Blüten der ossetischen Volksdichtung im Auftrage der
Ungarischen Akademie der Wissenschaften gesammelt, über¬
setzt und mit Anmerkungen erläutert von Dr. Bernhard
MunkAcsi. — Budapest: V. Hornyanszky 1932. 246 S.
(Sonderabdruck aus Keleti Szemle XX und XXI).
Dieses leider mit starker Verspätung angezeigte Buch
bedarf keiner Empfehlung mehr, da es längst bei allen Inter¬
essenten die gebührende Würdigung gefunden hat. Es enthält
volkstümliche Texte, die der Herausgeber von fünf osseti¬
schen Kriegsgefangenen gehört und in genauer Lautschrift,
mit durchgehender Angabe der Betonung, aufgezeichnet hat.
Es sind 13 Märchen, 18 Lieder und einige ethnographische
Miszellen, darunter die Namen der Wochentage, Monate und
Feste. Den Schluß bildet ein Wortregister. Alle Texte sind
von einer deutschen Übersetzung und ausführlichen Anmer¬
kungen begleitet, die das Verständnis sehr erleichtern. Häufig
ist auch noch die von den Gewährsleuten selbst in ihrem
charakteristisch fehlerhaften Russisch gegebene wörtliche
Übersetzung angeführt. Alle Märchen, bis auf das verstüm¬
melte Nr. 13, sind im ostossetischen Dialekt erzählt. Sie sind
typisch kaukasisch, im besonderen südkaukasisch, und be¬
weisen damit, wie wenig sich die Märchen in ihrer Verbreitung
durch Sprachgrenzen aufhalten lassen. Das im 1. Märchen
verwertete Motiv von dem unterirdischen Reich, in dem der
Held einen das Wasser absperrenden Drachen tötet und aus
dem er durch einen Adler wieder auf die Oberwelt gebracht
wird, findet sich in zahlreichen kaukasischen Märchen, z. B.
in dem georgischen vom Sprosser und der Nachtigall (Dirr,
Kaukasische Märchen, 1922, Nr. 8) und im awarischen von
„Bärenohr" (SMK 14 Abt. II 102 ff.). Das 2. erinnert an
Dirr, Nr. 30. Nr. 4 (Märchen von den drei Töchtern) beginnt
wie Dirr Nr. 9, geht aber dann anders weiter; über die son¬
stigen kaukasischen Varianten vgl. Bleichsteiner, Kauka¬
sische Forschungen I (Wien 1919) CXI II. Nr. 5 (Vom armen
Fischer) stimmt mit Dirr Nr. 1 (georgisch) genau überein.
Nr. 6 (Der zu Gott wegen Klage gehende Mann) ist gleich¬
falls im Kaukasus weit verbreitet, vgl. Dirr Nr. 3 und Bleich¬
steiner a. a. 0. CXLIf. Nr. 7 (Der Müller und der Fuchs) ist
die kaukasische Fassung des Märchens vom Gestiefelten
Kater; sie ist hier viel schlechter erzählt als die awarische
Dirr Nr. 12. Nr. 10 (Märchen von dem Jäger) berüh -t sich
am engsten mit der von Bleichsteiner a. a. 0. CXLV an¬
geführten gurischen Variante. Nr. 12 (Die drei Brüder) ist
dasselbe Schwankmärchen, das uns durch Andersen als Mär¬
chen vom großen und kleinen Klaus vertraut ist ; auch hierzu
sind mir georgische Varianten erinnerlich, die mehr mit der
vorliegenden übereinstimmen als das von Bleichsteiner,
Caucasica 7, 88 ff. mitgeteilte gurische Märchen vom Lügner
(Crupentela). Von den Liedern sind Nr. 6 a und 17 digorisch,
Nr. 9, 16 und 18 südossetisch, die übrigen ostossetisch. Es
sind Gelegenheitsgedichte auf allerhand Vorfälle und Per¬
sonen aus der jüngsten Vergangenheit, z. T. voll derben
Spottes. Nr. 18, ein Kettengedicht wie unser ,,Es schickt der
Herr den Jochen aus" ist eine recht treue Übersetzung des
georgischen Modi vnaxo venaxi, das allen Anfängern im Geor¬
gischen aus Dirr's kleiner Grammatik S. 144 vertraut ist; es
fehlen bloß die beiden letzten Strophen von der Maus und
der Katze. DEETERS-Bonn
Corpus Juris Ibero-Caucasici. Premiere section: Droit
national georgien codifie.
Tome I^: Code Georgien du roi Vakktang VI, publie pour
la premiere fois en version francaise et annoti par Joseph
Karst. — Straßburg: Heitz & Cie. 1934. VII, 347 S.
Tomel^ (livre premier): Code Georgien du roi Vakktang VI.
Commentaire ou Precis du droit ibero-caucasien par Joseph
Karst. — Straßburg: Heitz & Cie. 1935. VLII, 448 S., 6 Karten.
Mit dieser groß angelegten Veröffentlichung — nach dem
Vorwort zu Bd. 1 ist eine kommentierte Übersetzung sämt¬
licher Teile des Codex Wachtang und außerdem der Gewohn¬
heitsrechte der nordkaukasischen Bergvölker geplant — ver¬
wirklicht Karst ein schon vor über hundert Jahren ins Auge
gefaßtes Unternehmen. Der Begründer der georgischen Philo¬
logie, M. F. Brosskt — dessen Andenken der 1. Band des
vorliegenden Werkes gewidmet ist — war vor seiner Über¬
siedlung nach Rußland mit der Übersetzung der in der
Bibliotheque Nationale befindlichen Abschrift (vom Jahre
1823) des Codex Wachtang betraut worden, aber diese Über¬
setzung ist nie erschienen. So waren die westeuropäischen
Rechtshistoriker, die sich mit dem georgischen Recht be¬
faßten — in erster Linie ist hier Felix Holldack mit seinen
,,Zwei Grundsteinen zu einer grusinischen Staats- und Rechts¬
geschichte" (1907) zu nennen — auf die russische Übersetzung
von A. Frenkel und D. Baeradze angewiesen: „Sbornik
zakonov gruzinskago carja Vachtanga" (Tiflis 1887); diese
beruht auf dem Wortlaut der zu Beginn des 19. Jahrh. für
den amtlichen Gebrauch der Gerichte in den neuen Gouverne¬
ments Tiflis und Kutais angefertigten Übersetzung, die aller¬
dings eher als eine freie Paraphrase des Textes, wie er in den
Handschriften steht, zu bezeichnen ist.
Der vorliegende 1. Band bietet die französische Über¬
setzung des wichtigsten Teiles des Codex Wachtang, nämlich
seines eigenen Gesetzbuches nebst den im 18. Jahrh. dazu¬
gekommenen Bestimmungen. Eine kritische Ausgabe davon
gibt es noch nicht; außer der Pariser Hs. konnte Karst nur
noch den durchaus unkritischen Druck in der 1. Auflage (1846)
der CuBiNov'schen Chrestomathie benutzen. Wo beider Text
keinen guten Sinn ergibt, sieht sich Karst häufig zu Emen¬
dationen veranlaßt, die insofern mißlich sind, als man nicht
wissen kann, ob sie durch die zahlreichen nicht benutzten
Hss. irgendwie gestützt werden; über ihre Notwendigkeit und
Richtigkeit kann man sich schwer ein Urteil bilden, da in den
Anmerkungen gerade nur die georgischen Wörter, die geändert
werden sollen, angeführt werden, nicht der ganze Zusammen¬
hang. Manchmal machen diese Emendationen den Eindruck
des Gewaltsamen, ja grammatisch gar nicht Möglichen, z. B.
§ 16 (S. 70) rom dayi a^des kann nur bedeuten „wenn eine
Prägung drauf ist (wörtlich: sitzt)", denn ^er(eb)a ,, glau¬
ben usw." synkopiert nie das e, das gilt auch für das angebliche
dau^ria S. 92; § 38 (S. 88) daramehels und damcamebdels sind
unmögliche Formen; §57 (S. 104): es gibt nur auöemia ,,er
hat es sich angeeignet", aber nicht a£emia und erst recht
nicht durch Synkope des e daraus hervorgegangene Formen.
Das sind aber nur Einzelheiten; im allgemeinen ist die Über¬
setzung mit der größten Gewissenhaftigkeit vorgenommen.
Der 2. Band bringt in der Einleitung eine ausführliche Biblio¬
graphie und dann einen Kommentar zu einem Teile des
Inhalts des 1. Bandes, systematisch angeordnet in drei Ab¬
schnitten: Prozeßordnung und Gerichtsverfassung, Kriminal¬
recht und Blutbußen, Öffentliches und Verwaltungsrecht.
Er enthält historische Belege aus der georgischen Chronik und
aus den historischen und geographischen Werken des Prinzen
Wachuscht, eines der Söhne Wachtangs VI, Parallelen aus
dem Gewohnheitsrecht der Osseten, Phschawen und Chew-
suren und namentlich eine große Anzahl von in extenso über¬
setzten Urkunden von rechtshistorischem Interesse, meist
aus der Sammlung Sak'art'Delos Si2,veleni (Les antiquites
göorgiennes) von E. Thaqaisvili (3 Bde., Tiflis 1899—1910).
