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SELBSTBESTIMMUNGSRECHT AUCH FÜR QSTPREUSSEN

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O r g a n d e r L a n d s m a n n s c h a f t O s t p r e u ß e n

Jahraanq 11 ' Folge 29 H a m b u r g 13, P a r k a l l e e 86 / 16. J u l i 1960

3J 5524 C

2 0 0 0 0 0 O s t p r e u ß e n f o l g t e n d e m R u f z u m B u n d e s t r e f f e n

SELBSTBESTIMMUNGSRECHT AUCH FÜR QSTPREUSSEN

U n v e r g e ß l i c h e S t u n d e

Ein überwältigendes Zeugnis!"

Der Kanzler: Die Welt an Ostpreußens Schicksal erinnern

EK. „Ostpreußen rief — und alle, alle ka- men."

Dieses Wort erklang vor v i e r z i g J a h - r e n , und es wurde zum Symbol in jenen Ta- gen, da in den Abstimmungskreisen unserer Heimat unsere Väter und Mütter Zeugnis ableg- ten für ihre deutsche Art, für ihre auch in schwer- sten Zeiten unerschütterliche Treue zu V o l k und Vaterland. Das gleiche Wort stand unsichtbar auch über unserem Bundestreffen in D ü s s e l - d o r f und charakterisiert diese große Begeg- nung am Ufer des Rheins besser als alles an- dere. Beinahe jeder fünfte der Ostpreußen, die nach der Vertreibung und den Jahren furchtbar- ster Heimsuchung heute in der Bundesrepublik leben, kam nach der Hauptstadt des Landes Nordrhein-Westfalen. Hier standen nebeneinan- der ostpreußische Menschen, die aus Berchtes- gaden und München ebenso wie aus Berlin, aus Flensburg, von der Zonengrenze und von der alten Kaiserstadt Aachen nach Düsseldorf geeilt waren. Das kennzeichnet am besten die Bereitschaft, dem Ruf un- serer Landsmannschaft zu diesen Stunden des Bekenntnisses zu Heimat und Nation zu folgen. Wer zu den glücklichen siebzig- his achtzigtausend Ostpreußen gehörte, die im weiten Rund des Rheinstadions dicht an dicht gedrängt saßen, der wird diesen Tag ebenso wenig vergessen wie die Riesenzahl von Lands- leuten, die auf benachbarten Wiesen, Plätzen und Straßen nur über den Lautsprecher dem Verlauf dieser großen Kundgebung folgen konn- ten. In seiner Rede an die Ostpreußen hat der 84jährige Kanzler Deutschlands, dem niemand eine Vorliebe für Superlative unterstellen wird, von einem i m p o n i e r e n d e n , ja ü b e r - w ä l t i g e n d e n und e r g r e i f e n d e n Z e u g n i s gesprochen, das hier für die Liebe zu unserer Heimat und für die Liebe zu Deutsch-

em! abgelegt werde. Wenn ein Staatsmann von Weltgeltung solche Worte gebraucht, dann wiegen sie doppelt und dreifach.

Es lag über dieser einzigartigen Kundgebung des 10. Juli 1960 eine Stimmung, die mit Worten schwer zu schildern ist. Die Zweihunderttausend, die in Düsseldorf zusammenkamen, werden es nie vergessen, wie hier das Herz angesprochen wurde, wie man hier aus den Worten des Kanz-

F o r t s e t z u n g a u f S e i t e 2

V o n stürmischem, anhaltendem Beifall be- grüßt, ergriff dann

Bundeskanzler Dr. Adenauer das Wort. Er sagte:

Meine lieben deutschen Landsleute aus Ost- preußen!

Sie wollen hier heute an diesem Tage beson- ders feierlich auch begehen die v i e r z i g - j ä h r i g e W i e d e r k e h r d e s T a g e s , an dem Sie damals in Ostpreußen und einem Teil Westdeutschlands sich in f r e i e r A b s t i m - m u n g z u D e u t s c h l a n d b e k a n n t haben.

Dieser Tag, den Sie heute feiern, meine lieben Freunde, ist sicher in erster Linie auch ein Hei- matstag. Sie wollen Ihre Liebe, Ihre Zugehörig- keit zur alten Heimat vor aller Welt bekräfti- gen. Sie wollen Verwandte, Freunde, Schicksals- genossen wiedersehen, alles Menschen, die heute über ganz Deutschland verstreut sind, und Sie wollen gegenseitig wieder Aussprache, Trost finden und sich stärken.

Aber Ihr heutiges Zusammensein, meine deut- schen Freunde aus Ostpreußen, hat auch e i n p o l i t i s c h e s Z i e l . Diese Kundgebung soll Deutschland und soll alle freien Völker der Welt darauf hinweisen, was man Ihnen angetan hat und was mit Ihrer Heimat geschehen ist.

Sieben Jahrhunderte war Ihre so schöne Hei- mat deutsch, deutsch waren seine Bewohner, deutsch war sein Geistesleben^yttMlUkar seine Kultur, waren seine Arbeit, sein F l » ß n ••! ,n

W.is Ostpreußen (Inn 'I'MBpjfr''••'»*fWJj?'11 Volk, insbesondere auf g e i s l i g e i^ ^ K j A ^ u n a ^ > <|.m zen Wt'lt geschenkt hat, d ^ ^ H ^ B p i f l t i lösten

<i «*H*!'> %Q l'flwuinl sind. Das beweist der N a^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ H p i c u s

der Name I I J ^ B ^ ^ ^ ^ H (las weist der Name I ni in a nß 1l , K <MJ t

Und von dorn d e u t s c h e r t ^ H ^ ^ ^ ^ ^ K i r Land, llni' Heimat k u l t i v i n i u n ^ H j ^ H i:^Hat, zeu-

gen die wunderbaren Bauten, die Ihr Land ge- schmückt haben.

Und, meine Freunde, was ist mit diesem herr- lichen Land gemacht worden? Man hat es, nach- dem man es zunächst vom deutschen Vaterland losgerissen hatte, so aufgeteilt, daß eine breite Zone zwischen der S o w j e t u n i o n und P o l e n , eine breite, tote, fast menschenleere Zone durch das Land gezogen worden ist, die streng bewacht wird und über die es keinen Verkehr gibt. Man hat nun mit brutaler Gewalt Menschen in den sowjetrussischen Machtbereich hineingepreßt. Man hat alle Deutschen, die dort noch geblieben sind, gezwungen, in das kommu- nistische System hineinzugehen, man hat Rus- sen aus dem innersten Gebiet der Sowjetunion dort angesiedelt.

Und was ist aus dem Teil Ihres schönen Hei- matlandes geworden, der von P o l e n v e r - w a l t e t wird? Das ganze Land, meine Freunde, ist arm. Es hat es vielleicht etwas weniger schwer als derjenige Teil, der unter sowjetrus- sischer Herrschaft steht, denn dieser Teil ist von den Russen jet7t zur militärischen Ausbaubastion gegen den Westen gemacht worden.

Pillau und Königsberg sind die Hauptbasen der sowjetischen, baltischen Kriegsflotte. Im nördlichen Teil werden Abschußbasen für Ra- keten gegen den Westen gebaut. 200 000 rus- sische Soldaten stehen dort. Von kulturellem Leben, meine Freunde, ist keine Rede mehr.

Lassen Sie mich einige Zeilen vorlesen, aus einer Sendung von Radio Kaliningrad. Sie wis- sen, was das heißt. Im Juni 1958 ist noch zu- gegeben worden, daß K ö n i g s b e r g e i n e S t a d t o h n e K i r c h e n ist. Die von die- sem Sender so genannten kultischen Bauwerke, soweit sie erhaltungswürdig seien, seien einer der Allgemeinheit dienenden Verwertung zu- geführt worden, andere seien gesprengt. Am Schluß der Sendung gab man zu verstehen, daß auch im sowjetischen Verwaltungsgebiet von Nordostpreußen nicht mehr eine einzige Kirche ihrem alten Zweck dient.

Sehen Sie, meine Freunde: das weiß das deutsche Volk, das müssen aber alle freien Völ-

ker der Welt wissen, was aus diesem deutschen Land gemacht worden ist!

Und demjenigen, der dieses herrliche Land gekannt hat — ich habe es auch in etwa ge- kannt —, krampft sich das Herz zusammen, wenn er einmal in Ruhe darüber nachdenkt, was aus dem Land und seinen Bewohnern gemacht worden ist!

(Erneuter Beifall)

Sie wissen, daß der Herrscher Sowjetrußlands, Chruschtschew, glaube ich, im ganzen neun Tage in Österreich zugebracht hat, neun Tage, wäh- rend deren er ununterbrochen geredet und ge- schimpft hat, meine Damen und Herren, ge- schimpft hat vor allem über uns, über uns Deutsche und dann über die Amerikaner. Nun, meine Freunde, ich werde nicht auf dieses Niveau hinuntersteigen!

Aber ich werde einige Worte zum Frieden sagen, zum Frieden, auf den die Völker ein Recht haben!

(Beifall)

Ich habe mich von Herzen gefreut über die Worte, die der Vertreter der o s t p r e u ß i - s c h e n J u g e n d hier gesprochen hat, über die Worte zu Europa hin. W i r alle ersehnen eine dauerhafte europäische Friedensordnung. Eine Friedensordnung von Dauer setzt aber voraus eine allgemeine Gerechtigkeit!

Die A n n e k t i o n der d e u t s c h e n O s t g e b i e t e und die V e r t r e i b u n g der deutschen Bevölkerung sind s c h w e r e V e r - l e t z u n g e n des V ö l k e r r e c h t s . Las- sen Sie es mich auch hier noch einmal betonen:

die Entscheidung über die deutschen Ostgebiete kann nur in einem mit einer gesamtdeutschen Regierung abgeschlossenen F r i e d e n s v e r - t r a g getroffen werden.

Und bis dieser Vertrag geschlossen ist, ist niemand berechtigt, über diesen Teil Deutsch- lands zu entscheiden.

