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Erwerb affektiver Reaktionen bei Demenzpatienten

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Academic year: 2022

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Andreas Blessing

eingereicht im Dezember 2003

GUTACHTER:

Prof. Dr. Ronald Hübner Fachbereich Psychologie

Universität Konstanz, Deutschland

Diplomarbeit

Im Fach Psychologie

Erwerb affektiver Reaktionen

bei Demenzpatienten

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Danksagung

Mein Dank gilt der Memory Klinik Münsterlingen, in der weite Teile dieser Diplomarbeit entstanden sind, und dem Memory Team, das mich bei der Durchführung des Experiments und der Rekrutierung der Patienten unterstützt hat. Danken möchte ich auch allen Versuchspersonen, die am vorliegenden Experiment teilgenommen haben.

Nicht zuletzt gilt mein Dank Andreas Keil, der mich bereits in der Vorbereitungsphase mit hilfreichen Hinweisen unterstützt hat, und ohne den diese Arbeit in der vorliegen- den Form nicht entstanden wäre.

Desweiteren danke ich Frau Prof. Dr. Rockstroh und Herrn Prof. Dr. Hübner für die Übernahme der Begutachtung.

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Inhalt

Zusammenfassung

Kapitel 1 Einleitung

1.1 Explizites und implizites Gedächtnis bei AD Patienten 1.2 Das emotionale System bei AD Patienten

1.2.1 Emotionen und Gedächtnis

1.2.2 Emotionale Erinnerungen

1.2.3 mere exposure

1.2.4 Furchtkonditionierung

1.2.5 weitere Strukturen des emotionalen Systems 1.3 Zusammenfassung / Konsequenzen für die

vorliegende Untersuchung

1.2 Hypothesen

Kapitel 2 Methode

2.1 Versuchspersonen

2.1.1 Versuchspersonen der Patientengruppe 2.1.1.1 Rekrutierung der Patientengruppe 2.1.1.2 Stellung der Diagnose

2.1.1.3 Ausschlusskriterien Patienten

2.1.1.4 Weitere Variablen

2.1.2.1 Rekrutierung der Kontrollgruppe 2.1.2.2 Ausschlusskriterien Kontrollgruppe

2.1.3 Demographische Daten der Personen beider Gruppen

2.2 Materialien

2.2.1 Auswahl der Bilder

2.2.2 Fiktive biographische Informationen

2.3 Durchführung

2.4 Abhängige Variablen

2.4.1 Instrumente zur Erfassung affektiver Reaktionen 2.4.1.1 Selbstbeurteilungsskalen

2.4.1.2 Präferenzhierarchie 2.4.2 Veränderungsmaß

2.5 Beschreibung der statistischen Verfahren

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Kapitel 3 Ergebnisse

3.1 Hypothese 1 – Erwerb affektiver Reaktionen 3.1.1 Valenz

3.1.2 Arousal

3.1.3 Präferenzhierarchie

3.2 Hypothese 2 – Wiedererkennen und Erinnern 3.3 Hypothesen 3 und 4 – Veränderungsmaß 3.3.1 Korrelationen mit dem Veränderungsmaß und

Gruppenunterschiede 3.4 Beurteilung der Bilder Kapitel 4 Diskussion

4.1 Hypothese 1

4.1.1 Vergleich AD Patienten und Patienten mit gemischter Demenz

4.2 Hypothese 2

4.3 Hypothese 3

4.4 Hypothese 4

4.5 Varianz in der Beeinflussung durch die Manipulation 4.6 Affektive Beurteilung von unbekannten Bildern

4.7 Einschränkungen

Kapitel 5 Schlussfolgerungen und Perspektiven 5.1 Implikationen für die Therapie

5.2 Emotionales Wachstum

5.3 Abschießende Bemerkungen

Literaturangaben

Anhang Fragebogen

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Zusammenfassung

Die Gedächtnisleistung von Demenzpatienten für die affektive Einschätzung von visuel- lem Material, sowie das Wiedererkennen wurde untersucht. Das Experiment wurde mit 13 Demenzpatienten und einer altersgleichen Kontrollgruppe von ebenfalls 13 Personen durchgeführt. Bei den Demenzpatienten handelte es sich um Personen die an einer Alzheimerdemenz oder einer gemischten Demenz leiden. Den Versuchs- personen wurden vier Bilder von Männergesichtern gezeigt, die Bilder wurden auf den affektiven Dimensionen Valenz und Arousal mit einer graphischen Beurteilungsskala eingeschätzt und hinsichtlich der Valenz in eine Rangreihenfolge geordnet. Fiktive biographische Informationen wurden präsentiert, welche die abgebildeten Personen abgestuft als "gute" bzw. "böse" Person kennzeichneten. Nach einem Intervall von durchschnittlich drei Stunden erinnerten sich die Patienten an keine biographischen Informationen mehr, die Einschätzungen wurden erneut erhoben und daraufhin die bio- graphische Information nochmals dargeboten. Nach einem Intervall von knapp 22 Stunden wurden die Bilder wieder beurteilt.

Die Einschätzung der Bilder auf den Dimensionen Valenz und Arousal, sowie die Rangfolge der Bilder die Valenz betreffend, veränderte sich deutlich über die Zeit- punkte hinweg. Die Versuchspersonen variierten ihre Beurteilung der Bilder entspre- chend dem Inhalt der biographischen Information, ohne diese selbst zu erinnern. Die Veränderung der Einschätzung bei einer Kontrollgruppe, viel bezüglich der Dimensionen Valenz und die gebildete Rangfolge betreffend, wesentlich deutlicher aus.

Auf der Dimension Arousal zeigte sich kein Unterschied zwischen den Patienten und der Kontrollgruppe.

Die Ergebnisse legen nahe, dass implizites emotionales Lernen bei Patienten mit Alzheimer Demenz und gemischter Demenz möglich ist, unabhängig von stark redu- zierten expliziten Gedächtnisleistungen, die mit einem Wiedererkennungstest für die Bilder untersucht wurden.

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1 Einleitung

In der folgenden Arbeit wird das implizite emotionale Gedächtnis von Demenzpatienten und einer Gruppe gesunder Kontrollpersonen untersucht. Bei den Demenzpatienten handelt es sich um Alzheimerpatienten und um Personen mit gemischter Demenz.

Ein Patient mit Alzheimerkrankheit wurde erstmals 1906 von Alois Alzheimer beschrie- ben (Alzheimer, 1906). 1911 berichtete er ausführlich über die Symptome der Er- krankung (Alzheimer, 1911).

Die Alzheimerkrankheit ist die Häufigste Ursache einer Demenz und nahezu fünf Prozent aller Personen über 65 sind betroffen. Die Mischformen, bei denen neben der Alzheimererkrankung gleichzeitige Gefäßerkrankungen zu einer Schädigung des Gehirns führen, sind die zweithäufigste Ursache einer Demenz.

In den Gehirnen von Alzheimerpatienten treten verschiedene pathologische Veränderungen auf. Es handelt sich um eine unaufhaltsam fortschreitende neurodegen- rative Erkrankung, bei der neurofibriläre Tangles und neuropil threads in bestimmten Zelltypen des Zentralen Nervensystems auftreten (Braak & Griffing, 1991). Später kommen extrazelluläre Ansammlungen von ß Amyloid Protein (Selkoe, 1994) und neu- ritische Plaques hinzu (Braak & Braak, 91).

Nach ICD 10 (Weltgesundheitsorganisation, 1993), müssen für die Diagnose einer Demenz folgende Kriterien erfüllt werden: Abnahme des Gedächtnisses (Krit. G1.1), Abnahme anderer kognitiver Fähigkeiten (Verminderung der Urteilsfähigkeit und des Denkvermögens; G1.2), fehlen einer Bewusstseinstrübung (G2), Verminderung der Affektkontrolle, des Antriebs oder des Sozialverhaltens (G3) und Vorhandensein von G1 über mindestens sechs Monate hinweg (G4). Die Diagnose wird gestützt durch den Nachweis des Abbaus weiterer kognitiver Funktionen (Aphasie, Appraxie oder Agnosie).

Erforderlich für die Diagnose der Demenz bei Alzheimerkrankheit ist darüber hinaus der Ausschluss anderer Ursachen für die Demenz wie zerebrovaskulärer Erkrankungen, HIV-Krankheit, eine Systemerkrankung oder Substanzmissbrauch.

Für die Diagnose einer gemischten Demenz werden sowohl die Kriterien für eine Demenz bei Alzheimerkrankheit erfüllt, als auch die Kriterien für eine vaskuläre Demenz.

Für die Diagnose einer vaskulären Demenz ist es erforderlich, dass die Kriterien für eine Demenz erfüllt werden (Krit. G1), sowie eine ungleiche Verteilung der Defizite höherer kognitiver Funktionen besteht (G2), der Nachweis einer fokalen Hirnschädigung (die durch ein oder mehrere der folgenden Merkmale angezeigt wird: 1. einseitige spasti- sche Hemiparese der Gliedmassen, 2. einseitig gesteigerte Muskeleigenreflexe, 3. posi- tiver Babinskireflex, 4. Pseudobulbärparalyse) (G3) und ein eindeutiger Nachweis einer zerebrovaskulären Krankheit aus der Anamnese, aufgrund von Untersuchungen oder besonderen Tests (G4).

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Die Alzheimerkrankheit verläuft lange Zeit klinisch still. Die ersten beobachtbaren neu- rokognitiven Störungen sind Gedächtnisdefizite (Jacobs et al., 1995). Verschiedene Gedächtnisbereiche sind unterschiedlich stark von der Krankheit betroffen. Später sind auch andere kognitive Fähigkeiten eingeschränkt, bei gleichzeitiger Bewusstseinsklarheit.

