Der Satz von Krein-Milman und einige Konsequenzen
Seminararbeit aus Funktionalanalysis
Markus Faustmann
1 Extremalpunkte und der Satz von Krein-Milman
Definition1.1 (Extremale Mengen)
• SeiK eine konvexe Teilmenge eines VektorraumesX. Dann heißt eine nichtleere TeilmengeS ⊆K extremale Teilmenge von K, wenn eine Konvexkombination
tx+ (1−t)y mit x, y ∈K,0< t <1 nur in S liegen kann, fallsx und y selbst bereits in S liegen.
• Eine einpunktige extremale Menge wird als Extremalpunkt vonK bezeichnet.
Die Menge der Extremalpunkte vonK wird mit E(K) bezeichnet.
Eine etwas anschaulichere, ¨aquivalente Definition eines Extremalpunktes kann gegeben wer- den durch:
Ein Punkt z ∈K ist ein Extremalpunkt, falls
∀x, y ∈K,0< t <1 : z =tx+ (1−t)y ⇒ x=y=z.
Beispiel 1.2.
Man betrachte das Einheitsquadrat im R2.
Dann sind die Kanten extremale Mengen und die Eckpunkte Extremalpunkte.
Beispiel 1.3.
Die abgeschlossene Einheitskugel im L1[0,1] enth¨alt keine Extremalpunkte.
Zun¨achst sei festgestellt, dass Extremalpunkte nur auf der Einheitssph¨are liegen k¨onnen, also muss R1
0 |f(t)|dt = 1 f¨ur solch ein f gelten.
Die Abbildungs 7→Rs
0 |f(t)|dtist stetig und monoton wachsend, also existiert eins0 ∈(0,1) mit Rs0
0 |f(t)|dt = 12. Nun kann f dargestellt werden als f = 12(f1 +f2) mit f1 = 2χ[0,s0]f, f2 = 2χ[s0,1]f, wobeikfik= 1, f1 6=f2 gilt. Somit kann f kein Extremalpunkt sein.
Satz 1.4 (Krein-Milman)
Sei X ein lokalkonvexer topologischer Vektorraum und K ⊆ X eine kompakte, kon- vexe und nichtleere Teilmenge. Dann istK gleich der abgeschlossenen konvexen H¨ulle der Extremalpunkte vonK, also K = co(E(K)).
Beweis:
1.Schritt: Sei P die Menge aller kompakten, nichtleeren extremalen Mengen von K. Dann istP 6=∅ daK ∈ P.
• Sei U ⊆ P. Zun¨achst sei festgestellt, dass T
U∈UU ∈ P oder T
U∈UU =∅. auf Grund der endlichen Durchschnittseigenschaft gilt, daK kompakt ist.
Weiters folgt daher klarerweiseT
T∈UT ∈ P.
• Sei S ∈ P, f ∈X0 sowie µ:= max{Ref(x) :x∈S} und Sf :={x∈S : Ref(x) = µ}.
Dann gilt Sf ∈ P.
Um dies zu erkennen seitx+ (1−t)y=z∈Sf mit x, y ∈K,t ∈[0,1]. Da auch z ∈S undS ∈ P undS eine extremale Menge ist, gilt gem¨aß Definition, dass x, y ∈S. Somit folgt Ref(x) ≤ µ, Ref(y) ≤ µ. Aus der Darstellung von z und der Linearit¨at von f resultiert nun
µ= Ref(z) = tRef(x) + (1−t)Ref(y) und daher klarerweise Ref(x) = Ref(y) =µund somit x, y ∈Sf.
Sei nunS0 ∈ P undP0 :={T ∈ P :T ⊆S0}. Weiters seiU ⊆ P0 bez¨uglich der Mengeninklu- sion geordnet.
Da T
T∈UT ∈ P als absteigende Folge die endliche Durchschnittseigenschaft erf¨ullt, gilt T
T∈UT 6=∅ und somit ist mit obiger Bemerkung T
T∈U T ∈ P0 eine untere Schranke in P0. Das Lemma von Zorn liefert nun die Existenz eines minimalen Elements M ∈ P0.