So ist dieser Band für jeden, dem die Originalquellen unzu¬
gänglich sind, eine wahre Fundgrube für die Kenntnis der
gesellschaftlichen Zustände Georgiens vom Mittelalter bis
zum 18. Jahrh. Manchmal überschätzt Karst die Glaub¬
würdigkeit der einheimischen Quellen, z. B. ist das S. 133 f.
angeführte Blutbußen-Patent der Familie T'ulasje, dessen
Echtheit schon Brossbt bezweifelte, allein wegen der für das
Jahr 841 ganz unmöglichen Titulatur wenn nicht eine Fäl¬
schung so doch um Jahrhunderte zurückdatiert. Viel zu ernst
werden die Nachrichten der Chronik über „Kharthlos" und
seine Brüder und Söhne genommen; sie sind gelehrte Er-
fmdung des Leonti Mroveli (11. Jahrh.), denn diese Namen
erweisen sich schon durch ihr -os als Nachahmungen griechi¬
scher Heros eponymos-Namen. DEEXEns-Bonn
Friedrich, Johannes: Einführung ins Urartäische. Gramma¬
tischer Abriß und ausgewählte Texte mit sprachlichen Er¬
läuterungen. — Leipzig: J. C. Hinrichs'sche Buchhandlung
1933. IV, 71 S. (MVAG 37 Heft 3).
Mit dem Erscheinen des Corpus Inscriptionum Chaldi¬
carum (CICh), das die chaldischen (urartäischen) Inschriften
in bequemer Zusammenfassung zugänglich zu machen be¬
ginnt, wuchs auch das Bedürfnis nach einer Einführung in
die Grammatik des Chaldischen, die das bisher Erkannte
übersichtlich zusammenfaßt und es dem Anfänger erspart,
sich durch den Wust der endgültig verworfenen, z. T. auf
falschen Lesungen beruhenden Ansichten durchzuarbeiten;
denn die 1. Lieferung (1928) des CICh war in bezug auf die
Interpretation weit zurückhaltender — wie es einem Corpus
eigentlich auch geziemt — als die 1935 erschienene 2. Liefe¬
rung. Diesem Bedürfnis kommt das vorliegende Buch in aus¬
gezeichneter Weise entgegen. Nachdem sich Friedrich in
mehreren Aufsätzen (in der ZA, den Caucasica und dem
Archiv Orientälni) zu zahlreichen umstrittenen Punkten der
chaldischen Grammatik geäußert hatte, gibt er hier ein zu¬
sammenfassendes Bild von seiner Auffassung der chaldischen
Verbal- und Nominalflexion, die er dann in dem ausführlichen
Kommentar zu den 12 beigegebenen, nach Möglichkeit voll¬
ständig übersetzten Inschriften belegt und stützt. Bei den
vielen Schwierigkeiten, die der eindeutigen und endgültigen
Übersetzung der chaldischen Verbal- und Nominalformen
entgegenstehen, ist dieses Bild notwendig subjektiv; und so
verfehlt der Verf. auch nicht, darauf hinzuweisen, daß viele
Formen von anderen anders aufgefaßt werden. Neu ist hier
seine klare Entscheidung für den ,, passiven Charakter des
Transitivs" im Chaldischen, wodurch es den ihm im Norden
benachbarten kaukasischen Sprachen näher gerückt scheint;
allerdings ist ein grundlegender Unterschied, der stark gegen
eine Verwandtschaft spricht, nicht zu verkennen: das Chal¬
dische bezeichnet die Person am Verbum ausschließlich durch
Suffixe, die kaukasischen Sprachen, soweit sie überhaupt
Personen unterscheiden, fast ausschließlich durch Präfixe.
In der Terminologie will Friedrich ofPenbar den Anhängern
der üblichen aktivischen Auffassung entgegenkommen, wo¬
durch aber die Klarheit leidet. Wenn man mit der passivischen
Auffassung Ernst macht, so muß man die Termini Subjekt
und Objekt nur im grammatisch-formalen Sinne verwenden
und für die realen Gegensätze die Bezeichnungen Täter (Ur¬
heber, Agens) und Ziel (Patiens) brauchen. Man kann dann
für das Chaldäische sagen: Beim transitiven Verbum (wobei
man sich bewußt ist, daß es eigentlich nicht transitiv, sondern
passiv ist) steht der Täter im ^e-Kasus (wofür man gut den
Namen Ergativ brauchen kann), das Ziel im Stammkasus
oder ni-Kasus, und vermeidet dadurch, das Ziel bald ,, Sub¬
jekt" (S. 24), bald Akkusativobjekt (mit [S. 28] oder ohne
[S. 32 u. ö.] Gänsefüßchen) zu nennen und von einem im
Stammkasus stehenden Akkusativobjekt (S. 48) zu sprechen.
Die Tatsache, daß es einen Ergativ gibt und daß das Ziel des
transitiven Verbums dieselben Endungen hat wie das Subjekt
des intransitiven, läßt sich m. E. gar nicht anders erklären
als durch die passivische Verbalauffassung. Es bleiben aber
andere Schwierigkeiten. Da ist zunächst das Suffix -me, das
in aru-me u. a. ,,mir" bedeutet, dagegen in CICh 149 teru-m^e
,,mich": „er setzte mich (auf den Thron der Königsherr¬
schaft)". Nun darf es ja bei passivischer Verbalauffassung
gar kein „mich" geben, terume muß als „ich wurde von ihm
gesetzt" gedeutet werden; -me müßte sowohl „mir" wie ,,ich"
bedeuten, und das wäre nicht unmöglich, da z. B. das geor¬
gische me auch diese beiden Funktionen hat. Warum gibt es
aber dann ein besonderes -di in der 1. Person der intransitiven
Verba? — denn daß die Endungen des intransitiven Verbums
wirklich der Personenbezeichnung dienen, hat ja gerade
Friedrich, Caucasica 7, 61 ff. gegen Götze und Tseretheli
mit Erfolg verfochten. Was sind überhaupt diese verbalen
Suffixe? Daß es „Endungen" sind im Sinne der indogerma¬
nischen Personalendungen, ist für beide Reihen sehr unwahr¬
scheinlich; nach Analogie anderer Sprachen, die zwei Reihen
Verbalsuffixe, für das intransitive und für das transitive
Verbum, besitzen, z. B. des Samojedischen (ähnlich, nur
weniger klar ist es in allen uralischen und altaiischen Spra¬
chen), erwartet man Pronominalaffixe, und zwar in der
intransitiven Reihe das (mehr oder weniger umgestaltete)
Personalpronomen im Stammkasus oder Nominativ, in der
transitiven das Possessivpronomen oder das Personalprono¬
men in einem obliquen Kasus. Der Zusammenhang zwischen
verbalen und nominalen Formen ist in einer solchen Sprache
sehr eng. Daß das im Chaldischen auch der Fall ist, beweist
das Auftreten der nominalen Pluralendung -li in der 3. Person
Plur. der intransitiven und in den auf ein pluralisches Ziel
bezüglichen Formen der transitiven Verben; wenn man an
das deutsche der Mensch weiß — die Mensch-en wiss-en denkt,
erscheint es allerdings nicht ganz ausgeschlossen, daß es sich
bloß um zufällige lautliche Gleichheit handelt; auch könnten
sich unter der Schreibung / sehr verschiedene Laterallaute
verbergen, wenn man im Chaldischen ein Lautsystem ähn¬
lich dem der nordkaukasischen Sprachen voraussetzt. An¬
genommen, es handelt sich um ein und dasselbe -li, so muß
eine Form wie nuna-li „sie sind gekommen" gedeutet werden
als ,,gekommen-e" (wie osmanisch gäldi-lär), entsprechend
ha-itu „sie haben (es) genommen" als ,,genommen-ihr", ha-
itu-li „sie haben sie genommen" als ,,genommen-ior-e". Was
ist aber das -bi in nuna-bi ,,er ist gekommen"?; man erwartet
den reinen Tempusstamm (osmanisch gäldi). Ein anderes -bi
muß das in zadu-bi „ich habe (es) gemacht" sein; es scheint
vom Pluralsuffix verdrängt zu werden: zadu-li „ich. habe sie
gemacht". In der 3. Person Sing, ist das Verhältnis zwischen
den beiden Formen wieder anders: zadu-ni „er hat es ge¬
macht" — zadu-a-li „er hat sie gemacht". Die Formen sind
nicht zu durchschauen; entweder sind sie durch eine lange
historische Entwicklung unkenntlich geworden, oder die
3 i
Schreibung gibt die tatsächhche Lautung nur sehr unvoll¬
kommen wieder.
Mit Recht beschränkt sich Friedrich bei der Bedeutungs¬
bestimmung der chaldischen Wörter auf die rein kombina¬
torische Methode. Zu der „mehr als abschreckendes Beispiel"
auf S. 62 angeführten Verknüpfung von tarani durch Marr
und Mescaninov mit georgisch zamt'ari „Winter" sei noch
hinzugefügt, daß es ein georg. i9ar = t'ar „Winter, Kälte"
ebensowenig gibt wie ein zam „Jahr", und daß die Zerlegung
des Stammes zamt'ar- in die Bestandteile zam und t'ar einzig
durch das Bestreben veranlaßt ist, dieses Wort als eine Kom¬
bination aus zwei der vier mystischen Urwörter der japhethi-
tischen Theorie darzustellen. Ebenso wertlos sind natürlich
etymologische Spielereien mit falsch verstandenen georgischen
Wörtern, wie z. B. Belck's angebhchem thit feri „Eisen",
dem Lehmann-Haupt, CICh Sp. 141 zu viel Ehre antut:
es gibt kein thit, das Metallnamen vorangesetzt wird, sondern
nur ein Wort t'it'beri (auch t'ut'beri, t'vit'p'eri u. ä.), das
gleichbedeutend mit brin^ao ,, Messing, Tombak" gebraucht
wird, von Orbeliani aber als ,,von Natur gelbes Kupfer" im
Gegensatz zu brin^ao, das eine Legierung aus Kupfer und
Zink ist, erklärt wird. Über die Etymologie des Wortes läßt
sich nichts sagen, solange man nicht weiß, welches die älteste
Form ist; Vvit'-p'eri könnte „eigenfarbig" bedeuten.