Da nicht alle Gedächtnisbereiche beeinträchtigt sind, und das emotionale System bei den Patienten relativ intakt ist, kann vermutet werden, dass auch das Gedächtnis für Emotionen bei den Patienten relativ intakt ist. Dies soll in der vorliegenden Arbeit unter- sucht werden:

Zunächst wird in die Unterscheidung verschiedener Gedächtnisleistungen eingeführt, und über Untersuchungen an Alzheimerpatienten berichtet. Daraufhin wird die Leistungsfähigkeit des emotionalen Systems von Alzheimerpatienten diskutiert. Es wer- den die Einflüsse von Emotionen auf das Gedächtnis und das Erinnern von Emotionen beschrieben. Studien zum mere exposure-Effekt bei Alzheimerpatienten werden vorge- stellt, sowie eine Untersuchung zur Furchtkonditionierung. Die zentrale an der Furchtkonditionierung beteiligte neuronale Struktur wird erläutert, sowie deren Funktionsfähigkeit bei Alzheimerpatienten. Die Strukturen des emotionalen Systems werden diskutiert. Es wird dann der Schluss gezogen, dass obwohl die zuvor berichte- ten Ergebnisse zur Furchtkonditionierung negativ sind, vermutet werden kann, dass das Erinnern von Emotionen bei Alzheimerpatienten relativ zu anderen Gedächtnis- leistungen erhalten bleibt. Es werden die Untersuchungsmethoden vorgestellt, mit denen das Erinnern von Emotionen bei Alzheimerpatienten in der vorliegenden Arbeit untersucht wurde. Aus den theoretischen Überlegungen werden Hypothesen für das Experiment entwickelt. Im Methodenteil werden die Versuchspersonen, die verwende- ten Materialien, und zur Auswertung der Daten eingesetzte statistische Verfahren beschrieben. Im Resultatsteil erfolgt eine detaillierte Darstellung der Ergebnisse. In der Diskussion werden die Ergebnisse interpretiert und der Bezug zum theoretischen Rahmen hergestellt, sowie deren Relevanz für die Therapie von Alzheimerpatienten angesprochen.

1.1 Explizites und implizites Gedächtnis bei AD Patienten

Wenn die Alzheimerkrankheit fortgeschritten ist, werden praktisch keine Informationen mehr ins semantische und ins episodische Gedächtnis eingespeichert (Squire, 1992).

Demenzpatienten vergessen beinahe alles was sie neu lernen. Wie bei anderen amne- stischen Patienten scheint es jedoch Ausnahmen zu geben. Während die Funktionsverluste des expliziten Gedächtnisses von Demenzpatienten seit langer Zeit bekannt sind und gründlich untersucht wurden, gibt es zunehmend mehr Studien, die sich der Untersuchung impliziter Gedächtnisfunktionen widmen. Die Unterscheidung von explizitem und implizitem Gedächtnis wurde von Daniel Schachter eingeführt (Schachter & Graf, 1986). An Inhalte des Expliziten Gedächtnisses können wir uns

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bewusst erinnern. Lernen kann aber auch implizit stattfinden, indem beispielsweise die Leistung in einer Aufgabe verbessert wird, aufgrund vorhergehender Erfahrung mit die- ser, ohne dass eine bewusste Erinnerung an den Erwerb der Fähigkeit dafür notwendig ist. Der Prozess des impliziten Lernens geschieht unbewusst und die Inhalte sind dem Bewusstsein nicht zugänglich. Auf implizite Gedächtnisleistungen wurde man durch amnestische Patienten aufmerksam (z.B.: H.M.). Bei diesen Patienten konnte gezeigt werden, dass sie in der Lage sind zahlreiche Aufgaben zu lernen, ohne sich daran zu erinnern, diese bereits zuvor durchgeführt zu haben. Inzwischen wissen wir, dass ver- schiedene, voneinander unabhängig arbeitende, implizite Gedächtnissysteme existie- ren.

Zu den Formen impliziten Lernens gehören beispielsweise prozedurales Lernen, priming und klassisches Konditionieren.

Klassische Aufgaben mit denen das implizite Gedächtnis von Alzheimerpatienten unter- sucht wurde, sind bspw. prozedurale Aufgaben, wie das visuelle Reaktions- zeitparadigma (Grafman et al., 1990; Knopmann & Nissen, 1987), wiederholtes Darbieten puzzleartiger Landkarten (Grafman et al., 1990), pursuit rotor lernen (Eslinger

& Damasio, 1986), Spiegelschreiben (Gabrieli et al., 1993), aber auch priming mittels Worterkennungsparadigma und Fragmentierte-Objekte-Test (Grafman et al., 1990). Es konnte gezeigt werden, dass implizites Lernen bei Alzheimerpatienten möglich ist und die Spezifität der Aufgabe eine Rolle spielt.

Bezüglich mancher Paradigmen zum impliziten Lernen sind die Ergebnisse heterogen.

Während ein perzeptueller priming Effekt gezeigt werden kann, sind die Ergebnisse bezüglich des semantischen priming Effekts nicht konsistent (Bushell & Martin, 1997).

Die klassische Konditionierung des Liedschlagreflexes ist bei Alzheimerpatienten schwer beeinträchtigt (Woodruff-Pak et al., 1990).

Emotionen können ebenfalls implizit erinnert werden; bislang ist über das Erinnern von Emotionen bei Alzheimerpatienten wenig bekannt.

1.2. Das emotionale System bei AD Patienten

Die Annahme, Alzheimerpatienten würden alles vergessen, ist aufgrund der Erkenntnisse bezüglich des impliziten Gedächtnisses nicht mehr haltbar.

Während inzwischen klassische Aufgaben zum impliziten Gedächtnis Gegenstand zahl- reicher Studien geworden sind, ist die Rolle von Emotionen beim Erinnern, bei Alzheimerpatienten bislang kaum untersucht und beachtet worden. Erfahrene Therapeuten, die mit Alzheimerpatienten arbeiten, wissen längst um die Bedeutung von Emotionen im therapeutischen Prozess. In der folgenden Episode wird der Einfluss von Emotionen auf das Gedächtnis bei Betroffenen deutlich:

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Nach einer Untersuchung erklärt eine Patientin einer Angehörigen, dass die Situation viel angenehmer gewesen sei, als sie sich das vorgestellt habe. Sie habe sich zuneh- mend wohler gefühlt, selten habe sie so viel gelacht wie heute. Ihre Aussagen korre- spondieren mit den Beobachtungen, die vom Untersucher gemacht wurden. Die zunächst unsichere Frau wurde zunehmend ruhiger und entspannter. Die Patientin, die den Verlauf ihrer emotionalen Verfassung der letzten Stunden wiedergegeben hat, war in der Untersuchung nicht in der Lage mehr als eine einzige Information einer unmittel- bar zuvor gelesenen Geschichte wiederzugeben. Nach einer zeitlichen Verzögerung von fünf Minuten erinnerte sie sich sogar nicht mehr eine Geschichte überhaupt gelesen zu haben.

Die wenigen bisher veröffentlichten Studien ergeben kein kohärentes Bild bezüglich der Funktionsfähigkeit des emotionalen Systems bei Alzheimerpatienten. Zahlreiche Studien stützen jedoch die Annahme, dass die emotionale Verarbeitung im Verhältnis zu anderen Leistungsbereichen bei Alzheimerpatienten relativ intakt bleibt.

Die elektrophysiologischen Reaktionen auf emotionale Stimuli sind bei Alzheimerpatienten intakt (Hamann et al., 2000). In einer Studie zum Einfluss von emo- tionalen Stimuli auf das explizite Gedächtnis bei Alzheimerpatienten wurden den Versuchspersonen emotional erregende und neutrale Bilder präsentiert. Die Veränderung der Hautleitfähigkeit (SCR) der Patienten und die durchgeführte subjekti- ve Einschätzung der affektiven Intensität waren normal. Kleinere Unterschiede bestan- den zwischen den Patienten und der Kontrollgruppe die absoluten Levels der subjekti- ven Einschätzung der affektiven Intensität und die Veränderung der Hautleitfähigkeit betreffend. Häufiger wurde eine höhere Reaktivität bei den Alzheimerpatienten festge- stellt als umgekehrt.

Alzheimerpatienten sind in der Lage Emotionen auszudrücken und viele zeigen auch im fortgeschrittenen Stadium adäquate emotionale Reaktionen (Magai et al., 1996).

Pdovan et. al. (2002) zeigten einen emotionalen priming Effekt bei Alzheimerpatienten.

Während sie keinen semantischen priming Effekt feststellen konnten, fanden sie einen inhibitorischen emotionalen priming Effekt bei positiven targets. Bei der Kontrollgruppe fanden sie dagegen einen emotionalen priming Effekt bei negativen targets. Beide Gruppen reagierten auf emotionale Informationen gleich. Die affektive Kategorisierung negativer Informationen erfolgte langsamer als die positiver Informationen.

Die Fähigkeit von Alzheimerpatienten Emotionen wahrzunehmen, wird unterschiedlich beurteilt. Albert et. al. (1991) kommen zum Schluss, dass die Defizite bei Aufgaben zur Affektwahrnehmung vermutlich auf bestehende kognitive Defizite zurückzuführen sind, und nicht auf eine primäre Beeinträchtigung bei der Wahrnehmung von Emotionen.

Diese Einschätzung wird durch eine Studie von Koff et al. (1999) gestützt. Allender und

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Kaszniak (1989) kommen dagegen zum Schluss, dass ein spezifisches emotionales Verarbeitungsdefizit besteht. Lavenu et al. (1999) fanden keinen Unterschied beim Benennen von emotionalen Gesichtsausdrücken zwischen Alzheimerpatienten und der Kontrollgruppe, lediglich Furcht und Zufriedenheit (contempt) wurden schlechter erkannt, was auf unterschiedliche neuronale Substrate für die Erkennung verschiedener Basisemotionen hindeutet.

Emotionen haben auch bei Alzheimerpatienten Einfluss auf andere kognitive Funktionen. LaBar et al. (2000) konnte zeigen, dass Alzheimerpatienten in einem frühen Erkrankungsstadium bei Stimuli mit einer negativen Valenz eine normale visuelle Orientierung und erhöhte Aufmerksamkeit zeigen, während die von der Unbekanntheit und Komplexität modulierte visuelle Exploration beeinträchtigt ist (Daffner et al., 1992).

Die Amygdala ist an der Wahrnehmung emotional Erregender Szenen mit negativer Valenz beteiligt (LaBar, 1998b). Die emotionale Beteiligung hat bei den Patienten Einfluss auf die Aufmerksamkeit und kann krankheitsbedingten Defiziten entgegenwir- ken.

