfeiffer, Josephine (1. August) Junghans, Nicole (1. August) Gast, Anja (1. September) Hoffmann, Jenny (1. September) Böhme, Selda (1. September) Latussek, Melanie (1. Oktober) Augustinski, Philine (12. Oktober) Diehl, Tatjana (1. November) Steinick, Alexandra (1. November)

Mitte

Dietrich, Franzisca (15. Mai) Richter, Nadine (24. Juni)

Park-Sanatorium Dahlem Linke, Maria (16. Mai)

Westend

Heidtmann, Maxie (1. Juni) Lindner, Jenny (1. August) Weck, Tanja (1. September) Fiedler, Tanja (1. Oktober) Herforth, Sophie Anna (1. Oktober) Ahrens, Mareike (1. Oktober) von Thienen, Sandra (1. Oktober) Kaeks, Anne (1. Oktober) Dietrichkeit, Maria (1. November) Schade, Charleen (1. November) Hanschke, Nadine (1. November)

Ab in den Urlaub Letztes Jahr auf dem Archehof „Gut Falkenhain“, diesen Sommer nun

in der Europäischen Jugenderholungs- und Begegnungsstätte am Werbellinsee: Mit Hilfe der

DRK

-Schwesternschaft Berlin konnten Kinder der KJP wieder ein paar Tage ihrer Sommerferien außerhalb Berlins verbringen. 18 Kinder waren es, die im Juli mit ihren Betreuern Richtung Schorfheide reisten. Baden im

Werbellinsee, Paddeltouren mit dem Kanu, Wandern durch Wald und Moor, abends Grillen und Stockbrotbacken am Lagerfeuer: die drei Tage waren für die Kinder kurzweilig und abwechslungsreich. „Danke, dass Sie den Kindern und auch uns diese wunderbare Fahrt ermöglicht haben“, bedankte sich die Pflegerische Abteilungsleitung der Kinder- und Jugendpsychiatrie, Bärbel Zeran, bei der Schwesternschaft für deren Unterstützung.

Ruderer mit Brosche

Vor zwei Jahren schickte die

DRK

-Schwesternschaft Berlin das erste Mal ein Boot auf den Wannsee, damals holte das Ruderinnenteam Silber – trotz „Rollsitzklemmers“.

Bei „Rund um Wannsee 2011“ unterstützte die Schwes- ternschaft jetzt einen Männer-Achter plus Steuerfrau:

Aber auch diesmal kam das Team nicht als Erste ins Ziel,

„RaW & Friends“ schafften es aber dennoch auf das Treppchen und holten die Bronzemedaille in ihrer Rennkategorie. Etwas mehr als eine dreiviertel Stunde hatten die acht Ruderer für die Rundfahrt um Berlin- Wannsee gebraucht, damit war „RaW & Friends“-Boot nur um Sekunden langsamer als die beiden Besserplat- zierten. Mit einer Rennstrecke von fünfzehn Kilometern zählt „Rund um Wannsee“ zu den schwersten Ruder- rennen weltweit – sieben Seen müssen die Sportler überqueren. Jedes Jahr am 3. Oktober veranstaltet der Berliner Ruder-Club die Langstreckenregatta, dieses Jahr war es eine Jubiläumsveranstaltung: zum zehnten Mal fand „Rund um Wannsee“ statt.

© DRK-SCHWESTERNSCHAFT BERLIN

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Seit dem 1. Oktober 1991 ist die DRK-Schwesternschaft Berlin Träger der Charlotten- burger Klinik. Dabei hätte es auch anders kommen können, im „Jahr 1“ der deutschen Ein- heit stand der Verein kurz vor seinem Aus. Zwei seiner vier Einrichtungen, das Jungfern- heide-Krankenhaus in Charlot- tenburg-Nord und die Ritt- berg-Klinik in Lichterfelde-Süd, sollten ihre Arbeit einstellen.

Der Senat hatte die Schließung der beiden DRK-Krankenhäuser schon in den achtziger Jahren geplant, die gewaltigen Kosten für die längst über- fällige Sanierung konnten das Land und auch die Schwesternschaft nicht stemmen.

Es war so nur noch eine Frage der Zeit, bis die Berliner Schwesternschaft „Jungfern- heide“ und „Rittberg“ aufgeben musste.

Ursprünglich wollte die Schwesternschaft spätestens 1985 mit den Umbauten beginnen, der Senat hatte vom Verein vorab eine Mängelliste bekommen:

Dort hielt man sich jedoch bedeckt und zögerte mit der Freigabe von Investitions- mitteln. Später, bei einer eher inoffiziellen Zusammenkunft in der Senatsverwaltung, teilte man Oberin Christa Rohr die Planänderung mit: Die Schwesternschaft schließt Jungfernheide und Rittberg, dafür bekommt der Verein das renommierte Westend-Krankenhaus – wenn vorerst nur das Hochhaus, in das dann die Jungfernhei- de einzieht. Denn die Klinik am Tegeler Weg sollte als erste schließen, dem