Da wie oben bewiesen stets Sf ∈ P0, muss wegen der Minimalit¨at von M gelten, dass Ref konstant auf M f¨ur jedes f ∈ X0 ist. Da nun X0 punktetrennend auf X operiert, muss M einpunktig sein.
Somit wurde gezeigt, dass jedes S0 ∈ P einen Extremalpunkt enth¨alt, dass also gilt
∀S0 ∈ P : E(K)∩S0 6=∅. (1) 2.Schritt: Da K eine kompakte und konvexe Menge ist, folgt trivialerweise
co(E(K))⊆K.
Insbesondere ist co(E(K)) kompakt.
F¨ur die umgekehrte Inklusion sei angenommen, dass x0 ∈K\co(E(K)) existiert.
Der Trennungssatz von Hahn-Banach liefert nun die Existenz eines Funktionals f ∈ X0 mit Ref(x0)>Ref(y) f¨ur alle y∈co(E(K)).
Da aber wie oben gezeigt stets Kf ∈ P gilt und Kf wegen Ref(x0)>Ref(y) keinen Punkt aus co(E(K)) enth¨alt, liefert Kf ∩co(E(K)) = 0 einen Widerspruch zu (1).
Oftmals stellt gerade die Existenz von Extremalpunkten die signifikante Aussage des Satzes von Krein-Milman dar.
Beispiel 1.5.
Man betrachte den Raum C[0,1] versehen mit der Maximumsnorm. Der Dualraum X = C[0,1]0 ist der Raum der reellen Baire-Maße auf [0,1] mit beschr¨ankter Totalvariation. Die Einheitskugel in X ist schwach*-kompakt nach dem Satz von Alaoglu. Die Extremalpunkte
von K stimmen nun mit den linearen Funktionalen ft0 ∈ X der Form hx, ft0i = x(t0), t0 ∈[0,1] ¨uberein, was hier nicht bewiesen wird.
Der Satz von Krein-Milman besagt nun, dass jedes lineare Funktionalf ∈X gegeben ist als der schwach*-Grenzwert von Funktionalen der Gestalt
n
X
j=1
αjx(tj), mit
n
X
j=1
αj = 1, tj ∈[0,1].
Korollar 1.6
Ist ein RaumY Dualraum eines normierten VektorraumesX, so hat die Einheitskugel inY Extremalpunkte.
Beweis: Wegen des Satzes von Alaoglu ist die EinheitskugelBY schwach*-kompakt. Da die Einheitskugel klarerweise auch konvex ist, liefert der Satz von Krein-Milman die Existenz
von Extremalpunkten.
Korollar 1.7
Der RaumL1[0,1] ist nicht isometrisch isomorph zu einem Dualraum eines normierten Vektorraums.
Beweis: Da die Einheitskugel im L1[0,1] wie in Beispiel 1.2 gezeigt keine Extremalpunkte
besitzt, kann sie nicht kompakt sein.
Lemma 1.8
Seien A1, . . . , An kompakte konvexe Teilmengen eines topologischen Vektorraumes X, dann ist co(A1∪ · · · ∪An) kompakt.
Beweis: Sei
S ={s= (s1, . . . , sn) : 0≤si ≤1,
n
X
i=1
si = 1}.
Setze A=A1× · · · ×An und definiere f :S×A→X durch f(s, a) :=
n
X
i=1
siai
mit ai ∈Ai und setze K =f(S×A). Daf klarerweise stetig ist, ist K kompakt und es gilt K ⊆co(A1∪ · · · ∪An).
Zum Beweis der anderen Inklusion seien (s, a),(t, b)∈ S ×A und α, β ≥ 0 mit α+β = 1.
Dann gilt
αf(s, a) +βf(t, b) = f(u, c)
mit u=αs+βt∈S und c∈A wegen
ci = αsiai+βtibi αsi+βti ∈Ai,
womit gezeigt ist, dass K konvex ist. W¨ahlt man speziell si = 1,sj = 0 f¨ur i6=j, so erh¨alt man aus der Definition von K, dass Ai ⊆ K. Somit liefert die Konvexit¨at von K, dass
co(A1∪ · · · ∪An)⊆K.
Wird im Satz von Krein-Milman die Voraussetzung der Konvexit¨at von K weggelassen, so k¨onnten Extremalpunkte von co(K) auch außerhalb von K liegen.