Die Befunde zum emotionalen System von Alzheimerpatienten legen insgesamt die Vermutung nahe, dass das emotionale System gegenüber anderen Strukturen weniger von den pathologischen Prozessen betroffen ist. Die relativ gut erhaltene Funktionsfähigkeit des emotionalen Systems ist von wesentlicher Bedeutung, da Emotionen eine Rolle bei der Gedächtnisbildung spielen, und es sich beim Verlust des expliziten Neugedächtnisses um das primäre neurokognitive Defizit der Erkrankung handelt.

1.2.1 Emotionen und Gedächtnis

Emotionen haben auf verschiedenen Wegen Einfluss auf unsere Erinnerungen.

Emotionale Reaktionen können implizit gelernt werden und wir können uns an das Erleben von Emotionen bewusst erinnern; Emotionen können aber auch die Speicherung von Inhalten ins explizite Gedächtnis modulieren.

Die Einspeicherung von Informationen ins Langzeitgedächtnis wird vom arousal beim Lernen beeinflusst. Erhöhtes arousal verbessert die Leistung des deklarativen Gedächtnisses (Bradley et al.,1992). Ein besonderes Beispiel ist die lebhafte Erinnerung an emotional besonders erregende Ereignisse, wie zum Beispiel das Erhalten der Nachricht vom Tod eines Angehörigen. Dieser Effekts wird Flashbulb memory Phänomen genannt (Brown & Kuli, 1977 in Baddeley, 1997).

Eine verbesserte Gedächtnisleistung durch emotionale Erregung konnte bei amnesti- schen Patienten gezeigt werden (Hamann et al., 1997 a,b). Der Einfluss von Emotionen auf das explizite Erinnern wurde auch bei Alzheimerpatienten untersucht. Bei Alzheimerpatienten ist die emotionale Bedeutung eines Ereignisses wie bei gesunden

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Personen entscheidend dafür, ob dieses erinnert wird. Furcht fördert das Erinnern einer Episode bei Alzheimerpatienten. Patienten erinnerten sich besser an ein Erdbeben, als an eine emotional relativ neutrale Untersuchungssituation (Ikeda et al.,1998).

Arousal verbessert die Leistung des expliziten Gedächtnisses bei Alzheimerpatienten in einem frühen Krankheitsstadium im gleichen Ausmaß, wie dies bei gesunden Personen der Fall ist, stellten Kazui et al. (2000) bei einer Aufgabe, bei der Erinnerungen an emo- tional erregende oder nicht erregende Teile einer Geschichte verglichen wurden fest.

In einer Studie von Boller et al. (2002) wurden emotional erregende Teile einer Geschichte ebenfalls besser erinnert als neutrale.

Auch eine Studie von Moayeri et al. (2000) zeigt einen relativ erhaltenen Einfluss von emotionaler Erregung auf das explizite Gedächtnis bei Alzheimerpatienten. In der Studie wurde den Versuchspersonen eine audio-visuelle Geschichte gezeigt. Es wurden elf Bilder mit jeweils einem Teil einer aufgezeichneten Geschichte präsentiert. Bei einer Wiedererkennungsaufgabe wurden Bilder des mittleren, emotional erregenden Teils der Geschichte besser wiedererkannt. In dieser Studie konnte der Einfluss von emotionaler Erregung auf die Gedächtnisbildung bei Alzheimerpatienten für kontextbezogene Informationen gezeigt werden.

Der Effekt emotionaler Erregung auf die Gedächtnisleistung wurde nicht in allen Studien repliziert. Hamann et al. (2000) zeigten Alzheimerpatienten emotional erregende und neutrale Bilder, der Effekt des emotionalen Materials auf die Erinnerungsleistung war beeinträchtigt. Bei angenehmen Stimuli war der Effekt normal, nicht jedoch bei unan- genehmen Stimuli. Abrisqueta-Gomez et al. (2002), die Alzheimerpatienten ebenfalls emotional erregende und neutrale Bilder präsentierten, fanden keine erhöhte Wiedererkennensleistung für die emotional erregenden Bilder gegenüber den neutralen.

Bei Alzheimerpatienten spielen Emotionen möglicherweise sogar eine besondere Rolle beim expliziten Erinnern. Dafür sprechen die Ergebnisse einer Studie von Grady et al.

(2001), in welcher die funktionellen Interaktionen zwischen präfrontalen und medial temporalen Gehirngebieten mittels PET während dem Erinnern von Gesichtern bei Alzheimerpatienten und gesunden Personen untersucht wurden.

Ein delayed matching to sample Paradigma wurde benutzt, die Verzögerung betrug zwischen einer und 16 Sekunden. Gesichter wurden als Stimuli verwendet. Bei den Patienten verschlechterte sich im Gegensatz zur Kontrollgruppe die Wieder- erkennensleistung mit zunehmendem Intervall und es zeigte sich eine erhöhte Aktivität rechts frontal und im anterioren Gyrus Cinguli sowie in der linken Amygdala, während bei den Personen der Kontrollgruppe, eine mit steigendem Intervall zunehmende Aktivitätserhöhung bilateral präfrontal und im parietalen Kortex festzustellen war. Die erhöhte Aktivität rechts frontal hing in beiden Gruppen mit einer besseren Gedächtnisleistung zusammen, bei den Patienten hing auch die Aktivierung der linken Amygdala mit einer besseren Gedächtnisleistung zusammen.

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Die Aktivität der linken Amygdala korrelierte bei den Patienten, im Gegensatz zur Kontrollgruppe, mit der Aktivität zahlreicher anderer Gebiete, wie den posterioren para- hippocampalen Gyri bilateral, präfrontalen Regionen links, dem anterioren und poste- rioren Gyrus Cinguli, dem Thalamus und der Insula. Die Amygdala (Davis, 2000), der präfrontale Kortex (Hornak, 1996; Lane et al., 1997a,b), der Thalamus (Lane et al., 1997a,b), die Insula (Phillips et al., 1997 in Grady et al., 2001) und der anteriore Teil des Gyrus cinguli (Wang et al., 2002; Whalen et al., 1998 in Grady et al., 2001) sind an der emotionalen Verarbeitung beteiligt.

Es fand sich in den Bedingungen mit Verzögerung bei den Patienten keine korrelierte Aktivität zwischen dem rechten präfrontalen Kortex und dem Hippocampus, bei dem es sich um die entscheidendste Struktur des expliziten Gedächtnissystems handelt.

Verbindungen zwischen präfrontalem Kortex und dem Hippocampus sowie visuellen Kortices bestehen jedoch bei gesunden Personen und spielen vermutlich eine wesent- liche Rolle beim Erinnern von Gesichtern bei kurzen Intervallen, wie sie in diesem Experiment verwendet wurden.

Die Befunde deuten auf eine Störung der funktionellen Verbindung zwischen dem prä- frontalen Kortex und dem Hippocampus bei Alzheimerpatienten hin. Da die Amygdala bei den Patienten verstärkt beteiligt war an der Verarbeitung der Bilder, ist anzuneh- men, dass der emotionale Gehalt von den Patienten verstärkt verarbeitet wurde. Die bessere Gedächtnisleistung, gemessen anhand der Reaktionszeit und der Korrektheit der Antworten bei Patienten mit stärkerer Amygdalaaktivierung, legt eine kompensato- rische Rolle emotionsbezogener Netzwerke nahe.

Emotionen haben aber nicht nur indirekt auf die Konsolidierung von Inhalten des expli- ziten Gedächtnisses Einfluss, Emotionen selbst werden gespeichert.

1.2.2 Emotionale Erinnerungen

Die affektive Beurteilung von Stimuli wird unabhängig von expliziten Gedächtnisinhalten gespeichert. Le Doux (1999) spricht von emotionalen Erinnerungen und Erinnerungen an Emotionen. Letztere sind Inhalte des expliziten, deklarativen Ge- dächtnisses. Wir erinnern uns in diesem Fall bewusst an eine Episode in unserem Leben. Emotionale Erinnerungen dagegen werden implizit gespeichert, in Gedächtnis- systemen, die vom System des expliziten Gedächtnisses unabhängig sind. Im Normalfall ergänzen sich die bezüglich eines Stimulus gespeicherten expliziten und impliziten Informationen. Bei Patienten mit anterograder Amnesie, bezüglich des expli- ziten Gedächtnisses, ist dies nicht der Fall, wenn ein Stimulus nach Eintreten der Amnesie präsentiert wird. Die Speicherung bestimmter impliziter emotionaler Informationen bleibt bei Personen mit anterograder Amnesie intakt, wenn lediglich die

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Strukturen geschädigt sind, die zum expliziten Erinnern gebraucht werden. Daher ver- wundert es nicht, dass Johnson & Kim (1985) bei Korsakoff Patienten zeigen konnten, dass explizite Informationen vergessen, aber implizite affektive Reaktionen auf komple- xe Stimuli gelernt wurden.

1.2.3 Mere Exposure

Über das implizite emotionale Gedächtnis bei Alzheimerpatienten gibt es bislang wenig gesicherte empirische Erkenntnis. Eine Form impliziten Lernens wird mere exposure- Effekt genannt. Die Bezeichnung bezieht sich auf den Effekt, dass Personen für Stimuli, die ihnen bereits präsentiert wurden, gegenüber unbekannten Stimuli eine erhöhte Präferenz zeigen (Kunst-Wilson & Zajonc, 1980). Bei der Präferenz für einen Stimulus handelt es sich um eine einfache affektive Reaktion. Dieser Effekt der Präferenz, für bekannte gegenüber unbekannten Stimuli, konnte bei Alzheimerpatienten für Gesichter gezeigt werden, trotz deutlich reduzierter Leistung beim Wiederkennen (Winograd et al., 1999; Willems et al., 2002). Willems et al. (2002) präsentierten Alzheimerpatienten und Kontrollpersonen unbekannte Gesichter. Das Alter der Personen auf den kurz dargebo- tenen Bildern sollte geschätzt werden. Später wurden Paare mit jeweils einem bekann- ten und einem unbekannten Gesicht präsentiert, die Versuchspersonen mussten das Gesicht wählen, das sie lieber mochten. Anschließend wurde das Wiedererkennen der Gesichter geprüft. Die Versuchspersonen mussten aus Paaren mit jeweils einem bekannten und einem unbekannten Gesicht auswählen, welches Gesicht sie bereits gesehen hatten. Die Personen der Kontrollgruppe erkannten die präsentierten Gesichter, im Gegensatz zu den Patienten, überzufällig häufig wieder. Die Präferenz für die bekannten Gesichter zeigte sich in beiden Gruppen. Zwischen den Gruppen bestand kein signifikanter Unterschied hinsichtlich der Präferenz.