Rittberg-Krankenhaus wurde Aufschub gewährt. Aber auch über das Westend-Krankenhaus gab es eine Mängelliste: Die Freie Universität, die das Areal bewirtschaftete, hatte Ende der siebziger Jahre ein Sanierungs- konzept ausgearbeitet, der Senat ergänzte die mit eigenen Auf- lagen. Auf eine halbe Milliarde DM, also rund 256 Millionen Euro, summierten sich die Kosten. Diese Mängelliste kur- sierte als internes Arbeitspapier, Oberin Rohr kannte es nicht. Der CDU- geführte Senat wollte freie, gemeinnützige Träger für das Westend. Die Schwestern- schaft signalisierte Interesse, aus unver- bindlichen Gesprächen wurden offizielle Verhandlungen. Im März 1989 verlor die CDU jedoch überraschend die Wahlen zum Abgeordnetenhaus, die Sozialdemokraten übernahmen mit der Alternativen Liste die Regierungsverantwortung für Berlin – und das wirkte sich aus auf die laufenden Verhandlungen zwischen Schwestern-

schaft und Verwaltung. Die rot-grüne Koalition favorisierte einen kommunalen Träger für das Westend, die Schwestern- schaft war plötzlich kein geeigneter Kandidat mehr und geriet in eine bedroh- liche Situation: Sollte sich die Politik mit ihrem geänderten Plan durchsetzen, so blieben dem Verein nur das DRK-Kran- kenhaus Mark Brandenburg mit seinen Standorten „Mariendorf“ und „Dront- heimer Straße“. Die Geschäftsführung der

„Krankenhaus GmbH“ mit Heidi Schäfer- Frischmann, Gerhard Schwarz und Berthold Simons wollte so schnell nicht aufgeben, das konnte sie auch nicht – es standen hunderte Arbeitsplätze auf dem Spiel. Simons musste seinen Urlaub

unterbrechen und kam aus Italien zurück nach Berlin; Geschäftsführerin Heidi Schäfer-Frischmann und ihr Kollege Gerhard Schwarz hatten mittlerweile begonnen, mit den Entscheidungsträgern ins Gespräch zu kommen: Nicht nur die Senatoren und ihre Staatssekretäre mussten die Geschäftsführer überzeugen, auch bei Abgeordneten der Charlotten- burger Bezirksverordnetenversammlung warben sie um Unterstützung. In der Landespolitik gab es mittlerweile den nächsten Regierungswechsel: Die Alter- native Liste verließ die Koalition, die Berliner Christdemokraten stellten nach gewonnenen Neuwahlen wieder die Parlamentsmehrheit.

Anfang des Jahres 1991 kam endlich der Durchbruch bei den Westend-Verhand- lungen, beide Seiten einigten sich auf einen Kompromiss: Die FU Berlin verlegt ihren Krankenhausbereich in das Rudolf- Virchow-Klinikum, die Schwesternschaft übernimmt als neuer Träger das Westend.

Die DRK-Schwesternschaft Berlin bekam eines der architektonisch reizvollsten Krankenhäuser Deutschlands. Und mit der fast gleichzeitigen Übernahme des Salvador-Allende-Krankenhauses wurde die Schwesternschaft zu einem der größten Berliner Gesundheitsunternehmen.

Meilenstein in Backstein

Seit genau zwanzig Jahren ist das Westend-Krankenhaus bei der Schwesternschaft

Fährt man auf der A100 Richtung Süden, dann überrascht rechts, kurz hinter dem Dreieck Charlottenburg die etwas andere Skyline aus vielen Türmchen – es sind die „Dachreiter“ der alten Gebäude der

DRK Kliniken Berlin | Westend, verkleidete Rohre für das Entlüftungssystem des historischen Krankenhausteiles.

Nicht zu übersehen ist auch ein fast vier Meter hohes, rotes Kreuz mit blauem Rand – auf dem Kranken- haushochhaus – der „Kopfklinik“ – zeigt es, wem dieses Areal gehört.

© DANIEL FLASCHAR

»Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen« ARISTOTELES

hedwig

Das Westend-Krankenhaus nach Fertigstellung des Hochhauses (1971)

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»Es geht nicht darum, dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben« CICELY SAUNDERS

hedwig

Bis 1910 werden noch einmal hunderttau- send hinzukommen. In der Provinz Brandenburg sind Charlottenburg und Berlin damit die einzigen Großstädte. Für die Krankenversorgung ist das Kranken- haus in der Kirchstraße längst zu klein.

Einen Neubau hat die Stadtverordneten- versammlung 1895 beschlossen – am Fürstenbrunner Weg soll er nun entstehen.

Dort, wo sich früher der Pferdemarkt befand. Der Magistrat beauftragt den renommierten Architekten Heino Schmie- den, zusammen mit Martin Gropius hat er

„Gropius & Schmieden“ gegründet: das erste freie Architekturbüro Berlins. Beide haben sich auf den Bau von Kranken- häusern spezialisiert. Nur zwei Jahre braucht Schmieden, dann sind seine Pläne für das neue Krankenhaus fertig gezeichnet und von der Stadt freigege- ben. Der Architekt hat sich für die

„Pavillonbauweise“ entschieden: Um eine grüne Mittelachse gruppiert er acht Krankenhauspavillons mit Sälen für die Patienten, hinzu kommen das Bade- und Operationshaus und der wuchtige Verwaltungstrakt an der Spandauer Chaussee. Schmieden lässt sich von Fritz Karl Bessel-Hagen beraten – der

Mediziner wird später zum Direktor des „Städtischen Krankenhauses Charlot- tenburg-Westend“ ernannt. 1901 rücken die Bautrupps an, ein Jahr später steht der Rohbau – jetzt kann der Innenausbau beginnen. Wie bei der Gebäudeanord- nung werden auch hier „Hygiene“ und

„Desinfektion“ zu baulichen Vorgaben, von Bessel-Hagen formuliert und durch Schmieden zu Papier gebracht. Der Arzt bringt sich ein, er erfindet Geräte zur Desinfektion und veranlasst den Einbau einer hochmodernen Haustechnik.

