Kern- und Teilchenphysik I — SS 2006 — Prof. G. Dissertori — Serie 3
L¨ osungen
1. Synchrotron
Im Synchrotron wird ein Teilchen durch ein von der Teilchenenergie abh¨angiges Magnetfeld in einem fixen Orbit gehalten. Die Teilchen werden durch ein resonantes Hochfrequenzfeld in einem oder mehreren Punkten des Orbits beschleunigt, wobei die Energie kontinuierlich gesteigert wird.
Das Problem beim Synchrotron ist die Synchrotronstrahlung, d.h. bei hohen Energien wird das Teilchen aufgrund der grossen Zentripetalbeschleunigung elektromagnetische Strahlung aussenden. Dabei wird das Teilchen Energie verlieren, und der Energiezuwachs pro Umlauf wird negativ. Je h¨oher die Energie und je kleiner die Ruhemasse des Teilchens, desto intensiver ist die Synchrotronstrahlung. Offensichtlich ist eine weitere Beschleunigung des Teilchens nicht mehr m¨oglich, wenn der Energieverlust durch Synchrotronstrahlung gleich der Energie ist, die aus dem Beschleunigungsfeld in der gleichen Zeit aufgenommen wird.
Die Ruhemasse eines Elektrons betr¨agt nur 0.511 MeV. Daher muss, wenn ein Elektron auf 45 GeV beschleunigt werden soll, entweder der Radius des Beschleunigers, oder die Beschleu- nigungsspannung, oder beides gesteigert werden, und zwar zu grossen Werten, was in der Praxis nat¨ urlich schwierig ist und auch teuer. Z.B. ist der Umfang des LEP, wo Elektronen und Positronen auf 45 GeV (sp¨ater sogar auf 104 GeV) beschleunigt wurden, fast 27 km.
Der Energieverlust durch Synchrotronstrahlung pro Umlauf ist
∆E = 4π
3 e
24π
0β
3γ
4R , wobei R, der Radius der Trajektorie, gegeben ist durch
R = mγβc eB .
Daher gilt f¨ ur Teilchen mit derselben Ladung und demselben γ: ∆E ∝ m
−1. Es ist das Elek- tron, welches die meiste Synchrotronstrahlung emittiert, gefolgt vom Myon und vom Proton.
Oder anders gesagt, bei gleichem Impuls ist das Verh¨altnis der Energieverluste (∆E
e/∆E
p) = (m
p/m
e)
4, der Energieverlust ist also 10
13mal kleiner f¨ ur Protonen als f¨ ur Elektronen.. Daher ist es vom Gesichtspunkt der Synchrotronstrahlung her einfacher, das LHC zu realisieren.
2. Luminosit¨ at am LEP
Die Formel f¨ ur Luminosit¨at am Speicherring ist:
L = N
1N
2A f n
mit N
1, N
2der Anzahl der Teilchen in den beiden Strahlen, f der Umlauffrequenz, n der Anzahl der bunches, sowie A der Querschnittsfl¨ache des Strahls am Wechselwirkungspunkt.
Die Fl¨ache A berechnet sich als A = 4πσ
xσ
y.
Mit Hilfe der Definition des Stroms I
i= N
ief n mit e der elektrischen Elementarladung erh¨alt man f¨ ur die Luminosit¨at:
L = I
1I
24πσ
xσ
ye
2f n .
Die Umlauffrequenz berechnet man aus der Geschwindigkeit der Teilchen v sowie dem Umfang von LEP. Bei einer Energie von 103.4 GeV pro Teilchen kann man in guter N¨aherung als Geschwindigkeit die des Lichtes nehmen. Das ergibt eine Umlauffrequenz von
f = v
d = 2.9979 · 10
8ms
−12.666 · 10
4m = 11245Hz.
Die restlichen Daten f¨ ur die Berechnung der Luminosit¨at sind (siehe Aufgabenstellung): die gemessenen Gesamtstr¨ome I
e−= 2498.1µA, I
e+= 2497.5µA, Anzahl der bunches n = 4, Gr¨osse des Strahls σ
x= 162 ± 4µm (horizontal) und σ
y= 24 ± 6µm (vertikal), sowie elektrische Elementarladung e = 1.602 · 10
−19As. Damit erh¨alt man als Luminosit¨at:
L = 11.06 · 10
30cm
−2s
−1.
Wie kommt nun die doch grosse Abweichung zum Resultat aus der Messung zustande ? Die naheliegendste Vermutung muss sein, dass etwas an der Messung der Beamgr¨osse nicht so ganz stimmt. Alle anderen Werte sind unmittelbar bekannt, nur die Beamgr¨osse wird im nachhinein gemessen mit einer Methode, die notwendigerweise ¨ uber l¨angere Zeitr¨aume integrieren muss, z.B. eine Stunde. In einer Stunde jedoch kann viel passieren. Fragt man einen Experten von der SPS+LEP Division am CERN, so erf¨ahrt man, dass der Strahl in vertikaler Richtung nur schwerlich an einer Stelle zu halten ist, und w¨ahrend des fills laufend korrigiert wird. Dies hat jedoch zur Folge, dass bei unserer Messmethode das Wackeln des Strahls mit in die Beamgr¨osse aufgenommen wird, und sich somit im Ergebnis niederschl¨agt.
F¨ ur Monte Carlo Simulationen wird ¨ ubrigens als vertikale Beamgr¨osse σ
y≈ 5µm genommen.
Damit liegt das Rechenergebnis deutlich n¨aher an der Messung. Die bestimmende Gr¨osse bei der weiteren Auswertung jedoch ist das Messergebnis der Luminosit¨atsmonitore.
Die integrierte Luminosit¨at berechnet man als L
int=
Z
t0