Die Autoren argumentieren, dass die Prozesse, die am mere exposure-Effekt beteiligt sind, die gleichen sind wie beim perzeptuellen priming (Seamon et al., 1995 in Willems et al., 2002). Die Präferenz für bekannte Stimuli ist möglicherweise auf die einfachere Verarbeitung zurückzuführen (Seamon et al., 1983a in Willems et al., 2002). Extra- striäre Kortexareale, die an der visuellen Wahrnehmung beteiligt sind und bei Alz- heimerpatienten relativ intakt bleiben (Braak & Braak, 1990), sind für den bei Alzheimerpatienten erhaltenen mere exposure-Effekt bei visuellem Material verantwort- lich, vermuten Willems et al. (2002). Imaging Studien, welche die neuroanatomische Basis des perzeptuellen primings in der visuellen Modalität untersuchten, zeigten eine Aktivierung extrastriärer Kortexareale (Badgaiyan, 2000 in Willems et al., 2002; Henson et al., 2000 in Willems et al., 2002).

Für akustisches Material konnten Halpern und O´Connor (2000) keinen mere exposure- Effekt bei Alzheimerpatienten feststellen. Verfaellie et al. (2000) fanden einen normalen priming Effekt bei der perzeptuellen auditorischen Worterkennung, die Leistung beim

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Wiedererkennen war stark beeinträchtigt. Möglicherweise ist das Stimulus Material ver- antwortlich für die unterschiedlichen Ergebnisse bezüglich des impliziten Gedächtnisses bei Alzheimerpatienten in der auditorischen Modalität. Halpern und O´Connor (2000) verwendeten Melodien während Verfaellie et al. (2000) mit Wörtern arbeiteten. Methodische Unterschiede der beiden Studien könnten ebenfalls für die unterschiedlichen Ergebnisse verantwortlich sein.

Willems et al. (2002) argumentieren, dass der mere exposure-Effekt bei Alzheimer- patienten spezifisch sein könnte, da die für den mere exposure-Effekt realevanten, an der Verarbeitung von Gesichtern beteiligten Strukturen möglicherweise erhalten blieben, im Gegensatz zu den relevanten Strukturen, die an der Verarbeitung von Melodien beteiligt seien.

Beim mere exposure-Effekt für Gesichter handelt es sich um eine spezielle Art von implizitem emotionalen Lernen, was sich an den beteiligten Strukturen zeigt. Die vermutlich beteiligten extrastriären Kotrexarealen werden nicht zu den Strukturen gerechnet, die wesentlich an emotionalen Prozessen beteiligt sind.

1.2.4 Furchtkonditionierung

Eine klassische Methode, um das implizite emotionale Gedächtnis zu untersuchen, ist die Furchtkonditionierung. Hamann et al. (2002) untersuchten die Furchtkonditionierung bei Alzheimerpatienten. Die Furchtkonditionierung erfolgte durch Paarung von entwe- der grünen oder roten Vierecken (CS+) mit weissem Rauschen (100db / US). Das jeweils anders farbige Rechteck wurde nie mit dem aversiven Stimulus gepaart (CS-).

Gemessen wurde die Veränderung der Hautleitfähigkeit. Die gemittelte Hautleitfähigkeit der Durchgänge bei denen der konditionierte Stimulus (CS+) präsentiert wurde, ohne gleichzeitige Präsentation des unkonditionierten Stimulus (US), wurde verglichen mit der über die Durchgänge gemittelten Reaktion auf den CS- Stimulus. Während die Kontrollgruppe (N=14) die Furchtreaktion auf den konditionierten Stimulus lernte, erwarben die Alzheimerpatienten (N=10) keine Furchtreaktion.

Die Studie von Hamann (2002) legt eine Störung des impliziten emotionalen Gedächtnisses bei Alzheimerpatienten nahe.

Die an konditionierten und unkonditionierte Angstreaktionen wesentlich beteiligte neu- ronale Struktur ist die Amygdala (Davis, 2000). Bei Patienten mit Alzheimerdemenz ist die Amygdala von pathologischen Prozessen nicht ausgeschlossen (Braak et al., 1999).

Für die Beeinträchtigte Leistung beim impliziten Erwerb von Furchtreaktionen könnte die Atrophie der Amygdala bei Alzheimerpatienten verantwortlich sein.

Vermutlich werden ihre Funktionen jedoch länger aufrechterhalten, als die des Hippocampus. Einige Hinweise sprechen dafür, dass auch bei gesunden Personen, das

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implizite Gedächtnis für Emotionen langsamer vergisst, als das System des expliziten Gedächtnisses. Über die Zeit hinweg, ist nur eine geringe Verminderung einer konditio- nierten Angstreaktion zu beobachten, sie kann sogar in ihrer Stärke anwachsen (Eysenk, 1979).

Der Vermutung verminderter Leistungsfähigkeit der Amygdala entsprechend, fanden Mori et al. (1999) für das Flashbulb memory Phänomen einen Zusammenhang mit der Amygdaladegeneration. Die Erinnerungsleistung für eine emotional erregende Situation hing mit dem Ausmass der Amygdala Degeneration der Patienten zusammen, nicht jedoch mit dem durch MRI Volumetrie ermittelten Volumen des Hippocampus (Mori et al., 1999). Zu berücksichtigen sind jedoch die Ergebnisse der Studie von Grady et al.

(2001), die eine kompensatorische Rolle der Amygdala beim expliziten Erinnern bei Alzheimerpatienten nahe legen.

Im Gegensatz zu den Ergebnissen von Mori et al. (1999) steht der Befund von Kazui et al. (2000), der bei Alzheimerpatienten keine verminderte Verbesserung des expliziten Gedächtnisses durch emotionale Erregung fand.

Anders als bei der Studie von Hamann (2002), die eine deutlich beeinträchtigte Leistung der Amygdala nahe legt, finden sich bezüglich der Modulation des expliziten Gedächtnisses durch emotionale Erregung weit weniger negative Ergebnisse.

Zu den unterschiedlichen Befunden trägt möglicherweise die differenzierte Neuropathologie innerhalb der Amygdala bei. Die verschiedenen Nuclei der Amygdala sind von der Alzheimer Erkrankung unterschiedlich stark betroffen (Kromer Vogt et al., 1990; Chow, 2000).

Zahlreiche Studien haben eine Atrophie der Amygdala bei Alzheimerpatienten festge- stellt, diese ist jedoch nicht unbedingt ein sensitiver Indikator für die Erkrankung.

Alzheimerpatienten in einem frühen Erkrankungsstadium konnten, durch die Volumenbestimmung der Amygdala mittels MRI, nicht von Personen der Kontrollgruppe unterschieden werden (Laakso et al., 1995). Laakso et al. (1995) schlussfolgern aus ihren Ergebnissen, dass die Amygdala nicht der primäre Ort der Degeneration ist, wenn das Volumen der Atrophie bestimmt wird. Die Volumenbestimmungen des Hippocampus ist sensitiver für frühe Erkrankungsstadien. Nach Braak und Braak (1991) ist zunächst der entorhinale Kortex betroffen, dann der Hippocampus gefolgt von der Amygdala.

Dies legt die Vermutung nahe, dass die Funktionen der Amygdala länger aufrecht erhal- ten bleiben, als die des Hippocampus. Die Ergebnissen der Studie von Hamann (2002) stehen im Kontrast zu Befunden erhaltener Leistungen der Amygdala und einem relativ intakten emotionalem System, sowie Beobachtungen am Verhalten der Patienten.

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1.2.5 Weitere Strukturen des emotionalen Systems

Eine Erklärung für die beeinträchtigte Lernleistung bei der Furchtkonditionierung, und der Beobachtung erhaltener impliziter emotionaler Gedächtnisleistungen im Alltag, ist die Komplexität des emotionalen Systems. Zum emotionalen System gehören zahlrei- che Strukturen, nicht nur die an der Furchtkonditionierung wesentlich beteiligte Amygdala.

An der Verarbeitung verschiedener Emotionen sind vermutlich, je nach entsprechender Emotion, verschiedene Strukturen beteiligt (LeDoux, 1999). Das könnte dazu führen, dass von Alzheimerpatienten unterschiedliche Emotionen unterschiedlich gut gespei- chert werden.

Die Amygdala ist an der Furchtverarbeitung beteiligt. Furcht ist die am häufigsten untersuchte Emotion. Bei bilateralen Amygdala Läsionen ist das Erkennen von Furcht gestört (Broks et al., 1998), in FMRI Studien zeigt sich eine Aktivierung der Amygdala bei Furchtkonditionierung und der Wahrnehmung von Furcht erregenden emotionalen Stimuli (LaBar et al., 1998 a,b; Whalen et al., 2001). An der Verarbeitung von Furcht ist möglicherweise auch der anteriore Gyrus cinguli beteiligt (Wang et al., 2002).

Furcht ist natürlich eine bedeutende, jedoch nicht die einzige Emotion die Menschen erleben. Entsprechend ist die Amygdala nicht die einzige an der emotionalen Verarbeitung beteiligte Struktur. Verschiedene Theorien gehen von angeborenen Basisemotionen aus (z.B. Ekman, 1982 in Wang, 2002). Ekman zählt Furcht, Überra- schung, Glück, Zorn, Ekel und Trauer zu den Basisemotionen, die durch ihren univer- sellen Gesichtsausdruck gekennzeichnet sind.

Ein Beispiel für weitere, an der emotionalen Verarbeitung beteiligte Strukturen, sind die Basalganglien. Diese sind an der Verarbeitung der Emotion "Ekel" beteiligt.

Es gibt beispielsweise Erkrankungen und Läsionen, bei denen das Erkennen von Furcht unbeeinträchtigt bleibt, während das Erkennen von Ekel gestört ist (Wang et al., 2003).