Das Team Bessel-Hagen/Schmieden ent- wickelt ein völlig neuartiges Lüftungs- system für das Westend – die Lüftungs-

rohre, die bei den Kopfbauten aus der Dachmitte ragen, werden später mit ihren Verkleidungen die Silhouette der Klinik prägen. Es dauert zwei Genera- tionen, bis sich das Westend der nächsten großen baulichen Veränderung unter- zieht. 1971 öffnet die „Kopfklinik“, ein funktionaler Zehnstöcker, der den Nordwestteil des Krankenhausgeländes dominiert. Der aber auch das neue

„Wahrzeichen“ der Klinik ist und für die Spitzenmedizin steht, die im Westend angeboten wird. Ein Krankenhaus hat eine kurze Halbwertszeit. Medizin und Pflege verlangen ständig nach neuen Infrastrukturen für ihre Arbeiten.

Ende der achtziger Jahre ist der histo- rische Krankenhausteil veraltet: Umbau- en und Renovieren ist immer teurer als neu bauen. Es wird laut darüber nach- gedacht, die historischen Pavillons durch funktionale Betonbauten zu ersetzen.

Die Pläne bleiben glücklicherweise in der Schublade: Backsteinhäuser und Platten- bau legen auch in den nächsten Jahr- zehnten Zeugnis ab für das gelungene Miteinander von Tradition und Moderne – für die DRK Kliniken Berlin | Westend.

Das Westend-Krankenhaus

Charlottenburg, um 1900:

Seit knapp 25 Jahren ist die Stadt eigenständig – der Provinziallandtag hatte Charlottenburg zum 1. Januar 1877 aus dem Kreis Teltow ausge- gliedert. Die Stadt hat ihre Ein- wohnerzahl in den vergangenen drei Jahrzehnten verzehnfacht, über 200.000 Menschen leben hier.

© ARCHIV DRK KLINIKEN BERLIN

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»Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren« BERTOLT BRECHT

hedwig

mer wirklich von Mann zu Mann, von Frau zu Frau marschiert – ob es nun Abgeordnete waren, Mitarbeiter der Senatsverwal- tung oder auch der Universität – und haben dafür geworben, dass der Plan doch noch umgesetzt wird.

Die Universität hat dann das Gelände

fluchtartig verlassen: Haben Sie dafür eine Erklärung?

Wir alle waren enttäuscht, wie die Stationen und Bereiche aussa- hen, als wir den ersten Rundgang nach der Übernahme machten – eine merkwürdige Situation war das. Dafür habe ich keine Er- klärung, das muss man wahrscheinlich so hinnehmen. Ich habe damals auch nicht so viele Gedanken daran verschwendet, wir mussten doch innerhalb kürzester Zeit umziehen von der Jung- fernheide auf das Gelände vom Westend. Ich war verantwort- lich für den Umzug, zwei Tage hatten wir dafür eingeplant – mit 180 Patienten von der Jungfernheide rüber ins Westend! Einen Tag vorher waren noch Bauleute im „Kopfhaus“. Ich bin der Fir- ma Gegenbauer damals sehr dankbar gewesen, die haben eine Nachtschicht eingelegt, um noch das gesamte Gebäude zu put- zen. Ich erinnere mich, wir haben Pizza und Cola ausgegeben, damit in der Nacht wirklich die Gebäude gereinigt werden. Wir hatten zuvor eine Art „Masterplan“ entwickelt, die Schwestern, die dann umgezogen sind aus der Jungfernheide, haben erst mal alles eingerichtet, dafür hatten sie in der Jungfernheide alles ste- hen und liegen gelassen, sind mit den Patienten umgezogen und haben dann eine Nachhut gebildet, die die Jungfernheide wieder aufgeräumt hat. Und das klappte sehr gut, in den zwei Tagen ist alles reibungslos abgelaufen.

Woher kamen die vielen Mitarbeiter,

die Sie für den Betrieb des Westends benötigen?

Das Personal hatten wir schon vorher eingestellt. Wir haben die Stationen vollkommen neu zusammen gestellt, hunderte von Gesprächen gingen dem voraus. Schon zu dem Zeitpunkt hatten wir die Mitarbeiter des Rittberg-Krankenhauses einbezogen, auch einige aus der Drontheimer Straße. Die Personalplanung war ein echtes Bravourstück: Der Pflegenotstand war damals noch größer als heute. Wir haben in Zeitungen inseriert oder bei anderen Schwesternschaften nachgefragt. Irgendwie haben wir es geschafft, unser neues Krankenhaus bekam seine Mitarbeiter.

1991 die Übernahme, kurz darauf begannen die Bauarbeiten, die sich bis 2003 hinzogen: immer wieder Umzüge, immer wieder neue Mitarbeiter: War da professionelles Arbeiten überhaupt möglich?

Professionell gearbeitet haben wir immer, selbst wenn man manchmal das Gefühl hatte, auf einer Baustelle zu arbeiten.

Schwestern und Ärzte, auch das andere Personal wie Putzfrauen

oder Stationshilfen: Sie alle haben professionell gearbeitet. Das war eben auch unsere Stärke: im Provisorium gut zu arbeiten!

Aber fertig mit den Baumaßnahmen – ich glaube, dass sind wir heute noch nicht. Wir sind immer noch dabei, alles zu verschö- nern, besser zu machen. Ich denke, so ein Krankenhaus ist, wenn es sich gut aufstellen will, immer auch eine Baustelle.

Der Architekt Beer, der den Umbau des Westends mit plante, meinte: „Die durchschnittliche Lebensdauer eines Krankenhauses beträgt zwanzig Jahre“.

Und dann fängt man wieder von vorne an, genau. Es war eben auch diese Besonderheit, dass wir auf einen universitären Stand- ort gezogen sind. Ich finde, dass das ganz hervorragend geklappt hat und dass sich wirklich jeder eingebracht hat. Und die Schwe- stern haben das natürlich ganz besonders begleitet.