DEETERS-Bonn
Giorgio Levi Della Vida, Elenco dei Manoscritti arabi isla¬
mici della Bibliotheca Vaticana. Vaticani, Barberiniani,
Borgiani, Rossiani. Cittä del Vaticano: Biblioteca Apo-
stolica Vaticana 1935. (Studi e Testi 67.) XXIX, 347,
41 S. 8°.
Was uns der in der Islamwissenschaft wohlbekannte Verf.
hier nach zweijähriger angestrengter Arbeit vorlegt, ver¬
danken wir der Anregung des verdienten Proprefetto della
Biblioteca Apostolica Vaticana Msg. Eugäne Tisserant. Wie
der Verf. selbst in seinem Vorwort ausdrücklich hervorhebt,
ist es kein eigentlicher Handschriftenkatalog mit einer aus¬
führlichen Beschreibung der einzelnen Handschriften, son¬
dern lediglich ein kurzes Verzeichnis sämtlicher islamisch¬
arabischer Handschriften der Vatikanischen Bibliothek, wobei
islamisch im weitesten Sinne zu verstehen ist, so daß Werke
über Medizin, Astronomie, Mathematik usw. einbegriffen
sind, wenn sie auch von christlichen Autoren herrühren. Aus¬
geschieden sind also nur die rein christlich-arabischen Hand¬
schriften, deren Katalog von Georg Graf vorbereitet wird.
Trotz seiner Kürze ist dieses Verzeichnis aber sehr zu be¬
grüßen; denn die Anfertigung eines ausführlichen Katalogs
hätte die Bekanntmachung der reichen Schätze der Vatika¬
nischen Bibliothek noch um viele Jahre hinausgezögert. Das
Verzeichnis enthält die Inventarisierung von rund 1200 Hand¬
schriften mit über 2000 Schriften, darunter nicht wenige neue
und wichtige Werke. Vor allem umfaßt es 278 jemenische,
meist zaiditische Handschriften, die im Jahre 1922 dem Apo¬
stolischen Stuhle von dem Senator Luca Beltrami ge¬
schenkt wurden und aus der Sammlung des Kaufmannes
Giuseppe Caprotti stammen. Mit dieser Spezialsammlung
reiht sich die Vatikanische Bibliothek auch würdig in die
Reihe jener Bibliotheken ein, die wertvolle zaiditische Hand¬
schriftenbestände haben, so vor allem die Ambrosiana in
Mailand (ebenfalls von Caprotti herrührend), ferner die
Staatsbibliotheken in Berlin, München und Wien (alle drei
Sammlungen von Glaser), das Britische Museum und die Yale
University Library in New Haven (Sammlung Landberg), von
denen die Mailänder Sammlung durch den allzufrüh verstorbe¬
nen EuGBNio Griffini nur zum Teil, die in New Haven nur
durch einen Verkaufskatalog der Firma Harrassowitz (Leipzig
1900) und die Wiener überhaupt noch nicht durch gedruckte
Kataloge oder Verzeichnisse zugänglich gemacht sind. Der
Verf. hat der Beschreibung dieser jemenischen Handschriften
sein besonderes Augenmerk gewidmet und sie ausführlicher
gestaltet als bei den anderen Handschriften; auch war er in
der glücklichen Lage, zum Vergleich ein noch von GniFFixi
aufgestelltes vollständiges Inventar der Ambrosiana heran ziehen zu können.
Außer den neueren Erwerbungen, deren wertvollste wohl
dieser zaiditische Bestand darstellt, sind aber auch die in den
älteren Katalogen (Nr. 1—787 von Stefano Evodio Asse-
MANi beschrieben und von Angelo Mai, Rom 1835, ver¬
öffentlicht, und Nr. 788—929 beschrieben von Agostinq
Ciasca, dem Herausgeber des arabischen Diatessaron, und
ohne Nennung seines Namens von C. Crispo Moncada,
Palermo 1909, veröffentlicht) bereits beschriebenen Hand¬
schriften nochmals untersucht und aufgenommen worden,
da diese älteren Kataloge, namentlich der von Mai, zahlreiche
Ungenauigkeiten und Irrtümer enthalten. Der Verf. ver¬
zeichnet die Handschriften in der Reihenfolge ihrer Aufstel¬
lung in der Bibliothek. Es werden kurz Alter, Größe, Umfang
und Inhalt nach Verfasser und Titel geboten; dann folgt
ein Hinweis auf Brockelmann's Geschichte der arabischen
Literatur und auf Sarkis' Dictionnaire bibliographique. Oft
werden aber auch bei selteneren Werken in dankenswerter
Weise Handschriften anderer Bibliotheken namhaft gemacht.
Wie weit der Verf. seine Nachforschungen ausgedehnt hat,
davon zeugt ein sechs Seiten umfassendes enggedrucktes
Abkürzungsverzeichnis von Handschriftenkatalogen. Dar¬
auf folgt eine systematische Übersicht über die Werke in
24 Gruppen, die wiederum in kleine Unterabteilungen ge¬
gliedert sind; die umfangreichsten sind: Koranwissenschaften,
Theologie, Recht, Mystik, Geschichte und Grammatik. Am
Schlüsse befmdet sich dann je ein Register der Autoren und
Buchtitel, letztere in arabischer Schrift.
Von einer Hervorhebung wichtiger Handschriften und
von einem Vergleich mit Brockelmann's Arabischer Literatur¬
geschichte sehe ich ab, da Brockelmann dieses Verzeichnis
in seinem im Erscheinen begriffenen Supplement bereits mit¬
verarbeitet. Zudem dürfte bei dieser auch an Autographen
reichen Sammlung selbst die Auswahl auch nur des Wichtig¬
sten äußerst schwierig sein. Dem Verf. schulden wir den
wärmsten Dank für diese entsagungsvolle und mit Verständ-
nis und ausgezeichneter Kenntnis der islamischen Literatur
durchgeführte Arbeit, die besonders derjenige erst recht zu
würdigen wissen wird, der sich selbst einmal mit Katalogi¬
sierung und Beschreibung orientalischer Handschriften ab¬
gegeben hat. W. HKFFENiNG-Bonn
J. Wils, De nominale Klassificatie in de Afrikaansche Neger¬
talen. Akademisch Proefschrift. XV -f 522 S. Nijmwegen:
(N. V. Uitgevers-Maatschappij „de Gelderlander") 1935.
Diese Schrift, die ihren Charakter als Dissertation kaum
irgendwo verleugnet, hat ihre Entstehungsgeschichte: Ur¬
sprünglich wollte Wils über die morphologischen Strukturen
der indo-europäischen und kaukasischen Sprachen schreiben.
Wegen des zu großen Umfangs dieser Arbeit kam er von ihr
ausgehend auf das Sondergebiet der hamitischen Sprachen.
Die Unerklärbarkeit der nominalen Klassifikation dieser
Sprachen führte ihn weiter zu den angrenzenden afrikanischen
Negersprachen, in denen er den Schlüssel zur Lösung der bis
dahin ungelösten Probleme der Hamiten-Sprachen zu finden
glaubte. Da auch diese Arbeit noch viel zu umfangreich
wurde, beschränkte er sich dann auf die afrikanischen Spra¬
chen, womit er auch noch 522 Seiten gefüllt hat, ein äußeres
Zeichen des großen aufgewandten Fleißes. Wahrscheinlich
wäre die Arbeit nach dem Grundsatz: multum non multa!
fruchtbarer geworden, wenn Verf. auf dem Wege der Ein¬
schränkungen noch weiter gegangen wäre und sich nur mit
einer Gruppe afrikanischer Sprachen befaßt hätte, seien es
die Bantu- Sprachen oder die von ihm mit Energie als wich¬
tige Sondergruppe verteidigten Nilotischen Sprachen oder
irgendeine andere Sprachgruppe. Aber W. ist von dem
„Totaleindruck" der afrikanischen Sprachen so beherrscht,
daß er sie als ein Ganzes sieht, überall unter den verschieden¬
sten Formen die gleichen Erscheinungen findet, im wesent¬
lichen auch von der ziemlich gleichmäßigen Entstehung der
verschiedensten Völker und Sprachen Afrikas durch allerlei
Mischungen überzeugt ist. Nur so ist es zu verstehen, daß er
sie alle mehr oder weniger über einen Kamm schert, wenn er
ihre nominale Klassifikation in zehn großen Abteilungen
behandelt.
Um einen wenn auch nur flüchtigen Eindruck von der
Fülle des zusammengetragenen Materials und der Gleich¬
mäßigkeit der Behandlung und Beurteilung der verschieden¬
sten Sprachgruppen zu geben, seien die 10 ,, Hauptstücke"
ihrem Inhalte nach ganz kurz skizziert:
I. Die Klassifikation der afrikanischen Neger¬
sprachen zeigt bei einem geschichtlichen Überblick die bis¬
herige Unsicherheit in der Rubrizierung der afrikanischen
Negersprachen.
II. Die äquatorialen und Bornusprachen des
Zentral-Sudan bilden durch vielerlei Mischungen der ein¬
wandernden patriarchalen, totemistischen Viehzüchter mit
den ansässigen matriarchalen Bauern fast unzählbare Sprach¬
splitter, in denen schon Nomen und Verbum unterschieden
werden; durch Einflüsse der Bornusprachen kommt es auch
zur Bildung des Plural als einer besonderen Bewertungs¬
kategorie, sogar Anfänge von Kasus-Bildung und Konju¬
gation finden sich.
III. Die Denkformen der totemistischen und der
matriarchalen Stämme, erstere mit ihrem Sinn für das
Typische, letztere mit ihrem individualisierenden Denken,
schaffen in ihrer Mischung die in II. geschilderten neuen
Wortkategorien und Konkordanzbestrebungen, auch fördern
sie die Kasus-Bildung (Dativ weibliche Variante zum Akku¬
sativ). Hier schließt sich ein etwas verunglückter Exkurs in
die Philosophie (Piatos Ideenlehre) an.