Dies stützt die Annahme, dass unterschiedliche neuronale Netze an der Verarbeitung verschiedener Basisemotionen beteiligt sind. In einer Studie mit sechs Chorea Huntington Patienten und 32 Patienten mit Morbus Wilson konnten Wang et al. (2003) ein Defizit beim Erkennen von Ekel in gemorphten Photographien von Gesichtern zei- gen. Im Vergleich zu anderen Emotionen wurde Ekel von beiden Patientengruppen schlechter erkannt, die Defizite beim Erkennen von Emotionen konnten nicht durch generelle Wahrnehmungsdefizite erklärt werden. Bei beiden Erkrankungen sind insbe- sondere die Basalganglien betroffen. Dies bietet der Annahme Evidenz, dass die Basalganglien eine besondere Rolle bei der Wahrnehmung von Ekel spielen.

Von den morphologischen Veränderungen der Alzheimerkrankheit, ist besonders das limbische System betroffen, der Nucleus basalis Meynert und isokortikale Assoziationsgebiete, besonders die temporo parietalen (Braak & Braak, 1990).

(17)

Strukturen der Basalganglien, sind neben der zum limbischen System gehörenden und von den Veränderungen betroffenen Amygdala, das Striatum und der Globus pallidus.

Eine weitere Struktur, die bei der Verarbeitung von Emotionen eine Rolle spielt, ist der präfrontale Kortex. Der frontale Kortex ist ein Teil des Netzwerks, das an vielen Prozessen des Lernens und des Gedächtnisses beteiligt ist (Halgren, 1995).

Zahlreiche Läsionsstudien belegen die Bedeutung des frontalen Kortex für die emotio- nale Verarbeitung (Damasio, 1994; Hornak, 1996).

Damasio (1990) konnte beispielsweise zeigen, dass die emotionale Verarbeitung durch (ventromediale) präfrontale Läsionen gestört werden kann, es treten keine Reaktionen des autonomen Nervensystems mehr auf, bei positiven und negativen Stimuli.

Studien, die bildgebende Verfahren einsetzten um Strukturen zu identifizieren, die an der emotionalen Verarbeitung beteiligt sind, finden ebenfalls häufig eine Aktivierung des präfrontalen Kortex. Lane et al. (1997a) untersuchten beispielsweise die neuroanatomi- schen Korrelate von Freude, Trauer und Ekel mittels Positronen Emissions Tomographie. Die Emotionen wurden durch einen Film induziert und durch dessen Abruf. Sie fanden eine erhöhte Aktivität im Thalamus und dem medialen präfrontalen Kortex bei beiden Bedingungen und unabhängig von der jeweiligen Emotion. Lane et al.

(1997b) fanden die Aktivierung des Thalamus und des medialen präfrontalen Kortex auch während der Verarbeitung von Bildern, die verschiedene Emotionen umfassten.

Möglicherweise spielt der präfrontale Kortex eine Rolle, bei der im Vergleich zu ande- ren kognitiven Leistungen lang erhaltenen Leistungsfähigkeit des emotionalen Systems.

Der Verlauf der neuropathologischen Veränderungen der Alzheimer Erkrankung betrifft zunächst den inferioren Temporallappen. Mutlimodale neokortikale Assoziationsareale folgen. Die primären motorischen und primären sensorischen, sowie die unimodalen sekundären sensorischen Areale, sind erst in späteren Stadien der Erkrankung wesent- lich betroffen (Braak et al., 1999). Der frontale Kortex zeigt früh im Krankheitsprozess Veränderungen, folgt jedoch der Degeneration des Hippocampus und des inferioren Temporallappens, die als erstes betroffen sind. Temporo parietale Assoziationsgebiete zeigen deutlichere Veränderungen, als der frontale Kortex (Braak & Braak, 1990). Die ersten Symptome sind folglich nicht wie bei fronto temporalen Demenzen Ver- änderungen der Persönlichkeit (Förstl, 2001), sondern Gedächtnisstörungen.

Da der präfrontale Kortex an Lernvorgängen beteiligt ist, könnte er zu einer relativ erhaltenen emotionalen Lernfähigkeit bei Alzheimerpatienten beitragen.

An der Verarbeitung von Emotionen sind zahlreiche Strukturen beteiligt. Neben der Amygdala, die eine zentrale Rolle bei der Verarbeitung von Furcht spielt, tragen bei- spielsweise die Basalganglien zur Verarbeitung von Ekel bei. Der präfrontale Kortex ist ebenfalls bedeutend für die Verarbeitung von Emotionen. Der frontale Kortex ist zudem ein Teil des Netzwerks, das an vielen Prozessen des Lernens und des Gedächtnisses

(18)

beteiligt ist. Von den neuropathologischen Veränderungen der Alzheimerkrankheit sind zwar viele Strukturen betroffen, es sind jedoch nicht alle Strukturen des emotionalen Systems ein primärer Ort der Degeneration bei Alzheimerpatienten.

1.3 Zusammenfassung / Konsequenzen für die vorliegende Untersuchung

Bei Alzheimerpatienten und Patienten mit gemischter Demenz, lässt sich aufgrund all- täglicher Beobachtungen vermuten, dass emotionale Erinnerungen deutlich besser gespeichert werden, als Erinnerungen an Emotionen. Dies zeigt sich beispielsweise, wenn Betroffene Personen sich in einer vertrauten Umgebung aufhalten oder mit bekannten Personen interagieren. Alzheimerpatienten können häufig nicht angeben, die Person bereits gesehen zu haben, auf die sie jedoch zugewandt oder ablehnend reagieren, je nach entsprechenden vorhergehenden Erfahrungen mit derselben.

Die Ergebnisse zur Furchtkonditionierung bei Alzheimerpatienten können nicht auf alle impliziten emotionalen Lernvorgänge verallgemeinert werden. Der mere exposure- Effekt für visuelles Material, bei dem es sich um den impliziten Erwerb einer einfachen emotionalen Reaktion handelt, scheint bei Alzheimerpatienten intakt zu sein. Insgesamt ergeben die wenigen bisherigen Befunde zum emotionalen Lernen bei Alzheimer- patienten kein kohärentes Bild. Eine möglichst alltagsnahe Untersuchung, bei der sowohl positive als auch negative affektive Reaktionen beteiligt sind, ist erforderlich um weiteren Aufschluss über das implizite emotionale Gedächtnissystem bei Alzheimerpatienten zu erhalten.

Aus dem intakten Erwerb affektiver Reaktionen oder einer lediglich teilweisen Beeinträchtigung folgen zahlreiche Implikationen für den Umgang mit Demenzpatienten sowie die Gestaltung von Therapieangeboten. Wenn Demenzpatienten in der Lage emotionale Reaktionen trotz ihrer Erkrankung zu lernen, folgt daraus, dass sie ihre Präferenzen und Einstellungen ändern können. In der Therapie könnte diese Fähigkeit vielfältig genutzt werden, beispielsweise indem positive Reaktionen mit bestimmten Stimuli assoziiert werden. Die Stimuli könnten daraufhin gezielt eingesetzt werden, um unruhige Patienten zu beruhigen oder um Patienten an fremde Personen zu gewöhnen.

Die Fähigkeit implizite emotionale Erinnerungen speichern zu können, bietet auch eine Grundlage für Erklärungsmodelle der Wirkungsweise, beispielsweise der Milieutherapie bei Alzheimerdemenz.

In dem im Folgenden beschriebenen Experiment wurde der Erwerb affektiver Reaktionen von Patienten mit Alzheimer Demenz sowie mit gemischter Demenz unter- sucht. Affektive Reaktionen wurden mit einem Reiz assoziiert, der später die gelernte Reaktion auslösen sollte.

(19)

Johnson und Kim (1985) untersuchten den Erwerb affektiver Reaktionen bei Korsakoff Patienten indem sie diesen zwei Bilder von Personen vorlegten und fiktive biographi- sche Informationen lieferten. Die Bilder wurden hinsichtlich 20 Persönlichkeits- eigenschaften beurteilt. Es wurde nach einem Intervall von durchschnittlich 20 Tagen erfasst, welche Person sie bevorzugen und die Beurteilung der Persönlich- keitseigenschaften wurde erneut durchgeführt.

Den Versuchspersonen wurden im hier beschriebenen Experiment, im Unterschied zum Experiment von Johnson und Kim (1985), die Bilder von vier Männergesichtern gezeigt, die bezüglich der Dimensionen Valenz und Arousal bewertet wurden und hinsichtlich ihrer Valenz in eine Rangfolge gebracht wurden, die im Folgeden als Präferenzhierarchie bezeichnet wird. Verschiedene fiktive biographische Informationen über die Personen auf den Bildern wurden den Versuchspersonen auf Tonband vorgespielt, welche die betreffende Person in abgestufter Form als "guten" (z.B.: Hans half seiner Mutter im Haushalt) bzw. "bösen" ( z.B.: Josef überfuhr die Katze einer Nachbarin) Menschen charakterisierten. Die Vorlage der Stimuli erfolgte dreimal. Die Versuchspersonen soll- ten vor der zweiten Präsentation nach drei Stunden und nach einem Intervall von knapp 22 Stunden die Bilder nach ihrer Valenz sortieren und angeben, wie sie die Personen bewerten bezüglich der bereits zuvor beurteilten Dimensionen. Das Wiedererkennen der Bilder wurde geprüft, sowie die freie Wiedergabe der biographischen Informationen erfragt.

Es wurde erwartet, dass die Patientengruppen mit Alzheimerdemenz und gemischter Demenz die biographischen Informationen zum größten Teil vergessen. Die als "gut"

charakterisierten Personen sollten bevorzugt werden aufgrund der emotionalen Erinnerung. Die Bewertung bezüglich der erfragten affektiven Dimensionen sollte sich über die Zeit hinweg je nach entsprechender Charakterisierung linear entwickeln, da die affektiven Bewertungen, die mit dem jeweiligen Bild assoziiert wurden, auch bei der zweiten Präsentation der biographischen Information aktiviert werden sollten.

Die Kontrollgruppe sollte die fiktiven biographischen Informationen wesentlich besser erinnern und ihre Bewertungen und Präferenzen sollten sich deutlicher ändern. Ein Profit von den expliziten Informationen bei der Beurteilung wurde erwartet; wenn sich eine Versuchsperson nicht sicher war hinsichtlich der emotionalen Bewertungen, so können sich für sie eindeutige Hinweise aus explizit erinnerten Informationen ergeben haben, wie die Person hinsichtlich der entsprechenden Dimension zu beurteilen ist.