Sind viele ehemalige Universitätsmitarbeiter geblieben?

Sehr wenige, das ist fast zu vernachlässigen. Die hatten ihren Be- amtenstatus und fast alle sind dann doch mitgezogen. Bei uns geblieben sind Dr. Schauwecker und dann später auch Prof. Ken- tenich und Prof. Grothe.

Welchen Einfluss hatten Sie auf die großen Umbaumaßnahmen?

Gab es da Vorgaben seitens der Schwesternschaft:

„So stellen wir uns das vor“?

Das ist ein Prozess gewesen, wir hatten sehr strenge Denkmal- schutzauflagen zu beachten, gerade bei den Kämmen. Es gab eine Arbeitsgruppe aus Senat und Denkmalschutzbehörde, den Ar- chitekten und Bauingenieuren, der Geschäftsführung und dem Träger. Und da haben wir immer einen guten Konsens gefunden.

Mit Ihrem heutigen Wissen: Hätten Sie irgendwas anders gemacht?

Man kann immer alles noch besser machen! Aber ich denke, un- ter dem Strich ist das Westend-Krankenhaus sehr gelungen. Was mich sehr freut, dass es eine hohe Akzeptanz hat in der Bevölke- rung, bei den Patienten und den Mitarbeitern – das kann man nur als gelungen bezeichnen, darauf kommt es doch letztendlich an.

Können Sie spekulieren und sagen, wo die Schwesternschaft heute ohne das Westend stehen würde?

Nein, das will ich nicht und das kann ich auch gar nicht. Ich denke, wir haben uns gut positioniert in den letzten zwanzig Jahren. Wir haben ein hervorragendes Krankenhaus – nicht nur baulich, sondern auch von den Menschen her, die es mit Leben füllen. Wenn wir das die nächsten zwanzig Jahre schaffen, dann können wir doch nur zufrieden sein. Ich denke nicht nur an die Vergangenheit, an der Zukunft müssen wir arbeiten, damit wir das, was wir erreicht haben, nicht verlieren.

Frau Oberin, warum hatte sich die Schwesternschaft ausgerechnet für das Westend entschieden?

Aussuchen konnten wir uns das nicht: Das Westend bot uns der Senat, dafür sollten wir das Jungfernheide-Krankenhaus und später das Rittberg-Krankenhaus schließen – so stand es im Kran- kenhausplan von 1990. Wir hatten einen Bauplan für beide Häu- ser ausgearbeitet: je 75 Millionen DM hätten wir investieren müssen, um die Kliniken auf den neuesten Stand umzurüsten.

Genau die nun hätte der Senat nicht bewilligt, wir hätten dem- nach Jungfernheide und Rittberg ersatzlos schließen müssen.

Der Senat mit Senator Fink, Staatssekretär Hasinger und beson- ders dem Staatsdirigenten Dr. Unger schlug vor, uns das West- end anzubieten. Berlin verfügte damals über zu viele Kranken- hausbetten. Die Universität sollte ins Rudolf-Virchow-Klinikum ziehen, wir Jungfernheide und Rittberg schließen und das West- end-Gelände übernehmen.

Hat Ihnen der Senat das komplette Gelände angeboten?

Nur Teile, wir haben zuerst den operativen Bereich übernom- men, auch einen Teil der inneren Bereiche und dann sukzessive ausgebaut: Kinderklinik und Frauenklinik waren erst in der Pulsstraße und sind 1996 umgezogen. Wir bekamen nur die Ge- bäude, die notwendig sind für den Krankenhausbetrieb.

Wie lange hat die Übernahme gedauert:

vom ersten Gespräch bis zur endgültigen Vertragsunterzeichnung?

Gar nicht so lange – knapp fünf Jahre hat das gedauert, von 1986 bis 1991.

Eine Übernahme in der Größenordnung gab es bis dahin nicht.

War sie wirtschaftlich riskant?

Das würde ich nicht sagen. Für uns stand doch viel auf dem Spiel:

Mit der Schließung von Rittberg und Jungfernheide wären uns nur noch Drontheimer und Mariendorf geblieben – eine gefähr- liche Konstellation für die Schwesternschaft! Wir bekamen doch auch die Zusage, 165 Millionen DM für die Sanierung der Gebäu- de des Westendes zu verwenden. Damit waren wir gesichert. Für uns als Schwesternschaft war das eine glückliche Fügung.

Ein Meilenstein für die Schwesternschaft, kann man das so sagen?

Ja, ein Meilenstein. Wir dürfen nicht vergessen: In der Jungfern- heide waren wir nur Mieter, das Gebäude gehörte Schering.

Und das Rittberg-Krankenhaus wurde früher als Homöopathi- sches Krankenhaus genutzt und war von seiner Bausubstanz her für ein Krankenhaus nicht mehr zeitgemäß.

Fand die Übernahme überall

Zustimmung oder gab es auch Widerstand?

Es gab natürlich auch Widerstände, sehr massiv dann 1991, kurz vor dem Umzug: Im Sommer ´91 war die politische Stimmung im Abgeordnetenhaus plötzlich eine andere. Und die Universität wollte auch nicht aus Charlottenburg weg. Das Projekt wurde also wieder in Frage gestellt. Wir Geschäftsführer – das waren Berthold Simons, Gerhard Schwarz und ich – sind in diesem Som-

„Man kann das nur als gelungen bezeichnen“

Oberin Heidi Schäfer-Frischmann wurde im April 1986 zur Geschäftsführerin der „DRK Krankenhaus GmbH I“, sechs Jahre später dann auch der „GmbH II“.