IV. Die West-Sudan-Sprachen mit ihrem auffallen¬
den Mischcharakter, der sich verschiedentlich ausgewirkt hat
a) in der Entwicklung des nominalen Klassen¬
systems: A. bei den Mandingo- und Guineasprachen
1. durch Verdopplung oder durch Suffixe oder durch Präfixe,
2. in der Einführung des Numerus-Unterschiedes, 3. in der
Entwicklung der bantuiden Struktur; B. bei den west-
atlantischen Sprachen durch deutliche Ausprägung des
bantuiden Charakters in allen Sprachgruppen (Ful mit
25 Klassen), wobei ein Übergang von Präfigierung zur Suffi¬
gierung sich konstatieren läßt; C. bei den Voltasprachen
durch Verstärkung der Suffigierungstendenz ; D. bei den
Sprachenklaven von Togo ebenfalls durch die Verstär¬
kung der Suffigierungstendenz; E. ein Beweis für das Vor¬
herrschen des patriarchalen Elements mit seiner Suffigierungs¬
tendenz gegenüber dem matriarchalen mit seiner Präfigie-
rungstendenz, die dann die Nachstellung des in seiner, der
matriarchalen Kultur entstandenen Genetivs durchsetzt,
b) Wirkt sich der Mischcharakter der West-Sudan-Sprachen
in der Entwicklung der Klassenkonkordanz aus:
A. bei der Verbindung von 2 Substantiven, B. bei
der Verbindung von Substantiv und Adjektiv, C. bei
der Verbindung von Substantiv und Verbum, D. in
pronominalen und nominalen Verbindungen und E. im
ferneren Satzbau: In die Unbeweglichkeit und Unver-
änderlichkeit des Satzbaus der älteren isolierenden Sprachen
mit ihrem Überwiegen des totemistischen Elements bringen
die matriarchal orientierten jüngeren Sprachen durch das
Klassenzeichen eine sichere Satzarchitektur, ganz abgesehen
von der Schaffung der verschiedenen Bewertungs¬
kategorien in den einzelnen Klassen. So wird der West-
Sudan die Zuchtanstalt (kweekplaats) für die Bantu¬
sprachen (?).
V. Die nominale Klassifikation der West-Sudan-
Sprachen: 1. Gola, 2. Wolof, 3. Dyola, 4. Serer. In allen
diesen Sprachen spricht die psychologische Wertunterschei¬
dung das entscheidende Wort bei der Einreihung der ein¬
zelnen Nomina in ihre Klassen, die sämtlich Bewertungs¬
klassen sind.
VI. Die Nilotischen Sprachen, nach W. ein Gemisch
von nigritischen und hamitischen Elementen mit Patriarcha¬
lismus und Matriarchalismus, werden im Gegensatz zu Meix¬
hof als Sondergruppe aufrecht erhalten und in den folgenden
4 Abschnitten behandelt: A. Die alte totemistische
ZeltKbrift d. D M 0. Bd. 90 (Neue Folge Bd. 15) 31
Unterlage, der zufolge im Gang und Masai der Plural
auch den Bewertungscharakter trägt; B. die matriar¬
chale Invasion führt den Artikel ein, der von hier auch
in die hamitischen Sprachen übergeht, entwickelt die ban¬
tuiden Klassenzeichen, und bildet eine primitive Art
von Genetiv, wodurch sie die Basis für die spätere ban-
tuide Konkordanz der Klassen schafft. C. Die bantuiden
Vermischungen sind kaum irgendwo so zahlreich wie in
diesem Gebiet, besonders in den Bergen von Süd-Kordofan,
die ein wahres refugium gentium darstellen. D. Der hami¬
tische Einschlag der am Masai, Nandi, Turkana und Suk
gezeigt wird, offenbart sich in der Geschlechtsunterschei¬
dung, die jedoch weiter nichts ist als eine höhere oder niedere
Bewertungsklasse.
VII. Die nominale Klassifikation der nilotischen
Sprachen wird im 1. Mangbetu, 2. Zande und 3. Bari
nach dem schon bei den Westsudansprachen angewandten
Schema A. Menschen, B. Tiere, C. Agrarica, D. Restgruppe
in jeder einzelnen Klasse abgehandelt, wobei im Bari noch
4 Gruppen dazukommen. Wie nicht anders zu erwarten,
werden auch hier alle Klassen als echte Bewertungs¬
klassen dargestellt.
VIII. Die Bantusprachen haben auf der bantuiden
Grundlage ein konsequentes Klassensystem, das jedoch nur
präfigierte Klassenzeichen kennt, mit einer in nominaler wie
pronominaler Beziehung streng durchgeführten Klassen¬
konkordanz aufgebaut und lassen dabei auch die Kasus
deutlich hervortreten, während der Numerusunterschied auf¬
fallend schwach entwickelt ist(??). Von einer Urheimat der
Bantu kann so wenig gesprochen werden wie von einem
Urbantu, das Meinhof darum auch vergeblich (??) sucht,
denn die Bantu sind ein Mischungsprodukt aus sudanischen
Stämmen des Westens und Ostens, zu dem die erste große
Flut aus dem englisch-ägyptischen Sudan gekommen ist.
(Und woher die andern?)
IX. Die nominale Klassifikation der Bantu¬
sprachen wird an drei Sprachen dargestellt: 1. Yaunde»
am Sanaga im Herzen Kameruns, einer Mischung der ältesten
Einwohner Afrikas, der Wule-Stämme mit pygmoidem Cha¬
rakter, mit einem ziemlichen Kontingent von Totemisten und
einer Gruppe von Bantuvölkern ; 2. Kir und i, im äußersten
Nordwesten unsres alten Deutsch-Ostafrika, wo auch eine
dreifache Mischung vorliegt : hamitische Tussi, ackerbauende
Hutu (Bantu) und pygmoide Twa; 3. Oshikuanjama, im
Norden von Südwestafrika. Auch in diesen drei Sprachen
wird jede einzelne Klasse nach dem uns aus V. und VII.
bekannten Schema abgehandelt und natürlich überall der
Nachweis des Bewertungscharakters jeder einzelnen
Klasse versucht.
X. Zusammenfassung und Schlußfolgerungen:
Die bisherigen Ausführungen werden in 22 Punkten zu¬
sammengefaßt, deren wichtigste folgende sind: 1. Im Zentral-
Sudan fmden wir die ältesten Sprachen, 2. von denen die
eine Gruppe (Ituri — Uelle) auf autochthone Totemisten, 3. die
andre (Bornu) auf aus Asien eingewanderte matriarchale
Ackerbauer zurückgeht. 5. Im West-Sudan entstehen durch
vielfache Mischungen die bantuiden Sprachen mit nominaler
Klassifikation, 6. deren Grundlage die subjektive Be¬
wertung der einzelnen Nomina ist. 10. Die bantuiden
Stämme haben dann die heutigen Bantusprachen „kon¬
stituiert", in deren Klassen sich 3 Typen unterscheiden
lassen: A. 15.—18. Korrelative Bewertungsklassen, B. 19. u.
20. Klassen des Numerustypus, C. 21. Funktionsklasse (in¬
finitive und lokale Bestrebungen), D. 22. Die schnell wieder
verfallene feminine Klasse (? wo sind ihre Spuren im Bantu?).
Dann folgt ein Abschnitt über genealogische Klassifika¬
tion, der nichts Neues bringt, und dann einer über andre
Genustheorien, in ihm wird 1. der Bewertungscharakter
der Nominalklassen noch einmal festgestellt. 2. ihre Struktur
als aus einem „Kern" und einer oder mehreren ,, Peripherien"
bestehend erläutert, 3. der Einfluß der soziologischen Ver¬
hältnisse (Totemismus und Matriarchat) geschildert, 4. das
Verhältnis zwischen den ethnologischen Kulturkreisen und
den verschiedenen Typen der nominalen Klassifikation be-
31«
handelt, wobei in einer Auseinandersetzung mit P. Schmidt
dessen Grundunterscheidung von Person und Sache
im bantuiden und Bantu- Klassensystem als totemistische
Korrektur der anfänglich geltenden matriarchalen
Unterscheidung von Maskulinum und Femininum
erklärt wird; 5. in einer ,,Reinterpretation" der geltenden
nominalen Klassen wird endlich die Veränderlichkeit der
Klassen bis hin zum Zwei-Klassen-System z. B. im Bari mit
entsprechenden Veränderungen im Volksleben begründet.
Den Schluß des Ganzen bildet der ,, kosmologische
Aspekt" der nominalen Klassifikation; hier läßt Verf .
das Ziel seiner ganzen Abhandlung deutlich zutage treten,
nämlich den Versuch eines Nachweises des „sakralen Cha¬
rakters" der nominalen Klassifikation. Diesen ihren
„sakralen Charakter" erläutert er durch einen Ausflug in die
alten Kulturen der garnzen Welt: Vor allem weist er auf die
uralte Vierteilung der Welt nach den vier Himmelsrichtungen
hin, deren Spur man in Babylon, auf den großen Sundainseln,
in der Südsee und auch bei den Maya begegnet. Auch im
chinesischen Tao läßt sie sich fmden, denn auch dieses besteht
,, ursprünglich nicht aus 5, sondern aus 4 Grundelementen".
Nimmt man dazu noch den Zenit und den Fußpunkt (,, na¬
dir"), so hat man die 6-Teilung, und fügt man dann noch den
zentralen Kernpunkt („centrale kernpunt") hinzu, so ist die
7-Teilung da. (Wirklich: Ex nihilo omnia fit!) Im Anschluß
an die Untersuchungen von Torrend im Tete am Sambesi,
denen auch van Ginneken zustimmt, macht er sich dessen
Grundlegung einer 6-Teilung der nominalen Klassen
im „Anschluß an die 6 Schöpfungstage" zu eigen, weil
dadurch die Bewertungsfaktoren der verschiedenen
Klassen ihre besondere Bedeutung, heißt doch wohl ihren
„sakralen Charakter" bekommen, denn nach Torrend
muß bei den Tete wenigstens „die Klassifikation der Dinge
nach den Schöpfungstagen zu dem ursprünglichen geistlichen
Volksbesitz gehört haben". In dieser Erkenntnis sieht Wils
bei Torrend ein „feines Anfühlungsvermögen an die psycho¬
logischen Verhältnisse", das höher zu bewerten sei als die
größere wissenschaftliche Exaktheit z. B. eines Meinhof.