Bei den Personen der Kontrollgruppe wurde jedoch kein Zusammenhang zwischen der Veränderung der Beurteilung und den explizit erinnerten Informationen vermutet, da nicht bei allen Patienten ein Einfluss expliziter Informationen auf die emotionale Beurteilung zu erwarten war und vermutet wurde, dass die Menge des Erinnerten nicht entscheidend ist.

Sollte es der Fall sein, dass auch bei gesunden Personen emotionale Erinnerungen länger gespeichert werden, so ist zu erwarten, dass die Personen der Kontrollgruppe nach einem sehr langen Intervall Erinnerungsleistungen zeigen, die mit denen der

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Demenzpatienten vergleichbar sind. Dies würde die Hypothese, dass vorhandene impli- zite Gedächtnisleistungen bei Alzheimerpatienten auf einen langsameren Zerfall der impliziten emotionalen Erinnerungen im allgemeinen zurückzuführen sind, stützen. Wird ein anderes Muster der Leistungen gefunden, ist die Hypothese nicht automatisch zu verwerfen. Unterschiede könnten beispielsweise darauf zurückzuführen sein, dass sowohl implizite als auch explizite Gedächtnisinhalte bei gesunden Kontrollpersonen nicht mehr vorhanden sind, wenn der Abrufzeitpunkt zu spät gewählt wird. Denkbar wäre auch eine durch Interferenz veränderte Leistung. Es konnte gezeigt werden, dass auch implizite Gedächtnisinhalte durch Interferenz beeinträchtigt werden können (Lusting & Hasher, 2001). Die Prüfung der Hypothese vergleichbarer Leistungen von gesunden Kontrollpersonen nach entsprechend langem Intervall ist nicht Gegenstand der Betrachtung dieser Diplomarbeit.

Ein Zusammenhang zwischen dem allgemeinen kognitiven Leistungsniveau und den impliziten emotionalen Gedächtnisinhalten wurde nicht erwartet. Winograd et al. (1999) fanden keinen Zusammenhang zwischen der bei Alzheimerpatieten beobachteten Leistung in einer Aufgabe die den mere exposure-Effekt erfasste und der Leistung in Aufgaben zum expliziten verbalen und figuralen Gedächtnis. Mori et al. (1999) konnten zeigen, dass unabhängig von der generellen Atrophie und den kognitiven Beeinträchtigungen von Alzheimerpatienten, ein stärkerer Zusammenhang besteht zwischen dem Erinnern von tatsächlichen emotionalen Ereignissen und dem Volumen der Amygdala gemessen mit MRI Voplumetrie, als mit dem Volumen des Hippocampus.

Wenn der Einfluss der erfolgten Degeneration der Amygdala auf die Speicherung von Erinnerungen an Emotionen bereits größer ist als der Einfluss der Funktions- fähigkeit des Hippocampus, ist ein deutlicher Einfluss des allgemeinen kognitiven Leistungsniveaus auf implizite emotionale Erinnerungen nicht zu erwarten. Zu berücksichtigen ist zudem, dass weitere Strukturen des emotionalen Systems mögli- cherweise lange Zeit weitgehend intakt bleiben und kaum oder nicht von der Neuropathologie der Krankheit betroffen sind. Insbesondere wenn unter den Patienten eine geringe Varianz hinsichtlich des Krankheitsstadiums besteht, ist kein Zusammenhang zum allgemeinen kognitiven Leistungsniveau zu erwarten.

Es wurde vermutet, dass sich bei der Gruppe mit gemischter Demenz die Präferenzen nicht so deutlich zeigen, da aufgrund der diffusen subkortikalen und teilweise kortika- len Läsionen größere Unterschiede beim Erlernen affektiver Reaktionen zu erwarten sind. Das emotionale System ist bei diesen Patienten vermutlich teilweise wesentlich deutlicher von der pathologischen Veränderungen betroffen. Entsprechend heterogen sollte das Ergebnis bei Patienten mit gemischter Demenz ausfallen. Da die Patientenzahl in den beiden Untergruppen der Patienten zu klein war, um eine statisti- sche Auswertung zu erlauben, wurde keine Hypothese bezüglich der Unterschiede zwischen den Gruppen aufgestellt. Bei der Darstellung der Resultate und in der Diskussion werden Unterschiede zwischen den Gruppen berücksichtigt, und die beob- achtete Tendenz diskutiert.

(21)

1.4 Hypothesen

Für das beschriebene Experiment ergaben sich aus den ausgeführten Überlegungen folgende Hypothesen:

1

Die Patienten mit Alzheimer Demenz und gemischter Demenz sind in der Lage affekti- ve Reaktionen zu lernen, zu speichern und wiederzugeben. Es besteht ein normaler Lernzuwachs und keine erhöhte Vergessensrate.

1.1

Die Beurteilung der Bilder auf den Dimensionen Valenz und Arousal werden zu den Messzeitpunkten T2 und T3 entsprechend der Manipulation durch die zugeordnete Geschichte gegenüber T1 verändert. Das heißt, die Versuchspersonen beurteilen die Bilder unterschiedlich nach der Präsentation der Geschichten.

1.2

Ebenso wie die Beurteilungen der Bilder auf den Dimensionen Valenz und Arousal, verändert sich die Präferenzhierarchie zu den Messzeitpunkten T2 und T3 entspre- chend der Manipulation gegenüber T1.

1.3

Die Präferenz für die als "gut" charakterisierten Personen und die Ablehnung der als

"böse" charakterisierten Personen nimmt zum Messzeitpunkt T3 gegenüber Messzeitpunkt T2 zu, d.h. es besteht ein linearer Zusammenhang zwischen Mess- zeitpunkt und Beurteilung. Dies gilt für die Dimensionen Valenz und Arousal sowie für die Präferenzhierarchie.

2

Der Erwerb emotionaler Reaktionen gelingt bei den Patienten unabhängig von der Einspeicherung expliziter Informationen.

2.1

Die Erinnerung an die biographischen Informationen ist bei den Patienten zum Zeitpunkt T2 und T3 stark vermindert, die Bilder werden nicht signifikant überzufällig wiedererkannt.

3

Es besteht bei den Patienten kein Zusammenhang zwischen anderen kognitiven Fähigkeiten und dem Erwerb emotionaler Reaktionen.

(22)

3.1

Leistungen im MMS, der das allgemeine kognitive Leistungsniveau erfassen soll, sowie die Schulbildung und Ausbildungszeit hängen nicht mit der Veränderung der Beurteilungen der Bilder zusammen.

4

In der Kontrollgruppe ist der Effekt der Manipulation durch die Geschichte auf die Beurteilung der Bilder größer.

4.1

Es zeigt sich eine Interaktion zwischen dem Effekt der Manipulation durch die Geschichte und der Gruppenzugehörigkeit. Die Veränderung der Beurteilung der Bilder ist in der Kontrollgruppe größer.

(23)

2 Methode

2.1 Versuchspersonen

2.1.1 Versuchspersonen der Patientengruppe

Die Gruppe der Demenzpatienten bei denen eine Alzheimerdemenz diagnostiziert wurde bestand aus 9 Patienten, die Gruppe der Patienten bei denen eine gemischte Demenz diagnostiziert wurde bestand aus 4 Patienten. Von zwölf Personen wurden Daten zu allen drei Messzeitpunkten erhoben, von einer Person konnten aus institutio- nellen Gründen nur die Daten von zwei Messzeitpunkten erhoben werden.

Es handelt sich bei den in der Untersuchung eingeschlossenen Demenzformen um die häufigsten Demenzerkrankungen. Um die notwendige Fallzahl zu erreichen, wurden beide Gruppen einbezogen.

2.1.1.1 Rekrutierung der Patientengruppe

Alle Patienten besuchten mindestens einmal wöchentlich die Tagesklinik der Memoryklinik Münsterlingen oder waren auf der Station U 2/3 oder U 4/5 der psychia- trischen Klinik Münsterlingen zum Zeitpunkt der Durchführung des Experiments statio- när untergebracht. Die Versuchspersonen wurden über den Ablauf des Experiments informiert und willigten die Teilnahme ein. Zu den Zeitpunkten T2 und T3 wurde ihnen jeweils erneut der Ablauf erklärt. Der Versuchsleiter erwähnte den Versuchspersonen gegenüber zu den Zeitpunkten T2 und T3 nicht, dass sie bereits einmal an dem Experiment teilgenommen hatten. Ein Abbruch des Experiments war für die Versuchspersonen jederzeit möglich. Der Versuchsleiter nahm diesen vor, falls den Patienten die Situation offensichtlich unangenehm war oder die Situation von ihnen verkannt wurde.

2.1.1.2 Stellung der Diagnose

Die Diagnose wurde nach Forschungskriterien in einem interdisziplinären Team nach Forschungskriterien gestellt (ICD 10, Diagnosen: F00.1x1 bzw. F00.2x1). An den ver- schiedenen Untersuchungen waren Psychiatrieschwestern, Psychologen, Ärzte, Neurologen und ein Sozialarbeiter beteiligt. Die Patienten wurden im Rahmen eines zweitägigen ambulanten oder eines stationären Aufenthaltes in der Memoryklinik Münsterlingen abgeklärt. Die Memoryklinik Münsterlingen besteht seit November 1998 und ist spezialisiert auf die Früherkennung und Abklärung von Hirnleistungsstörungen,

(24)

zudem besteht ein therapeutisches Angebot für Patienten mit Hirnleistungs- störungen. Das Team der Memoryklinik hat Erfahrung mit der Differentialdiagnose von Demenzerkrankungen. Der medizinische, neurologische, neuropsychologische, pflege- rische und soziale Status wurde erhoben. Es erfolgte der Einsatz eines bildgebenden Verfahrens. Verhaltensbeobachtungen wurden durchgeführt und fremdanamnestische Angaben eingeholt. Das interdisziplinäre Team stellte auf der Grundlage aller verfügba- rer Informationen die Diagnose.

2.1.1.3 Ausschlusskriterien Patienten

Ausgeschlossen wurden Patienten, (1) bei denen die Krankheit noch nicht fortgeschrit- ten war sowie Patienten, (2) bei denen die kognitiven Defizite zu deutlich waren oder Verhaltensstörungen bestanden, welche die Durchführung des Experiments erheblich erschweren.