Bei der Übernahme des Charlottenburger Westend- Krankenhauses war sie von Beginn an dabei.

Kulisse „Westend“: Oberin Heidi Schäfer-Frischmann mit dem ersten JCI-Zertifikat (2002)

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»Die höchste Form des Glücks ist ein Leben mit einem gewissen Grad an Verrücktheit« ERASMUS VON ROTTERDAM

hedwig

ELLEN RICHTER: Wir sind nach und nach ausgezogen. Wir hatten eine Kollegin, die bis zum Schluss blieb – sie hat noch die Station ausgefegt und alles sauber hinterlassen.

Und wie lange hat es gedauert, bis so etwas wie Normalität einkehrte?

ELLEN RICHTER: Ich denke, eine Woche, ganz genau weiß ich es nicht mehr. Wir hatten geputzt, alles sauber gemacht und uns so eingerichtet, wie wir es gern wollten. Wir haben viel organisiert.

Und was wir benötigten, haben wir uns geholt.

War das Westend komplett leer, als die Schwesternschaft kam?

SIBYLLE GRIEBSCH: Ich selbst bin damals nicht mit umgezogen, ich war im Mutterschutz zu der Zeit. Aber ich weiß, dass sich auf dem Westend-Gelände noch Einrichtungen der Charité befan- den wie die Chirurgische Station, auch die Augenklinik wurde erst später übernommen. Die Chirurgen von Charité und DRK Kliniken haben sich dann auch ein bisschen in den Haaren geha- bt – es ging um die OP-Säle: da hat der alte Träger „geschubst“, wollte sie wie früher uneingeschränkt nutzen und der neue wollte das natürlich auch.

ANNETTE SKALLA: September 1990 hatte ich mich im Virchow be- worben und war zum Vorstellungsgespräch auf diesem Gelände.

Danach habe ich mir die Intensivstation angesehen. Diese be-

fand sich zu dieser Zeit noch in den Räumen der jetzigen Kinder- und Jugend-Psychiatrie. Es war eine sehr enge und verwinkelte Station, sie machte wirklich einen sehr unaufgeräumten Ein- druck. Für mich stand fest: Hier will ich nie arbeiten. Und dann kam doch alles ganz anders...(lacht)

Sind Sie damals freiwillig von der Jungfernheide ins Westend gezogen?

ELLEN RICHTER: Natürlich, über Alternativen haben wir auch gar nicht nachgedacht. Für uns stand fest: Die Jungfernheide zieht

geschlossen um.

Ihr Team ist so geblieben wie es war?

ELLEN RICHTER: Ja, das Team ist unver- ändert geblieben.

Was hat Sie dann hier positiv überrascht?

ELLEN RICHTER: Die Station war sehr übersichtlich und gut geschnitten: Da ist ein Gang, auf der rechten Seite sind die Patientenzimmer, auf der linken Seite die letzten beiden sind Einzelzim- mer, dann war da ein Dienstzimmer, daneben befand sich unser kleiner Aufenthaltsraum, ein Durchgangszim- mer, und wieder nebenan war das

„Spritzenzimmer“ – also der reine Ar- beitsraum – und wieder dahinter lag ein Arztzimmer – das gefiel mir sehr, alles war übersichtlich und zugleich komfortabel. In der Jungfernheide sind wir immer „Um-die-Ecke“ gelau- fen: Auf der alten 2b zum Beispiel hat- ten wir den Fahrstuhl, da kam die Uro- logie nach oben, um in den OP zu gehen, nebenan war auch noch das Röntgenzimmer – es war eine stark frequentierte Station, im Jungfernhei- de-Krankenhaus ging es hin und her.

Wann kamen die ersten „neuen“ Patienten?

ELLEN RICHTER: Gleich mit dem Umzug – das war am 1. und 2.

Oktober.

Sie haben das aufmerksam verfolgt und auch befürwortet?

ELLEN RICHTER: Dafür haben wir doch alle gekämpft, das war schon lange im Gespräch.

SIBYLLE GRIEBSCH: Die Jungfernheide musste schließen – kom- plett. Dann hat sich die Fraktion der Grünen in Charlottenburg dafür stark gemacht, dass die Jungfernheide hier ins Westend kommt. Das Westend sollte ebenfalls geschlossen werden, zu- mindest große Teile. Aber Charlottenburg braucht doch ein or- dentliches Krankenhaus: Und einige Politiker im Abgeordneten- haus und in der Bezirksverordnetenversammlung hier in Char-

Drei Rot-Kreuz-Schwestern: Sie arbeiten in den DRK Kliniken Berlin | Westend, haben zu drei verschiedenen Zeitpunkten dort angefangen. Seit seiner Übernahme verändert sich ihr Krankenhaus, auch wenn das Tempo der Veränderungen nicht mehr so rasant ist wie noch vor zehn Jahren. Sibylle Griebsch, Ellen Richter und

Anette Skalla sind mehr als nur Augenzeugen, sie haben mitgewirkt an der Umwandlung der Universitätsklinik zu einer Einrichtung der DRK -Schwesternschaft Berlin.

// FOTOS VON DANIEL FLASCHAR //

Frau Richter, Sie waren damals beim Umzug dabei...

ELLEN RICHTER: Ja, das war im September ´91. Wir hatten bereits vorher begonnen, unsere Sachen von der Jungfernheide hierher ins Westend zu bringen – mit unseren privaten PKWs. Wir ha- ben auch nach dem Dienst gearbeitet, in der Freizeit sind wir hergekommen und haben alles aufgebaut. Die Anzahl der Pati- enten, die wir noch auf der Station im Krankenhaus Jungfern- heide betreuten, hatten wir nach und nach reduziert – wir hat- ten ja noch nichts auf den neuen Stationen, die Betten wurden erst später geliefert.