Mit dieser auch die wissenschaftliche Arbeit des Verfassers
trefflich charakterisierenden Anerkennung Torrend's schließt
das Buch.
Beigegeben sind ihm außer 3 Karten noch 37 Thesen, von
denen jedoch nur ein knappes Drittel mit seinem Inhalt in
Beziehung steht. Die wichtigsten Thesen sind die beiden
ersten, weil sie Ziel und Absicht des Verf. klar herausstellen,
sie lauten: 1. Die nominale Klassifikation in den Bantu¬
sprachen trägt einen ,, sakralen Charakter". 2. Die durch
Meinhof gegebene Charakteristik der ersten Zweizahl korre¬
spondierender Bantuklassen (1. muiba bezeichnet den Men¬
schen als selbständig handelnde Persönlichkeit, 2. mu:mi
Belebtes, aber nicht Persönliches) ist nicht richtig. Es galt
also positiv den ,, sakralen Charakter" des Klassensystems
der Bantusprachen und negativ die Unrichtigkeit der Mein-
HOF'schen Definition der beiden ersten Bantuklassen zu er¬
weisen. Wenn jedoch irgend etwas je mißglückt ist, dann ist
es der Nachweis des ,, sakralen Charakters" der Bantuklassen,
denn trotz jener Behauptung Torrend's, die nur auf kritik¬
loser Hinnahme von falschen Informationen durch katho¬
lische Christen beruhen kann, ist es eine psychologisch un¬
mögliche Vorstellung, daß irgendein Bantuvolk, das seit
Urväter Zeiten nie etwas von einem 6-Tagewerk Gottes ge¬
hört hat, darauf die 6-Teilung seiner viele Jahrhunderte,
vielleicht Jahrtausende alten Nominalklassen basiert haben
soll. Darüber ist weiter kein Wort zu verlieren, so schön das
auch zu den ,,waardeerings-kategorieen" von \Vil.s gepaßt
hätte, die ja in engstem Zusammenhang stehen einmal mit
dem von ihm behaupteten ,, sakralen Charakter" der Nominal¬
klassen und zum andern mit dem Bilde von dem Werden
der afrikanischen Völkerwelt, wie es sich ihm darstellt.
Wir wollen zunächst versuchen über das letztere zur Klar¬
heit zu kommen, was nicht so ganz einfach ist, weil sich W.
hier selbst widerspricht: Die Nordafrikaner: Ägypter, Ber¬
ber usw. bleiben außerhalb des Rahmens seiner Konstruktion
der Völker- und Sprachgeschichte Afrikas; das ist begreiflich.
da sie keine „Neger" sind. Dagegen fällt es auf, daß auch die
Hottentotten, Buschmannvölker und Pygmäen so gut wie
ganz beiseite liegen bleiben, nur mal so eben gestreift werden :
und noch merkwürdiger ist bei der Entstehungsgeschichte
des Buches, daß die Hamitensprachen, abgesehen von ge¬
legentlichen Erwähnungen, auf nur 4^/2 Seiten abgehandelt
werden, wogegen W. vielleicht sagen wird: sie sind mit den
nilotischen Sprachen zusammengefaßt. Eingehende Würdi¬
gung finden die Sudan-Völker und -Sprachen im weitesten
Sinne des Wortes, also inkl. der nilotischen Sprachen, und
die große Bantu- Gruppe. Wie sich W. den Urzustand Afrikas
denkt, ist, wie gesagt, nicht klar: Im „Hauptstück II" redet
er von einwandernden patriarchalen Viehzüchtern, die über
die ansässigen matriarchalen Landbauern in der Urzeit ge¬
kommen sind, und in der Zusammenfassung in ,, Haupt¬
stück X" führt er in Punkt 2 und 3 im ältesten Sprachgebiet
die Ituri-Uelle-Gruppe auf autochthone Totemisten und die
Bornugruppe auf aus Asien eingewanderte matriarchale
Ackerbauer zurück. Da er auch in „Hauptstück IV" Unter¬
abteilung II E und in ,, Hauptstück VI" von einer alten tote¬
mistischen Unterlage und einer jüngeren matriarchalen In¬
vasion redet, scheint es fast so, als nähme er als Ureinwohner
Afrikas „autochthone Totemisten" (Jäger?, Pygmäen?) an,
deren erste Beimischung jene ,,aus Asien einwandernden
matriarchalen Ackerbauer" darstellen. Darüber kamen dann
wieder „patriarchale totemistische Viehzüchter" (woher?
wieder aus Asien?), und über diese wieder eine ,, bäuerliche
Invasion matriarchal orientierter Stämme" (woher?). Die
hamitische Einwanderung scheint er in erheblich spätere Zeit
zu verlegen. Ein klares Bild ist um so weniger zu gewinnen,
als einmal die Frage: Und die Hottentotten? unbeantwortet
bleibt, und andrerseits auch W. die Pygmäen und Busch¬
männer (?) als die afrikanische Urbevölkerung anzusehen
scheint. So wenig durchsichtig diese Dinge bei W. auch sind,
sie bilden nicht die ausschlaggebende Grundlage für das
Thema des Buches. Die Hauptsache ist, daß W. aus den
vielen, sich immer wiederholenden Mischungen und Kreu
Zungen von patriarchalen Viehzüchtern, totemistischen Jä¬
gern und matriarchalen Landbauern sich die heutigen Völker
und Sprachen Afrikas entstanden denkt, und zwar glaubt er,
daß die große Masse dieser unaufhörlichen Mischungen im
West-Sudan, einige auch im Zentral-Sudan und nur ganz
wenige im Ost-Sudan stattgefunden haben. Bei den Bil¬
dungen der verschiedenen Sprachen sieht er in den matriar¬
chalen, also bäuerlichen Schichten, die am meisten wirksamen
und fruchtbaren Faktoren, denen gegenüber sich dann immer
wieder die patriarchalen Elemente mit teils mehr, teils weniger
Erfolg durchzusetzen versuchten. Als Fazit ergibt sich hier¬
aus, daß nach W. alle Sprachen Afrikas in den verschiedenen
Gruppen im wesentlichen aus dem gleichen Material gebildet
sind, daß nur die Mischung der verschiedenen Elemente in
den einzelnen Sprachen verschieden ist. Hätte W. mit dieser
Auffassung der Entstehung der verschiedenen ,, Neger¬
sprachen" recht, dann müßte sich unter allen Umständen ein
nicht unbeträchtliches gemeinsames Sprachgut auffinden
lassen. Wie steht es damit?
W. selbst gibt zur Beantwortung dieser Frage nach dem
gemeinsamen Sprachgut der ,, Negersprachen" kaum eine
Handhabe, da er nur ganz selten, wie z. B. in dem kurzen
Abschnitt über die Hamiten-Sprachen, Originalworte an¬
führt, im allgemeinen sind seine großen Wortüsten franzö¬
sisch oder deutsch, bisweilen auch mal englisch, je nach den
Quellen, aus denen er geschöpft hat. Aber W. selbst wird zu¬
gestehen müssen, daß es bisher noch keinem Forscher, nicht
einmal solchen Spezialisten wie Westermann und Mbinhof,
gelungen ist, irgendwie nennenswertes gemeinsames Sprach¬
gut von Sudan- und Bantu- Sprachen oder von Bantu- und
Hamiten-Sprachen nachzuweisen, so sehr sie auch danach
gesucht haben. An diesem Tatbestande des vollkommen
eigenen Wortschatzes jeder der großen afrikanischen Sprach¬
gruppen muß die WiLs'sche Hypothese eines gemeinsamen
Ursprungs aus nur verschieden differenzierten Mischungen
der im wesentlichen bei allen gleichen Grundelemente schei¬
tern und in sich zusammenbrechen. Ist innerhalb der ver-
schiedenen Sprachgruppen der „afrikanischen Negersprachen"
das gemeinsame Sprachgut auch sehr verschieden groß, so
ist doch etwas wenigstens aufzufinden gewesen: Für die
Hamiten-Sprachen hat Meinhof, für die Sudan-Sprachen
Westermann es nachgewiesen; ist in beiden Fällen der Um¬
fang solchen gemeinsamen Sprachgutes innerhalb der eigenen
Sprachgruppe auch recht bescheiden, so ist es doch wenig¬
stens da. Um so beträchtlicher ist es innerhalb der Bantu¬
sprachen.