Damit Kriterium 1 erfüllt wurde, nahmen nur Patienten an der Untersuchung teil deren Erkrankung mindestens mäßig fortgeschritten war (drei Stufen Einteilung entsprechend ICD 10 Kriterien).

Eine mittelgradig schwere Demenz besteht, wenn die Gedächtnisleistung oder andere kognitive Fähigkeiten mindestens mittelgradig beeinträchtigt sind.

Für die Gedächtnisstörung gilt in diesem Fall, dass ein Ausmaß besteht, dass eine ern- ste Behinderung für ein unabhängiges Leben darstellt. Nur gut gelerntes oder sehr ver- trautes Material wird behalten. Neue Informationen werden nur gelegentlich und sehr kurz behalten. Die Betroffenen sind nicht in der Lage, sich an grundlegende Infor- mationen darüber, wo sie leben, was sie vor kurzem getan haben oder an Namen ver- trauter Personen zu erinnern.

Eine mittelgrade Beeinträchtigung anderer kognitiver Fähigkeiten besteht, wenn die Betroffenen nicht ohne Hilfe im täglichen Leben zurechtkommen. Zuhause werden nur einfache Tätigkeiten beibehalten. Die Tätigkeiten werden zunehmend eingeschränkt und kaum durchgehalten.

2.1.1.4 Weitere Variablen

Bei 12 Patienten wurde der MMS Score erhoben, in einem Zeitraum von ca. 2 Monaten vor bzw. nach Durchführung des Experiments. Der MMS wird zur Einschätzung des kognitiven Leistungsniveaus herangezogen (Folstein, Folstein & McHugh, 1975). Es handelt sich beim MMS um eines der gebräuchlichsten Maße für kognitive Leistungen.

Verschiedene Funktionsbereiche werden erfasst: örtliche und zeitliche Orientierung, Erfassen von drei Wörtern und Erinnern dieser Wörter, Aufmerksamkeit und rückwärts Buchstabieren (in der Originalversion wird anstatt des Rückwärtsbuchstabierens

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gerechnet), Sprache und räumlich konstruktive Leistungen. Aus diesen verschiedenen Leistungen wird ein Gesamtwert berechnet der maximal 30 Punkte beträgt. Die in der ursprünglichen Studie an 206 Patienten mit Psychiatrischen Störungen ermittelte Test/Retest Reliabilität betrug 0.89. Es ergaben sich Korrelationen von 0.66 und 0.78 mit dem HAWIE Handlungsteil bzw. mit dem Verbalteil. Einen Überblick über nachfol- gende Studien zu den Gütekriterien des MMS gibt Tombaugh und McIntyre (1992).

Während die Tauglichkeit des MMS als screening Verfahren diskutiert wurde (Anthony et al., 1982), erscheint der Test für die quantitative Erfassung kognitiver Beein- trächtigungen und insbesondere deren Veränderung geeignet. Der MMS sollte als grober Richtwert für den Schweregrad herangezogen werden.

Der Mittlere MMS Score der Patienten betrug 19,3 bei einer Standardabweichung von 4,3. Der niederste Wert war 13, der höchste Wert war 24. Für die Untergruppe der Personen mit einer diagnostizierten Alzheimerdemenz betrug der Mittelwert 18,3 und die Standardabweichung 4,4. Es ergab sich für die Personen mit einer gemischten Demenz ein Mittelwert von 22,3 (N=3).

2.1.2.1 Rekrutierung der Kontrollgruppe

Die Kontrollgruppe bestand ebenfalls aus 13 Personen, die teilweise in einem Seniorenzentrum (N=6) und teilweise durch Anfragen in der Nachbarschaft des Untersuchers rekrutiert wurden. Die Personen der Kontrollgruppe wurden ebenfalls über den Ablauf des Experiments informiert und willigten die Teilnahme ein. Sie wurden darüber aufgeklärt, dass ein Abbruch des Experiments jederzeit möglich ist.

Weder die Patienten, noch die Personen der Kontrollgruppe, erhielten eine Aufwandsentschädigung.

2.1.2.2 Ausschlusskriterien Kontrollgruppe

Um Personen auszuschließen, die an einer unerkannten Demenzerkrankung leiden, wurden nur Personen ausgewählt, die selbständig lebten und einen eigenen Haushalt führten.

Sie erklärten in einem Fragebogen, nicht unter ständigen Schmerzen zu leiden oder unter Krankheiten des ZNS. Sie gaben weiterhin an in den letzten zwei Monaten nicht betäubt worden oder einmal in ihrem Leben länger als fünf Minuten bewusstlos gewe- sen, oder am Gehirn operiert worden zu sein. Aufenthalte in psychiatrischen Kliniken, die über zwei Monate dauerten durften ebenfalls nicht vorgekommen sein, genauso wie Substanzabusus oder Kontakt zu toxischen Substanzen am Arbeitsplatz. Zudem gaben sie an keinen Schlaganfall erlitten zu haben.

Die Versuchspersonen füllten den Fragebogen meist selbständig aus, falls Unklarheiten auftraten, wurden diese vom Versuchsleiter erläutert. Falls die Versuchspersonen es

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wünschten, las der Versuchsleiter den Fragebogen vor. Da die Versuchspersonen bereits bei der Rekrutierung gefragt wurden, ob sie gesund seien, mussten nur verein- zelt Versuchspersonen ausgeschlossen werden.

2.1.3 Demographische Daten der Personen beider Gruppen

In der Patientengruppe waren 11 Frauen und 2 Männer. Beide Männer hatten eine gemischte Demenz. Das Durchschnittsalter der gesamten Patientengruppe zum Zeit- punkt der Untersuchung betrug 78,3 Jahre, die Standardabweichung lag bei 5,1 Jahren, der jüngste Patient war 70 Jahre, der älteste Patient war 87 Jahre alt. Die durch- schnittliche Schulbildung betrug 8,1 Jahre. Die durchschnittliche Gesamtaus- bildungszeit, die sich aus Schulzeit und Dauer der Berufsausbildung zusammensetzte, betrug 9,6 Jahre.

Das Durchschnittsalter der Patienten mit der Diagnose Alzheimerdemenz betrug 79 Jahre, die Standardabweichung war 5,7 Jahre. Der jüngste Patient war 70 Jahre, der älteste Patient war 87 Jahre alt. Die durchschnittliche Gesamtausbildungszeit betrug 9,8 Jahre. Der durchschnittliche Schweregrad der Erkrankung war mäßig.

Die Patienten mit der Diagnose gemischte Demenz waren durchschnittlich 76,8 Jahre alt, die Standardabweichung betrug 3,4 Jahre. Der jüngste Patient war 72 Jahre, der älteste Patient war 80 Jahre alt. Die durchschnittliche Gesamtausbildungszeit betrug 9,3 Jahre. Der durchschnittliche Schweregrad der Erkrankung war mäßig.

In der Kontrollgruppe waren, wie in der Patientengruppe 11 Frauen und 2 Männer. Das Durchschnittsalter der Kontrollgruppe betrug 76,6 Jahre, die Standardabweichung lag bei 5,9 Jahren. Die jüngste Person war 67 Jahre, die älteste war 85 Jahre alt. Die durch- schnittliche Schulbildung betrug 9,9 Jahre. Die durchschnittliche Gesamtausbildungs- zeit war 12,1 Jahre.

Der Altersunterschied zwischen Patienten- und Kontrollgruppe war nicht signifikant.

Es bestand ein auf dem 5% Niveau signifikanter Unterschied bezüglich der Gesamtausbildungszeit (T(23)=2,4; p=.025), nicht jedoch hinsichtlich der Schulbildung.

2.2 Materialien

2.2.1 Auswahl der Bilder

Als Vorlage für die Versuchspersonen dienten vier Farbbilder von jungen Männern, wel- che dem IAPS entnommen wurden. Beim IAPS handelt es sich um das International affective picture system das zahlreiche visuelle affektive Stimuli enthält. Es wurde von P.J. Lang entwickelt um standardisiertes Material für Experimente zur Verfügung zu

(27)

stellen (Lang et al., 1999). Das standardisierte Bildmaterial ermöglicht den Vergleich von Ergebnissen und exakte Replikaktionen.

Die gewählten Bilder wurden von der Normstichprobe weitgehend ähnlich beurteilt, bezüglich verschiedener bedeutender affektiver Dimensionen. Es Handelt sich um die Bilder 2200, 2210, 2214 und 2220. Die Personen auf den Bildern wurden den Versuchspersonen vorgestellt als Hans, Karl, Peter und Josef.

8 der 16 möglichen Bild-Beschreibungskombinationen wurden verwendet. In der Kontrollgruppe wurden die gleichen Kombinationen verwendet, wie in der Experi- mentalgruppe.

Als Distraktoren beim Test zum Wiedererkennen wurden vier weitere Bilder verwand, die von einer Normstichprobe ebenfalls ähnlich beurteilt wurden, hinsichtlich verschie- dener bedeutender affektiver Dimensionen, diese wurden ebenfalls dem IAPS entnom- men. Es handelte sich um die Bilder 2630, 2221, 2215 und 2190.

2.2.2 Fiktive biographische Informationen

Die folgenden fiktiven biographischen Informationen über die Personen auf den Bildern wurden auf Kassette aufgenommen:

Karl: Karl kam in der Schule oft zu spät, und legte sich mit den Lehrern an. Als Jugendlicher klaute er ein Auto und beklaute eine alte Frau aus der Nachbarschaft. Karl ging zur Armee, ließ sich aber nicht gerne sagen, was er zu tun habe. Er wurde in eine Schlägerei verwickelt und verletzte einen Kameraden mit einem Messer woraufhin er unehrenhaft aus der Armee entlassen wurde. Karl zog zu seiner Mutter und versuchte einen Schulabschluss zu erlangen, brach die Schule aber nach kurzer Zeit ab. Er disku- tierte viel mit seiner Mutter und schlug sie einmal in einer Auseinandersetzung. Karl bekam einen Posten als Nachtwächter eines großen Geschäfts. Der Geschäftsführer erwischte ihn beim Stehlen eines Fernsehers und entließ ihn. Karl heiratete eine Frau, die in dem Geschäft als Verkäuferin tätig war. Sie stritten oft. Einmal musste sie ins Krankenhaus gebracht werden, da er ihr den Arm gebrochen hatte, als er versuchte sie zu vergewaltigen.

