139
Erklärung emiger altindischer Opferrufe.
Von W. Foy.
Es handelt sich uns um die folgenden bekannten Opferrufe der
vedischen Priester: Causat, va^at, vausat; vat, vät, vet, deren
begriffliche, formelle und lautliche Erklärung bisher nicht be¬
friedigend geglückt ist.
ärausat hat man, wie auch Säyana in seinem Conunentar zu
5V. I, 139,1, zur Wurzel iru gestellt, gewiss mit Recht. Es
findet sich in der Verbindung astu drausat (= dravanam bhavatu
Säy.); drausat halte ich für den Nom. Sg. Masc. eines Part, zum
«-Aorist der Wurzel dru , hören"'^), so dass die ganze Redensart
heissen würde: ,er (der Gott) soll hörend sein, soll dem Opferer
geneigtes Ohr schenken'. Da es nun oft an die Spitze des Ge¬
sanges, des Gebetes u. s. w. gestellt wurde, wo der Gott noch nicht
genannt war, so bekam es die Bedeutung; ,es soll Gehör geschenkt
werden.' Die Cerebralisierung des auslautenden t ist einem dialec¬
tischen Einfiusse zuzuschreiben (vgl. Bartholomae, IF. III, S. 166 f.
V. Bradke, ZDMG. XL, S. 681); wenigstens muss ich eine An¬
gleichung an die Opferufe vät, val (Wackemagel, Altind. Gramm. I,
S. 172) solange in Abrede stellen, wie diese selbst nicht sicher
gedeutet sind. Sie als 3. Sg. Aor. von mA zu erklären verbietet
die Bedeutung dieser WurzeL Das in VS. an Stelle von vat auf¬
tretende vet scheint mir einen guten Fingerzeig zur Lösung der
Frage zu geben. Es geht auf *vrt aus vrdh- zurück (vgl. geha:
grhd ,Haus'), desgleichen vat (vgl. Wackemagel, S. 168); die
Grandform mit der Bedeutung „Gedeihen, Heil" hat sich dialectisch
verschieden entwickelt, vät setzt ein *vart aus *vardh- voraus
(vgl. Wackemagel a. a. 0.) und hat dieselbe Bedeutung (vät: vat
= ai. drdd aus *xred- : lat. cor aus *a-rd-, vgl. Bmgmann, Grand¬
riss II, S. 450). Da bei der Richtigkeit unserer Erklärung der
letzten Worte und des folgenden vascU die vedischen Opferrufe
meistentheils Dialectformen zu sein scheinen, so sehe ich keinen
Grund, waram nicht auch drausät sein / einem dialectischen Ur¬
sprünge verdanken sollte.
vasai erklärt sich entweder wie bha^ds aus *bhlsös und bhd^aii 1) Für *irosat 3. Sg. Conj. Aor. (Wackemagel, Altind. Gramm. I, 8. 172 vgl. anch 8. 300 ttber Plutierung) kann es schon deshalb nicht steben, weil man dann nicbt die Verbindung astu irauaat begriffe, nocb dazu am Anfang eines Opferliedes.
l40 Foy, Erklärung einiger altindischer Opferrufe.
aus *bhlsiti, vgl. Bartholomae, IP. III, S. 194 f. Es ist dann
*v^sdt als Vorstufe anzusetzen und dies als 3. Sg. Injunctivi Praes.
einer Wurzel u}sl-^0 aufzufassen, ' die aus ]/m' r\QZ = ai. vr• .wählen,TJ 7wollen, 1
gern haben' erweitert worden wäre. Oder es ist die 3. Sg. Conj.
*-Aor. der eben angeführten ai. Wurzel und steht für varsat. s
ist für eingetreten und dies durch Assimilation entstanden , wie
in der §ähbäzgarhiredaction der vierzehn Edicte des Königs Aäoka
(vgl. Johansson , der Dialect der Sähbäzgarhiredaction u. s. w. I,
S. 7 5 f. des Separatabdruckes = Actes du huitifeme congrfes des
prient. III, S. 189f),') während in den übrigen Prakritsprachen
und im Päli rs oft zu ss bez. s geworden ist , wenngleich auch
hier als Vorstufen rss, ''ss, ss (bez. s) anzunehmen sind (vgl. Bar¬
tholomae, IP. III, S. 192 f und beachte noch ai. päsanda, päsan-
dya, die dem Dialecte von §ähbäzgarhi nicht entlehnt sein können,
s. die Anm. 1).*) vasat ist also ein Präkritwort, wie sich auch
aus dem cerebralen t ergiebt (vgl. das zu draiisat bemerkte). Die
Beispiele für solche alte Entlehnungen aus dem Präkrit werden sich
immer noch vermehren. Bei beiden von mir für vascU beigebrachten
Erklärungen würde der Sinn des Wortes sein: „er (der Gott) soll
(es , d. h. das Opfer) gern haben , (es) gnädig annehmen , gnädig
sein' ; doch hat die erste Erklärung wenig für sich, da eine «-Er¬
weiterung der Wurzel uel sonst nicht belegt ist.
vausat kann keine lautgesetztliche Porm sein, da eine Wurzel
vu unmöglich ist und eine andere Erklärung als bei vasaf ebenso
unmöglich zu sein scheint. Es erklärt sich auch ganz einfach als
Compromissbildung von drausat und vasaf. So jetzt auch Wacker¬
nagel, Altind. Gramm. I, S. 41.