Der nachfolgende Satz, auch bekannt als Milman’sche Umkehrung des Satzes von Krein- Milman, zeigt, dass dieses Ph¨anomen nicht auftreten kann, wenn co(K) kompakt ist.
Satz 1.9 (Milman)
Sei X ein lokalkonvexer topologischer Vektorraum und K ⊆X eine kompakte Teil- menge. Ist weitersco(K) kompakt, dann liegt jeder Extremalpunkt vonco(K) bereits inK.
Beweis:
Sei p∈E(co(K))\K. Dann existiert eine konvexe kreisf¨ormige Nullumgebung V mit
(p+V)∩K =∅. (2)
Da K kompakt ist, existieren x1, . . . , xn ∈K mit K ⊆
n
[
i=1
(xi +V).
Setzt man
Ai =co(K∩(xi+V))⊆co(K),
so erh¨alt man, dass die Mengen Ai kompakt und konvex sind und K ⊆ Sn
i=1Ai. Obiges Lemma zeigt nun, dass
co(K)⊆co
n
[
i=1
Ai
!
=co
n
[
i=1
Ai
! . Die umgekehrte Inklusion ist trivial, da Ai ⊆co(K) f¨ur alle igilt.
Nun kann palso dargestellt werden als p=PN
j=1tjyj, wobei jedes yj in einem Ai liegt und Pn
j=1tj = 1. Dr¨uckt man hiert1 explizit aus und setzt dies in die Darstellung von p ein, so erh¨alt man
p=t1y1+ (1−t1)t2y2+· · ·+tNyN t2+· · ·+tN , also ist pdie Konvexkombination zweier Punkte aus co(K).
Da p ein Extremalpunkt von co(K) ist, liefert diese Darstellung y1 =p. Da y1 in einem Ai liegt und weiters V konvex ist, erh¨alt man schließlich
p∈Ai ⊆xi+V ⊆K +V ,
was ein Widerspruch zu (2) ist.
2 Bishop’s Theorem
Mit Hilfe des Satzes von Krein-Milman kann der Satz von Stone-Weierstrass verallgemeinert werden.
Hierf¨ur ben¨otigt man zun¨achst ein paar Begriffsbildungen.
Definition2.1
Sei S ein kompakter Hausdorff-Raum und A eine abgeschlossene Unteralgebra von C(S).
Eine Menge E ⊆ S wird A-antisymmetrisch genannt, wenn jedes f ∈ A, das auf E nur reelle Werte annimmt, konstant auf E ist.
Anders ausgedr¨uckt bedeutet das nichts anderes, als dass die Algebra AE := {f|E : f ∈ A}, die aus den Einschr¨ankungen der Funktionen aus A auf E besteht, keine nichtkonstante reellwertige Funktion enth¨alt.
Nun kann man eine ¨Aquivalenzrelation auf S folgendermaßen definieren. Seien p, q ∈ S, dann sei p ∼ q, wenn eine A-antisymmetrische Menge E existiert, die p und q enth¨alt.
Jede ¨Aquivalenzklasse bez¨uglich dieser Relation ist abgeschlossen und die ¨Aquivalenzklassen sind die maximalen A-antisymmetrischen Mengen.
Satz 2.2 (Bishop)
Sei S ein kompakter Hausdorff-Raum und A eine abgeschlossene Unteralgebra von C(S). Weiters sei g ∈ C(S) und g|E ∈ AE f¨ur jede maximale A-antisymmetrische Menge E. Dann giltg ∈A.
Beweis:
Betrachtet man den Annihilator von A, so besteht dieser aus allen regul¨aren komplexen Borelmaßen µ aufS mit R
f dµ = 0 f¨ur alle f ∈A. Nun definiert man K ={µ∈A⊥ :kµk ≤1},
wobei kµk = |µ|(S). Dann ist K konvex, kreisf¨ormig und wegen des Satzes von Alaoglu schwach*-kompakt.
Ist K ={0}, dann ist auchA⊥ ={0}, also A=C(S) und es ist nichts zu zeigen.
Sei also K nichttrivial, dann existiert auf Grund des Satzes von Krein-Milman ein Extre- malpunkt µ, f¨ur den klarerweise kµk= 1 gelten muss.