(Beifall)

Gegenüber den Ausführungen Chruschtschews jetzt in Österreich möchte ich immer wieder vor

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16. J u l i 1960 / Seite 2 D a s O s t p r e u ß e n b l a t t J a h r g a n g 11 / F o l g e 29

der ganzen Welt hervorheben und betonen: es darf den siebzehn Millionen In der sowjeMschen Besatzungszone Deutschlands das R e c h t auf S e l b s t b e s t i m m u n g n i c h t v o r e n t - h a l t e n werden!

(Lebhafter Beifall)

Und diese siebzehn Millionen in der Sowjet- zone und die Ostpreußen, meine Freunde, fordern das Selbstbestimmungsrecht, das ein klarer Grundsatz des Völkerrechts für die ganze Welt geworden ist, auch für uns Deutsche!!

Die F o r d e r u n g n a c h dem S e l b s t - b e s t i m m u n g s r e c h t auch für das deutsche Volk in allen seinen Teilen ist ein Grundzug der Pojitik der Bundesregierung

Sicher, meine lieben deutschen Freunde aus Ostpreußen, die Regelung der Deutschland be- treffenden Fragen muß in dem größeren Rah- men einer weiten Entspannung gesehen wer- den. Fortschritte aber bei der kontrollierten Ab- rüstung, und zwar w i r k l i c h e Fortschritte, können be;m gegenwärtigen Stand der Lage in der Welt das qegenseitige Mißtrauen unter den Völkern aus der Welt schaffen. Nur wenn das Werk der Beseitigung des Mißtrauens, wenn das Werk der kontrollierten Abrüstung sichtbar be- gonnen hat, dann erst, meine Damen und Her- ren, können wir Deutsche Hoffnung haben, auf eine alsbaldige Erfüllung unseres Rechts der Selbstbestimmung!

(Beifall)

Bis diese Entspannung, die Abrüstung und auch die Abrüstung des Mißtrauens begonnen hat, meine Freunde, sind wir dem deutschen Volke und den freien Völkern in Europa und der Welt gegenüber verpflichtet, s t a r k zu sein!

Wir können uns deshalb auf Vorschläge, die unsere und die Sicherheit Europas und die Sicherheit der freien Welt bedrohen, nicht ein- lassen, mögen sie kommen, woher auch immer!

Wir können uns auch nicht darauf einlassen, wenn sie von Drohungen begleitet sind! Die Drohungen, meine Freunde, schrecken uns nicht!

Denn wir wissen, daß die freien Völker der Welt stärker sind als die sklavisch regierten Völker!

(Lebhafter Beifall)

Meine Damen und Herren! Nach den Erleb- nissen der letzten Monate, sowohl in P a r i s wie in J a p a n , in K u b a wie in G e n f auf der Abrüstungskonferenz, wie in Österreich kann es sein, daß aller Wahrscheinlichkeit nach die N A T O noch verstärkt werden muß, nicht nur militärisch, auch, meine Damen und Herren?

politisch und wirtschaftlich wird sie sich noch fester zusammenschließen müssen, weil für je- den, der sehenden Auges um sich blickt, klar ist, daß der K o m m u n i s m u s mit Macht ver- sucht, uns auseinanderzubringen.

Niemals wird er damit Erfolg haben!

Meine Freunde! Es ist doch ein wesentlicher Grundsatz der Politik der Westalliierten, daß eine freivereinbarte Friedensregelung für Ge- samtdeutschland das wesentliche Ziel ihrer Politik ist.

„ E r g r e i f e n d e s Z e u g n i s d e r H e i m a t l i e b e ! "

Nun lassen Sie mich zu Ihnen zurückkehren, meine lieben deutschen Landsleute, zu Ihnen, die Sie heute hier ein so imponierendes, ein so überwältigendes, ein so ergreifendes Zeugnis ablegen für die Liebe zu Ihrer Heimat und für die Liebe zum Deutschland!

Es ist richtig, was Herr Minister Dr. Sträter in so freundlicher Weise von mir gesagt hat, nämlich, daß ich schon seit einiger Zeit mit gro- ßem Bedauern davon in der Öffentlichkeit ge- sprochen habe, daß das deutsche V o l k ein s t ä r k e r e s N a t i o n a l g e f ü h l noch nicht entwickelt hat.

(Beifall)

Nun, meine Freunde, ich w i l l niemand an- klagen! Was über Deutschland dahingegangen ist in den letzten Jahrzehnten, war schrecklich und deprimierend und war namentlich nicht dazu angetan, die heranwachsende Generation mit einem guten deutschen Nationalgefühl zu er- füllen. Ich habe eben von Herrn Dr. Gille ge- hört, daß heute viertausend junge Leute an dem Treffen teilnehmen, und ich darf namentlich die- sen jungen Leuten von Herzen dafür danken, daß sie hierher gekommen sind!

(Beifall)

Bedenken Sie immer, meine Freunde, das ungeheuere Ausmaß der Katastrophe, die über die Welt hingegangen ist, denken Sie immer daran, daß mit dieser politischen Katastrophe Hand in Hand gegangen ist und Hand In Hand geht eine industrielle Umwertung, die einen kolossalen Einfluß auch auf die geistige Verfas- sung der Menschen ausübt.

Denken Sie daran, daß solche Katastrophen, die sich In der Welt lange vorbereitet haben, auch lange Zeit brauchen, um wieder abzuklin- gen! Seien wir aber doch alle davon Uberzeugt, daß die Güter, die wir als Güter wirklich an- sehen, die Güter, die für uns das Leben allein menschenwürdig machen, F r i e d e und F r e i - h e i t , die stärksten Waffen in der ganzen Welt sind!!

Darum dürfen wir hoffen, daß, wenn wir treu und fest zu diesen Gütern stehen, zu Frieden und Freiheit, treu und lest zu unseren Verbün- deten, wie diese zu uns stehen, daß dann doch der Welt Frieden und Freiheit einmal wieder- gegeben werden und damit auch Ihnen Ihr schönes Heimatland Ostpreußen!

(Starker anhaltender Beifall)

m G e i s t u n w a n d e l b a r e r T r e u e

Dr. Gille zu entscheidenden Schicksalsproblemen

Sehr herzlich begrüßt ergriff dann der Spre- cher der Landsmannschaft Ostpreußen

Dr. Alfred Gille das Wort:

„Herr Bundeskanzler, verehrte Gäste, liebe ostpreußische Landsleute!

Nach den im Augenblick vorliegenden Be- richten befindet sich in dem herrlichen S t a - d i o n hier nur knapp ein Drittel der Ostpreu- ßen, die heute nach Düsseldorf gekommen sind!

(Beifall)

Herzlichen Dank und herzlichen Gruß allen, die dem Ruf ihrer Landsmannschaft gefolgt sind. Es ist ein Bild, das auf jeden Eindruck machen wird, der sich unvoreingenommen die- ser Stunde hingibt. Das möge über dem Bundes- treffen hier liegen: die E r i n n e r u n g a n j e n e A b s t i m m u n g v o r v i e r z i g J a h r e n in den südlichen Kreisen Ostpreu- ßens und Westpreußens. Die T r e u e , die da- mals von den Ost- und Westpreußen zu ihrer Heimat und zu Deutschland bekundet wurde, geschah in einer Zeit schwerer Not unseres Vaterlandes. Schon damals konnte niemand übersehen, daß das Deutsche Reich schweren politischen und wirtschaftlichen Erschütterungen entgegengehen würde. Und dennoch, trotz aller Lockungen und Drohungen, haben sich damals diese deutschen Menschen in Treue zu ihrer Heimat, zu ihrem Volk und Vaterland bekannt.

Der 11. J u l i 1 920 ist in die Blätter der deutschen Geschichte eingetragen als e i n B l a t t des R u h m e s t r e u e r M e n - s c h e n . Auch von dieser Erkenntnis strahlen heute noch Kräfte. Und wenn wir Ost- und West- preußen jetzt in den Jahren der Vertreibung einen so engen Zusammenhang, ein so enges Gefüge haben bilden können, so geht das auch noch zurück auf den Geist, der die beseelte, die am 11. Juli 1920 durch ihren Stimmzettel die Heimat dem deutschen Volkstum erhielten.

Meine lieben Landsleute! T r e u z u r H e i - m a t , P f l i c h t b e w u ß t s e i n g e g e n - ü b e r dem V a t e r l a n d sind Werte, die, wie wir meinen, in unserem deutschen Volke noch lange nicht wieder die Rangstufe erreicht haben, die das Volk nötig hat, um die schweren Schicksalsfragen lösen zu können!

(Beifall)

Wir verkennen nicht die Segnungen des W i r t s c h a f t s w u n d e r s . W i r freuen uns mit allen anderen Menschen an diesen Erfolgen, denn auch wir waren mit Fleiß, Tüchtigkeit und mit unserer Arbeit an diesen wirtschaftlichen Erfolgen beteiligt. W i r erheben aber unsere warnende Stimme: möge das deutsche Volk das Gewinnstreben nicht überschätzen! Möge es im- mer daran denken, daß es für das Leben und für die Zukunft Deutschlands unendlich wichtig ist, daß Ehre, Treue und Pflichterfüllung und Opferbereitschaft in der Gemeinschaft wieder die richtige Stelle einnehmen!

(Beifall)

W i r danken dem Herrn B u n d e s k a n z l e r , daß er heute zu uns kam!

Wenn der Mann, der die ganze Bürde der deutschen Not der vergangenen Jahre getragen hat und auch heute auf seinen Schultern trägt, hier von dieser Stelle, inmitten der ostpreußi- schen Menschen das zum Ausdruck gebracht hat, was er uns gesagt hat, so hat das Gewicht, so sind das eherne Worte, an denen zu rütteln und zu deuteln niemand in der Welt mehr erlaubt ist!

Wenn der deutsche Bundeskanzler hier für das ganze Volk gewissermaßen die Schwurhand erhoben hat und den Satz sprach:

Selbstbestimmungsrecht auch für das deutsche Volk!