Josef: Josef brach nach sechs Jahren die Schule ab, obwohl ihm seine Eltern beim Lernen immer geholfen hatten. Sein Vater organisierte ihm einen Job als Hilfsarbeiter in einer Konservenfabrik. Mit den Kollegen hatte er oft Streit. Einmal zerkratzte er einem Kollegen das Auto. Einen anderen Hilfsarbeiter, der eine Behinderung hatte, hänselte er immer. Bei einem Kegelturnier lernte er seine Freundin kennen, die im Service arbeite- te. Sie hatten oft heftige Auseinandersetzungen, bei denen Josef aber nie handgreiflich wurde. Einmal hatte Josef einen Autounfall. Er war betrunken, und überfuhr die Katze einer Nachbarin und rammte einen anderen Wagen von hinten. Nach dem Unfall beging er Fahrerflucht.

(28)

Peter: Peter ging nicht gern zur Schule, erreichte aber einen guten Schulabschluss. Er begann direkt nach der Schule eine Lehre als Schreiner. Seine Arbeitskollegen arbeite- ten gern mit ihm zusammen. Auch mit seinem Chef verstand er sich gut, obwohl er oft unpünktlich war. Nach der Lehre zog Peter zu seiner Freundin, die er beim wandern kennen gelernt hatte. Er fand eine Stelle in einer kleinen Schreinerei. In seiner Freizeit verbrachte er viel Zeit im Schwimmverein. Er trainierte nicht sehr konsequent, gewann aber einmal einen Wettkampf. In der Abendschule wollte Peter einen Abschluss als Betriebswirt machen, konnte aber den Lehrer nicht leiden und brach die Schule ab.

Hans: Hans war Klassensprecher in der achten Klasse. Er hatte gute Noten obwohl er seiner Mutter, die allein fünf Kinder zu versorgen hatte, viel im Haushalt half. Hans ging zur Arme, wo es ihm ganz gut gefiel. Beim Bergsteigen rettete er einen Kameraden, der beinahe abgestürzt wäre. Für die Rettung des Kameraden erhielt er eine Auszeichnung.

Nach der Arme arbeitete Hans in einem Lebensmittelgeschäft und wohnte mit einem Kameraden aus der Armeezeit zusammen. Er besuchte die Abendschule und machte einen Abschluss als Betriebswirt. Kurz darauf wurde ihm die Leitung einiger Geschäft der Kette in der er arbeitete übertragen. Hans heiratete eine Frau die an einer Schwesternschule der Umgebung unterrichtete. Hans und seine Frau warten noch ein paar Jahre damit Kinder zu bekommen, da sie zuvor gemeinsam reisen wollen.

Die Geschichten von Josef und Karl wurden von einem Mann, die Geschichten von Hans und Peter von einer Frau vorgelesen.

In einem Vorversuch an einer anfallenden Stichprobe von neun Personen wurden die in den Geschichten beschriebenen Personen auf den SAM Skalen Valenz und Arousal sig- nifikant unterschiedlich bewertet.

2.3 Durchführung

Die Versuchspersonen nahmen einzeln oder in Zweiergruppen an dem Experiment teil.

Die Personen, die in Zweiergruppen teilnahmen, wurden darauf hingewiesen, dass es darum gehe, seiner eigenen Meinung entsprechend, die Bilder zu beurteilen und sich nicht von der anderen Person beeinflussen zu lassen. Zudem wurde bemerkt, dass es keine falschen Antworten gebe.

Die Patienten nahmen in Untersuchungsräumen der Memory Klinik Münsterlingen am Experiment teil, die Personen der Kontrollgruppe teilweise zu Hause (N=7), teilweise in dem Seniorenzentrum, in dem sie rekrutiert wurden (N=6). Den Versuchspersonen wur- den entsprechend der jeweiligen, durch Zufallszahlen ermittelten Reihenfolge, die Bilder vorgelegt. Die Bilder sollten auf der graphischen SAM Skala für Valenz und Arousal beurteilt werden. Hierzu wurden folgende Hinweise gegeben:

(29)

Hier habe ich ein Blatt auf dem Sie zwei Reihen mit Figuren abgebildet sehen. Mit Hilfe dieser Figuren sollen Sie nun die Person auf dem Bild beurteilen. Hier können sie ankreuzen, ob sie die Person angenehm oder unangenehm finden. Kreuzen sie auf dieser Seite an, wenn sie die Person sehr angenehm finden, kreuzen sie auf dieser Seite an, wenn sie die Person sehr unangenehm finden. Sie können auch dazwischen ankreuzen. Wenn sie die Person weder besonders angenehm noch unan genehm finden, kreuzen sie hier in der Mitte an.

Hier sollen sie nun angeben, ob sie das Bild aufregend finden oder nicht. Sind sie sehr ruhig, wenn sie diese Person betrachten kreuzen sie hier an. Finden sie das Bild sehr aufregend kreuzen sie bitte hier an. Sie können auch überall dazwischen ankreuzen. Wenn sie weder besonders ruhig sind, das Bild aber auch nicht besonders aufregend finden können sie hier in der Mitte ankreuzen.

Die Anweisungen wurden für die Demenzpatienten bei jedem Bild erneut wiederholt, teilweise mehrmals, wenn Schwierigkeiten bestanden. Wenn die Patienten unsicher waren, wurden sie gefragt:

Finden sie die Person angenehm? (Pause) Finden sie die Person unangenehm?

(Pause).

Es erfolgte dann jeweils der Antwort des Patienten entsprechend ein Hinweis, welche Seite der Skala seiner Beurteilung entspricht. Zusätzlich wurde häufig noch erklärt, dass es schwer falle Personen zu beurteilen, die man nicht kenne.

Als nächstes wurden den Versuchspersonen alle Bilder gleichzeitig nebeneinander aus- gelegt. Die Versuchspersonen sollten eine Rangfolge der Bevorzugung der Personen auf den Bildern erstellen. Es wurde folgende Anweisung gegeben:

Welche dieser Personen finden sie nun am angenehmsten? Dieses Bild legen wir nun ganz nach links. Welche der verbleibenden drei Personen ist ihnen am unange nehmsten? Dieses Bild legen wir nun ganz nach rechts. Welche von den verbleiben den zwei Personen auf den Bildern ist ihnen angenehmer? Dieses Bild legen wir nun weiter nach links.

Die gebildete Reihenfolge der Bilder wurde vom Versuchsleiter notiert.

Danach wurde den VP die aufgenommene biographische Information über Karl und Hans vorgespielt, es wurde ihnen dabei jeweils das entsprechende Foto vorgelegt. Die Präsentation fand am ersten Tag zweimal statt. Der zweite Testdurchlauf begann durch- schnittlich 181 Minuten nach dem ersten Durchlauf. Bei den Patienten betrug der Mittelwert 191 Minuten (Standardabweichung 42 Minuten), bei der Kontrollgruppe 170 Minuten (Standardabweichung 57 Minuten).

Bei der zweiten Testsitzung wurde zunächst das Wiedererkennen getestet. Den Versuchspersonen wurden der Reihe nach die Bilder und der jeweils dazugehörige

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Distraktor vorgelegt. Es wurde erfragt welches Bild ihnen bekannter vorkomme, und ob sie eines der Bilder bereits gesehen hätten. Die jeweilige Wahl der Versuchsperson wurde vom Versuchsleiter notiert. Stellte die Versuchsperson fest, sie habe eine der abgebildeten Personen bereits gesehen, so wurde gefragt, was sie über diese Person wisse.

Genauso wie bei der zweiten Testsitzung wurde bei der dritten Testsitzung verfahren.

Die fiktive biographische Information wurde nicht mehr präsentiert. Der Zeitraum zwi- schen der zweiten und dritten Messung betrug durchschnittlich 1301 Minuten. Bei den Patienten war der Abstand durchschnittlich 1250 Minuten (Standardabweichung: 92 Minuten), bei der Kontrollgruppe 1352 Minuten (Standardabweichung: 157 Minuten).

Die Zeitunterschiede zwischen der Gruppen waren nicht signifikant (T-Test), das Signifikanzniveau von 5% wird für den zeitlichen Abstand zwischen T2 und T3 knapp verfehlt (T(23)=2; p=.06). Der Unterschied zwischen den Gruppen für den Abstand zwi- schen T1 und T3 ist nicht signifikant.

2.4 Abhängige Variablen

2.4.1 Instrumente zur Erfassung affektiver Reaktionen 2.4.1.1 Selbstbeurteilungsskalen

Emotionale Reaktionen können durch Selbstbericht, physiologische Reaktionen und beobachtbares Verhalten erfasst werden. Da eine hinreichende Übereinstimmung zwi- schen Selbstberichten und physiologischen Reaktionen und beobachtbarem Verhalten festgestellt werden konnte (Greenwald, Cook & Lang, 1988) wurde aus praktischen Gründen ein Selbstberichtsmaß für die Erfassung der emotionalen Reaktion gewählt.

Für die Erfassung der affektiven Bedeutung von Stimuli durch Selbstberichte ist ent- scheidend, dass diese durch drei Dimensionen beschrieben werden kann. Wundt (1896) nannte diese Dimensionen Lust, Spannung und Beruhigung. Die Dimensionen, die heute pleasure, arousal und dominance genannt werden, haben sich in vielen Untersuchungen als bestimmend für die Organisation der Beurteilungen zahlreicher Stimuli erwiesen. In einer Untersuchung von Osgood (1952, 1957) wurden 50%

der Varianz der Beurteilungen von verbalen Stimuli auf 50 bipolaren Skalen (heiss-kalt, schnell-langsam,...) durch drei Faktoren aufgeklärt. Die Faktoren, die mittels Faktorenanalyse ermittelt wurden, nannte er evaluation, activity und potency. Dieselbe Faktorenstruktur wurde auch für die Beurteilungen anderer Stimuli, wie Körperhaltungen, Gesichtsausdruck, Sonarsignale und Zeichnungen ermittelt (z.B.

Mehrabian 1970).

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