Sei E = supp(µ) der Tr¨ager von µ, also die kleinste kompakte Menge mit |µ|(E) =kµk.
Wir zeigen zun¨achst, dassE antisymmetrisch ist.
Hierf¨ur betrachtet man f ∈A mit f|E reell, o.B.d.A kann man −1< f <1 auf E angeneh- men. Weiters definiert man Maße σ, τ durch
dσ = 1
2(1 +f)dµ, dτ = 1
2(1−f)dµ.
Da A eine Algebra ist, gilt σ, τ ∈A⊥. Da 1 +f und 1−f positiv auf E sind, folgt kσk+kτk= 1
2 Z
E
1 +f d|µ|+1 2
Z
E
1−f d|µ|=|µ|(E) = 1.
µist also eine Konvexkombination von Maßenσ1 = kσkσ und τ1 = kτkτ , die beide in K liegen.
Da µextremal ist, folgt nun µ=σ1 oder 1
2(1 +f)dµ=kσkdµ.
Daher ist f = 2kσk −1 auf E, die Einschr¨ankung ist also konstant, und somit ist E anti- symmetrisch.
Sei nun g so wie in den Voraussetzung des Satzes, dann gilt klarerweise R
gdµ = 0 f¨ur alle inK extremalen µ, also auch f¨ur alle µaus der konvexen H¨ulle dieser Extremalpunkte.
Da die Abbildung µ 7→ R
gdµ schwach*-stetig auf K ist, impliziert der Satz von Krein- Milman, dass R
gdµ= 0 f¨ur jedes µ∈K, also f¨ur jedes µ∈A⊥.
Wir haben also gezeigt, dass jedes stetige lineare Funktional auf C(S), das A annihiliert, auchg annihiliert. Der Trennungssatz von Hahn-Banach liefert nun die gew¨unschte Aussage
g ∈A.
Bemerkung 2.3. Ist A abgeschlossen, selbstadjungiert und punktetrennend, so ist jede antisymmetrische Menge einelementig. Der obige Satz impliziert also den Satz von Stone- Weierstrass.
3 Der Fixpunktsatz von Kakutani
Eine weitere Anwendungsm¨oglichkeit des Satzes von Krein-Milman sind Beweise f¨ur ver- schiedene Fixpunkts¨atze.
Nachfolgend wird der Fixpunktsatz von Kakutani bewiesen, der zum Beispiel zum Beweis der Existenz eines Haar’schen Maßes f¨ur kompakte Gruppen verwendet werden kann.
Lemma 3.1
SeienA, B topologische Vektorr¨aume,B kompakt, E ⊆A×B und π die kanonische Projektion von A×B nach A, dann gilt:
Liegt p ∈ A im Abschluss von π(E), dann liegt (p, q) im Abschluss von E f¨ur ein q∈B.
Beweis: Der Beweis wird indirekt gef¨uhrt. Sei also angenommen, dass die Aussage nicht gilt, dann existiert f¨ur jedesq∈B eine UmgebungWq ⊆B, dass (Vq×Wq)∩E =∅f¨ur eine Umgebung Vq von p in A.
Da{Wq:q ∈B}eine ¨Uberdeckung vonB ist, folgt aus der Kompaktheit von B, dass bereits B ⊆Sn
i=1Wqi mit gewissen endlich vielen q1, . . . , qn∈B.
Nun ist aberTn
i=1Vqi eine Umgebung vonp, die mitπ(E) leeren Schnitt hat, ein Widerspruch
zup∈π(E).
Definition3.2
Eine MengeGvon Abbildungen einer TeilmengeKeines topologischen Vektorraumes X in sich selbst heißt gleichgradig stetige Gruppe, wenn sie die folgenden beiden Eigenschaften erf¨ullt.
1. Jede Abbildung T ∈ G ist bijektiv von K nach K und f¨ur die Inverse gilt T−1 ∈G. F¨ur T1, T2 ∈G gilt T1T2 ∈G. (Gruppeneigenschaft)
2. Zu jeder Nullumgebung W in X existiert eine Nullumgebung V in X mit T x−T y ∈W, wenn x, y ∈K, x−y∈V und T ∈G.
Beispiel 3.3. Eine Gruppe linearer Isometrien auf einem normierten Raum X ist eine gleichgradig stetige Gruppe.