— so muß das gelten, gleichgültig wie einmal die Bundesregierung zusammengesetzt ist!

Wir sind der Meinung, daß es niemals eine deutsche Bundesregierung geben kann, die in der Lage wäre, auch nur Teile unseres deutschen Heimatbodens im Osten preiszugeben und ihre Unterschrift unter einen Verzicht zu setzen. Eine solche Bundesregierung würde niemals mehr den notwendigen Glauben und das Vertrauen im Volke finden, welches notwendig ist, um ihre Führungsfunktionen wahrzunehmen.

(Lebhafte Zustimmung)

W i r Ostpreußen haben uns mit den anderen

Landsmannschaften zusammen sehr frühzeitig und sehr deutlich zur V e r t e i d i g u n g s - g e m e i n s c h a f t mit den Staaten der freien Welt bekannt. A n dieser Stellung hat sich bis- her nichts geändert. Und wenn die Deutsche Bundesregierung und die verantwortliche poli- tische Führung des freien Deutschlands an uns appelliert, diesen Weg der Bündnistreue in Ge- meinschaft mit den freien Völkern weiterzu- gehen: d i e O s t p r e u ß e n w e r d e n i h n g e h e n und werden das deutsche Volk nicht enttäuschen!

Wir haben es nicht überhört, daß der Herr Bundeskanzler in den letzten Wochen Gelegen- heit nahm, das deutsche Volk darauf hinzuwei- sen, daß noch viel zu tun sei, bis auch unser Volk wieder das selbstsichere Gefühl für natio- nale Würde und Gemeinschaft und Zusammen- halt fände. Auch das sind Worte, Herr Bundes- kanzler, die in dieser Runde auf einen frucht- baren Boden gefallen sind. Vielleicht darf ich folgende Formulierung wagen: wenn heute vom d e u t s c h e n S e l b s t b e h a u p t u n g s - w i l l e n wieder gesprochen werden kann, wenn wir alle fühlen und merken, daß sich dieser Wille zur nationalen Selbstbehauptung steigert und stärkt, dann darf ich feststellen, daß die deutschen Heimatvertriebenen nicht die letzten waren, die dem deutschen Volke diesen Weg gewiesen und auf diesem Weg vorangegangen sind!

(Beifall)

Wir haben wenig Verständnis dafür, wenn mitunter Stimmen aus dem Ausland diese Stär- kung des Selbstbehauptungswillens im deut- schen Volke mit törichten und abträglichen Be- merkungen begleiten. Was nützt es eigentlich der freien Welt, einen Bündnispartner Deutsch- land in der Vorbereitung zur A b w e h r gegen den Osten zu haben, in dem nicht die selbstver- ständlichen Grundlagen eines ehrlichen und stolzen Volkes Allgemeingut geworden sind?

Wir meinen, daß die Staaten der freien Welt diese Regungen und diese Stärkung des natio- nalen Selbstgefühls in Deutschland nur mit Freude begrüßen könnten! Lassen Sie mich, meine Freunde, einige Worte an das Ausland, insbesondere an die mit uns verbündete freie Welt richten! Wir halten uns dazu für berech- tigt.

Man braucht sich nur die Frage vorzulegen, was aus Deutschland allein, was aus der Ver- teidigungsgemeinschaft, was aus der Verteidi- gungskraft der freien Welt geworden wäre, wenn die Millionen deutscher Vertriebener die R e c h n u n g S t a l i n s nicht mit harter deut- licher Hand durchstrichen hätten, wenn wir die Rolle übernommen hätten, die uns einmal zu- gedacht war. W i r meinen, daß wir nicht nur in unserem deutschen Volk, sondern langsam auch die notwendige Anerkennung für das finden sollten, was an seelischer Kraft und Leistung von den deutschen Heimatvertriebenen gegeben wird!

(Beifall)

W i r warten schon etwas zu lange darauf, meine Herren Vertreter der Regierungen der freien Welt!

(Beifall)

Wir wissen, daß der Weg aus den Trümmern des Zusammenbruchs in eine neue Ordnung nicht hätte gefunden werden können und nicht so schnell hätte zurückgelegt werden können, wenn wir nicht die Hilfe und die Unterstützung der freien Welt gefunden hätten. Aber lassen Sie mich hier als einer der Wortführer der deut- schen Heimatvertriebenen sagen, daß wir schon schmerzlich lange darauf warten, daß die f r e i e , m i t uns v e r b ü n d e t e W e l t endlich deutlich, unmißverständlich und unweg- bringbar sich dazu bekennen, daß das S e l b s t - b e s t i m m u n g s r e c h t auch für das d e u t - s c h e V o l k Geltung hat und Geltung haben soll!!

(Beifall)

Man spricht immer soviel von politischer Rea- lität auf der einen Seite und politischer Illusion auf der anderen Seite. Diejenigen, die solche feinsinnigen Unterschiede anstellen, pflegen natürlich die heutige Stunde als eine Illusion, als eine phantastische Erinnerung zu betrachten und ihr jede politische Realität abzusprechen.

Meine Freunde! W i r sind genau der gegen- teiligen Ansicht. Wer glaubt, daß nur die nöti-

Unvergeßliche Stunde

S c h l u ß v o n S e i t e 1

lers und des Sprechers unmittelbar angerührt wurde. Zur persönlichen Aussprache und Begeg- nung in diesen Tagen kam ein anderes: man wurde sich hier in besonderem Maße der S c h i c k s a l s v e r b u n d e n h e i t klar, der g e m e i n s a m e n V e r p f l i c h t u n g für Heimat und V o l k voll bewußt. Die großen Scha- ren unserer Jugend auf dem grünen Rasen in- mitten der mächtigen Steinwälle des Stadions sind wohl allen, die dieses miterlebten, nicht nur wie ein Symbol, sondern wie ein unüber- hörbares Bekenntnis der Treue und Einsatz- bereitschaft gerade auch jener jungen Genera- tion erschienen, die in kommenden Jahren in immer steigendem Maße u n s e r e Anliegen zu vertreten haben. Die Worte, die der Sprecher der jungen Ostpreußen an uns richtete, gaben uns die Gewißheit, daß unsere Sachp auch dann in den besten Händen ruhen wird, wenn man- cher der Älteren nicht mehr unter uns weilt.

*

Die Huldigung, die der Bundeskanzler in be wegten Worten der o s t p r e u ß i s c h e r * L e i s t u n g für Deutschland, die er den groß ten Söhnen unserer Heimat darbrachte, war uns

eine große Genugtuung. Sein Wort, daß nie- mand berechtigt ist, über Ostpreußen und den deutschen Osten zu entscheiden, bevor mit einer echten gesamtdeutschen Regierung ein Friedens- vertrag geschlossen wird, der diesen Namen verdient, kann nicht mehr überhört werden. Un- ser Sprecher Dr. Alfred Gille hat die Meinung aller Ostpreußen ausgesprochen, wenn er fest- stellte, daß keine deutsche Bundesregierung je- mals Teile unseres deutschen Heimatbodens im Ostens preisgeben kann und darf. Seine Mah- nung an alle Regierungen der freien Welt, auch für die deutsche Nation jenes Recht auf Selbst- bestimmung, das allen Völkern gewährt wird, kirir und ^ggy£v£rständlich anzuerkennen, ist weit g<

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gen Vernichtungswaffen oder die Haß- und Schimpftiraden des Chruschtschew Realität wären, die die Welt zu beachten habe.

Die Einsicht und der entschlossene Wille friedvoller, sauberer deutscher Menschen, die bereit sind, ihre Nachbarn zu achten und die das auch für sidi fordern, ist eine v i e l g r ö - ß e r e p o l i t i s c h e R e a l i t ä t , wenn die Menschheit wirklich zu einer dauerhaften Ord- nung kommen soll!

(Beifall)

W i r überfordern auch nicht unsere verbündete freie Welt, ihre Staaten und Regierungen, wenn wir dieses schmerzlich lange vermißte Wort von ihnen hören wollen. Sollte es einmal die Stunde geben, daß die freie Welt und die Ban- nerträger der Freiheit einer deutschen Bundes- regierung anempfehlen würden, auf einen Teil Deutschlands zu verzichten, auf einen Teil des Selbstbestimmungsrechtes der deutschen Men- schen, dann ginge in dieser Stunde viel mehr verloren als etwa nur unsere Heimat in den ostpreußischen Gebieten!

In dieser Stunde würde die Glaubwürdigkeit der Welt in Stücke gehen, und niemand wäre in der Lage, sie noch einmal herzustellen.

(Lebhafte Zustimmung)

W i r haben im Laufe der Jahre als Vertrie- bene u n z ä h l i g e G e s p r ä c h e mit den Angehörigen der Völker der freien Welt ge- führt. W i r haben manches harte Unverständnis erleben müssen. Aber wir kennen auch unzäh- lige Menschen, denen wir aus übervollem Her- zen für manches gute Wort, für manchen guten Rat und für das Bekenntnis dankbar sind, das unser Streben und unser Wollen ist.

Lassen Sie mich für viele hier nur einen Namen nennen: es ist der Abgeordnete des amerikanischen Kongresses C a r r o l l R e e c e . W i r werden auch in dieser Stunde gut daran tun, dieses Mannes zu gedenken, der besonders herrliche Worte über Ostpreußen und das Selbstbestimmungsrecht gesprochen hat.

(Beifall)

W i r werden in einer Grußadresse im Name der Teilnehmer des Bundestreffens ihm schrift- lich heute unseren Dank sagen.

Meine Freunde! Sodann Ist es, glaube ich, unsere Pflicht, ein Wort über den nördlichsten Teil unserer Heimat und seine Menschen zu sprechen. Ich übersehe nicht, daß die offizielle Forderung der deutschen Bundesregierung und des deutschen Bundestages auf die Grenzen des Jahres 1937 gerichtet ist. Ich möchte in dieser Stunde darüber auch nicht rechten. Aber meine Freunde: wir wollen auch in dieser Stunde als deutsche Menschen ehrlich bleiben und niemand täuschen.

