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Abrechnungen bei einer verdeckten Gemeinschaftspraxis

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618 Bayerisches Ärzteblatt 11/2007

KVB informiert

Urteil des Bayerischen Landessozialge- richts (BayLSG) vom 28. März 2007 – Az.:

L 12 KA 216/04. In dem Rechtsstreit ging es um die Prüfung der Plausibilität der Abrechnungen eines Allgemeinarztes und einer Internistin für die Quartale 2/1998 bis 1/2001 wegen Missbrauchs der Rechts- form der Praxisgemeinschaft bei Vorlie- gen zahlreicher gemeinsamer Behand- lungsfälle. Die Internistin war in dieser Zeit teilweise als fachärztliche, teilweise als hausärztliche Internistin zugelassen.

Das Gericht bestätigte die getroffenen Ho- norarmaßnahmen der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB), nach denen sich das plausible Honorar aus den „So- litärfällen“ sowie aus den gemeinsamen Behandlungsfällen bei berechtigten Über- weisungen und Vertretungen ergab. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Nach Auffassung des Gerichts stellt die Plau- sibilitätsprüfung kein weiteres eigenständiges Prüfverfahren dar. Rechtsgrundlage für Ho- noraraufhebungs- oder Änderungsbescheide nach einer Plausibilitätsprüfung sind die Rege- lungen zur sachlich-rechnerischen Richtigstel- lung in § 45 Abs. 2 Satz 1 Bundesmantelver- trag Ärzte (BMV-Ä) und § 34 Abs. 4 Satz 1 und 2 Arzt-Ersatzkassen-Vertrag (EKV). Die Befug- nis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung erfasst auch Fallgestaltungen, in denen der Vertragsarzt Leistungen unter Verstoß gegen Vorschriften über formale und inhaltliche Vor- aussetzungen der Leistungserbringung durch- geführt und abgerechnet hat, zum Beispiel bei Abrechnung

Q fachfremder Leistungen oder

Q qualitativ mangelhafter Leistungen oder Q von Leistungen nicht genehmigter Assistenten,

Q unter Aufrechterhaltung einer übergroßen Praxis mit Hilfe eines Assistenten oder Q bei Leistungserbringung in der Form einer

Praxisgemeinschaft, obwohl die ärztliche Tätigkeit tatsächlich wie in einer Gemein- schaftspraxis erfolgt ist (unter Hinweis auf Bundessozialgericht – BSG vom 22. März 2006 – Az.: B 6 KA 76/04 R).

Der Senat definiert die Gemeinschaftspraxis im Sinne von § 33 Abs. 2 Satz 1 Zulassungs- verordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) alte Fassung: Danach ist für die Gemeinschaftspra-

xis kennzeichnend, dass sich mehrere Ärzte des gleichen Fachgebietes oder ähnlicher Fach- gebiete zur gemeinsamen und gemeinschaft- lichen Ausübung des ärztlichen Berufs in einer Praxis zusammenschließen, wobei über die gemeinsame Nutzung der Praxiseinrichtung sowie die gemeinsame Beschäftigung von Per- sonal hinaus die gemeinsame Behandlung von Patienten, eine einheitliche Patientenkartei und gemeinsame Abrechnung in den Vorder- grund treten. Typisch ist, dass der Versicherte wechselweise von allen Mitgliedern der Praxis behandelt werden kann, ohne dass es sich da- bei um mehr als einen (gemeinsamen) Behand- lungsfall handelt.