Satz 3.4 (Fixpunktsatz von Kakutani)
Sei K eine nichtleere kompakte konvexe Menge in einem lokalkonvexen Vektorraum X und Geine gleichgradig stetige Gruppe von affinen Abbildungen von K nach K.
Dann hat Geinen gemeinsamen Fixpunkt in K.
Beweis:
Sei Ω die Menge aller nichtleeren, kompakten konvexen Mengen H ⊆ K mit T(H) ⊆ H f¨ur alle T ∈G. Ω ist nichtleer, da K ∈ Ω. Ordnet man Ω nun mit der Mengeninklusion, so liefert das Hausdorff’sche Maximalit¨atsprinzip (eine ¨aquivalente Formulierung des Lemmas von Zorn), dass Ω ein maximal total geordnetes Teilsystem Ω0 enth¨alt. Der Durchschnitt Q:=T
U∈Ω0U ist dann minimal in Ω. Das Ziel ist nun zu zeigen, dass Q einpunktig ist.
Man nehme hierf¨ur das Gegenteil an, also dass x, y ∈Q,x6=y existieren.
Dann gibt es eine Nullumgebung W in X mit x−y /∈ W. Sei nun V die in der Definition der gleichgradigen Stetigkeit zugeh¨orige Nullumgebung.
W¨are nun T x−T y∈V f¨ur irgendeinT ∈G, dann liefert x−y =T−1(T x)−T−1(T y)∈W einen Widerspruch. Es ist also f¨ur kein T ∈G T x−T y ∈V.
Setze nunz = 12(x+y)∈Qund definiereG(z) ={T z :T ∈G}. Diese Menge ist klarerweise G-invariant und so auch der Abschluss K0 = G(z). Daher ist co(K0) eine nichtleere G- invariante kompakte konvexe Teilmenge von Q. Da Q laut Konstruktion minimal ist, folgt co(K0) =Q.
Sei nun p ein Extremalpunkt von Q, der wegen des Satzes von Krein-Milman existiert. Da Q kompakt ist undQ=co(K0) gilt liefert Satz 1.9, dassp im AbschlussK0 von G(z) liegt.
Nun definiert man die Menge
E ={(T z, T x, T y) :T ∈G} ⊆Q×Q×Q.
Da p ∈ G(z) und Q×Q kompakt ist, liefert Lemma 3.1, dass ein Punkt (x∗, y∗) ∈ Q×Q existiert, so dass (p, x∗, y∗) im Abschluss von E liegt. Da 2T z = T x+T y f¨ur alle T ∈ G, folgt, dass 2p=x∗+y∗, was impliziert, dassx∗ =y∗ da pein Extremalpunkt von Q ist.
Nun wurde aber bereits gezeigt, dass T x−T y /∈V f¨ur alle T ∈ G und damit x∗ −y∗ ∈/ V. Somit folgt x∗ 6=y∗, was den gew¨unschten Widerspruch liefert.
4 Integral-Repr¨ asentationstheorie
In diesem Abschnitt soll der Satz von Krein-Milman umformuliert und verallgemeinert wer- den.
Definition4.1
Sei K eine nichtleere kompakte Teilmenge eines lokalkonvexen Vektorraumes X und x∈X. Dann heißtxdargestellt von einem nichtnegativen regul¨aren Borel-Maß µauf K mit µ(K) = 1, also einem Wahrscheinlichkeitsmaß, wenn gilt
f(x) = Z
K
f dµ, ∀f ∈X0.
F¨ur die Umformulierung des Satzes von Krein-Milman in einen Integral-Repr¨asentationssatz ist folgende Proposition n¨utzlich.
Satz 4.2
Sei K eine kompakte Teilmenge eines lokalkonvexen Vektorraumes X, dann gilt:
Ein Punkt x∈X geh¨ort genau dann zu co(K), wenn ein Wahrscheinlichkeitsmaß µ auf co(K) existiert, dasx darstellt.
Beweis: Ist µein Wahrscheinlichkeitsmaß, dass x darstellt, dann gilt f¨ur jedes f ∈X0 f(x) =
Z
K
f dµ≤sup Ref(K)µ(K)≤sup Ref(co(K)).