In den ostpreußischen Herzen gehört Jeder Quadratmeter nördlich der Memel in der alten Grenze auch zu Ostpreußen und die Menschen zu Deutschland und zu uns.

Ein Wort an die Polen

Lassen Sie mich auch diesmal, wie schon vor drei Jahren in Bochum, ein Wort der Anteil- nahme an die Angehörigen des polnischen Vol- kes richten! P o l e n und das p o l n i s c h e V o l k waren seit Jahrzehnten unsere Nach- barn. Polen und das polnische Volk werden In weiteren Jahrhunderten unsere Nachbarn sein und bleiben, wenn überhaupt noch eine Hoff- nung besteht, daß einmal ein freies Gesamt- europa zu einer neuen Ordnung kommt. Wir haben schon damals — und ich durfte dies unter Ihrem Beifall tun — versichert, daß wir dem polnischen Volk eine glückliche Zukunft wün- schen, daß wir wünschen, daß es ihm gelingen möge, einen freien, unabhängigen Staat zu bil- den, damit dieser Staat das polnische Volk einer glücklichen Zukunft entgegenbringt. Das ist un- ser ehrlicher Wunsch, an dem zu zweifeln oder zu deuteln wir uns ein für allemal /erbitten.

W i r haben vor drei Jahren die Freude ge- habt, daß die gesamte polnische Presse aus War- schau an unserem Ostpreußentreffen teilnahm.

Ich hoffe, daß auch hpute wenigstens ein Teil der Einladung gefolgt ist, und daß wir auch heute Vertreter des polnischen Volkes unter uns haben. W i r können nicht erwarten, meine Freunde, daß diese Vertreter narh Warschau zu- rückkehren und daß wir in den nächsten Tagen in der gesamten polnischen Presse eine jubelnde Zustimmung zu allem hören, was heute gesaqt worden ist. Aber eine herzliche und drinnende Bitte mögen diese Vertreter mitnehmen: Ent- haltet dem polnischen Volke nicht vor, wa« die Ostpreußen heute an e h r l i c h e r A n t e i l - n a h m e äußern und herzlich dem polnischen Volke wünschen!

(Beifall)

Sagt das. wenn Ihr in Euro Heimat zurück- kehrt!

Und nun klingt diese herrliche Stunde aus.

Lassen Sie mich zum Schluß noch einmal ver- sichern, daß die ostpreußischen Vertriebenen, daß alle deutschen Heimatvertriebenen In kei- ner Stunde der Vergangenheit jemals verqes- sen haben, daß sie nur ein Glied und ein Teil des deutschen Volkes sind.

Wir geloben, niemals etwas zu fordern und zu verlangen, was dem qesatnten Deutschland abträglich sein könnte. Wir sind ein Glied die- ses Volkes, wir bekennen uns zu Ihm, wir sind auf Gedeih und Verderb mil Deutschland ver- bunden!

Und so weiß ich keinen besseren Ausklang dieser Stunde, als daß wir uns allo gemeinsom zu unserem Deutschland bekennen und gemein- sam dies durch den Gesang der dritten Strophe des Deutschlandliedes /um Ausdruck bringen:

.Einigkeit und Recht und Freiheit . . . *

(3)

Jahrgang 11 / F o l g e 29

D a s O s t p r e u ß e n b l a t t 16. J u l i 1960 / S e i t e 3

< « * * i i i e i i i t t s i i i i i m R l i c i i i » t a < l i o i i

Einen schöneren und festlicheren Rahmen als mächtige Oval des Rheinstadions fand wohl

; u ei n Bundestreffen unserer Landsmann-

,ti. Schon lange vor Beginn füllten sich die Reihen mit erwartungsfrohen und festlich ge- stimmten Landsleuten. Große Schilder kenn- zeichneten die Bezirke für die einzelnen Heimat- kreise. Auf der Tribüne spielte eine Kapelle

(|t>r Bundeswehr, während die Tausende, vor- züglich geleitet durch die Polizeiposten, in das Stadion strömten. Vertraute Heimatlieder, vom Ostpreußen-Chor meisterhaft dargeboten, er- klangen dazwischen über die Lautsprecher- anlage.

Die Tribüne bot den zahlreichen Ehrengästen

a u s dem In- und Ausland, den Vertretern der

Presse, des Rundfunks und des Fernsehens Raum; eine Reihe von Sitzplätzen stand den Versehrten und Körperbehinderten zur Ver- fügung.

Ü>as festlich bunte Bild, das die dichten Rei- hen der Zuschauer boten, wurde noch bewegter, ,,ls die Jugend durch das Marathontor gegen- über der Tribüne auf die Rasenfläche zog. Jun- di-ii und Mädchen stellten sich auf der Mitte des Rasens zu einem großen Ordenskreuz auf, das als lebendiges Wahrzeichen unserer Hei- müt während der gesamten Kundgebung von atlon Plätzen zu sehen war. Links und rechts Standen die Angehörigen unserer Jugendgrup- pen mit ihren Fahnen und Wimpeln.

Als der Ansager die Ankunft des Bundes- kanzlers bekanntgab, rauschte erster Beifall auf. Vierzehn Waldhornbläser ließen einen ersten Willkommensgruß erklingen. Zwei junge Ostpreiißinnen überreichten dem Bundeskanzler vierzig. Rosen zum Gedenken an den vierziasten Jdhrr' t ig der Abstimmung. Mit dem Geläut der Silb:irglocke des Königsberger Domes wurde dann die Kundgebung aller Ostpreußen eingeleitet. In tiefer Bewegung sangen die Zehn- tausende das Ostpreußenlied. Mit warmherzi- gen Worten begrüßte der Zweite Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen, Wilhelm Strüvy, die Teilnehmer von nah und fern, die Lands- leute und die Gäste aus dem In- und Ausland.

Immer wieder von Beifall unterbrochen, nannte der Zweite Sprecher nur wenige Namen aus der langen Reihe der Ehrengäste, die in über- aus großer Zahl erschienen waren. Es wäre un- möglich gewesen, sie alle namentlich zu erwäh- nen. Mit besonderer Herzlichkeit begrüßte Landsmann Strüvy die Witwe des verstorbenen Ehrenpräsidenten der Landsmannschaft, Frau S c h r e i b e r , und sandte Worte des Geden- kens an die Dichterin Agnes M i e g e l , die leider wegen ihres Gesundheitszustandes nicht die Reise nach Düsseldorf unternehmen konnte, und an die Witwe des damaligen Reichskom- raissais im Abstimmungsgebiet, Freifrau von Gayl, sowie an die Witwe des großen Vor- kämpfers für das Selbstbestimmungsrecht in mjsßrer Heimat, Margarete Worgitzki. Herz- licher Beifall zeigte, welch guten Klang ' diese

n unter unseren Landsleuten haben.

Als Vertreter der Landeshauptstadt entbot Oberbürgermeister von Düsseldorf, Becker, die Grüße und Wünsche der Bevölkerung und der Behörden. In Vertretung des verhinderten Ministerpräsidenten überbrachte dessen Stell- vertreter, Finanzminister Dr. Strüter, die Grüße der Landesregierung des größten deutschen Bundeslandes. (Auszüge aus diesen mit großem Beifall aufgenommenen Ansprachen finden sich an anderer Stelle in dieser Folge.) Der 1. Vor- sitzende der Landesgruppe Nordrhein-West- falen, Erich Grimoni, gedachte in bewegten Worten der Toten unserer Heimat. Danach er- klang das Niederländische Dankgebet „Wir treten zum Beten vor Gott den Gerechten".

Als Sprecher der Jugend gab Hartmut Gass- ner, Berlin, den Gedanken der Jugend Aus- druck, die in so überaus großer Zahl zu der Kundgebung erschienen war. (Den Wortlaut dieser Ansprache bringen wir auf der ersten Seite der Jugendbeilage in dieser Folge.) A n - haltender Beifall dankte dem Redner.

Während der Ansprachen hatten Zehntau- sende, die in das Stadion nicht mehr hineinge- kommen waren, sich vor dem großen Marathon- tor so zusammengedrängt, daß sie schließlich

Bundeskanzler Dr. Adenauer, Oberbürgermeister Becker (links) und Dr. Gille das Tor aufsprengten. Im Nu waren auch die

inneren Seitenwege des Stadions bis kurz vor die Tribüne mit Frauen, Männern und Kindern gefüllt. Viele Tausende fanden trotzdem keinen Einlaß mehr; sie konnten vor großen Laut- sprechern auf Rasenplätzen vor dem Stadion den Verlauf der Kundgebung verfolgen.

R M W

Aufnahmen: PlechowsW Dem Kanzler überreichten zwei ostpreußische Mädchen einen Blumenstrauß als Willkommens- gruß. — Daneben: Das weite Stadion konnte nicht alle zur Kundgebung gekommenen

Landsleute autnehmen. Kopi an Kopi saßen und standen die Teilnehmer aui der Tribüne.

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16. J u l i 1960 / S e i t e 4 Das O s t p r e u ß e n b l a t t J a h r g a n g 11 / F o l g e 29

Wiedervereinigung — in Afrika!

K M . Zu den neuesten Beispielen, wo über den

Weg der Selbstbestimmung der Völker auch die Wiedervereinigung von Menschen und Ländern möglich wurde, die

irüher durch die Interessen fremder Großmächte geteilt worden waren, gehört die am 1. Juli ge- borene Somalirepublik am Horn von Afrika. Zu y'eder sich bietenden Gelegenheit sollte von der

Bundesregierung darauf hingewiesen werden, wenn Chruschtschew wie soeben in Wien, wie-

der die gewaltsame Trennung des deutschen Volks und Vaterlands in zwei Teile verteidigt.

West- und Mitteldeutschland sind erst seit 15 Jahren geteilt. Die Somalis schon s e i t 7 5 und mehr Jahren. Vor 75 Jahren schnitt sich Italien unter Crispi das bisherige Mandatsgebiet Somalia heraus. Vor sechzig machte England das bisherige Somaliland zum Schutzgebiet.