Hier ist der Ort, ein Wort über das ,, Urbantu" zu sagen,
um das Meinhof und ihm folgend auch andre sich bemüht
haben: W. scheint nicht erfaßt zu haben, was alle diese For¬
scher mit dem Urbantu wollen ; keiner von ihnen denkt daran,
die Ursprache, die die Bantu vor Jahrtausenden vielleicht
gesprochen haben, zu rekonstruieren. Es handelt sich viel¬
mehr bei dem Urbantu lediglich darum, das den Bantu¬
sprachen gemeinsame Sprachgut darzustellen, und zwar in
der Form darzustellen, welche diese Worte gehabt haben
müssen, als sie in die Bantusprachen aufgenommen wurden,
sei es nun, daß sie in ihnen spontan entstanden sind, sei es,
daß sie von anders woher entnommen wurden. Es ist Mein¬
hof's bleibendes Verdienst hier ein für alle Zeiten festbleiben¬
des Fundament gelegt und in seiner „Lautlehre der Bantu¬
sprachen" den Weg zur Auffindung der Urwortformen in den
Bantusprachen gewiesen zu haben. Dieser Weg führt aller¬
dings nur dann zum Ziele, wenn er unter sorgsamster Be¬
obachtung der Lautgesetze der einzelnen heute gesprochenen
Bantusprachen beschritten wird, wie Meinhof selbst es getan
hat. Hat man an der Hand des MEiNHOF'schen Urbantu in
einer fremden Bantusprache mal erst einige Worte festgestellt
und aus ihnen sich die Lautgesetze der betreffenden Sprache
abgeleitet, was bei Anwendung phonetischer Akribie nicht
allzu schwierig ist, dann kann man mit Leichtigkeit eine
ganze Reihe von Worten in dieser einem bisher fremden
Sprache selbst bilden bzw. aus dem vorliegenden Wortschatz
ohne weiteres als das erkennen, was sie sind. Ein Beispiel
möge das kurz illustrieren: Bei einer südafrikanischen Reise
rastete ich mit meinem Reisebegleiter, einem älteren Missio¬
nar, unter einem wundervollen „Kameldorn-Baum" und
fragte ihn nach dessen Namen. Als er ihn nicht nennen
konnte, konstruierte ich ihn mir aus seinem Suahelinamen
mgunga folgendermaßen: Das Klassenpräfix m- des Suaheli
wird im Sotho zu m- (eigentlich mo-), vor Vokalen mw-,
stammhaftes g fällt im Sotho aus, u wird o, ng wird k, also
muß m-gunga zu mw-oka werden. Als ich ihm dies sagte, rief
er unsern eingeborenen Fahrer und fragte ihn nach dem
Namen des Baumes, worauf dieser ohne Besinnen antwortete:
niwoka. Dies eine Beispiel, dem man Hunderte andrer an¬
schließen könnte, zeigt, wie fruchtbar Meinhof's Lautlehre
ist, und so ist denn die Bantuistik durch nichts so gefördert
worden wie durch Meinhof's Urbantu, es muß nur richtig
verstanden und richtig gebraucht werden. Auf diese Weise
wächst unsre Kenntnis des den Bantusprachen gemeinsamen
Sprachgutes beständig weiter. Hätte W. mit seiner Hypo¬
these, daß die Bantusprachen im West-Sudan „gezüchtet"
worden seien, recht, dann müßte unter allen Umständen solch
gemeinsames Sprachgut zum mindesten für die Sprachen
des West-Sudan und die Bantusprachen sich nachweisen
lassen, aber es findet sich nicht einmal im Ful, das den Bantu¬
sprachen in mancher Beziehung (Klassifikation) nahe steht.
Die Unwahrscheinlichkeit der „Züchtung" der Bantusprachen
im West-Sudan erhellt auch aus folgender Tatsache: Das
schon eben genannte Suaheli der afrikanischen Ostküste
steht seit uralten Zeiten unter sehr starkem arabischen Ein¬
fluß, wodurch eine Menge arabischer Worte ins Suaheli ein¬
gedrungen sind. Aber trotz allem hat das Suaheli seinen
reinen Bantucharakter durchaus bewahrt, er ist in keiner
Weise semitisch infiziert, was doch wirklich nahe genug ge¬
legen hätte. Bei diesem sich hierin offenbarenden Charakter
der Bantusprachen: große Beweglichkeit gegenüber fremdem
Sprachgut, aber absolut strenger Konservativismus gegen¬
über der eigenen Struktur der Sprache, ist es undenkbar, daß
sie im West-Sudan entstanden sein könnten, ohne westsuda¬
nisches Sprachgut, sei es auch nur im allerbescheidensten
Umfang, aufzunelimen, und ebenso undenkbar ist auch,
daß sie sich andrerseits ihre ganze Struktur hätten von den
westsudanischen Sprachen aufprägen lassen.
Auch zu der ,,Bewertungs-" (waardeering) Theorie
von Wils muß noch folgendes gesagt werden, weil sie für ihn
das A und 0 nicht nur aller nominalen Klassifikation, sondern
auch der Artikelbildung darstellt: Greifen wir zunächst be¬
liebig eine Sprache aus den westsudanischen Sprachen heraus,
das Wolof mit seinen 8 Klassen: 1. Kl.: Die ,, allerhöchst be¬
werteten Sachen" umfaßt ausschließlich Personen, aber dar¬
unter z.B. Feind! 2. Kl.: Die „hochbewerteten Sachen":
neben anderen auch Krankheiten, Gebrechen usw. ; unter den
Tieren: Hyäne u. a. Sind das wirklich „hochbewertete
Sachen"? 3. Kl. : Die „mäßig hochbewerteten Sachen":
Freund, Familie der Mutter, Honig, Butter, Liebe, Schat¬
ten usw. Sind das wirklich nur ,, mäßig hochbewertete
Sachen"? 4. Kl.: Die „bewerteten Sachen", d. h. im Vergleich
zu den andern Klassen, die minderbewerteten Sachen:
Elefant, Ochse, Baumwolle, Korn, Goldschmuck, mensch¬
liche Nahrung usw. Wir fragen: Sind das für Neger wirklich
minderbewertete Sachen? 5. Kl.: Die „gewöhnlichen Sa¬
chen": Junge Witwe, Eilbote, Seeschildkröte, Hase, allerlei
Hausgerät. 6. Kl.: Die „feminine Klasse". 7. Kl.: ,, Sachen,
bei denen der ,globale Totaleindruck' überwiegt": Sturm,
Schaum, Morgenröte, Schweiß, Vorhaut, Hals, Hüfte usw.,
dann aber auch: Schaf, Schwein, Schlange, Marabu, Höhle,
Hut usw. 8. Kl.: ,, Nomina ohne Numerus." Dieser kurze
Auszug zeigt die große Schwierigkeit, ja Unmöglichkeit einer
Erklärung der nominalen Klassifikation, wenn man ihr die
„Bewertungskategorien" als Maßstab zugrunde legt; daß
z. B. Goldschmuck und menschliche Nahrung bei einem
Negervolk „minderbewertet", dagegen Krankheiten und
Gebrechen „hochbewertet" sind, ist eine Unmöglichkeit, die
W. sicher auch empfunden hat. So kam es wohl, daß er die
einzelnen Klassen bzw. die in ihnen eingereihten Worte in
einen „Kern" und eine oder mehrere „Peripherien" teilte;
aber trotzdem sah er sich doch oft gezwungen, noch eine
„heterogene" Gruppe zuzugestehen, was ihn hätte stutzig
machen müssen, es aber leider nicht getan hat. Bei den
Bantusprachen sieht es nicht anders aus als bei den West-
Sudan-Sprachen. Sehen wir uns hier mal das Yaunde an:
1. KL: Die „sehr hochbewerteten Sachen": Personen, dar¬
unter Verräter, Arbeiter, Träger, Bösewicht, Gespenster usw.,
dann aber auch Krankheiten wie Krebs und Blatternil Dann
unter den Tieren: Motten, Skorpione, kleine Fische, Spinn¬
gewebe usw.! Wo bleibt da die „sehr hohe Bewertung"?
2. Kl. : Die „hochbewerteten Sachen" : Personen wie Häupt¬
ling, Europäer, Zwilling, Witwe, Zauberer, Krüppel, Aus¬
sätziger, Kriegsgefangener usw., unter den Tieren neben
Schaf und Antilope auch Wildkatze, Fliege, Frosch usw. Wo
bleibt die „hohe Bewertung"? Ferner gehören hierher:
Bäume, hölzerne Geräte, Grasland usw. 3. KL: Die ,, bewer¬
teten Sachen": Personen, bei denen die Entwertung deutlich
sein soll, „gedeprecieerde figuren", z. B. Sklaven, dann aber:
kleines Kind, ältere Frau, Lieblingsfrau, Freund, Freund¬
schaft usw. Wo steckt die „Entwertung"? Ferner gehören
hierher unter den Tieren z. B. Laus, Ratte usw., aber auch:
großer Fisch, Wild, Löwe, Pferd usw., ferner: Geschenk,
heilig, Friedensfahne, Sieg usw. Man fragt erstaunt: Wo ist
da die „Entwertung"? Und so geht es die Klassen hindurch.
Die gegebenen Beispiele genügen, um die Unmöglichkeit der
nominalen Klassifikation nach „Bewertungsgraden" darzu¬
tun. Die 2. Yaunde- Klasse nimmt W. als Musterbeispiel, um
seine These 2 zu erhärten, d. h. um zu beweisen, daß Meinhof's
Definition dieser Klasse als ,, Belebtes, aber nicht Persön¬
liches" nicht richtig ist. Wenn W. gegen Meinhof polemi¬
sieren will, wozu ihm niemand das Recht bestreiten wird,
dann sollte er aber mindestens das, was M. zu dieser Klasse
sagt, bis zu Ende lesen; dann hätte er gesehen, daß M. in
dieser Klasse als erste hierher gehörende Wortgruppe solche
Worte anführt, die ,,den Menschen als nicht selbständig han¬
delnde Persönlichkeit, sondern als Organ eines andern" kenn¬
zeichnen. Wenn wir nun an diesem Maßstab die von VV. gegen
Meinhof angeführten Worte messen, was ergibt sioh d.-^?
3
Zauberer: er handelt nach Bantuanschauung, und darauf
kommt es doch allein an, nicht aus eigenem Können, sondern
aus der Macht finsterer Mächte, besonders der Geister der
Unterwelt, ist also ihr Organ, sie wirken durch ihn. Ältester
Sohn: Der älteste Sohn ist als werdender Vertreter der Sippe
durch die Sippe in allen seinen Handlungen ganz anders ge¬
bunden und bestimmt, als die übrigen Familienglieder, er
handelt ganz gewiß nicht selbständig nach freiem Ermessen.
