Anstieg unerwünschter
Arzneimittelwirkungen nach Gentamicin- Injektion beim Pferd
und tierartliche Unterschiede der Anwendung BVL, Berlin
Anwendung von Gentamicin zur Injektion beim Tier
• Anwendung bei Infektionen der Atemwege, Gebärmutter, Harnwege, Magen/Darmtrakt
• Preisgünstig
• Breites Wirkspektrum, gute Resistenzlage
• Zugelassen für Pferde, Rinder, Hunde und Katzen
• Seit Oktober 2016 sprunghafter Anstieg der schwerwiegenden Nebenwirkungen nach Einsatz von Gentamicin beim Pferd
Grafik zur zeitliche Verteilung
schwerwiegender UAWs durch Gentamicin beim Pferd
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20
2014.1 2014.2 2014.3 2014.4 2014.5 2014.6 2014.7 2014.8 2014.9 2014.10 2014.11 2014.12 2015.1 2015.2 2015.3 2015.4 2015.5 2015.6 2015.7 2015.8 2015.9 2015.10 2015.11 2015.12 2016.1 2016.2 2016.3 2016.4 2016.6 2016.7 2016.8 2016.9 2016.10 2016.11 2016.12 2017.1 2017.2 2017.3 2017.4 2017.5 2017.6 2017.7
Anzahl schwerwiegende UAW
Zeitachse
Prozentuale Verteilung der Anwendung von Gentamicin zur Injektion bei den einzelnen Tierarten
Quellen: letzter PSUR eines hauptbetroffenen Präparates vom 01.05.2012- 30.04.2015, Anzahl UAWs in der BVL-Datenbank 2014-07/2017
35,28%
Pferde
(70 UAW)
53,9%
Katzen
(6 UAW)
9,19% Hunde (1 UAW)
1,27% Schweine (2 UAWs)
0,36% Rinder (3 UAWs)
Top 20 der VeDDRA Codes der UAW- Meldungen zu Pferden 2014-07/2017
VeDDRA PT Meldungen Pferde
Abdominal pain 31 60
Muscle tremor 26 46
Hyperhidrosis 26 41
Discomfort NOS 26 43
Hyperactivity 25 40
Tachycardia 20 50
Tachypnoea 18 51
Behavioural disorder NOS 10 16
Sensory abnormality 10 21
Vocalisation 9 10
Ataxia 8 14
Recumbency 8 15
Digestive tract disorder NOS 5 5
Anaphylaxis 4 11
Dyspnoea 3 14
Cough 3 5
Anorexia 3 3
Urticaria 2 4
Pruritus 2 2
General pain 2 2
Gentamicin zur Injektion, Anwendung bei Kleintieren
• 63,09 % der im Beispielzeitraum 01.05.2012-30.04.2015 behandelten Tiere sind Kleintiere (Hunde und Katzen)
• „nur“ sieben schwerwiegende UAW von 2014-07/2017
• Aus Gründen der Praktikabilität hier meist i.m. oder s.c.
Anwendung
• Speziell Katzen reagieren empfindlich auf viele Medikamente (Glucuronidierungsschwäche)
Gentamicin zur Injektion,
Anwendung bei Rindern/Schweinen (1)
• Tiere werden meist in Tiergruppen gehalten (auch aus Tierschutzgründen)
• Schwerer zugänglich als zutrauliche und mit Menschen vertraute Pferde
• Daher meist i.m. Anwendung, teils auch aus Revolverspritzen oder Distanzspritzen
Gentamicin zur Injektion,
Anwendung beim Rind/Schwein (2)
• Bis 02/2017 Wartezeit für essbare Gewebe Rind 95 Tage,
Schwein 60Tage, dann je nach Konzentration des Wirkstoffes im Medikament 192 bzw. 214 Tage
• Anwendung damit relativ uninteressant für diese Tierarten
• Mastschweine mit 110-120 kg innerhalb von 5-6 Monaten (150- 180 Tage) schlachtreif
• Schlachtalter für Kälber 3-5 Monate (90-150 Tage, Jungrinder 7- 11Monate (210-330 Tage)
Gentamicin zur Injektion, Anwendung beim Pferd
• 35,28% der im Beispielzeitraum 01.05.2012-30.04.2015
behandelten Tiere sind Pferde, sie repräsentieren aber die größte Tiergruppe mit 70 schwerwiegenden UAW
• Im Regelfall keine Nutzung als Lebensmittel-lieferndes Tier daher steht Rücksicht auf Wartezeiten nicht im Vordergrund
• Vorrangig i.v. Applikation, zügige Injektion, Abwehrbewegungen möglich, nicht mit der Gabe per Tropf in der Humanmedizin
vergleichbar
• Beim Präparat Genta 100mg/ml beträgt die Dosierung beim Pferd von 500 kg 40 ml Medikament, bei i.m. Injektionen wäre mit
lokalen Reizungen zu rechnen
Ursachen
• Jahreszeitlicher Zusammenhang?
• Hauptbetroffener MAH beauftragte die Tierärztliche Hochschule Hannover mit der Ursachenanalyse: Nachweis von Histamin
• die i.v. Anwendung von Gentamicin beim Pferd verursacht bei dieser Tierart die meisten schwerwiegenden UAWs, Histamin gelangt direkt in die Blutbahn und wird im Körper verteilt
• Asiatischer Wirkstoffhersteller analysierte Herstellungsprozess
Ursachen
• Gentamicin ist Fermentationsprodukt des Bakterienstamms Micromonospora purpurea
• Histaminentstehung im Zusammenhang mit
Fermentationsprodukten ist bekannt (Tee, Sauerkraut, Käse…)
• Substrat für Herstellung ist Sojabohnen-Dextrin-Medium
• Micromonospora enzymatisch nicht in der Lage, Histidin zu Histamin umzuwandeln
Ursachen
• Wirkstoffhersteller identifizierte das dem Substrat zugesetzte Pepton als Eintragsquelle
• Ausgangstoff für Pepton ist hier Süßwasserfisch,
Histaminentwicklung in Fisch bekanntes und weitverbreitetes Problem
• Wirkstoff wird seit ca. 50 Jahren in praktisch unveränderter Weise hergestellt, aber - neuer Zulieferer für Pepton seit 2014
• Dieser hatte nachweislich Probleme mit der Kühlkette der Rohware
Ausblick
• EDQM ist mit dem Problem befasst
• Weltweit steigender Fischkonsum führt zu Verteuerung und Verknappung dieser Ressource, Umweltprobleme erschweren die Entsorgung von Fischabfällen
• Steigende Gefahr des Einzuges minderwertiger fischbasierender Ausgangsstoffe in die Biotechnologie
• Wichtigkeit der breiten Betrachtung von Pharmakovigilanzdaten, ohne die Kenntnisse aus der Veterinärmedizin wäre dieses
Problem wahrscheinlich nicht so schnell erkannt worden
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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