Daco(K) abgeschlossen und konvex ist, gilt somit mit dem Trennungssatz von Hahn-Banach x∈co(K).
Sei umgekehrt x∈co(K), dann gibt es ein Netz in der konvexen H¨ulle von K, das gegen x konvergiert. Das heißt es existieren Punkte yα mit yα =Pnα
i=1λαixαi, wobei α eine gerichtete Menge durchl¨auft und λαi >0,P
λαi = 1, xαi ∈K, mit limyα =x.
Nun kann jeder Punkt yα durch das Wahrscheinlichkeitsmaß µα =P
λαiεαxi dargestellt wer- den, wobei εxi das Punktmaß von xi ist, also jenes Maß, das auf jeder Borel-Menge, die xi enth¨alt, den Wert 1 und sonst den Wert 0 annimmt.
Der Darstellungssatz von Riesz liefert nun, dass die Menge aller Wahrscheinlichkeitsmaße auf
K mit einer schwach*-kompakten konvexen Teilmenge vonC(K)0 identifiziert werden kann.
Wegen der Kompaktheit existiert also ein Teilnetzµβ von µα, das in der schwach*-Topologie auf C(K)0 gegen ein Wahrscheinlichkeitsmaßµauf K konvergiert.
Ein Funktionalf ∈X0 ist speziell eingeschr¨ankt aufKstetig. Da wegenyα →xauchyβ →x gilt, folgt
f(x) = limf(yβ) = lim Z
K
f dµβ = Z
K
f dµ.
Korollar 4.3
Der Satz von Krein-Milman ist ¨aquivalent zu der Aussage:
Jeder Punkt einer kompakten konvexen TeilmengeK eines lokalkonvexen Vektorrau- mes wird von einem Wahrscheinlichkeitsmaß mit Tr¨ager E(K) dargestellt.
Beweis:
”⇒“: Setze Y := E(K) und sei x ∈ K. Dann gilt nach dem Satz von Krein-Milman auch x ∈ co(Y) und Satz 4.2, angewendet mit Y als kompakte Menge, liefert, dass x durch ein WahrscheinlichkeitsmaßµaufY dargestellt wird. Setzt man µauf K fort durch 0 außerhalb von Y, so ist die Behauptung gezeigt.
”⇐“: Satz 4.2 liefert mit obigemY undx∈K, dassx∈co(Y) und somit auch inco(E(K))
gilt.
Betrachtet man nun diese ¨Aquivalenzaussage, so erkennt man, dass jedes Repr¨asentations- theorem, das Aussagen ¨uber Darstellbarkeit durch Wahrscheinlichkeitsmaße liefert, deren Tr¨ager die ExtremalpunkteE(K) sind (anstatt des Abschlusses dieser Menge), eine Versch¨arfung des Satzes von Krein-Milman darstellt. Wir wollen, ohne Beweis, zwei Aussagen in dieser Richtung angeben. F¨ur den Beweis siehe [Phelps].
Satz 4.4 (Choquet)
Sei K eine metrisierbare kompakte konvexe Teilmenge eines lokalkonvexen topologi- schen Vektorraumes X und x∈K.
Dann existiert ein WahrscheinlichkeitsmaßµaufK, dasxdarstellt und dessen Tr¨ager inE(K) enthalten ist.
Dieses Theorem ist ein Spezialfall des nachfolgenden Satzes.
Satz 4.5 (Choquet-Bishop-de Leeuw)
Sei K eine kompakte konvexe Teilmenge eines lokalkonvexen topologischen Vektor- raumesX und x∈K.
Dann existiert ein WahrscheinlichkeitsmaßµaufK, das xdarstellt und das auf jeder Baire-Menge, die disjunkt zuE(K) ist, verschwindet.
Literatur
[Rudin] Functional Analysis, Walter Rudin, McGraw-Hill 1991 [Werner] Funktionalanlysis, Dirk Werner, Springer, 2007
[Yoshida] Functional Analysis, Kosaku Yoshida, Springer, 1980
[Phelps] Lectures on Choquet’s Theorem, Robert R. Phelps, Springer, 2001