Beide Länder und die dort siedelnden Somalis wurden nach verschiedenen Systemen entwik- kelt. Somalia ist italienisch, Somaliland englisch geprägt. Jenes gehörte bisher zur EWG, dieses genoß die Vorteile des Commonwealth. Aber das Zusammengehörigkeitsgefühl der Menschen war über die Trennungszeit hinweg stark ge- nung, um das Getrennte und Auseinanderent- wickelte wieder miteinander zu vereinen.

Wieder muß man die Weltöffentlichkeit fra- gen, warum die Sowjetunion dem deutschen Kulturvolk verweigert, was Italien, Eng- land, die Vereinten Nationen einschließlich der Sowjetunion nun den Somalis gewähren und die Selbstbestimmung bis zur Wiedervereini- gung weiterentwickeln lassen. Im Spätherbst werden auch die englisch verwalteten Gebiete Kameruns lrei über ihre Zukunft, einschließ- lich der Wiedervereinigung mit der nun unab- hängigen Republik Kamerun, abstimmen dür- fen, auch hier mit Zustimmung der So- wjets im Treuhänderausschuß. Die von Chru- schtschew vorgebrachten zwei verschiedenen soizalen Systeme sind kein Argument. Es würde bei der ersten freien Abstimmung weggelegt.

Ausschlaggebend ist der Machtwille, der Im- perialismus und Neukolonialismus der Sowjet- union, die sich leider einer Minderheit von deut- schen Janitscharen unter Führung des sowjeti- schen Staatsbürgers Ulbricht bedienen kann, die nach Moskaus Willen und Weisung aus Mittel- deutschland die DDR, d. h. die „Deutsche Depen- dence Rußlands" gemacht haben. Chruschtschew sagte kürzlich, Ideen kennen keine Grenzen.

Das wird auch iür die Idee des Selbstbestim- mungsrechts und der Wiederherstellung der Ein- heit des deutschen Volkes gelten.

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l BLICK IN DIE HEIMAT «

Verwahrloster Stadtteil

Allenstein (Jon) — Nach einer Meldung von .Glos Olsztynski" stelle der an sich landschaft- lich gesehen schönste Teil Allensteins entlang des Langsees heute den am meisten verwahr- losten Stadtteil dar. Dies sei auch kein Wunder, denn es gebe seit Jahren i n den Parkalleen we-.

der Bänke noch Papierkörbe, so d a ß die Spa- ziergänger, wenn sie sich ausruhen wollten, die Grasflächen belagern und Abfälle aller A r t an den Stellen hinterließen.

Ostpreußens Wälder werden verschoben Allenstein (Jon) — W i e erst jetzt bekannt wurde, haben mehrere Oberförstereien aus dem Gebiet um Orteisburg waggonweise Holz nach Polen verschoben. Merkwürdigerweise hätte der in Allenstein amtierende Direktor der Staats- wälderverwaltung für die „Wojewodschaft"

Allenstein, nachdem diese Schiebungen an den Tag kamen, keine Schritte zur Bestrafung der Schuldigen unternommen, schreibt die Zeitung

„Glos Olsztynski". Man vermute, daß auch er an den Schiebungen beteiligt war.

Wenig private Fischer

Allenstein (jon) — In den Küstengebieten der unter polnischer Verwaltung stehenden deut- schen Ostprovinzen arbeiten, nach einer Mel- dung von „Glos Olsztynski, zur Zeit noch 265 private Fischer. Davon leben 120 im Küsten- gebiet der „Wojewodschaft" Köslin, 115 im Kü- stengebiet von Stettin und rund 20 an der pol- nisch besetzten Küste Ostpreußens. Im Küsten- gebiet von Danzig dagegen arbeiten noch rund

1550 private Fischer. 10 Prozent der Gesamt- fänge der polnischen Fischerei entfallen auf die private Fischerei.

Reiselustige Beamten

Allenstein (jon) — Die Zeitung „Glos Olsz- tynski" prangert in einem Artikel die allzu große Reiselust der Aliensteiner Beamten an und schreibt, daß jeder Beamte durchschnittlich im Monat 3- bis 4mal „eine Dienstreise in die Provinz" unternähme. Die Reisen kosteten den polnischen Staat jährlich 32 Millionen Zloty. Die meisten Reisen würden im Frühjahr und Som- mer, die wenigstens im Winter notiert.

H e r a u s g e b e r : Landsmannschaft Ostpreußen e.V.

C h e f r e d a k t e u r : Eitel Kaper, zugleich ver- antwortlich für den politischen Teil, Für den kulturel- len und heimatgeschichtlichen Teil: Erwin Scharfen- orth. Für Soziales, Jugendfragen und Unterhaltung:

Ruth Maria Wagner. Für landsmannschaftliche Arbeit und Bilder: Joachim Piechowski.

Verantwortlich für den Anzeigenteil: Karl Arndt, (Sämtlich in Hamburg.)

Unverlangte Einsendungen unterliegen nicht der redaktionellen Haftung, für die Rücksendung wird Porto erbeten.

Das Ostpreußenblatt ist das Organ der Land pf nn- schaft Ostpreußen und erscheint wöchentlich zur In- formation der Mitglieder des Fördererkreises der Landsmannschaft Ostpreußen.

Anmeldungen nehmen jede Postanstalt und die Landsmannschaft Ostpreußen entgegen. Monatlich 1,50 DM

Sendungen für Schriftleitung, Geschäftsführung und Anzeigenabteilung: (24a) Hamburg 13, Parkallee 04/86.

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Die Wölfe kreisen . . .

Peking und Moskau wühlen in zwei Erdteilen

Kp. Moskau, das hartnäckig den Deutschen das Recht auf Selbstbestimmung verweigert und nach wie vor auf allen Ebenen gegen die echte Wiedervereinigung unseres Vaterlandes arbei- tet, hat zu den Unabhängigkeitsfeiern aller neu- geschaffenen Staaten in Afrika große Delega- tionen entsandt, die jeweils von sowjetischen Spitzenfunktionären geführt wurden. Alles deu- tet darauf hin, daß sowohl die S o w j e t u n i o n wie a u c h R o t c h i n a ihre Bemühungen im afrikanischen und auch im latein-amerikanischen Raum, ihre weltrevolutionäre Propaganda aufs äußerste zu verstärken, mit Hochdruck fortset- zen. Der Kreml geniert sich gar nicht, sich als Vorkämpfer gegen die Unterdrückung von Völ- kern anzupreisen, mit großen politischen Ge- schenken zu winken und Immer wieder zu be- tonen, daß die Sowjetunion, die nach 1945 m e h r a l s h u n d e r t M i l l i o n e n M e n - s c h e n zusätzlich v e r s k l a v t e , der „An- walt des Selbstbestimmungsrechtes" sei. Es ist wohl sehr bezeichnend, daß beispielsweise die von dem Moskauer Spitzenfunktionär Rachma- tow geführte Delegation für die Unabhängig- keitsfeier der neuen, großen Kongorepublik ihren Aufenthalt erheblich verlängert hat. Der Kreml gibt sich alle erdenkliche Mühe, hier wie auch in Guinea, im Somaliland, in Ghana und allen anderen afrikanischen Republiken Fuß zu fassen. Man hat dem Vernehmen nach in der Hauptstadt des Kongo bereits einen der weni- gen Wolkenkratzer für Moskaus Rechnung an- gekauft, um hier eine Sowjet-Botschaft zu in- stallieren, in der Hunderte von Agenten und Propagandisten tätig sein können. Gerüchtweise wird davon gesprochen, daß Chruschtschew den neuen Ministern des Kongo bereits Finanzhilfe Moskaus für den Bau eines neuen, riesigen K o n g o - S t a u d a m m e s angeboten habe.

Nach dem bereits in Ägypten befolgten Rezept hofft man offenkundig auf diesem Wege den po- litischen Einfluß und die wirtschaftliche Abhän- gigkeit afrikanischer Staaten vom kommunisti- schen Ostblock ständig zu verstärken.

' #

Abordnungen aus P a n k o w , P r a g , W a r - s c h a u und sogar aus den kommunistisch re- gierten Balkanländern geben sich die Tür in die Hand. Man verspricht Waffen- und Maschinen- lieferungen. Man hat in den roten Parteischulen Sonderkurse für jene Funktionäre und „Spe- zialisten" eingerichtet, die die kommunistische Propaganda in Afrika an die Hand nehmen sol-

len. Inzwischen wächst die kommunistische Rundfunk-Propaganda in allen afrikanischen Sprachen von Tag zu Tag. Sämtliche roten Funk- tionäre, von Chruschtschew und Mikojan ange- fangen, erfüllen ein Ubersoll an Hetze gegen die freie Welt.

*

Parallel zu diesen kommunistischen Bemü- hungen um Afrika läuft die Aktion in L a t e i n - a m e r i k a . Nicht nur die Sowjets, sondern auch Rotchina haben bereits viele Tankschiffe nach Kuba entsandt, um dort die von Fidel Castro enteigneten britisch-amerikanischen Raf- finerien künftig mit ö l aus dem Ostblock zu be- liefern. Es gibt kaum eine süd- und mittelame- rikanische Republik, in der nicht die kommuni- stische Agitation auf den verschiedensten Ebe- nen erheblich verstärkt worden ist. Ein Beauf- tragter Fidel Castros hat bereits in Ost-Berlin angekündigt, eine lateinamerikanische Republik wolle künftig auch enge Beziehungen zum Tra- banten-Regime Ulbrichts unterhalten. Daß die Politik der Vereinigten Staaten in den kommen- den Monaten sehr stark von der Propaganda für die Präsidentschaftswahl überschattet wird, ist den beiden größten Mächten des Ost- blocks höchst willkommen. Das kommende ame- rikanische Staatsoberhaupt wird hier vor sehr schwierigen Problemen stehen, wenn er in gro- ßem Stil der kommunistischen Unterwanderung Süd- und Mittelamerikas erfolgreich entgegen- treten will.