Was war Ihr erster Eindruck, als Sie hier ankamen?

ELLEN RICHTER: Alles war so groß – aber unheimlich dreckig. Und das fand ich sehr, sehr negativ. Wir haben dann gründlich ge-

putzt – wir wollten doch eine saubere Station! Volle Töpfe waren das Ekligste, was wir vorgefunden haben, überall war Dreck: Es sah so aus, als hätten sie die Häuser fluchtartig verlassen. Da wa- ren so viele wertvolle Sachen, die sie haben liegen lassen: Steril- gut, das noch über Jahre gut war, doppelt und dreifach einge- packt – das haben wir dann genommen.

SIBYLLE GRIEBSCH: Auch Wandanschlüsse haben sie da gelassen.

Und wirklich wertvolle Dinge, die wir gut gebrauchen konnten:

Defibrillatoren, EKG-Geräte – fahrbare, tragbare...

ELLEN RICHTER: Eigentlich ein Wunder, dass sie nicht ihre Pati- enten auch noch da gelassen haben. Die Schwesternschaft hat das Jungfernheide-Krankenhaus sicherlich nicht von jetzt auf gleich verlassen.

„Natürlich sind wir auch stolz, Westendlerinnen zu sein“

Ellen Richter

„Es hat sich einfach

so viel und so oft verändert“

Sibylle Griebsch

„Das macht einen stolz“

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»Kein besseres Heilmittel gibt es im Leid als eines edlen Freundes Zuspruch« EURIPIDES

hedwig

ANNETTE SKALLA: Es hat sich so viel getan. Als ich ´95 hier ankam, waren die Häuser rechts und links der Aue leer. Es funktio- nierten nur das Hochhaus, die Rettungsstelle, das Haus 12 und Haus 14. Seitdem wurde so viel gebaut, verändert und erweitert.

Es ist wirklich gut. Die Arbeitsbedingungen waren während der langen Umbauphase bestimmt alles andere als optimal.

SIBYLLE GRIEBSCH: Ich bin mit der Unfallchirurgie von der Ebene 22 und 23 auf die 8b gezogen: Dort wurden neue Schränke einge- baut, Modulsysteme eingeführt, daran musste man sich gewöh- nen. Aber auch die Kollegen mussten wir oft erst mal suchen

oder anrufen: „Wo sind denn die jetzt schon wieder?“ Wir wur- den zwar über die Rundschreiben informiert, aber trotzdem: Es hat sich einfach so viel und so oft verändert.

ELLEN RICHTER: Dann ist man vielleicht manchmal in die falsche Richtung gelaufen. Aber das war egal, irgendwann war doch der richtigen Weg gefunden. Dem Patienten konnte man dann erklä- ren: „Ach, ich wollte Ihnen mal unser schönes Gelände zeigen“. Und wir sind doch immer angekommen, wo wir hinwollten.

ANNETTE SKALLA: Die Bauarbeiten waren und sind wichtig – sie ge- hören zum Westend. Ich denke: wo man baut, da geht es weiter, es wird besser und schöner. Klar ist es jedes Mal ein Kraftakt und wie immer ist man hinterher klüger. Was mir vielleicht noch fehlt, ist eine Cafeteria, am besten oben im Hochhaus, mit Blick über Berlin...

Annette Skalla (45), ist seit 1991 bei den DRK Kliniken Berlin, zuerst war sie im Rittberg-Krankenhaus, dort arbeitete sie drei Jahre lang als Stellvertretende Stationsleitung.

1995 kam sie in das Westend auf die ITS, die sie von 1999 bis 2005 leitete. Seit Mai 2010 ist Annette Skalla Stellvertretende Pfl egedienstleitung der DRK Kliniken Berlin | Westend.

Sibylle Griebsch (52), ihre erste Station bei den DRK Kliniken Berlin war die Jungfernheide, zehn Jahre arbeitete sie in dem Krankenhaus der Schwesternschaft. 1992 wechselte sie ins Westend. Im Mai 2007 übernahm Sibylle Griebsch hier die Abteilungsleitung der Station 27/28 Endoskopie.

Ellen Richter(53), ist seit 1977 bei der DRK-Schwesternschaft Berlin und arbeitete ab 1984 im DRK-Krankenhaus Jungfernheide. Sie zog als eine der ersten Berliner Rot-Kreuz-Schwestern in das Westend-Krankenhaus. Ellen Richter arbeitet heute auf der Station 4B/Traumatologie.

lottenburg haben sich dafür stark gemacht. Die Schwestern- schaft hat sich natürlich für das Gelände interessiert, und die Politik wollte uns letztlich doch auch erhalten. Trotzdem sind wir auf die Straße gegangen und haben demonstriert, dass die Jungfernheide bleibt: Wir sind raus mit Rollstühlen, mit Pati- enten und Betten; wir sind nach Siemensstadt gefahren in das Einkaufszentrum, haben dort Zettel verteilt, Unterschriften ge- sammelt, damit die Jungfernheide erhalten bleibt oder wir zu- mindest dann ins Westend umziehen können.

Frau Griebsch, Sie kamen etwas später hierher?

SIBYLLE GRIEBSCH: 1990 wurde meine Tochter gebo- ren. '92, im Januar, habe ich dann schon wieder ange- fangen: 1991 ist die Schwesternschaft ins Westend umgezogen und wegen des Personalmangels wurden die Mütter aus dem Erziehungsurlaub geholt, das musste unbedingt sein.

Frau Skalla, auch Sie sind nach dem Umzug ins Westend gekommen?

