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„Kooperation ist unumgänglich“

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IP Januar / Februar 2019

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Nervöse Zeiten

1. Was sehen Sie als größte Herausforderung der internationalen Politik 2019 an?

Die Welt scheint angesichts immer schärferer Interessenkonfl ikte zwischen den Großmächten ihren Orientierungssinn zu verlieren. Die Veränderungen, die 2018 begonnen haben, werden sich 2019 fortsetzen. Vor uns liegen zwei her- ausragende Entscheidungen: Werden China und die USA die Spannungen in ihrem Verhältnis eskalieren lassen und sich voneinander abkoppeln? Manche Akteure in den USA drängen darauf. Werden sie so die Weltgemeinschaft spal- ten und in eine Konfrontation auf allen Ebenen führen? Oder werden sie zur Kooperation zurückkehren? Dies wird die Richtung bestimmen, in die sich die Welt bewegt. Die jüngsten Spannungen zwischen beiden Ländern sind schnel- ler eskaliert als viele erwarteten, und die Reibungen im Handel schlagen auch auf andere Bereiche durch. Zum Zweiten geht es darum, ob die Welt weiter in Richtung wirtschaftlicher Globalisierung und Multilateralismus geht oder ob sie Rückschritte macht. Wird unsere Zukunft besser sein, wenn wir uns für den Rückzug entscheiden? Die Antwort lautet höchstwahrscheinlich Nein, da ein solcher Rückzug einen rücksichtslosen Wettbewerb auslösen würde. Euro- pa gehört seit Langem zu den treibenden Kräften des Multilateralismus. Seine Entscheidung wird von zentraler Bedeutung sein.

2. Sollte sich jedes Land in der immer komplexeren Welt auf sich selbst verlassen oder führt mehr internationale Zusammenarbeit in eine bessere Zukunft? Brau- chen wir neue Institutionen?

In der globalisierten Welt sind Eigenständigkeit und Inklusivität keine abso- luten Werte. Sie sollten sich auch nicht gegenseitig ausschließen, sondern sich ergänzen. Dass China vor 40 Jahren den Weg der Reform und der Öffnung be- schreiten konnte, war ganz zentral der Tatsache geschuldet, dass die Welt in ein Zeitalter von Frieden und Entwicklung eingetreten war. Heute ist dies im- mer noch der wichtigste Trend. China und die USA sind die wichtigsten Han- dels- und Geschäftspartner, und es ist unrealistisch, dass sie sich voneinander abkoppeln. Ein gutes Beispiel dieser Verwobenheit sind Design, Produktion, Montage und Verkauf eines amerikanischen iPhones: eine Reise, die die Glo- balisierung perfekt widerspiegelt. Im Bereich der Sicherheit könnte ein solches

„Abkoppeln“ ebenfalls ernste Konsequenzen haben. Viele globale Probleme können nur durch gemeinsame Anstrengungen der internationalen Gemein- Madame Fu Ying mahnt die Staatengemeinschaft zum engen Miteinander

„Kooperation ist unumgänglich“

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„Kooperation ist unumgänglich“

schaft gelöst werden. Wenn Großmächte exklusive Sicherheit anstreben, ent- stehen neue Sicherheitsdilemmata, die die Menschheit zurück in den Schatten des Kalten Krieges oder gar eines heißen Krieges werfen.

Zusammenarbeit ist unumgänglich, um mit globalen Herausforderungen wie Klimawandel, Umweltverschmutzung und Bedrohungen der Sicherheit fertig zu werden; auf der anderen Seite wird die technologische Revolution die Synergien internationaler Zusammenarbeit vergrößern. Die internationa- len Institutionen und Regeln, die nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden, wie die Welthandelsorganisation und der Internationale Währungsfonds, ge- nießen noch immer breite Akzeptanz und Unterstützung. Dennoch sind An- passungen und Reformen erforderlich. Es ist weder machbar noch notwendig, die bestehenden Institutionen abzuschaffen und ganz von vorne anzufangen, aber sie müssen verstärkt werden. So braucht es neue Regeln, um den Wett- bewerb und die Zusammenarbeit in Bereichen zu regeln wie der Tiefsee, dem Weltraum, den Polarregionen, dem Cyberraum und der Künstlichen Intelligenz.

3. Sehen Sie uns in Zeiten fundamentaler Veränderungen? Was sind die Antriebs- kräfte?

Zu den wichtigsten großen Veränderungen in der Welt von heute gehört die industrielle Transformation, bewirkt von wissenschaftlichen und technologi- schen Innovationen. Sie verändert, wie Menschen leben und kommunizieren.

Mit dem Internet, Big Data, Blockchain und Künstlicher Intelligenz als An- triebskräften kann es jederzeit zu neuen, sich immer weiter entwickelnden und unvorhersehbaren Transformationen kommen. All dies hat unser Verständnis der Welt immer mehr verändert – hoffentlich zum Guten.

Die fundamentale Antriebskraft dieses Wandels ist die Menschheit und ihr Streben nach einem besseren Leben. Unbegrenztes Streben inspiriert unbe- grenzte Kreativität. Es wird wohl immer Zeiten geben, in denen manche Men- schen den Wunsch, neue Technologien für den Krieg einzusetzen, nicht unter- drücken können. Deswegen stellt der schnelle Fortschritt der modernen Tech- nologien auch höhere Ansprüche an die Selbstdisziplin und moralische Prinzi- pientreue der Menschheit. Es gibt keinen Zweifel, dass die Mehrheit der jungen Generation, die im Internetzeitalter aufgewachsen ist, keinen Krieg erleben will.

Die Frage ist, ob und wie die menschliche Kreativität genutzt werden kann, um die Chancen für Weltfrieden und die Vorteile für möglichst große Teile der Be- völkerung zu maximieren statt Ungleichheit oder sogar Krieg zu verursachen.

Die neuen Technologien haben unser Leben sehr viel besser gemacht, sie bergen aber auch Risiken für die Sicherheit, die Privatsphäre und andere Be- reiche. Nur durch noch engere Zusammenarbeit werden die Staaten Technolo- gie und Wachstum miteinander vereinbar machen können. Nur durch Konsul- tationen können sie gemeinsam die Herausforderungen bewältigen, die durch eine unausgewogene und unzureichende Entwicklung entstehen. Nur so wer- den wir uns auf den Weg zu einer Gemeinschaft der Menschheit machen kön- nen, in der wir eine gemeinsame Zukunft haben.

Fu Ying ist Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses in China.

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