Wichtigstes Indiz für den Senat zur Annahme einer (nicht genehmigten) Gemeinschaftspraxis ist die große Anzahl von gemeinsamen Behand- lungsfällen. Dabei gibt es für den Senat keinen Zweifel daran, dass der Anteil der gemeinsamen Patienten nur an der kleineren Praxis gemes- sen werden kann, denn die Behandlung der ge- meinsamen Patienten durch beide Praxen stellt sich nicht nur in der kleineren Praxis, sondern auch in der größeren Praxis als rechtsmiss- bräuchlich dar. Ansonsten könnte bei stark un- terschiedlicher Praxisgröße das Verhalten der größeren Praxis überhaupt nicht beanstandet werden. Unter Hinweis auf die oben genannte BSG-Entscheidung weist der Senat darauf hin, dass jedenfalls dann, wenn zwei in der Rechts- form einer Praxisgemeinschaft kooperierende Vertragsärzte desselben Fachgebiets mehr als 50 Prozent der Patienten in einem Quartal ge- meinsam behandeln, tatsächlich eine Gemein- schaftspraxis vorliegt.

Weitere Indizien für das Vorliegen einer nicht genehmigten Gemeinschaftspraxis sind:

Q Einlesung der Versichertenkarten am selben Tag in beiden Praxen in einer Vielzahl von Fällen,

Q vielfach wortgleiche Formulierung der Dia- gnosen.

Die Erbringung von vertragsärztlichen Leis- tungen in der Form einer ungenehmigten Ge- meinschaftspraxis verstößt gegen folgende vertragsärztliche Pflichten:

Q Genehmigungspflicht der Gemeinschafts- praxis gemäß § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV (ab 1. Juli 2007 § 33 Abs. 3 Ärzte-ZV),

Q den Grundsatz der persönlichen Leistungs- erbringung,

Q die in § 32 Abs. 1 Ärzte-ZV festgelegten Vertretungsregeln,

Q die Regelungen der hausärztlichen Versor- gung gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 Sozialge- setzbuch V (SGB V) in Verbindung mit dem Hausarztvertrag, wonach ein Versicherter grundsätzlich nicht zwei Hausärzte haben darf (§ 76 Abs. 3 Satz 1 SGB V).

Nach Auffassung des Senats ist es bei einer für die Praxisgemeinschaft typischen räumlichen und personellen Zusammenarbeit völlig unrea- listisch, dass ein Arztwechsel nicht zumindest vom Personal bemerkt wird, für dessen Ver- halten der Arzt verantwortlich ist. In der Folge geht der Senat davon aus, dass die Abrech- nungssammelerklärung ihre Garantiewirkung verloren hat und die KVB deshalb berechtigt war, die Honorarbescheide aufzuheben und die Honorare im Wege der Schätzung neu fest- zusetzen. Er billigt die von der KVB gewählte Schätzungsmethode, den Ärzten im Wege der Neufestsetzung das Honorar zu belassen, das ihnen im Wege der Schätzung nach Abzug des Honorars für unberechtigte gemeinsame Fäl- le verbleibt. Denn bei der Neufeststellung der Honorare hat die KV ein weites Schätzungs- ermessen, sodass den Ärzten nicht zwingend tatsächlich das Honorar zu zahlen ist, das sie erhalten hätten, wenn sie legal in einer geneh- migten Gemeinschaftspraxis zusammengear- beitet hätten. Der Senat begründet dies damit, dass es unmöglich ist, im Einzelnen festzustel- len, welche Leistungen bei den gemeinsamen Fällen konkret in welcher Praxis zu Unrecht abgerechnet wurden.

Schließlich hält der Senat auch die von der KVB vorgenommene Verteilung der Rückzah- lungslast für „im höchsten Maße sachgerecht“, wonach der von der KVB ermittelte zu Unrecht erhaltene Honorarbetrag anteilig nach dem Abrechnungsvolumen der jeweiligen Praxis auf beide Praxen verteilt und das Honorar in der Höhe neu festgesetzt wurde, die sich dadurch ergab, dass man von dem ursprünglich ange- forderten Honorar den anteilig zurückzuzah- lenden Honorarbetrag abzog.

Der Volltext des Urteils ist im Internet unter www.Sozialgerichtsbarkeit.de abrufbar.

Peter Nickel, Assessor (KVB)

Honorarrückforderung nach Plausibilitätsprüfung der

Abrechnungen bei einer verdeckten Gemeinschaftspraxis

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