ANNETTE SKALLA: Ich bin im Dezember 1995 mit der Schließung des Rittberg-Krankenhaus hierher ge- kommen: Mit dem Team der Intensivstation aus dem Rittberg wurde die Intensivstation hier um fünf Bet- ten erweitert. Es war eine tolle und spannende Zeit – und aus zwei doch sehr unterschiedlichen Teams wurde dann ein eingeschworenes.

Fühlen Sie sich als „Westendlerinnen“, die

sich von den Kolleginnen aus Mariendorf, Köpenick, Mitte unterscheidet?

ELLEN RICHTER: Wir sind alle Rot-Kreuz-Schwestern, wir sind alle Kolleginnen. Natürlich sind wir auch stolz darauf, „Westendlerinnen“ zu sein: Wir haben sehr viel geschafft in diesen zwanzig Jahren.

SIBYLLE GRIEBSCH: Ich denke, dass wir sehr stolz darauf sein können, dass es uns gelungen ist, bei den Pati-

enten nicht nur in Charlottenburg, sondern auch weit über die Grenzen hinaus bekannt zu sein: für unser „Kümmern“ um und für die Patienten. Das gilt natürlich auch für die Medizin, ganz klar: über die Jahre konnten viele gute Ärzte gewonnen werden.

Aber ich spreche da jetzt für uns: Wir DRK-Schwestern, wir küm- mern uns, sind immer freundlich. Und dazu dann in dieser Um- gebung, unter diesen Bedingungen zu arbeiten – ich denke, auch darüber kann man nur glücklich sein und das macht einen stolz.

Haben Sie in der Anfangszeit Vorbehalte gespürt:

Jetzt kommt ein Verein, die Universität ist weg?

SIBYLLE GRIEBSCH: Nein, im Gegenteil! Die Patienten haben ge- sagt: „Sie sind ja ganz anders, Sie sind ja viel netter, hier kümmert man sich ja um uns – Sie fragen, ob ich Schmerzen habe, Sie fra-

gen, wie es mir geht“. Wir hatten natürlich anfangs unsere Be- fürchtungen, aber die traten überhaupt nicht ein. Lob bekom- men wir auch heute noch täglich zu hören.

ELLEN RICHTER: Wir bekommen überwiegend positive Briefe von den Patienten, die sich bei uns bedanken für die gute Pflege, ei- gentlich für alles. Die Schwester fängt im Grunde genommen doch alles auf: Der Arzt war gerade zur Visite da – und wen fragt der Patient nachher?

ALLE (lachen): Die Schwester!

SIBYLLE GRIEBSCH: Also für mich bleiben die vielen Umbauarbei- ten immer auch etwas ganz Besonderes. Mir gefällt das grüne Ambiente – und natürlich ein wenig die Kunst, die ja immer wieder für Diskussionen sorgt.

ANNETTE SKALLA: Jeden Tag beim Betreten des Geländes vom Spandauer Damm aus, wenn man durch den großen Torbogen geht, die mächtige Lampe sieht und dann auf die Aue schaut, denke ich: Wow, schön!

Gibt es irgendwas für die Zukunft, was Sie sich noch wünschen für das Westend? Was könnte man zum Beispiel verbessern?

ELLEN RICHTER: Besser kann man immer werden, und wir verbes- sern uns auch immer.

„Wo man baut,

da geht es weiter, es wird besser und schöner“

Annette Skalla

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Diane Bedbur leitet die Personalabteilung und Buchhaltung der DRK-Schwesternschaft Berlin. Seit elf Jahren ist sie Mitglied im Vorstand des Vereins

Schwester vom Fach

Von Berlin nach Berlin:

Eine Weltenreise

Rückblende. Vor ihrer Karriere bei der DRK-Schwesternschaft Berlin, hatte Diane Bedbur einen „steinigen Weg zurück- zulegen“. Die Entscheidung, 1980 mit Ehemann und Kind zu Angehörigen in die Bundes- republik übersiedeln zu wollen, brachte persönliche Einschnitte und große Veränderungen:

Dem Antrag auf Übersiedlung folgte umgehend die Exma- trikulation, ihr auf den erlern- ten kaufmännischen Beruf aufbauendes Studium durfte sie dann nicht mehr abschließen.

Auch dem Mann verboten die DDR-Behörden als Englisch- und Russischlehrer tätig zu sein.

Endlich, im März 1984, durften Bedburs die DDR verlassen, die junge Familie zog von Ost-Berlin nach Hessen und schließlich weiter nach Bayern. Die erste Tätigkeit ihres Mannes endete dort – nach nur einem drei- viertel Jahr: die Firma des Cousins hatte Konkurs anmel- den müssen. „Das war eine Zeit mit vielen Höhen und Tiefen“, Diane Bedbur bestärkte ihren Ehemann, wieder an einer Schule zu unterrichten. Schnell fand er eine Anstellung – in

West-Berlin, als Referendar an einer Kreuzberger Hauptschule.

Eine Schwesternschaftskarriere Seine Frau Diane sucht noch, sie liest den Stellenmarkt der

„Berliner Morgenpost“, spricht beim Arbeitsamt vor. Ihr Sach- bearbeiter vermittelt Diane Bedbur drei offene Stellen.

Zum ersten Gespräch muss Diane Bedbur in die Froben- straße – zur Verwaltungszen- trale der DRK-Schwesternschaft Berlin. Sie soll in der Personal- verwaltung des Vereins arbei- ten, schon nach einer Woche bietet ihr Oberin Christa Rohr

die Festanstellung an. Es ist der 6. Mai 1985, „das Datum werde ich nie vergessen“. Die Schwes- sternschaft ist damals noch ein kleiner Verein mit gerade einmal vierhundert Mitglie- dern, viele davon sind pensio- nierte Rot-Kreuz-Schwestern.