*

In P e k i n g fand dieser "Eftge ein großer Kommunistenkongreß statt, an dem nicht we- nige Vertreter kommunistenfreundlicher Rich- tung aus Afrika und offenbar auch schon aus Lateinamerika teilnahmen. Die rotchinesischen Sprecher bezeichnen offen nicht etwa Moskau, sondern Peking als den „besten und verläßlich- sten Freund der Afrikaner und Lateinamerika- ner" im Kampf gegen die westlichen Mächte.

Wie weit es sich hier um eine zwischen Moskau und Peking abgesprochene „ w e l t r e v o l u - t i o n ä r e A r b e i t s t e i l u n g " handelt und wie weit es bereits um eine A r t Konkurrenz- kampf geht, laßt sich im Augenblick schwer ent- scheiden. Bezeichnend ist jedenfalls die Tat- sache, daß an alle in Kuba ansässigen Chinesen, auch an Anhänger Nationalchinas, bereits Frage- bogen verteilt wurden, um sie aktiv in die Agentenarbeit des Weltkommunismus einzu- schalten . . .

V o n W o c h e z u W o c h e Eine starke Verhandlungsposition des Westens

forderte i n einer Rundfunkansprache in diesen Tagen der sozialdemokratische Politiker und Bundestags-Vizepräsident Professor Carlo Schmid.

Mehr als 88 000 Deutsche aus der sowjetisdt be- setzten Zone flüchteten von Januar bis Juni nach West-Berlin und in die Bundesrepublik.

Im Vergleich zum ersten Halbjahr 1959 nahm der Flüchtlingsstrom in diesem ersten Halb- jahr um 16 000 Menschen zu.

Den tiefsten Stand seit der Währungsreform hat die Zahl der Erwerbslosen mit nur noch 137 382 Personen im Bundesgebiet erreicht.

Demgegenüber sind über eine halbe Million freie Stellen vorhanden.

Eine Erhöhung der Aufnahmefähigkeit der In- genieurschulen für Studierende um vierzig Prozent beschlossen die Kultusminister der Länder. Außerdem sollen noch mehrere wis- senschaftliche Hochschulen errichtet werden;

Eine Behandlung der Südtiroler Frage vor den Vereinten Nationen hat Österreich nunmehr offiziell beim Generalsekretariat der UNO be- antragt.

Die Expreß-Tarife bei der Bundesbahn sollen Iiis zu 35 Prozent erhöht werden, am stärksten in den Gewichtsklassen von fünf bis acht Kilo- gramm. Durch die Tarifänderungen, denen der Bundesverkehrsminister noch zustimmen muß, entstehen der Wirtschaft Mehrausgaben von etwa 115 Millionen Mark,

worden.

Gegen die vielen beleidigenden Äußerungen Chruschtschews in Österreich haben die Bot- schafter der Bundesrepublik, der USA und Italiens in Wien scharfen Protest erhoben.

Von seinem Posten abberufen wurde der erste Sekretär der kommunistischen Stadtleitung von Chemnitz, Hans Sahling.

Die Absetzung mehrerer führender Politiker und Militärs der Ukraine durch die sowjetische KP wird von skandinavischen Blättern ge-, meldet. Auch der Marschall Tschuikow sei aus dem ukrainischen Parteipräsidium entfernt

Polnische Aufbaupläne für Frauenburg

Die erforderlichen 100 Millionen fehlen

hvp. Ein Berichterstatter des polnischen Ge- werkschaftsorgans „Glos Pracy" besuchte F r a u e n b u r g im Hinblick auf die bevorste- hende 650-Jahr-Feier der Stadt. Dabei ist ihm besonders aufgefallen, daß in der von Kriegs- zerstörungen heimgesuchten Stadt bauliche A b - sicherungen der erhalten gebliebenen Wohnhäu- ser und Baudenkmäler nur in „sehr bescheide- nem Umfange" erfolgt sind. „Erst seit dem ver- gangenen Jahr haben nämlich die Diskussionen über einen Wiederaufbau Frauenburgs realere Gestalt angenommen . . . , und für den dringend- sten Bedarf der Stadt des Coppernicus wurden 2,4 Millionen Zloty bewilligt", schreibt dieser Berichterstatter, Boguslaw Szykula, um dann hinzuzufügen, daß „von diesem Betrag 1,4 M i l - lionen Zloty für Reparaturen und General- instandsetzungen von Wohnungen vorgesehen wurden", wohingegen der Rest u. a. für Aufräu- mungsarbeiten in den Straßen und für die Trüm- merbeseitigung verausgabt werden sollte. Doch diese Geldmittel erwiesen sich als v i e l z u g e r i n g . Der Reporter bemerkt hierzu: „Was man auch herausgreifen mag, Fragen der Ver- sorgung, der Gemeinschaftsverpflegung, der Wohnungs- und Kommunalwirtschaft, der Be- schaffung von Arbeitsplätzen, des Fremdenver- kehrs, des Handwerks und der Dienstleistun- gen: Alles wartet auf eine Lösung und a u f . . . finanzielle Mittel, die auf mindestens 100 M i l - lionen Zloty beziffert werden." (!) Die Hilfsmaß- nahmen Warschaus für Frauenburg sind also im Vergleiche zum wirklichen Finanzbedarf spär- lich.

„ A u f d e m t o t e n P u n k t a n g e l a n g t "

Dabei hatte sich, wie der polnische Bericht- erstatter schreibt, in ganz Ostpreußen das Ge- rücht von einer kurz bevorstehenden Zuweisung vieler — eine genaue Zahl wurde nicht ge- nannt — Millionen Zloty für den Wiederaufbau Frauenburgs verbreitet. Hoffnungen solcher Art wurden auch durch die Gründung des Komitees für den Wiederaufbau der Stadt ausgelöst. Doch der Verfasser des „Glos-Pracy-"Berichtes mußte nun feststellen, daß noch mehrere Jahre ver- gehen werden, ehe neue Wohnungen bezogen werden können und die Spuren des Krieges ver- wischt sind. Selbst wenn die erforderlichen Gel- der zur Verfügung stünden, werde die Anferti- gung der Zeichnungen und technischen Unter- lagen und die sonstige Vorbereitun j des Wie- deraufbaus im günstigsten Falle bis Mitte 1962 dauern, überdies sei der gesamte Fragenkom- plex des Wiederaufbaus deshalb auf dem „toten Punkt" angelangt, weil das Wiederaufbau- Komitee seine Tätigkeit aus nicht näher be- zeichneten Gründen mittlerweile w i e d e r e i n g e s t e l l t habe.

Es sei also schwer vorauszusagen, ob über- haupt und wann die Mittel zum Wiederaufbau von Frauenburg gefunden würden, bemerkt Szykula hierzu. Doch rechneten manche Bewoh- ner der Stadt immer noch damit, daß Geldquel- len erschlossen werden könnten, wofür denn auch gewisse Aussichten bestünden

Worum es sich bei diesen „Aussichten" han-

delt, geht aus den folgenden Angaben des pol- nischen Reporters hervor: Der Vorsitzende einer Genossenschaft „hat sich bereit erklärt", in Frauenburg einen Betrieb zu eröffnen, und die „Wojewodschafts"-Vereinigung der Han- delsfirmen „trägt sich mit der Absicht", e i n R e s t a u r a n t e i n z u r i c h t e n . Das ist also von den großen Wiederaufbauplänen übrig- geblieben.

Immerhin: Das Fremdenverkehrsunternehmen

„Warschau-Alienstein" hat „beträchtliche Mit- tel" vor allem zum Ausbau der Ubernachtungs- möglichkeiten in Frauenburg zur Verfügung ge- stellt. Damit soll dem „Ehrgeiz" der Stadt, ein

„bedeutenderes" Zentrum des Fremdenverkehrs und der Erholung zu werden, entgegengekom- men werden.

Für die Pflege der Uberlieferungen an Cop- pernicus ist i n Frauenburg eine Astronomische Gesellschaft gegründet worden. Diese w i l l ein kleines Observatorium einrichten, sofern der aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts stammende Mühlenturm i n „Zukunft" — wie angekündigt — wiederaufgebaut werden sollte.

Wie zweifelhaft alles ist, geht daraus hervor, daß der polnische Reporter bemerkt, er wünsche persönlich der Astronomischen Gesellschaft, daß sich ihr „Traum" von der Errichtung eines Ob- servatoriums erfüllen möge.

H . L. K r o n b a u e r

Starkes Auftreten des Kartoffelkäfers in Ostpreußen

hvp. A n vielen Stellen der unter polnischer Verwaltung stehenden deutschen Ostprovinzen sind die Kartoffelkulturen i n diesem Jahre i n einem nicht erwarteten Ausmaß von K a r - t o f f e l k ä f e r n befallen worden. Nach „Ro- botnik rolny" erschien der Kartoffelkäfer nicht nur auf den Frühkartoffeln, sondern sogar auch auf T o m a t e n s t a u d e n . In größter Massie- rung tritt er in den Kreisen Wohlau und Schweidnitz auf.

Die „Wiadomosci legnickie" nennen den Kampf gegen den Kartoffelkäfer im Kreise Liegnitz „ein Problem, das keinerlei Verzöge- rung erlaubt" und „nicht bagatellisiert werden darf", da „das ganze Kartoffelland vom Kar- toffelkäfer beherrscht wird". Man sah sich hier gezwungen, in allen Dörfern Beauftragte für die Bekämpfung dieses neuen Schädlings zu be- stellen.

Auch von Ostpreußen entwirft „Nasza wies.

Tygodnik rolniczy Ziem Polnocnych" ein glei- ches Bild. Danach wurden in der „Wojewod- schaft" A l l e n s t e i n bis Mitte Juni ü b e r 2 0 0 0 H e r d e — dreimal soviel wie im Vor- jahre — gefunden. Das Fehlen der notwendigen Chemikalien wirkt sidi nachteilig aus. Hinzu kommt, daß bei den Staatsgütern in dieser Hin- sicht sehr nachlässig verfahren wird. Im süd liehen Ostpreußen sei außerdem der P ips eben- falls sehr stark von Schädlingen befallen.