Der Europäer: Überall in Afrika wird ein Europäer als Ver¬
treter der weißen Rasse, als Beauftragter der Regierung oder
einer Firma usw. angesehen, auch er gilt also nicht als selb¬
ständig handelnde, sondern als durch Rasse usw. gebundene
Persönlichkeit. Es stände manches in Afrika besser, wenn
jeder Europäer sich auch in diesem Lichte sehen würde, wie
die Yaunde ihn sehen. Mit einer minderen oder höheren Be¬
wertung hat also seine Bezeichnung wirklich nichts zu tun,
wenn er z. B. im Kirundi sogar in der 3. KI. erscheint, er
heißt dort nämlich igi-tuku. Nicht anders ist es mit dem
Häuptling, der auch nie ein freihandelnder Mensch ist, denn
auch er sieht sich genau so an, wie seine Leute ihn ansehen,
als Organ seines Volkes. So bricht der ganze von der 2. Kl.
des Yaunde her gegen Meinhof's Definition dieser Klasse ge¬
führte Sturmangriff restlos in sich zusammen, ja die Waffen
von Wils kehren sich gegen ihn selbst: Der Zauberer steht
bei allen afrikanischen Völkern in höchster Achtung wegen
der geheimen Kräfte, über die er verfügt; er müßte also nach
W. unbedingt in Kl. 1, der Klasse der ,,sehr hochbewerteten
Sachen" eingereiht sein statt in Kl. 2 des Yaunde. Und nun
gar erst der Europäer! Er ist für jeden Eingeborenen der am
höchsten stehende Mensch, ja ein Übermensch, in Urundi
sogar ein halber Gott. Da ist es undenkbar, daß er im Yaunde
in der 2., im Kirundi gar erst in der 3. Kl. erscheinen könnte,
wenn die Bewertungstheorie zu Recht bestünde. Ebenso ist
der älteste Sohn bei allen afrikanischen Völkern höher ge¬
achtet als die andern, müßte also auch unbedingt in der
1. Kl. erscheinen, nicht erst in der zweiten. Und der Häupt¬
ling? Und die Lieblingsfrau? Auch hier erhellt ohne weiteres.
daß hier nur die 1. Bewertungsklasse in Frage kommen
könnte, wenn die Klassen wirklich ,, Bewertungsklassen"
wären. Und was soll man erst dazu sagen, wenn im Kirundi
der Name für Gott (Imana), obwohl Gott durchaus als Person
in Urundi vorgestellt wird, in der Klasse der „Sachen, bei
denen der globale Totaleindruck überwiegt", erscheint, also
in einer Klasse, die gar keiner Bewertung unterliegt? Wie
kann der Name Gottes, den nie jemand gesehen, der als per¬
sönliches überirdisches Geistwesen gilt, von dem niemand je
einen „globalen Totaleindruck" empfangen hat in eine Klasse
eingereiht werden, die ausgerechnet nichts als den „globalen
Totaleindruck" nach W. bezeichnet? Also auch hier die Un¬
möglichkeit der nominalen Klassentheorie von W., der tat¬
sächlich mit seinen eigenen Waffen geschlagen wird.
Und nichts anderes ist es mit dem Artikel, der von W.
auch als „Bewertungsfaktor" erklärt wird, z. B. im Masai
und anderen nilotischen Sprachen. Wenn hier der männliche
Artikel des niedrigen dreibeinigen Stühlchens ol-origha damit
erklärt wird, daß dasselbe ein so ,, wichtiges Stück Möbel ist,
daß es nur in der höchsten Bewertungsklasse seinen Platz
finden kann", so kann man nicht umhin, zu lächeln. Wenn
W. das von den Kamba sagen würde, hätte es einen ge¬
wissen Sinn, denn die Kamba trennen sich von ihrem Stühl¬
chen nicht, nehmen es, über die Schulter gehängt, sogar auf
weite Wanderungen mit. Aber die Masai! Sie begnügen sich
mit einem Stückchen Fell u. dergl., für sie ist ein Stühl¬
chen kein so ,, wichtiges Stück Möbel", nicht einmal zum
Melken gebrauchen sie es. So ist die oben von W. gegebene
Erklärung dasselbe, als wollte man im Deutschen die drei
Artikel als drei Bewertungskategorien erklären. Jeder, der
es im Deutschen versucht, kann die Sache sofort ad absur¬
dum führen, wenn er nur die Geschlechter von: der Mund,
die Nase, das Auge so erklären will.
Wie und wo man die Sache auch angreifen mag, überall
ergibt sich die höchste Unwahrscheinlichkeit, ja Unmöglich¬
keit der ,, waardeerings-kategorieen" als Prinzip der nomi¬
nalen Klassifikation in den „afrikanischen Negersprachen";
sie, die „Bewertungs-Kategorien", können den „sakralen
Charakter" der Klassifikation so wenig dartun, wie es die
Zugrundelegung des 6-Tage-Werkes der Schöpfung gekonnt
hat. Da hilft, wie wir oben gesehen haben, auch nicht die
Zerlegung der einzelnen Klassen in einen „Kern" und eine
oder mehrere „Peripherien".
Zum Schluß muß noch eine Frage berührt werden, die
Wils auch klären wollte, nämlich die nach der Entstehung
der Klassenzeichen: Nach W. haben sich die bantuiden
Klassenzeichen aus dem Artikel entwickelt, der sich in den
nilotischen Sprachen — alles nach W. — langsam durch¬
gesetzt und auch als „klassifizierende Funktion und Be¬
wertungsfaktor", wie eben gezeigt wurde, ausgewirkt hat.
Wie nun die Entstehung der bantuiden Klassenzeichen daraus
im einzelnen vor sich gegangen ist, sagt W. ebensowenig, wie
er deren Weiterentwicklung zu den Bantu- Klassenpräfixen
auch nur versucht klarzulegen. Wir haben schon oben die
Unmöglichkeit einer „Züchtung" (kweeking) der Bantu¬
sprachen im West-Sudan beleuchtet, sie wird durch die
Zurückführung der Bantu-Präfixe bis auf den Artikel der
Hamiten- bzw. nilotischen Sprachen nicht etwa wahrschein¬
licher, auch nicht dadurch, daß W. für das Bantu ein Zu¬
nehmen der Klassen an Zahl glaubt konstatieren zu können,
während gerade das Umgekehrte der Fall ist, wie man z. B.
noch gut im Kirundi sehen kann, wo sich noch Reste der
sonst längst in den meisten Bantusprachen verschwundenen
/cu-Klasse, ursprünglich kü-, finden, die W. gänzlich zu Un¬
recht mit der Lokativ-Klasse ku- und mit dem Infinitiv
zusammenbringt. Aber das führt hier zu weit. Auch die alte
yu-Klasse, die sich z. B. noch im Konde am Nyassa findet,
ist zumeist ganz verschwunden. Kurz, die Klassen im Bantu
nehmen nicht zu, sondern ab. Die westsudanische „Züchtung'*
oder, wie es an andrer Stelle heißt, „Konstituierung" von
Bantusprachen wird endlich auch durch die Behauptung einer
„auffallend schwachen Entwicklung der Numerusunterschei¬
dung" in den Bantusprachen nicht wahrscheinlicher, denn
auch diese Annahme von W. ist unbegründet: Von Sprachen,
die im Plural unterscheiden, ob es sich um eine Mehrheit von
einzeln oder paarweise vorhandenen Dingen handelt, die auch
im Singular es deutlich hervortreten lassen, ob es sich um
eine Einheit von nur zweien oder um eine solche von mehreren
oder vielen handelt, die daneben noch diverse Kollektiv-
begrifle wie Herde, Schwärm, Laub usw. usw. haben, kann
man wirklich nicht sagen, daß die ,,numerusdistinctie" auf¬
fallend schwach entwickelt ist, das Gegenteil ist der Fall.
Wie W. auf den Artikel der nilotischen Sprachen die Ent¬
stehung sowohl der bantuiden, als auch in weiterer Folge die
der Bantu- Klassenzeichen zurückzuführen sucht, so will er
aus ihm auch das grammatische Geschlecht der Ha¬
miten-Sprachen hervorgegangen sein lassen, denn nach ihm
stellen die Hamitensprachen ,, wahrscheinlich" nichts weiter
dar als das Resultat der aufeinanderfolgenden Vermischungen
von den Sprachen der eingedrungenen (woher?) Viehzüchter
mit der autochthonen Bevölkerung Afrikas, eine Mischung,
zu der sicher noch matriarchale Elemente (woher?) mit ihrem
starken Einfluß hinzugekommen sind. Daß W. diese Erklä¬
rung der Entstehung der Hamitensprachen gegenüber seinen
sonstigen apodiktischen Thesen als nur ,, wahrscheinlich" be¬
zeichnet, beweist, wie unsicher er sich selbst dabei fühlt.
Andern Leuten wird sie um so unwahrscheinlicher sein,
als sie von der Voraussetzung ausgeht, daß der Artikel erst
in Afrika aus den nilotischen in die Hamitensprachen ein¬
gedrungen ist, so daß in der Folge bei diesen ,,die Ge¬
schlechtsunterscheidung weniger eine sexuell-biologische, als
vielmehr eine allgemeine Bewertungsunterscheidung (waar-
deeringsdifferentiatie) bezeichnet". Und das bei Viehzüchtern !