1) Die FSlIe der SSlibSzgarhi-Version , die Johansson für Erhaltung des r -{- s anführt, nämlich verschiedene Casus und Zusammensetzungen von prasada und prasamda == skt. pärsada und pärsanda, beruhen auf einer Metathesis des r, die dem Assimilationsprocess vorausging, und sprechen also nicht gegen
die oben gegebene Eegel. pa[rapa]samdagarana SShb. XII, 3 mit zu p assi¬
miliertem pr beruht auf dialectischem Einflüsse des Schreibers; dies Bebpiel ist also ähnlichen bei Johansson, Der Dialect u. s. w. II, S. 15 verzeichneten hinzuzufügen; es als einen Beleg für s aus rs aufzufassen, wie es Johansson, A. a. O. I, S. 189 und IF. III, S. 200, Anm. 3 tbut, scbeint mir seine Isoliert¬
heit zu verbieten. — Warum auf die Schreibung der Sähbäzgarhi-Beispiele für die Vertretung von rs durch *, nämlich kasati „er wird thun" V, 11, kasamti
„sie werden thun" V, 11; VII, 4, vas[e]su III, 6 (vgl. ai. vdrsa) und eine Beihe von Zusammensetzungen mit vasa, nicht zu bauen sei, wie Bartholomae, IF. III, S. 192 meint, sebe ich nicht ein. Denn wenn bei diesen, wie bei prasamda, Metathesis des r eingetreten wäre, so hätte sich r (hinter k und v) erhalten mUssen, vgl. Johansson, Der Dialect u. s. w. II, S. 2 und S. 13.
. 2) Die von v. Bradke,. ZUMG. XL, S. 696 ausgesprochene Ansicht, dass s schon in ältester Zeit vor der Redaetion der vedischen Gesänge, ja schon vor der endgültigen Fixierung derselben, dialectisch zu s geworden sei, ist durch kein rgvedisches Beispiel bestätigt und das von uus angeführte spricht dagegen; s.
auch V. Bradke, a. O. Anm. s ist weit in die historische Periode hinein er¬
halten geblieben, nur gewisse Dialecte liaben es dann erst in s verwandelt.
141
Zur persischen Chronologie.
Von Theodor Nöldeke.
Mehrere meiner Ansätze für die Regierungszeit der einzeluen
Säsäniden (im ersten Excurs zu meiner Tabari-Uebersetzung) sind
inzwischen durch neu an's Licht gekommene Daten bestätigt worden,
während einige Synchronismen, die nicht stimmen, auf nachträgliche
falsche Berechnung zurückgehen , ein bei Synchronismen ja leider
nicht seltener Fall ! Dagegen ist auch jetzt noch fast gar kein
Material vorhanden , um zu prüfen , ob die von mir für die An-
filnge der persischen Jahre aufgestellte Tabelle (zu S. 434 Anhang B)
richtig ist. Erfreulicherweise enthält aber die neueste Publication Bedjan's „Histoire de Mar-Jabalaha, de trois autres Patriarehes etc."
(Paris 1895) eine dazu geeignete Angabe. Die Biographie des
Giwargis von seinem Schüler und feurigem Verehrer Bäbhai setzt
den Todestag des Märtyrers auf den 14. Känön II 926 Graec. =
dem Zämjädh(röz) des Mihrmäh 25. Chosrois (S. 563 f.). Das
erstere Datum entspricht dem 14. Januar 615. Dazu stimmt das
25. Jahr des Chosrau II, das nach meinem Ansatz vom 21. Juni 614
bis 19. Juni 615 zählt. Aber auch der persische Monatstag trifft
genau mit dem oben genannten juiianischen zusammen. Um den
Lesern, von denen vielleicht der eine oder der andere im Rechnen
nicht viel geschickter ist als ich, die Controle zu erleichtem, gebe
ich die einzelnen Monatsanfänge. Zuvor, dass bekanntlich der
Mihrmäh der 7. Monat, der Zämjädh-Tag der 28. Monatstag ist
und dass jeder persische Monat 30 Tage hat.
Ist, nach meiner Tabelle, der 1. Tag des I. Monats 25. Chosrois II
der 21. Juni 614, so ist
der 1. des II. der 21. Juli.
der 1. des III. der 20. August.
der 1. des IV. der 19. September.
der 1. des V. der 19. October.
der 1. des VI. der 18. November.
der 1. des VII. (Mihrmäh) der 18. December.
Mithin ist der 28. des VII. (Zämjädh-Tag des Mihrmäh) der'
14. Januar 615. Wenigstens für die letzte Periode des Reiches
ist also meine Tabelle gesichert. Hoffentlich finden sich bald auch
noch brauchbare Daten dieser Art für frühere Zeiten des Reiches.
Das bei Bedjan, Martyres 2, 603 ist leider unklar und zeigt einen
innern Widerspruch.
Indirect sichert übrigens die a. a. 0. 407 besprochene Stelle
Malala's meinen Ansatz schon für das Jahr 531.
14