Pankows Kopfjäger

kp. Erst vor kurzem hat man in der Bund«

republik erfahren, daß das sogenannte .Bezirks gericht" der Sowjetzone in Erfurt bereits am 5. Mai den 29jährigen Kraftfahrer Manfred S mol ka, der vor einiger Zeit mit Gewalt in die Sowjetzone verschleppt wurde, wegen angeblicher „Spionage und Sabotage' .zum Tode verurteilt hat. Smolka, ein gebürtiger Ober- : schlesier, hielt sich nach dem Kriege zunächst in der Sowjetzone auf. Er war auch geraume Zeit Oberleutnant der Sowjetzonen-Grenzpoli- zei. Da er olfenbar der Bevölkerung gegenüber menschlich auftrat und Verständnis für die Nöte der Bewohner hatte, geriet er bei den kommu- nistisch"" Parteifunktionären in Mißkredit schied rrelwillig aus der Grenzpolizei aus, wi eine Zeitlang arbeitslos und ging dann in Bundesrepublik. Smolka hatte sich wiedeth darum bemüht, seiner Frau und seiner kleine Tochter die Erlaubnis zur Ausreise nach West-' deutschland zu erwirken. Als das alles nichts nützte, begab er sich am 22. August 1959 In Oberiranken an die Zonengrenze, um seine Fa- milie herauszuholen. Dabei haben ihn die roten Menschenjäger Ulbrichts überfallen und ver- schleppt. Sie haben dabei zugleich auch die Grenzen der Bundesrepublik und Bayerns vet*

letzt. Smolka ist ollenkundig von einem ehe- maligen Kameraden in der Volkspolizei ver- raten und angezeigt worden. Inzwischen wurde bekannt, daß die Berufung und das Gnaden- gesuch in diesem Falle abgelehnt worden sind.

Man weiß nicht, ob Smolka vielleicht sogar schon hingerichtet wurde.

Die Bundesregierung hat gegen dieses Ge-' walturteil scharfen Protest erhoben. Inzwischen wurde auch an die Vereinten Nationen appel- liert, um in Pankow entsprechende Schritte zu unternehmen. Es heißt, daß durch ein Pankower Parteigericht inzwischen auch die Frau Smolkqs zu mehreren Jahren Zuchthaus verurteilt wor- den sei.

Das W e 11 g ew i s s e n hat in den letzten Jahren in vielen Fällen schauerlicher Vergewal-

tigung der Menschenrechte durch das kommu- nistische Regime beschämenderweise geschwie- gen oder nur sehr lau reagiert. Wird die freie

Welt diesen eindeutigen Fall von Pankower Kopf Jägerei endlich zum Anlaß nehmen, ein ver- brecherisches Regime an den Pranger zu stel- len?

Gleiche B r ü d e r . . .

r. _ Das wahrhaft traurige „Zehnjahres- jubiläum" der Unterzeichnung des sogenannten Görlitzer Abkommens zwischen den kommuni- stischen Befehlsempfängern Pankows und den kommunistischen Statthaltern in Warschau über die Oder-Neiße-Linie veranlaßte die Leute um Ulbricht und Gomulka, in Magdeburg eine so- genannte „Solidaritätskundgebung" dieser LJn- terdrücker zweier Völker zu veranstalten. In trautem Verein erklärten der Rotpole Cyran- kiewiez und Otto Grotewohl, wie hoch man sich gegenseitig schätze. Dabei ist heftig gegen die Bundesrepublik gehetzt worden. Man sandta auch die üblichen Noten an neutrale Ostsee*

länder, in denen man das freie Deutschland vor*

dächtigen wollte.

Wir dürfen annehmen, daß man auch in Ko- penhagen, Oslo, Stockholm und Helsinki sehr wohl weiß, w e r allein den Ostseeraum be- droht und wer bis heute die Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechtes für das deutsche Volk sabotiert hat Die Kommunisten der Zone haben nach 1945 sogar durch Wilhelm Pieck selbst wie- derholt erklärt, auch sie hielten eine Revision der deutschen Ostgrenze für notwendig. Sie wurden dann später von Moskau veranlaßt, lenes Görlitzer Abkommen anzunehmen, zu des- sen Abschluß weder die Unterdrücker in War- schau noch die Trabanten Moskaus in Ost-Berlin Irgend eine völkerrechtliche Berechtigung hat- ten.

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Jahrgang 11 / F o l g e 29

D a s O s t p r e u ß e n b l a t t 16. J u l i 1960 / S e i t e 5

Seftaft im Kobf:rt-@[bumann-@aal

Waller Schelüer

Ernst Mollenhauer

Dr. Erwin Kroll

Professor Dr. Horst Jablonowski wahrend seines reatvortrages über die Vorgeschichte und die uurchiührung der Volksabstimmung im süd-

lichen Ostpreußen vor vierzig Jahren.

Überreichung der Kulturpreise

Der geräumige Robert-Schumann-Saal im Ehrenhof — der Ort des Festaktes — war über- füllt; ein Zeugnis für das starke Interesse inner- halb der ostpreußischen Gemeinschaft. Einge- funden hatten sich auch viele Rheinländer. Nicht alle der zahlreichen Ehrengäste können wir hier nennen, die der Vorsitzende der Landes- gruppe Nordrhein-Westfalen, E r i c h G r i - m o n i , bei der Eröffnung sehr herzlich be- grüßte. Angehörige des diplomatischen Korps, Bundes- und Landtagsabgeordnete, Vertreter von Bundesministerium, der Kirchen, Behörden, des Wehrkreises, Bürgermeister der Patenstädte und Abordnungen der befreundeten Lands- mannschaften waren erschienen. Sehr herzlich hieß Dr. G i l l e den Vortragenden Legations- rat Dr. S t a r k e vom Auswärtigen Amt will- kommen.

Aus den Reihen unserer Landsleute seien er- wähnt der Chef des Hauses Hohenzollern, P r i n z L o u i s F e r d i n a n d , der mit seinen Söhnen am Bundestreffen teilnahm, die Gattin des unvergessenen Ehrenpräsidenten unserer Landsmannschaft, D r . S c h r e i b e r , sowie die Witwe und Tochter des Dichters des Liedes

„Land der dunklen Wälder, H a n n i g h o f e r . Zugegen waren auch die früheren Kulturpreis- träger O t t o B e s c h und der Maler Professor E d u a r d B i s c h o f f . Aus allen Ländern der Bundesrepublik, aus Berlin, aus dem Ausland waren Grußtelegramme eingegangen, darunter eins von der landsmannschaftlichen Gruppe in Argentinien.

Erklärung der Landesregierung Nordrhein- Westfalen

Der Minister für Arbeit und Soziales in Nord- rhein-Westfalen, G r u n d m a n n , überbrachte die Grüße des Ministerpräsidenten D r.

M e y e r s und der Landesregierung. Er ver- sicherte, daß die Landesregierung ein offenes Ohr für die Fragen der Vertriebenen habe.

Freudig aufgenommen wurde die Erklärung, daß die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen

— bevölkerungsmäßig des stärksten Landes in der Bundesrepublik — hinter allen Forderungen auf Gewährung des Heimatrechtes steht. Der Minister gedachte der aus Ostpreußen stammen- den Einwohner des Landes, die vor vierzig Jah- ren in ihr Geburtsland reisten, um ihre Stim- men für Deutschland abzugeben. Ruhig, beson- nen, aber auch selbstbewußt sei die Haltung der Masuren und Ermländer in jener ungewis- sen Zeit gewesen: „Versuchen Sie immer wie- der, die Bevölkerung dafür zu gewinnen, daß die Forderungen auf Selbstbestimmung zu einem allgemeinen deutschen Anliegen wird", ermun- terte der Minister. So sehr ein gleichwertiges und gleichmäßiges Zusammenwachsen der Ein- heimischen und Vertriebenen zu wünschen ist, dürfe das ostpreußische Volkstum — dessen Erbe und Erhaltung die Landesregierung durch Veranstaltungen und Beihilfen unterstützt — nicht verlorengehen. „Wir brauchen es ebenso wie das rheinische und westfälische", äußerte der Minister unter großem Beifall.

Ehrung der Kulturpreisträger

Dr. A l f r e d G i l l e überreichte dann unter lebhafter Teilnahme die Kulturpreise. Er be- gründete die Verteilung mit der Würdigung des Werkes der hierzu Erwählten und gab einen kurzen Abriß über ihr Wirken. (Das Ostpreu- ßenblatt hat in Folge 20, Ausgabe vom 14. M a i , über ihr Schaffen berichtet.) Den Preis für L i - teratur erhielt W a l t e r S c h e f f l e r , für Bildende Kunst E r n s t M o l l e n h a u e r , für Musik Dr. E r w i n K r o 11, der im Namen aller dankte: „Der Weg, den wir gegangen sind, führte durch unsere Heimat. Das Gedenken an ihre Natur, ihre Kunst, ihre Kultur darf im Her- zen der Ostpreußen nicht versiegen . . ."

Festliche Musik von Händel, Mozart und Carl Stamitz erklang, mit hingebungsvollem Ernst gespielt vom Kammerorchester des Musik- kreises Krefeld mit seinem Dirigenten, Musik- direktor P a u l M ü h l e n .

Die Vorgeschichte der Volksabstimmung Die Festrede hielt Professor Dr. H o r s t J a b l o n o w s k i . Der Vater des gebürtigen Berliners war Ostpreuße und oft weilte er in un- serer Heimat. Heute lehrt er an der Universität Bonn. A l s Thema hatte er gewählt: „Der Kampf um Ost- und Westpreußen von Versailles bis zur Abstimmung." Seine gründliche, viele Vor- gänge, Denkschriften, diplomatische Intrigen und Gegenspiel der beteiligten Mächte auf- greifende Darstellung kann hier aus Raumgrün- den nur in einer Zusammenfassung wiederge- geben werden.