So stoßen wir bei W., wo immer wir hinsehen mögen, ob
auf die Frage nach der Herkunft des grammatischen Ge¬
schlechts, des Artikels, der Klassenbildung, oder was es sei,
überall auf die ,, Bewertungstheorie" als die in allen diesen
Fragen die allein maßgebende und entscheidende, sie ist eine
Art Zauberstab, der alle verschlossenen Türen öffnet und alle
Dunkelheit erleuchtet. Und doch entspricht diese Theorie so
ganz und gar nicht afrikanischem Denken um! Kinplindon.
denn der Afrikaner fragt und grübelt nicht, was wohl „sehr hoch", was nur ,,hoch", was ,, mäßig" oder ,, minder" oder
sonstwie zu bewerten ist, sondern er schaut die FJinge und
Menschen einfach an, ohne über sie zu philosophieren oder
ein ,, subjektives Werturteil" über sie abzugeben. Diese An¬
schauung im eigentlichsten Sinne des Wortes geht so weit,
daß der Afrikaner nicht nur die Umwelt anschaut, sondern
auch das um ihn her sich vollziehende Geschehen genau so
anschaut, wie wir etwa ein Bild besehen. So kommt es, daß
ihm sogar unser Zeitbegriff fremd ist, dasselbe Wort für Ort
und Zeit in vielen Sprachen gebraucht wird. Sehr charakte¬
ristisch für diese Anschauung auch des zeitlichen Gescheliens
ist es, daß in vielen Bantu-Sprachen, z. B. auch im Kirundi,
dasselbe Wort (im Kirundi ejo) gestern und morgen, ein
anderes vorgestern und übermorgen, wieder ein anderes die
längst entschwundene Vergangenheit wie die späte Zukunft,
bezeichnet, eben weil der Afrikaner das Geschehen einfach
nur anschaut, wobei es ihm nur darauf ankommt, ob es jetzt
ist oder eben nicht ist; wenn es schon gestern war oder erst
morgen sein wird, so ist es in beiden Fällen vom Jetzt gleich¬
weit entfernt, daher eben dasselbe Wort für gestern und
morgen. Wollen wir darum ,,in den afrikanischen Neger¬
sprachen" das Geheimnis der ,, nominalen Klassifikation" er¬
gründen, so dürfen wir dabei uns in keiner Weise von Ab¬
straktionen leiten lassen, wie die ,, Bewertungstheorie" doch
eine ist, sondern dürfen nur von der Anschauung ausgehen
und müssen sorgfältig achtgeben, daß wir auch bei der .\n-
schauung bleiben. Darum hat die alte Klassifizierungs-
melhode trotz Wm.s, ja gerade wegen seines offenbaren Irr¬
weges, immer noch ihr gutes Recht, weil sie im wesentlichen
auf der Anschauung beruht: Menschen, a) selbständige,
b) solche, die Organe oder Eigentum eines andern sind.
Bäume, Tiere, Werkzeuge, Flüssigkeiten usw., wobei sofort
wenn auch nicht alle, so doch große und die hauptsächlichsten
Wortgruppen der betreffenden Klasse erfaßt werden, die
auch sofort einen klaren Eindruck von dem Inhalt und der
Bedeutung der einzelnen Klassen geben.
Wäre zu dem Buch von Wils im einzelnen auch noch
vieles zu sagen, auch einzelne Irrtümer zu berichtigen, wie
z. B., daß Urundi nicht enghsches, sondern belgisches Mandat
ist, usw. usw., so dürfte doch das Gesagte genügen, den Inhalt
des Buches, wie die wissenschaftliche Methode von W. zu
charakterisieren. Zusammenfassend muß anerkannt werden,
daß W. eine ganz erstaunliche Fülle von Material gesammelt
hat und dadurch natürlich auch allerlei Anregung bietet, aber
trotz allem und allem bedeutet sein Werk leider keine Förde¬
rung unsrer wissenschaftlichen Erkenntnis der afrikanischen
Sprachen, wie ein Meinhof, ein Westermann und andre sie
uns gebracht haben und noch bringen. Wils' Buch steht
durchaus auf dem Niveau von Torrend's 1891 erschienener
Comparative Grammar of the South-African Bantu Lan¬
guages, die heute fast vergessen ist, weil ernsthafte Forscher
über dieselbe zur Tagesordnung übergegangen sind, während
an dem bereits zirka 30 Jahre früher unter dem Titel : A Com¬
parative Grammar of the South African Languages erschie¬
nenen Buche von Bleek noch heute niemand, der etwas tiefer
in die afrikanischen Sprachen eindringen will, vorübergeht,
und das mit Recht. K. Roehl- Königswinter
B. N. Dhabhar, The Persian Rivayats of Hormazyar Framarz
and Others — Their Version with Introduction and Notes. —
Bombay: K. R. Cama Oriental Institute 1932. LXVIII,
657 S. Gr.-S".
Der Verfasser hat sich in diesem großen Werke vorgenom¬
men, eine umfassende Arbeit über die Riväyats zu schaffen,
obwohl sein eigentlicher Auftrag lautete, nur die kurz vorher
ans Licht gekommene Riväyat-Sammlung von Hörmaz(d)yär
Främarz zu übersetzen und gegebenenfalls neue Stücke dar¬
aus zu veröffentlichen. Als Grundlage oder vielmehr als Richt¬
schnur für die Reihenfolge des Stoffes nahm er die von
M. R. Unvala besorgte Ausgabe der bekannten Sammlung
von Däräb Hörmaz(d)yär, die allgemein zugänglich ist. Daß
man anstatt dieser Ausgabe eine der Original-Riväyats schon
ZelUchrUt d. DMG. Bd. 90 (Xeue Folge Bd. 15)
damals hätte zugrunde legen müssen, habe ich bei anderer
Gelegenheit gezeigt. Aber Dhabhar mußte sich für den prak¬
tischen Zweck mit dem Vorhandenen begnügen. Jene Stein¬
druck-Ausgabe ist aber nicht kritisch und nicht mit der er¬
forderlichen Sorgfalt hergestellt, daher mußte Dhabhar meh¬
rere Handschriften, im ganzen zehn, heranziehen, um den
ursprünglichen Text feststellen und ihn richtig übersetzen zu
können. Über Lesarten und eigene Korrekturen berichtet er
in den Anmerkungen. Ferner hat er einige neue Stücke ver¬
öffentlicht; zu bedauern ist, daß er nicht alle neuen Stücke
gebracht und damit die Ausgabe der Texte vervollständigt
hat. Dazu müßte man vielleicht noch andere Riväyats, z. B.
die von S. D. Bharucha in seinem RIstistän benutzten, heran¬
ziehen.
Die Sprache dieser Schriften ist meist einfach und leicht,
aber es sind darin außer Schreibfehlern viele Eigentümlich¬
keiten, die erklärt werden müssen. Oft handelt es sich um
Wort-für-Wort-Übersetzungen oder einfach um Transkrip¬
tionen aus dem Mittelpersischen; dabei kommen fehlerhafte
Schreibungen vor, die nur mit Hilfe des Originals oder der
Rekonstruktion richtiggestellt werden können. .\uch tech¬
nische Ausdrücke bezüglich des Kultus und anderer religiöser
Sitten und Gebräuche sind nicht immer ohne weiteres klar.
Dhabhar hat auch in dieser Hinsicht sein Möghchstes getan.
Viele Originale und auch parallele Pahlavi-Stellen hat er mit¬
geteilt, oft in neuen und richtigen Übersetzungen. Es ist
selbstverständlich, daß bei solch umfangreicher Arbeit Irr¬
tümer unterlaufen und daß man hier und da anderer Ansicht
sein kann (für die Säyast-ne-§äyast-Stellen vergleiche man
mein Buch); aber im allgemeinen bildet Dhabhar's Arbeit
einen wichtigen Beitrag auf diesem Gebiet. Schade, daß er
kein Stellenverzeichnis hinzugefügt hat. Ein Wörterverzeich¬
nis der erwähnten technischen Ausdrücke und anderer Par-
sismen ist jedoch gegeben, ebenfalls ein ausführliches Sach¬
register.
Der Inhalt dieser Schriften ist sehr verschiedenartig und
nicht immer anziehend, so z. B. die vielen Vorschriften be-
treffend den Leichnam und die rituellen Waschungen. Aber
auch daraus kann man, wie ich bei der Interpretation des
Säyast-ne-§äyast gezeigt habe, Hilfe fmden. Dann haben auch
die Einzelheiten über die religiösen Zeremonien ihren spe¬
ziellen Zweck. Aber Traktate wie 'Ulamä-i Isläm, Sögand-
näma u. dgl. mehr, die vielen verschiedenen Legenden und
das ganze Werk Sad-dar Bundahis (oder Sad darband-i hus)
sind von großem Interesse, wenn auch oft nur als Vergleichs¬
material, wo ältere Bearbeitungen vorhanden sind. Es kom¬
men auch Stücke vor, bei denen das Pahlavi-Original nicht
mehr vorhanden ist, so z. B. dasjenige über das Träumen
(vgl. meinen Beitrag in der Winternitz-Festschrift). Für ein
anderes Stück hat Dhahhak jedoch einen bisher unbekannten
Text aus zwei Hss. mitgeteilt, nämlich für den langen und
sonderbaren und ganz anders als in Pahlavi Yasna 20 lauten¬
den Kommentar über das Asam vohü. Die Behandlung der
sozialen und ökonomischen Fragen sind kulturgeschichthch
wichtig. Für die Geschichte der Gemeinde sind die viele
Namen usw. enthaltenden einleitenden Briefe von großer Be¬
deutung. Außerdem hat Dhabhar einige besondere Fragen in
seiner ausführlichen Einleitung kritisch behandelt.
Aus alledem geht die Wichtigkeit des vorliegenden Werkes
hervor, der Verfasser hat sich mit dieser Veröllentlichung ein
großes Verdienst erworben. J. C. TAVADiA-Hamburg
M. Ishaqce, Sukhanvarän-i-lrän dar asr-i-hä?ir. Poels and
Poetry oj Modern Persia Vol. I. With thirty-two Portraits
and two Musical Notes. Calcutta: Published by the
Author, 1933. 7 u. 455 S. Gr.-S".
Dixshah Irani, Poets of the Pahlavi Regime. Sukhanvarän-i-
Daurän-i Pahlavi Vol. I (With 50 Illustrations). Bombay:
H. T. Anklesaria, Fori Printing Press, 19.33. VIII, 140 u.
766 u. 101 S. Gr.-S" (The Pestonji D. Palel .Memorial
Iranian Series, Vol. IV).
Diese schön ausgestalfclen Sammlungen persischer Ge¬
dichte aus neuester Zeil verdanken wir zwei indischen Ge¬
sa«