„Es war so angenehm familiär“, sagt Diane Bedbur heute, „ die pensionierten DRK-Schwestern lebten noch im Mutterhaus „ und in einem „Frauenunterneh- men zu arbeiten, das gefiel mir sehr“. Auch wenn Oberin Rohr streng in Mitglieder und Nicht-Mitglieder trennt und Diane Bedburs direkte Vor- gesetzte – „das war damals Frau Gläßer“ – oft nicht ganz so einfach ist.

Bald schon bekommt die Neue mehr Verantwortung zugeteilt – jetzt für den gesamten Bereich der Personalverwaltung. Das Vereinsleben gefällt ihr, sie zeigt großes Interesse an der Schwesternschaft, bringt sich mehr und mehr ein, „anders als viele meiner Kolleginnen“.

© PRIVAT

Das Vereinsleben gefällt Diane Bedbur, sie zeigt großes Interesse an der Schwesternschaft, bringt sich mehr und mehr ein.

Adolf Muschg: Schweizer Schriftsteller, von 2003 bis 2005 Präsident der Akademie der Künste, Goethe-Experte, ein „öffent- licher Intellektueller“ wie die ZEIT ihn ein- mal beschrieb. Dem Publikum fiel es nicht immer ganz leicht, seinen Gedanken mit den vielen Analogien zu folgen, die Muschg als Gastredner des „Zweiten Figurenfestes“

vortrug. Leben, Krankheit, Tod – und eben die Kunst, das waren Fixpunkte in seiner Rede, die der Schweizer mit „Kunst als Therapie?“ betitelt hatte. „Jeder ist sein Leben lang Patient“, jeder müsse sich da- rüber im Klaren sein, dass letztlich die Länge des Lebens nicht entscheidend sei –

„es ist vielmehr seine Breite“, ermahnte Muschg seine mehr als einhundert Zuhörer.

Kann die Kunst nun Patienten therapieren?

Professor Ernst Kraas als Mediziner gab offen zu: „Ich weiß es nicht, auch hier im Krankenhaus ist das ein Experiment mit offenem Ausgang“. Kraas ist im Kuratorium der Stiftung „Figuren im Park“, der Chef- arzt der Minimal-Invasiven Chirurgie und die anderen Kuratoren hatten in die DRK Kliniken Berlin | Westend geladen. Nach 2009 fand hier wieder ein „Figurenfest“

statt, auf das Adolf Muschg mit seinem gut einstündigen Vortrag die Kunst- und Literaturliebhaber einstimmte. Das Figu- renfest soll nicht nur unterhalten, es will auch zum Kauf von Kunst animieren.

34.000 Euro hatte die Stiftung vor zwei Jahren eingenommen – Kleinplastiken und Grafiken wurden verkauft. Eine Groß- plastik konnte die Stiftung „Figuren im Park“ davon erwerben. Eines Tages sollen alle Figuren, die auf dem Gelände der DRK Kliniken Berlin | Westend stehen, keine Leihgaben mehr sein. Deutlich weniger an Erlös kam jetzt nach der Neuauflage des Figurenfestes zusammen: zwölf Kunstob- jekte verkauften die Veranstalter, lediglich 12.800 Euro wurden eingenommen. Aber die Geschäftsführung der DRK Kliniken Berlin hat auch hier versprochen zu helfen: Die Einnahmen sollen verdoppelt werden, dann kann die Stiftung die „Gelbe Figur“ erwerben, eine Sandsteinskulptur von Berndt Wilde. Das Westend ohne seine Figuren – auch für Oberin Heidi Schäfer-Frischmann ist das undenkbar,

„die Figuren gehören zum Westend“ hat sie schon vor dem Figurenfest verkündet.

Sie vertritt die DRK-Schwesternschaft im Stiftungskuratorium, zur Veranstaltung kam die Oberin dann mit einer guten Nachricht: „In den nächsten drei Jahren kaufen wir die sieben Großplastiken, die auf der Parkaue stehen“ – und die dann dort für immer bleiben werden.

Auch wenn nicht alle Kunstwerke Gefal- len finden – Muschg: „Die Kunst im Park schmeichelt dem Betrachter nicht, sie macht ihm zu schaffen“ – jeder kennt sie, jeder spricht über die Figuren – und beschäftigt sich damit auf seine Weise mit dem Thema Kunst, „er begegnet ihr in einem Impuls der Brüderlichkeit“. Und Professor Kraas berichtet in dem Zusam- menhang: „Viele Patienten erzählen, dass sie durch die Figuren eine Ablenkung erleben“, eine Ablenkung vom Alltag im Krankenhaus, in das man – nun wieder Adolf Muschg – zwar nie gern geht, wo man trotzdem immer mehr den Eindruck bekommt: „Die Götter in weiß, sie werden menschlich“.

„Die Kunst leistet gar nichts“, sagte Adolf Muschg, als er 1994 den

wichtigsten Literaturpreis der Bundesrepublik bekam – den Georg-Büchner- Preis. Muschg gestand der Kunst aber zumindest zu, „so viel leistet sie vielleicht doch: Sie kann das dumme Spiel, das wir mit klügeren Apparaten spielen, ablösen durch ein Spielwissen, das nicht nur eine Alternative, sondern auch das ganz Andere kennt“. Für Muschg gibt es also nicht nur Leben und Tod, er meint, da wäre noch etwas Drittes.

Auf die Breite kommt es an

Adolf Muschg und das Figurenfest im Westend

»Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen.« JOHANN WOLFGANG VON GOETHE

hedwig

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