Schon im Sommer 1917 forderte der Führer der polnischen Nationaldemokraten, Roman Dmowski, in einer Denkschrift für den britischen Außenminister Balfour — die später auch dem Präsidenten der USA, W i l s o n , eingereicht wurde, die Abtrennung Oberschlesiens, einiger Kreise Mittelschlesiens, Posens, einiger Kreise Pommerns und schließlich Ost- und Westpreu- ßens. Das südliche Ostpreußen sollte nach die- sem Programm unmittelbar dem polnischen Staat einverleibt werden, die nördlichen Kreise mit Königsberg dagegen zu einer autonomen, mit Polen durch Zollunion verbundenen Repu- blik gemacht werden. Dmowski forderte also für den zukünftigen polnischen Staat erheblich m e h r Gebiet, als das alte Polen unmittelbar vor den Teilungen um die Mitte des 18. Jahr- hunderts besessen hatte. Er verlangte ausdrück- lich mehr, als den Polen auf Grund der V o l k s - t u m s v e r h ä l t n i s s e zugestanden hätte.

Professor Jablonowski äußerte, daß dieses Programm nicht die Billigung aller Polen fand, dennoch wurde es als Grundlage auf der Ver- sailler Friedenskonferenz behandelt. Der ameri- kanische Präsident wollte die Grenzen des neuen

Ein Blick in den großen Saal bei der Festrede. In der ersten Reihe von rechts: Dr. Gille, Ober- bürgermeister Becker, die Gattin des verstorbenen Ehrenpräsidenten unserer Landsmannschalt Frau Margarete Schreiber, der Che! des Hauses Hohenzollern Prinz Louis Ferdinand von Preu- ßen, der Stellvertretende Sprecher unserer Landsmannschaft Wilhelm Strüvy, die vier Söhne des Prinzen Louis Ferdinand. In der zweiten Reihe, Vierter von links: Bundestagsabgeordneter

Kinat. A u f n a h m e n : P i e c h o w s k l

polnischen Staates nach ethnographischen Ge- sichtspunkten ziehen, eine Auffassung, die dem Punkt 13 seines Friedensprogramms entsprochen hätte. Schwierigkeiten bereitete die Lösung der Zusicherung an Polen eines „freien und ge- sicherten Zugangs zum Meer", die von den alli- ierten Mächten verschieden bedeutet wurde.

Wilson und seine Mitarbeiter hatten ursprüng- lich nicht an eine Landverbindung Polens zur Weichselmündung gedacht, überhaupt kaum an eine Abtretung deutschen Staatsgebietes an Polen. Der Präsident gab nach, als Dmowski auf die Stimmen für die Kongreßwahlen der Ameri- kaner polnischer Nationalität anspielte, falls Polen keinen bedeutenden Gebietszuwachs auf Kosten Deutschlands erhalten würde. Er war zu Konzessionen bereit. Unterstützt wurden die polnischen Forderungen durch den französischen Ministerpräsidenten Clemenceau, während der

britische Premierminister L l o y d G e o r g e eine territoriale Verkleinerung Deutschlands über das notwendigste Maß ablehnte.

Polen war offiziell zur Friedenskonferenz zu- gelassen und suchte aus der Ohnmacht des Deutschen Reiches Vorteile zu ziehen. Zur De- batte stand schließlich der polnische Vorschlag:

Posen, Oberschlesien, Teile Mittelschlesäens und Pommerns, Westpreußen, das Ermland, der Re- gierungsbezirk Allenstein mit dem Kreis Oletzko (später Treuburg) zu Polen zu schlagen.

Der Nordosten Ostpreußens solle an Litauen fallen, der Rest Ostpreußens als unabhängige Republik unter das Protektorat des Völker- bundes gestellt werden. Lloyd George wandte sich gegen dieses Ansinnen mit der Begründung, daß die Preisgabe von Millionen Deutschen und ihre Unterstellung unter eine fremde Gewalt notgedrungen zu einem späteren Kriege führen müsse. Deutsche Gegenvorschläge — Ablehnung der Abtretung Westpreußens, doch Einräumung von Freihäfen für Polen in Königsberg, Danzig und Memel — wurden abgelehnt. Immerhin be- wirkten die deutschen Einwände den Beschluß von V o l k s a b s t i m m u n g e n in Oberschle- sien und Ostpreußen und in einigen Kreisen des Regierungsbezirkes Marienwerder.

Da das Ostpreußenblatt den Verlauf der A b -

stimmung in Ostpreußen schon in mehreren Darstellungen gebracht hat, erscheint ein erneu- tes Eingehen auf diese Monate bis zum 11. Juli 1920 hier nicht notwendig. W i r dürfen voraus- setzen, daß diese Vorgänge unseren Lesern be- kannt sind.

Professor Jablonowski erörterte sodann die Gegendarstellungen von polnischer Seite. Po- len erkannte das Abstimmungsergebnis nicht an.

Die vorgebrachte Begründung ist allerdings sehr fadenscheinig und recht kümmerlich. Der Termin der Volksabstimmung sei nicht, wie dies Polen gewünscht habe, aufgeschoben worden. Heute wird in Polen noch entschiedener der Wert des ost- und westpreußischen Abstimmungssieges bestritten: Die Listen der Abstimmungsberech-

tigten seien „von den Deutschen gefälscht worden" — die englischen, italienischen und ja- panischen Offiziere und Beamten der Abstim- mungskommission hätten bewußt die Polen be- nachteiligt — auf die polnische Bevölkerung sei von deutscher Seite ein terroristischer Druck ausgeübt worden — und es hätten zu viele

„Emigranten", d. h. ins Innere Deutschlands ge- zogene Ostpreußen, abgestimmt — und der- gleichen Quängeleien und Lügen mehr.

Mit gutem Recht wies Professor Jablonowski darauf hin, daß sich auch ohne die Stimmen der aus dem Reich zur Abstimmung nach Ostpreußen gereisten Stimmberechtigten eine erdrückende deutsche Mehrheit ergeben hat. Auch die Reichs- tagswahlen vor und nach dem Ersten Weltkriege bestätigen das Ergebnis und die deutsche Ge- sinnung der Bevölkerung.

A m Schluß seiner Darlegungen betonte Pro- fessor Jablonowski: „Ohne Gewährung des Selbstbestimmungsrechtes kann kein Fundament für einen echten Frieden und echte Völkerver- ständigung gelegt werden. Auch die künftigen Beziehungen zwischen dem deutschen und dem polnischen Volke werden weitgehend davon abhängen, in welchem Maße das Selbstbestim- mungsrecht der aus den deutschen Ostgebieten vertriebenen Bevölkerung respektiert werden wird."

Dem Vortragenden dankten die Zuhörer durch

anhaltenden lebhaften Beifall. s-h

Stunde mit den Kulturpreisträgern

Im Kleinen Kongreßsaal fanden sich am Sonnabendvormittag Ostpreußen und Düssel- dorfer zu einer Feierstunde mit den diesjährigen Inhabern des Kulturpreises der Landsmann- schaft Ostpreußen zusammen. Leider war es nicht möglich gewesen, Arbeiten von E r n s t M o l l e n h a u e r in einer Ausstellung zu zei- gen. Der Maler war von der Nordseeinsel Sylt gekommen, wo er in dem alten Friesendorf Kei- tum ein Atelier hat und wieder — wie einst in Nidden — nahe der See ist. Das mit W a l - t e r S c h e f f l e r befreundete Ehepaar Fritz und Margarete K u d n i g lasen Gedichte und Prosa aus dem Werk des Dichters. Seine tiefe religiöse Bindung, sein Ringen und seine Selbst- prüfung werden in Strophen offenbar, die Fritz

Kudnig den Hörern nahe brachte. Echtes Mit- erleben beseelte Margarete Kudnig bei der Lesung des letzten Kapitels des Buches „Walter von der Laak". Darin wird der Verlauf der fürchterlichen Krankheit — der Genickstarre — geschildert, die dem Fünfzehnjährigen das Ge- hör raubte und ihn an den Rand der Ver- zweiflung trieb. Tapfer hat er sich im Leben behauptet und sein ihm gebliebener musikali- scher Sinn gab ihm Verse ein . . . Es war ein die Herzen bewegender Augenblick, als der bald achtzigjährige Dichter an das Podium trat und in sichtlicher Bemühung, die ihm auferlegten Sprachsdvwierigkeiten zu meistern, den Aufruf an unsere Kinder vortrug:

Sagt's euren Kindern, wie schön es gewesen dort in dem Lande, in dem wir gebor'n,

Daß wir das Meer und die Seen und die Felder, köstliches Erbteil der Väter verlor'nl Nimmer erlösche die heilige Flamme, die uns dort heimlich im Herzen gebrannt, nun in der Fremde noch leuchtender lod're:

treuliche Liebe zum Heimatland.

Zu Beginn der Lesung (die im zweiten Teil auch die Gabe der humorvollen Beobachtung Walter Schettlers im Getriebe des Königsberger Straßenlebens auswies) als musikalische Inter- valle und als feinsinniger Abschluß wurden Kompositionen von Dr. Erwin Kroll gespielt:

Seine romantisch-stürmende Sonate für Violine und Klavier und seine klavieristisch-reizvoll eingesetzten ostpreußischen Volkslieder. Erwin Kroll ist ein eigenwilliger Komponist, der in der Sonate stark mit rhythmischen Gegensätzen arbeitet. Seine Melodienfindung schöpft I U S der Tiefe unlöslicher Verbundenheit mit der heimatlichen Landschaft. Kammermusikalisch eingebettet bieten sich uns die Volksmelodien.

In diesem Umspielen des Volksliedes vereini- gen sich tänzerische Arabesken, sinnvolle Deu- tung und ein Hineinschauen in den Born der Volksseele: eine musikalische Erfüllung des Erbes Johann Georg Hamanns und Herders.

Den Liedern Erwin Krolls verhalf die junge Sopranistin Ingrid Lüdemann durdi ihren natur- haft-schlichten Vortrag zu einer schöner. Wir- kung. Die Sonate spielten Marieluise Werdel- Müller (Klavier) und Hans Josef Irmen (Violine)

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